Sporttourer-Test Ducati SuperSport S, Suzuki GSX-S 1000 F, Kawasaki Z 1000 SX, Honda VFR 800 F, BMW R 1200 RS

Sporttourer im Vergleichstest
Ducati gegen Suzuki, Kawasaki, Honda und BMW

Die Ducati SuperSport S wirft der versammelten Sporttourer-Gilde den Fehdehandschuh hin. Im Vergleichstest treten an: Suzuki GSX-S 1000 F, Kawasaki Z 1000 SX, Honda VFR 800 F und BMW R 1200 RS.

Ducati gegen Suzuki, Kawasaki, Honda und BMW
Foto: factstudio.de

Zuwachs im Sporttourer-Segment, und der kommt aus Bologna! Auch wenn Ducati wie an­dere auch diesen wenig hippen Begriff für die neue Baureihe scheut wie ein Fotomodel die Achselbehaarung, ist die SuperSport am Ende ganz offenkundig genau das geworden: ein Sporttourer. Woher die Scheu? Schließlich verkörpert diese Kategorie doch genau das, was viele suchen: den echten Alleskönner, der im Idealfall die goldene Mitte markiert zwischen Alltags- und Ausflugskompetenz und, nun ja, einer gehörigen Portion Sport eben.

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Weil Letzterer im Segment der stelzbeinig-beleibten Crossover eher in Form von Fahrleistungen, seltener aber als wirklich engagiertes Kurvenverhalten präsent ist, dürfen Freunde der gepflegten Dauerläufer-Fahrdynamik frohlocken: Der Sporttourer lebt noch! Schon die Eckdaten der SuperSport verheißen Gutes. 110 PS, 217 Kilogramm, kompakter Radstand (1478 Millimeter), steiler Lenkkopf (66 Grad) und kurzer Nachlauf (91 Millimeter) – riecht nach ausgedehntem Landstraßenspaß.

In willkommener Abwechslung zur derzeit üblichen Praxis, einem Naked Bike Verkleidung, mehr Tankvolumen, Ausstattung und Platz für Sozius sowie Gepäck anzuschnallen, hat Ducati die SuperSport von vornherein auf die spezifischen Ansprüche eines Sporttourers, pardon „Alltagssportlers“ hin konstruiert, dabei fleißig in den hauseigenen Baukasten gegriffen. Das jetzt mittragende, daher verstärkte Aggregat ist bekannt aus der Hypermotard bzw. Multistrada 950, wurde aber mittels geänderter Peripherie und Anpassungen beim Motormanagement optimiert. Gitterrohrrahmen, Schwinge, Räder und Fahrwerkskomponenten kennt man so oder so ähnlich von anderen Ducati-Modellen, ­woher die rassige Formensprache stammt, dürfte ohnehin klar sein. Die S-Variante der SuperSport tritt für diesen Vergleich mit Öhlins-Federelementen (anstelle von Marzocchi/Sachs), serienmäßigem Quickshifter (mit Blipper) sowie einer schicken Soziusabdeckung an. Das Konkurrenzfeld der umliegenden Hubraumklassen ist mittlerweile hinlänglich bekannt, an ihm darf sich die Duc deshalb reihum beweisen. Wo positioniert sie sich im Kampf eine gegen alle? Wie groß ist bei ihr die Schnittmenge zwischen Sport und Tour?

