Vergleichstest Honda CBR 1100 XX gegen Kawasaki ZZ-R 1100

Vergleichstest Honda CBR 1100 XX gegen Kawasaki ZZ-R 1100

Fern, schnell, gut. Hondas CBR 1100 XX schickt sich an, die Kawasaki ZZ-R 1100 als Königin der Fernstaße abzulösen.

Honda CBR 1100 XX gegen Kawasaki ZZ-R 1100 Honda CBR 1100 XX Super Blackbird

»Der Feind des Guten ist das Bessere.« Unter diesem Motto ist Honda angetreten, die nunmehr sechs Jahre andauernde Vorherrschaft der Kawasaki ZZ-R 1100 unter den Sporttourern zu beenden und die Kombination von Geschwindigkeit, Komfort und Sportlichkeit zu vervollkommnen. Dieser Anspruch kann allerdings nur in der ungedrosselten Version verwirklicht werden, da sich in der offiziellen 98-PS-Version ein Großteil der angestrebten Entwicklungsvorgaben gar nicht ausleben lassen. So sieht es wohl auch die Kundschaft solcher superstarken Komfortsprinter, denn keiner der von MOTORRAD kontaktierten Honda-Händler hat bislang eine 98-PS-Version ausgeliefert oder eine Bestellung hierfür vorliegen. Offenheit, auch wenn sie einen Aufpreis von rund 800 Mark bei Honda und 300 Mark bei Kawasaki für Entdrosselung und Eintrag in die Papiere kostet, scheint das Gebot der Stunde zu sein.Die von der Firma Könemann aus Schneverdingen zur Verfügung gestellte ZZ-R 1100 legt sich für diesen Vergleich sogar besonders ins Zeug und drückt mit 151 PS noch einmal drei Pferdchen mehr auf die Prüfstandsrolle, als die bisher stärkste Test-ZZ-R (Einzeltest MOTORRAD 13/1995). Kawasaki Deutschland bucht diesen Umstand unter dem Oberbegriff Serienstreuung ab, denn beim getesteten 1996er Modell wurde lediglich das Innenleben der Vergaser und Schalldämpfer geringfügig den strengeren Geräusch- und Abgasvorschriften angepaßt, und die Verkleidung erhielt neue Aufkleber. Ansonsten blieb bei der ZZ-R alles beim alten.Und trotzdem sieht die immerhin sechs Jahre alte ZZ-R im Vergleich zur topaktuellen CBR 1100 XX aber alles andere als alt aus. Gut, die neue Herausforderin ist etwas schlanker um die Hüften, wirkt nicht ganz so wuchtig, aber technisch betrachtet sind die Unterschiede nicht allzu groß. Ein wassergekühlter Reihenvierzylinder steckt in einem stabilen Brückenrahmen aus Aluminium, vorn führt eine konventionelle Telegabel, hinten eine Alu-Schwinge mit Zentralfederbein. Auch wenn auf Honda-Seite das Fahrwerk etwas leichter und zierlicher ausgelegt ist, die Vergaser zwei Millimeter größer sind, der Motor kompakter und moderner gezeichnet ist und das kombinierte Bremssystem (CBS) mehr Sicherheit offeriert, so hat auch die ZZ-R ihre Vorteile, wie zum Beispiel das von Kawasaki entwickelte Ram-Air-System, das serienmäßige Abgasreinigungssystem KCAS oder die in Federbasis und Zugstufendämpfung einstellbare Gabel.Liegen zwischen der Entwicklung der beiden Kraftsportler immerhin sechs Jahre, fallen die Unterschiede in den rein durch Meßwerte untermauerten Disziplinen wie Höchstgeschwindigkeit, Durchzug und Beschleunigung doch recht knapp aus. Beim Sprint von null auf 100 km/h kann die Kawasaki dank ihrer hervorragenden Kupplung sogar problemlos mit der Doppel-X mithalten. Im öffentlichen Straßenverkehr sind diese Erkentnisse allerdings kaum umzusetzen.Hier kommt es vielmehr darauf an, die vorhandene Leistung gleichmäßig und berechenbar auf die Straße zu bringen. Und darin entpuppt sich die CBR als wahre Meisterin. Leistung satt in allen Bereichen, von 2000 bis 10 000/min stets feinfühlig über den Gasgriff dosierbar und ohne die geringste Ausstrahlung von Aggressivität. Dazu ein nahezu vibrationsfreier Motorlauf und Trinkgewohnheiten, die sich mit 6,6 Litern durchschnittlichem Landstraßenverbrauch im üblichen, wenn auch nicht vorbildlichen Rahmen halten.Gegen solche Glanzleistungen anzukämpfen, tut sich selbst der altbewährte ZZ-R-Antrieb schwer. Er ist von deutlich rauherer Natur, vibriert stärker, zerrt unter 2500/min recht ruppig an der Kette, und die Leistung setzt bei 6000/min spürbar härter ein als bei seinem Honda-Kollegen. Dazu gesellt sich noch das tiefe Röcheln aus den Ansaugkanälen des Ram-Air-Systems. Sähe also alles nicht besonders gut aus für das ZZ-R-Kraftpaket, wenn den Honda-Ingenieuren nicht doch eine kleine Unaufmerksamkeit unterlaufen wäre. Die ZZ-R darf nämlich zu Recht von sich behaupten, ein prima Getriebe zu beherbergen. Geringe Schaltkraft, exakte Arretierung jeder einzelnen der sechs Gangstufen, minimale Geräuschentwicklung beim Schalten und das hauseigene Leerlaufsuchsystem (im Stillstand wird