Idee, Konstruktion, Design und die handwerkliche Ausführung des pfiffigen Dreirades tüftelten zwei wackere Schwaben aus. Nur den bärenstarken V2-Motor entlehnten sie sich von Suzukis TL 1000 S.
Idee, Konstruktion, Design und die handwerkliche Ausführung des pfiffigen Dreirades tüftelten zwei wackere Schwaben aus. Nur den bärenstarken V2-Motor entlehnten sie sich von Suzukis TL 1000 S.
Uff d`r Alb«, so heißt es im Schwäbischen, »do isch a halb Johr Wendrr, ond s andere halbe Johr ischs kalt.« Was so viel bedeutet, dass das raue Klima des felsigen Höhenzugs südlich von Stuttgart kaum freundlicher ist als in Sibirien. Eine freilich leicht übetriebene Schilderung, denn selbst auf der Schwäbischen Alb schraddelt eine ziemlich engagierte und pfiffige Motorradszene durchs idyllische Kurvenrevier. Und wenn der Sommer, also die Zeit, in der es nicht schneit, geht, verkriechen sich viele Älbler in ihre Scheunen und Schuppen und basteln, was das Zeug hält. Wobei ihnen das mit reichlich Metallbetrieben gesegnete Umland eine willkommene Hilfe ist. Denn mindestens jeder zweite Kradler hat einen Kumpel, Schwager oder Vetter, der seine Brötchen mit drehen, fräsen oder schweißen verdient. So gedeihen selbst komplizierteste Bauvorhaben mittels »Heimarbeit« und gegen den obligatorischen Kasten Bier.
Das ehrgeizige Projekt von Andreas Rümelin und Hauke König aus Hülben dagegen dürfte mit einer Kiste wohl nicht abgegolten sein. Ein paar Fässer müssen da schon gerollt sein. Schließlich steckt unter der GfK-Hülle ein den echten Renngespannen nachempfundenes Stahlrohr-Chassis. Handwerkliches Geschick und einschlägige Erfahrung bringen die beiden Erbauer zur Genüge mit (siehe Kasten Seite 41), und so ist es kein Wunder, dass man sich für problematische Details neue Lösung erdachte. So drehen sich die beiden Bremsscheiben nicht in der Felgenschüssel des Vorderrads, sondern rotieren auf einer verlängerten Achse direkt im kühlenden Fahrtwind. Imposant recken sich die verschachtelten Längslenker der Vorderradführung um die Bremsanlage. Erst nach eingehendem Studium der komplexen Konstruktion erkennt man das integrierte Federsystem und die Lenkkraftübertragung. Ein Querlenkerpärchen am Heck führt das im Exzenter (zur Kettenspannung) gelagerte Hinterrad, während das dritte Rad in einer kompakten, wälzgelagerten Linearführung in der Spur gehalten wird.
Das Herzstück, der 125 PS starke Suzuki TL 1000 S- Twin, hängt seitlich an das Gitterrohrchassis angeflanscht in seiner tiefen Position. Überzogen ist das Kunstwerk von einer eleganten und mit witzigen Design-Elementen ausstaffierten Monocoque-Schale. Nur die Verkleidung trägt eindeutig die Handschrift der japanischen TL 1000 S-Designer.
Fahrtermin. Man trifft sich, wie könnte es im Schwäbischen anders sein, freitags nach dem »Gschäfft«. »Pass uff, des Deng fahrt ziemlich nervös. Du musch es oifach laufe lau, no tut`s.« Will heißen: Das ist eigentlich nix für einen Normalen, gell. Und wenn du mir mein Gespann zerbröselst, gibt`s ziemlich Ärger.
Den wollen wir natürlich nicht, drum läßt man´s die ersten Kilometer gemächlich gehen. Einfach famos, wie dieser Prachtkerl von TL 1000-Motor zupackt. Immer, überall und aus allen Drehzahlen. Die auf rund 205 km/h reduzierte Gesamtübersetzung erleichtert dem Twin seine Aufgabe und überspielt die satten 365 Kilogramm mit lässigem Schub.
Wer den Begriff der Lenkstange allzu wörtlich nimmt und wild am breiten Superbike-Lenker reißt, eiert ziemlich planlos durch die Ecken. Sanft geführt dagegen fädelt sich das Ruko-Gespann auf seinen 195 und 205 Millimeter breiten Latschen mit Leichtigkeit und abolut zielgenau in die gewünschte Linie ein. Recht hat der Andreas: »Oifach laufe lau.«
Bodenwellen und Schlaglöcher aller Art werden auf die harte Art ans Bordpersonal weitergereicht, denn die theoretisch vorhandenen 50 Millimeter Federweg werden in Praxis als nicht vorhanden abgehakt. Dafür liegt das Ruko V 1000 SC (SC = side-car) wie das viel zitierte Brett und biegt selbst ohne Beifahrerballast zackig über die kurvige Alb. Schlüpft ein mutiger Zeitgenosse ins großzügige arrangierte Boot («d`Kender müsset halt au mit«), stellt sich eine klebrig satte Stabilität ein, die tadellose Slides und schaurig schöne Kurvengeschwindigkeiten ermöglicht. Gebremst wird das sportliche Vergnügen im Verbund, also Hinterradbremse gekoppelt mit einer Scheibe vorn und dem Seitenwagenrad, das auch von der Handbremse verzögert wird. Alles nicht so einfach und für den Gelegenheits-Gespannfahrer etwas viel auf einmal. Deshalb übergeben wir das edle Stück mit einem herzlichen Dankeschön und in absolut formhaltigem Zustand an die beiden Älbler, die ziemlich quer und in Windeseile davonpreschen. Ja klar, es ist Freitagabend: Und am Freitag ist auf der Alb Stammtisch angesagt. Oder Fußballverein. Oder beides. Oder die zwei haben nur mal wieder eine neue Idee.