Ducati gegen Kawasaki

Den Anfang macht die Kawa, die mit 13720 Euro Testfahrzeugpreis (mit Koffern) der rund 14500 Euro teuren Italienerin preislich am nächsten steht und die mittendrin sitzt im Feld. Denn mit ihrem 142-PS-Reihenvierzylinder, toller Ergonomie und ordentlich Ausstattung (großer 19-Liter-Tank, verstellbarer Windschild, IMU-gesteuertes Kurven-ABS und schräglagenabhängige Traktionskontrolle) ­präsentiert sich die Z 1000 SX als Ausdauerathlet. Motorisch jedenfalls muss die ­Su­perSport hier fast zwingend Federn lassen, doch der Vorteil der Kawa fällt überraschend klein aus. So punktet der 1043-Kubik-Inline-Four kräftig mit satter Beschleunigung, sehnigem Durchzug, feinem Ansprechverhalten und insgesamt einer zum Allrounder ideal passenden, unaufgeregt-souveränen Motorcharakteristik. Doch der 937-Kubik-L-Twin aus Bologna kann einiges ähnlich gut, manches sogar besser. Dies hat zwei Ursachen. Zum einen erreicht der bekannte 937er in der SuperSport seine bisherige Höchstform, verkneift sich hier erstmals jenen leichten Durchhänger, der im Grunde jeden Tes­tastretta-Motor mal mehr, mal weniger plagt. In der Ducati spannt der Desmo-Twin eine lehrbuchmäßige Leistungskurve, frei von Einbrüchen, was sich in attraktiven Fahrleistungen niederschlägt. Das Aggregat ist zwar stets als Zweizylinder präsent, nervt aber nie mit unangenehmen Vibrationen, läuft im Gegenteil für einen V-Motor wunderbar geschmeidig. Unter korrekt-linearer Gasannahme, je nach Fahrmodus spritzig (SPORT), akkurat (TOURING) oder verhalten (URBAN), liefert der gar nicht so kleine L-Twin ker­nigen Druck und obendrein feurig-italienische Dreh- und Lebensfreude. Zweitens, und auch darin erklären sich die tollen Messwerte, schleppt er in der filigranen SuperSport im Gegensatz etwa zur kleinen Multistrada wenig Gewicht voran. Bei trai­nierten 217 Kilo blieb die Redaktionswaage stehen, ein guter Wert. Und dieses Fehlen von Wohlstandsspeck spürt man nicht nur beim Beschleunigen, sondern immer. So kann sich die mit 236 Kilogramm gemessene Z 1000 SX trotz deutlichem Hubraumplus motorisch nicht nennenswert absetzen, zumal sie Kawa-typisch eher rau läuft, in höheren Drehzahlbereichen durch die gummigelagerten Fußrasten kribbelt und damit etwas Wohlfühlcharakter verspielt. Dafür bietet die Kawa eine sehr leichtgängige Seilzugkupplung und ein fluffiges Getriebe der Sorte „Bester japanischer Maschinenbau“.

Doch auch hier ist die SuperSport mit einer ebenfalls leichtgängigen Hydraulikkupplung sowie einer präzise, aber etwas hart zu schaltenden Gangbox kaum schlechter. Kenner ahnen aber schon: Auch dieses Getriebe braucht exakt de­finierte Eingaben, sonst droht der Zwischenleerlauf und Mitfahrer-Häme. Einen Quickshifter, den die S-Variante der Duc serienmäßig trägt, kann sonst nur die BMW (gegen Aufpreis) bieten. Kupplungsloses Hoch- und Runterschalten gelingt ausgezeichnet, die Schaltpausen sind für einen Zweizylinder angenehm kurz. Abgesehen vom recht großen Sprung zwischen Gangstufe eins und zwei ruckt, egal ob ­unter Volllast oder bei Halbgas, praktisch nichts – unterm Strich das Zünglein an der Waage zum motorischen Beinahe-Patt zur Kawasaki Z 1000 SX.

Auch in Sachen Ergonomie klebt die sportliche Bologneserin der anerkannt guten grünen Allzweckwaffe im Nacken. An hohen Lenkerhälften-Risern aufrecht logierend, mit angenehm offenem Kniewinkel, hinter einem hohen, leicht verstellbaren Windschild – der Kawa-Treiber findet einen weit ins touristische verschobenen, sehr tauglichen Naked Bike-Arbeitsplatz vor. Aus entgegengesetzter Richtung, nämlich als komfortabel gemachter Sportler, nähert sich die SuperSport dem Thema. Deutlich höhere, knackig-intime Sitzkuhle, etwas tiefere Lenkerhälften, gar nicht so niedrige Fußrasten – diese Beschreibung ließe Schlimmes befürchten, doch auf der Duc lässt es sich stundenlang aushalten. Ursächlich hierfür ist die wunderbar schmale Bauweise sowie sorgfältiges Feintuning. Man kann förmlich mit der Maschine verschmelzen. Dank des hohen Polsters ist der Kniewinkel angenehm, die Beine auch größerer Fahrer finden genügend Platz. Den Ducati-Ingenieuren ist es aufgrund einer kompakten Bauweise mit kurzem, aber steil aufragendem Tank (der bei Bedarf etwas Fahrergewicht aufnimmt) gelungen, dass trotz des eher sportlichen Arrangements fast kein Gewicht auf den Handgelenken lastet – ein echtes Empfehlungsschreiben.