beim Hochschalten aus dem ersten Gang automatisch die Leerlaufstellung eingelegt), da gibt es nichts mehr zu verbessern. Dagegen fällt das Honda-Getriebe deutlich ab. Lauter, nicht ganz so präzise und vor allem mit mehr Spiel im Antriebstrang, erfolgt der Gangwechsel nicht annähernd so weich und ruckfrei wie bei der ZZ-R.Wie bei den superstarken Motoren, kommt es auch bei den Fahrwerken darauf an, ein unkompliziertes und dadurch sicheres Fahrgefühl zu vermitteln. Eine Kunst, die die Kawasaki-Techniker bei ihrer 278 Kilogramm schweren 1100er gut umgesetzt haben. Denn trotz ihrer Fülle läßt sich die ZZ-R mit erstaunlich wenig Kraftaufwand dirigieren. Einmal in Bewegung, scheut sie weder schnelle Wechselkurven noch enge Kehren. Selbst langsames Dahinrollen im Schrittempo ist mit diesem gut ausbalancierten Boliden ein Kinderspiel.Doch auch diesbezüglich haben die Honda-Entwickler ihre Hausaufgaben nahezu perfekt gemacht. Mit der Doppel-X geht alles noch ein bißchen leichter, trifft man die Linie ein bißchen genauer, geht jedes Manöver ein bißchen selbstverständlicher und einfacher von der Hand. Schon die Sitzposition ist durch die engere Taillie der CBR dieses entscheidende bißchen angenehmer, obgleich beide Maschinen nur auf Menschen über 170 Zentimeter Körpergröße zugeschnitten sind und selbst solche nach längeren Touren durch die zu stark gekröpften Lenkerhälften mit schmerzenden Hangelenken kämpfen. Der Wind- und Wetterschutz der beiden Plastikleider schenkt sich ebenfalls nicht viel und könnte hauptsächlich im Schulter- und Helmbereich etwas besser sein.Pluspunkte sammelt die CBR wieder in Sachen Geradeauslaufstabilität. Taucht die Tachonadel mal jenseits der 240er Markierung auf, hat die ZZ-R nämlich so ihre Nöte. Vor allem in leichter Schräglage beginnt sie dann im Bereich der Frontpartie zu schlingern. Diese Unart ist zwar selbst bei Vollgas noch nicht unbedingt gefährlich, erschüttert aber das Vertrauen in den Untersatz. Davon kann bei der CBR keine Rede sein. Weder Quer- noch Längsfugen können sie beeindrucken. Nicht einmal böiger Seitenwind oder böswillige Anregung über den Lenker bringen diesen D-Zug aus der Ruhe.Dieses Plus an Stabilität erkauft sich die CBR hauptsächlich durch eine deutlich straffere Abstimmung der Gabel. Diese geht leider stark zu Lasten des Fahrkomforts auf welligen Landstraßen. Wo die ZZ-R wie auf einem Luftkissen dahingleitet, holpert die zu stark gedämpfte Honda-Front recht unbeholfen einher. Mit einer Einstellmöglichkeit für Dämpfung und Federbasis ließe sich dieses Problem im Handumdrehen beseitigen, und eine einstellbare Gabel ist in dieser Preisklasse heutzutage eigentlich selbstverständlich - außer bei der Doppel-X.Hinten sieht die Sache für die CBR schon besser aus. Hier zeigt sich die Honda sogar einen Tick sensibler als die Kawasaki und selbst unter Zuladung einer zweiten Person agiert das voll einstellbare Federbein noch sehr feinfühlig und mit genügen Reserven auch auf schlechtesten Straßen.Reserven anderer Art lassen dagegen beide Testmaschinen vermissen. Eine erlaubte Zuladung von 184 Kilogramm bei der Honda und gar nur 173 bei der Kawasaki sind einfach lächerlich für Maschinen, die ihre Kundschaft hauptsächlich im sportlichen Tourenbereich suchen.Weitaus erfreulicher stellt sich das Thema Bremsen dar. So ist die Kawasaki mit ihren Vierkolbensätteln seit Jahren bekannt für kraftvolles Zupacken, die geringe benötigte Handkraft und die feine Dosierbarkeit ihrer Stopper. Daran hat sich 1996 nichts geändert, und das wird auch 1997 aller Voraussicht nach so bleiben. Es gäbe nur einen Grund für die Kawasaki-Techniker, in Zukunft etwas zu verändern, und der heißt Honda-CBS. Denn dieses aus der CBR 1000 F stammende und weiterentwickelte Bremssystem ist einfach phänomenal gut. Nicht allein der enorme Biß und die hervorragende Dosierbarkeit machen diese Bremse so sensationell gut, sondern auch die leichte und fast narrensicher Bedienbarkeit und die Fahrstabilität, die durch die gelungene Bremskraftverteilung dieser Kombibremse erreicht wird. Sieht man mal vom Einsatz im Rennsport ab (hier braucht der Profi im Grenzbereich nach wie vor zwei unabängige Bremskreise), sollte das CBS-System bei Motorrädern Standard werden. Denn auch wenn es ganz nett erscheint, endlich einmal die Schallgrenze von 300 km/h zu knacken, muß das Gebot der Zukunft nicht mehr Geschwindigkeit, sondern mehr Sicherheit lauten.

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