Beim Kurvenwedeln dann düpiert die Ducati die Z 1000 SX. Das Problem der Kawa ist nicht neu: Zunächst lenkt die SX ex­trem leicht und direkt ein (kürzester Radstand), fällt regelrecht von selbst in die Kurve, lässt sich mit etwas Eingewöhnung intuitiv per Impuls aus der Hüfte und über die Fußrasten steuern. Im weiteren Verlauf allerdings reagiert die Z 1000 SX übersensibel und mit starkem Aufstellmoment auf Bodenwellen, besonders aber auf Bremsen in Schräglage. Dann sperrt sie sich regelrecht. Der Grund? Bridgestones an sich guter S 20 ist in Sonderspezifikation „N“ mit steifer Karkasse allzu sehr auf stabilen Geradeauslauf hin konstruiert, das ist und bleibt schade. Die Duc zieht in die nächste Runde.

Ducati gegen Suzuki

Mit einer eher unglücklichen Spezifikation der Erstbereifung hat Suzukis GSX-S 1000 hingegen keine Schwierigkeiten, der Dunlop D214 „M“ braucht zwar etwas Anwärmen, lenkt und haftet dann aber einwandfrei. Überhaupt hat sich die Suzuki dem Thema Sport so sehr verschrieben, dass auch die Blauen aus Hamamatsu vom „Tourer“ nichts hören, ihre technisch praktisch unveränderte, verkleidete Schwester der GSX-S 1000 als Landstraßensportler verstanden wissen wollen.

Die Sitzposition ist speziell, aber ­gelungen. Kompakt wirkt die „F“ mit nie­dri­gem, breitem Superbike-Lenker (der ein­zige im Testfeld) und ihrem eher breiten Tank zugleich bullig. An sich bequem, sieht man einmal vom eher spartanischen Sitzpolster ab. Passt aber zum Anspruch Suzukis, denn sie vermittelt permanent Angriffslust. Die GSX-S 1000, egal ob als Naked oder verkleidet, ist die Sorte Motorrad, auf dem man automatisch die Ellbogen ausfährt, ein, zwei Gänge runterschaltet und durchlädt. Und das geht sehr gut, was zum einen dem mit 216 Kilo sehr niedrigen Gewicht, zum anderen dem potenten 999-Kubik-Aggregat zu verdanken ist. Lustvoll, aber verlässlich winkelt die „F“ ab, tanzt recht neutral durch enges Gewurschtel, nimmt Wechselkurven ohne großen Widerstand. Aber die Ducati kann das mindestens genauso gut. In puncto Handlichkeit, Lenkverhalten und Rückmeldung schlägt sie die schon gute Su­zuki, die Kawa sowieso, muss sich – das schon an dieser Stelle – nur der wesentlich teureren BMW geschlagen geben.

Was verhilft ihr zu diesem ausgezeichneten Sorglos-Fahrverhalten? Schon genannt wurden eine handlingfördernde Geometrie, wenig Gewicht, die gemäßigt sportliche Sitzposition mit für einen Semi-Sportler viel Feedback. Dazu kommen der unverschämt gute Pirelli Diablo Rosso III und nicht zuletzt die (zusammen mit der BMW) besten Fahrwerkskomponenten im Feld. Besonders die Abstimmung der voll einstellbaren Öhlins-Teile (TiN-beschichtete 48-Millimeter-Gabel vorne, Dämpfer mit externem Ausgleichsbehälter hinten) gefällt auf Anhieb. Weich gefedert und ­sämig dämpfend, frisst die S-SuperSport Schläge jeder Couleur mit mehr als aus­reichendem Komfort und viel Kontrolle. Zwar lässt das direkt angelenkte Federbein hinten etwas Progression vermissen, alles in allem aber ist dies vor der auch guten Honda das deutlich beste konventionelle Fahrwerk in diesem Vergleich. Die Suzuki praktiziert sportliche Härte, welche sehr zulasten des Komforts und irgendwann der Zielgenauigkeit geht. An der unsensibel ansprechenden Gabel lässt sich dies ein wenig durch das Öffnen von Zug-, vor allem aber Druckstufe mildern, jedoch nicht beseitigen. Ihr Federbein bietet neben der obligatorischen Verstellung der Vorspannung nur ein Einstellschräubchen für die Zugstufe, doch auch eine Anpassung dieser hilft nur bedingt. Der hintere Dämpfer der Suzuki ist zwar straff, wirkt aber billig. Bei so viel Här­te passt auch ins Bild, dass die GSX-S 1000 F mit Soziuskomfort und Gepäckunterbringung wenig bis nichts am Hut hat. Die Ducati bietet immerhin einen menschenwürdigen Soziusplatz, der für den Tagesausflug reicht.

Motorisch setzt sich der Licht-Schatten-Auftritt von Suzukis 1000er fort. Das domestizierte GSX-R-Aggregat beschleunigt fulminant, zieht auf höchstem Niveau durch, läuft dabei wohl­tuend ruhig, verbraucht mit 4,5 Litern bei gemäßigter Landstraßenfahrt genauso wenig wie die Duc und tut all dies unter Suzuki-typischem, kehligem Ansaug-Schmettern. Allerdings, doch das fällt nur bei sehr forscher Gangart auf, serviert der Motor Drehmoment und Leistung etwas inhomogen. Auf bärigen Einstieg ganz unten folgt eine sehr spürbare Delle im häufig genutzten Bereich zwischen 5000 und 7000 Touren. Das kann der andere Vierzylinder im Feld, die Kawasaki, besser. Ab 8000 Umdrehungen ­allerdings kennt die Suzuki kein Halten mehr und brennt bis zum spät einsetzenden Begrenzer der Duc und dem Rest des Feldes glasklar davon. Im Vergleich zu früheren, weit nach oben streuenden Exemplaren hat das 2017er-Testfahrzeug (neue Farben, getönte Scheibe, schwarz eloxierte Fußrasten, Anti-Hopping-Kupplung) etwas zurückstecken müssen: 148 PS in der Spitze liegen immer noch über Werks­angabe, von den etwas grenzwertigen 157 PS früherer Testmaschinen allerdings nahm diese etwas Abstand. Nur wenig verbessert hat sich leider die teils ruppige Gasannahme. Sie verhaut manchen Kurvenscheitelpunkt mit abruptem Leistungseinsatz. Kein Problem bei der Duc.

An sich ist die GSX-S 1000 F auch eher lang übersetzt (auf 260 Stundenkilometer, elektro­nische Begrenzung auf 240 km/h), das im Testfeld vergleichsweise hohe Drehzahlniveau allerdings lässt einen der Landstraße nach einem siebten, auf der Autobahn sogar nach einem achten Gang suchen. Motorisch nahezu gleichauf, fahrwerksseitig und in puncto Ergonomie überlegen, macht die Duacti den Sieg über die Suzuki auf der Bremse und bei den Assistenzsystemen klar. Mit kristallklarem Druckpunkt und tadelloser Dosierbarkeit schlägt sie die ebenfalls kräftige, allerdings im Vergleich etwas stumpf agierende Bremse der GSX-S deutlich. Obendrein arbeitet die Ducati-Traktionskon­trolle in genauer justierbaren Stufen, ihr dreistufiges ABS regelt generell feinfühliger.

Ducati gegen Honda

Formal wie optisch die vielleicht ähnlichste Paarung. Denn erstens ist auch die Honda von vornherein als Sporttourer konstruiert, und zweitens kann man der zeitlos schönen VFR durchaus italienische Züge unterstellen – man beachte allein die Ähnlichkeit der Frontpar­tien. Doch die VFR wirkt anno 2017 – erst recht im Vergleich mit der frischen, knackigen SuperSport – etwas in die Jahre gekommen, verstaubt. Leider – denn das Konzept an sich ist ein elegantes – hat sich im Zuge des Euro 4- Updates abgesehen von einer neuen Bordsteckdose an Hondas einstigem Vorzeigemotorrad wenig getan. Schuld an der Misere sind eine üppige Fahrzeugmasse, der angesichts dessen eher zahnlos wirkende V4 und die alt­backene Sitzposition. Zunächst einmal macht die VFR aber vieles richtig: Mit cremiger Laufkultur, tollem Getriebe, großem Tankvolumen (21,5 Liter) und entsprechend hervorragender Reichweite, gutem Wind- und Wetterschutz hinter der breiten Kanzel, viel Platz für den Piloten und besonders einem sehr erträglichen Sitz in Reihe zwei sowie serienmäßigen Heizgriffen empfiehlt sie sich durchweg für längere Touren, wo es die SuperSport mit knappem Windschild, kleinerem Tank (16 Liter) und eher kargem Soziusplatz wieder eher beim (ausgedehnten) Ausflug belässt. Auf einem solchen kommt auch das verläss­liche Fahrverhalten des V4-Sporttourers und die akkurate Abstimmung des Fahrwerks (ähnlich der Ducati findet sie den guten Kompromiss zwischen Komfort und Sport) voll zur Geltung. Nicht gerade hand­lich, aber extrem stabil und verbindlich winkelt die Honda ab, liebt lange, tiefe Radien. Der VFR-Treiber allerdings wird alle Hände voll zu tun haben, will er an der Ducati (oder irgendeinem anderen Motorrad in diesem Feld) dranbleiben, denn ihrem 782-Kubik-90-Grad-V fehlt es schlicht an Schmalz. Na­türlich ist der Vergleich nicht ganz fair, kämpft die Honda doch mit einem klaren Hubraumhandicap. Doch selbst wenn man dieses berücksichtigt, lässt die obendrein viel zu lang übersetzte VFR für einen Sporttourer wich­tige, motorische Souveränität vermissen. Da hilft auch das VTEC wenig, welches bei 6500 Umdrehungen unter ­gehörigem Geschnatter von Zwei- in Vierventilbetrieb umschaltet. Fragwürdig ist auch die Fahrerergonomie: Die tiefsten Stummel im Feld spannen den Piloten über einen langen Tank, hohe Fußrasten kneifen die Knie – das passt nicht zum touris­tischen Anspruch. Etwas schwach, zu schwer, daher kein Sportler. Aber die Sitzposition eines solchen, daher kein Tourer – irgendwie nicht Fisch, nicht Fleisch. Auch zum relativ günstigen Preis von rund 12500 Euro darf man da mehr erwarten. Die Duc dagegen? Surf and Turf.

Ducati gegen BMW

Preislich steht die BMW R 1200 RS am anderen Ende des Spektrums, unser Testmotorrad trägt einmal mehr fast alles, was gut und teuer ist: Komfort-Paket, Dynamic-Paket, Touring-Paket (inklusive semiaktivem Fahrwerk Dynamic ESA) und Schaltassistent. All das summiert sich zu einem gepfefferten Gesamtpreis von fast 17000 Euro. Doch der Gegenwert stimmt, bekanntlich ist die 1200 RS eines der besten 1000-Punkte-Motorräder überhaupt – und damit eine verdammt harte Nuss für die SuperSport S. Besonders in der Alltagskategorie trumpft das weiß-blaue Überkrad auf. Extrem viel Platz für den Fahrer und ein unverschämt bequemes Sitzkissen, gleiches für den Sozius. Windschutz, Ausstattung, Zuladung, Reichweite, natürlich Heizgriffe und nicht zuletzt der wartungsarme Kardanantrieb – mit Abstand ist die RS am meisten Tourer in diesem Feld, allein das reichte schon, die aufmüpfige Ducati in die Schranken zu weisen.

Zwar erkauft die BMW diese punkte­trächtige Ausstattungsorgie mit ebenfalls üppiger Masse (246 Kilo), aber nicht – und das ist der entscheidende Kniff beim Bayern-Allrounder – mit behäbigem Fahrverhalten. Die Boxermaschinen kaschieren ihre Pfunde sehr gekonnt mit Massenzentralisierung und günstiger Schwerpunktlage. Kräfteschonend und zielgenau, ja behände findet die R 1200 RS auf passendem Metzeler Z8 Interact den Kurvenscheitel, lässt sich dabei weder durch Spätbremsen noch durch Bodenwellen nennenswert aus der Ruhe bringen. Das semiaktive ESA deckt zwischen komfortabler Urlaubsreise und knackiger Hausrunde einen enormen Einsatzbereich ab, die elektronische Anpassung der hinteren Federvorspannung hält auch im Zweipersonenbetrieb die Reserven aufrecht – Gesamtsieg Fahrwerk.

Auch motorisch zeigt sich die RS beinahe makellos. Bullig und unangestrengt schiebt der wassergekühlte 1170er-Boxer aus dem tiefsten Drehzahlkeller, hängt ­dabei bestens dosierbar am Gas, vibriert kaum und verbraucht mit 4,3 Litern ­obendrein am wenigsten. Dank neuem Ruckdämpfer und Verbesserungen am Antriebs­strang schaltet der Boxer nun spürbar weicher, auch der Blipper funktioniert einwandfrei. Dazu Kurven-ABS und schräglagenabhängige Traktionskontrolle – fertig ist ein weiterer überlegener Testsieg der R 1200 RS. Späte Endstation für die SuperSport.

Aber: Geht es ums Landstraßenver­gnügen, um ausgedehnten Spaß an der reinen Fahrdynamik, dann hat die Bayern-Brumme, kaschierte Pfunde hin oder her, glasklar das Nachsehen. Verglichen mit der BMW bietet die Ducati das direktere, spannendere Fahrerlebnis. Sie schafft dies, ohne dabei den Fahrer zu malträtieren, findet – entsprechend des ursprünglichen Genre-Gedankens – den guten Kompromiss, mit wohldosierter Präferenz des Sports. Und ist damit, nachdem die VFR als der originale Sporttourer mit der Zeit ihre Magie verloren hat, in diesem Segment ein ziemlich attraktives Gesamtpaket. Die neue Vernunft bei Ducati schenkt uns einen tollen neuen Sporttourer.

MOTORRAD-Testergebnis

1. BMW R 1200 RS

Kann praktisch alles. Druckvoller Boxer mit feinsten Manieren, ausgezeichnetem Fahrverhalten, voll­umfänglicher Ausstattung und toller Elektronik. Der bes­te Sporttourer und eines der bes­ten Motorräder überhaupt. Teuer, aber gut.

2. Ducati SuperSport S

Wer hätte das gedacht? Ducatis Neue bietet nicht nur den meisten Fahrspaß, sondern auch ein gerüttelt Maß Alltags- und Tourenkompetenz. Motor, Fahrwerk, Bremse, Ergonomie, Ausstattung – alles ausgewogen auf sehr hohem Niveau.

3. Kawasaki Z 1000 SX

Wer mehr Tour sucht als bei Du­cati und keine 17 Mille investieren will, findet in der Z 1000 SX das ­passende Gerät. Kräftiger Vier­zylinder, hochwertiges Fahrwerk, Spitzenausstattung. Nur die Erstbereifung trübt das Bild.

4. Suzuki GSX-S 1000 F

Es lebe der Sport! Spürbar von einem eher minimalistischen Power-Naked­ abgeleitet, pfeift die Suzuki auf Tour und verschreibt sich mit einem bissigen Sportmotor und leichtfüßigem Handling ganz dem knackigen Solo-Sprint.

5. Honda VFR 800 F

Idee gut, Aus­führung verbes­serungswürdig. Mehr noch als Spitzenleistung fehlt Punch in der Mitte. Die VFR ist zu schwer, die Ergonomie obendrein unstimmig. Da rettet auch das an sich angenehme Fahrver­halten wenig.

Leistungsmessung im Rahmen des Sporttourer-Vergleichstests: Ducati SuperSport S, Suzuki GSX-S 1000 F, Kawasaki Z 1000 SX, Honda VFR 800 F und BMW R 1200 RS.

Drei verschiedene Hubraumklassen treten an, verteilt auf zwei oder vier Zylinder. Dabei spielt die Ducati trotz zweitkleinstem Hubraum voll mit, malt sie doch eine wunderschöne Kurve, sehnig, frei von jeglichen Einbrüchen ins Diagramm. Der 1200er-Boxer drückt bekannt gewaltig, zeigt seinen Hubraumbonus deutlich. Ähnlich souverän, nur mit etwas höherem Drehzahlniveau, entfaltet auch die Kawa ihre Leistung. Bei der Suzuki stört ein wenig der deutlich spürbare Einbruch in der Mitte, ab 8000 Umdrehungen zieht sie allerdings allen davon. Hondas VFR kämpft in diesem Feld schwer mit ihrem Hubraumnachteil. So flach, wie die Drehmomentkurve verläuft, fühlt sie sich auch in der Praxis an – die VFR braucht permanent Drehzahl.

Preise und Angebote aktueller Sporttourer in Deutschland

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Aktuelle Sport-Tourer im Preisvergleich

Der moderne Sport-Tourer vereint Motorräder aus zwei Welten: Das sportliche Bike aus Naked-, Supersport- oder Enduro-Abstammung, welches dem Piloten sportliches Fahren am Schräglagenlimit und Beschleunigungswerte auf Supersportler-Niveau ermöglichen soll, sowie die Touring-Maschine, auf der sich ausgedehnte Reisen dank Sitzkomfort und der Möglichkeit zur Gepäckaufnahme unternehmen lassen. Diese Allround-Qualitäten in Verbindung mit dem breiten Einsatzspektrum von Sporttourern sind ausschlaggebend für den hohen Beliebtheitsgrad dieser Motorrrad-Gattung am Gebrauchtmarkt. Folgt dem Link um euch augenblicklich einen Überblick über die aktuellsten Sporttourer in Deutschland zu verschaffen: Aktuelle Sport-Tourer in Deutschland

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023