Schon seit Jahren räubert die 1200er-Bandit ziemlich unverhohlen im Revier der großen Naked Bikes. Das soll sich auch nicht ändern. Nur die Methoden werden eleganter.
Schon seit Jahren räubert die 1200er-Bandit ziemlich unverhohlen im Revier der großen Naked Bikes. Das soll sich auch nicht ändern. Nur die Methoden werden eleganter.
Eigentlich gibt es sie ja noch gar nicht. Aber eigentlich doch. Nur nicht hier, sondern in Japan. Und wenn´s die Bandit hier nicht gibt, gehen wir eben nach Japan. Der französische Kollege Franck Péret vom MOTORRAD-Schwesterblatt Moto Journal hatte Gelegenheit, die Banditin vor Ort zu fahren.
Und hätte sich fast aufs falsche Motorrad gesetzt, weil die große Bandit ihrer kleinen Schwester gleicht wie ein Ei dem anderen. Schon beim alten Modell, und eben auch beim jüngsten Jahrgang, der sich in der 1200er-Version daher ebenso wohltuend erfrischt zeigt wie die 600er.
Bandit alt und Bandit neu: Das ist, als habe jemand seine Bauern-Joppe gegen Nadelstreifen getauscht. Und das gilt vor allem für die S-Variante, die nach wie vor eine Halbschale schmückt. Die aber hat mit dem eher rustikalen Teil von einst nichts mehr zu tun, präsentiert sich progressiv und leicht geduckt, mit trendigem Doppelscheinwerfer, setzt den Schwung der Tankeinbuchtung nach vorne fort und findet dank der nun gerade über den Motor gezogenen Doppelschleife zum ebenfalls umgestalteten Heck Anschluss. Das sitzt und hat Stil.
Genau wie dieser feinverippte Kraftprotz von Motor. Für ein Naked Bike trotz seiner langjährigen Sportlerkarriere wie geschaffen. Doch auch wenn der Vierling von der äußeren Anmutung dasteht wie am ersten Tag, hat sich im Inneren bei diesem Modellwechsel einiges getan. Rund 120 neue Teile werkeln im 1200er, alle mit dem einen Ziel: mehr nein, nicht Leistung, davon hatte die alte Bandit ohnehin genug, sondern noch mehr Fahrbarkeit.
Denn während die kleine Bandit sich durch ordentliche Motorleistung, ein gutmütiges Fahrwerk und einen kleinen Preis in die Herzen ihrer Fans räuberte, stand ihre große Schwester vor allem für eines: satten Punch ganz tief aus dem Keller. Bei der letzten MOTORRAD-Prüfstandsmessung waren es 108 Nm bei 3700/min. Für jene Bandit-Treiber, die Hände und Vorderräder gerne gen Himmel recken, gerade recht. Für den Rest der Gefolgschaft zu viel. Und vor allem zu früh. Das befand jedenfalls Suzuki. Weil derart deftige Kumpanei früher standesgemäß schien, bei der neuen, eleganten Bandit aber deplatziert wäre. Kleider machen auch in der Welt motorisierter Zweiräder Charaktere.
Also verpasste Suzuki dem nach wie vor luft-/ölgekühlten Vierzylinder eine Leistungskurve, die zwar nicht weniger zielstrebig, aber jetzt wie gebügelt verläuft. Das maxiamle Drehmoment liegt nicht mehr kurz über Standgas, sondern deutlich später, nämlich erst bei 6500/min an. In der Praxis bedeutet das statt hemdsärmeligem Antritt eine bisher nicht gekannte Verbindlichkeit. Die Bandit geht nach wie vor mächtig vorwärts, mit der Frontpartie aber weitaus weniger aufwärts. In Kombination mit dem geänderten Rahmenlayout der Radstand schrumpfte von 1435 auf 1430 Millimeter, der Lenkkopfwinkel von 64,5 auf 64 Grad und den überarbeiteten Federelementen fährt sich die neue nun so elegant, wie sie aussieht. Souverän, wie sie in der Kurve liegt, stabil und sicher. Neutral, wie sie einlenkt und und sich dabei trotzdem leichtfüßig auf dem Kurvenparkett bewegt. Wen wundert bei dieser Ausrichtung , dass die Suzuki außerdem an Komfort gewonnen hat. Beinahe zwangsläufig erscheint auch, dass diese angenehme Form des Umgangs bei der 2000er-Bandit auch vor den Bremsen nicht Halt macht. In die 310-Millimeter-Scheiben verbeißen sich nun Sechskolbensättel, die in Sachen Wirkung und Dosierbarkeit voll überzeugen. Dass bei derart verfeinerten Manieren des Untersatzes der Fahrer unangemessen rustikal zur Sache gehen könnte, halten die Suzuki-Strategen offensichtlich für ausgeschlossen. Das ABS jedenfalls, das im letzten Modelljahr für die verkleidete Bandit noch optional zu ordern war, wird nicht mehr angeboten.
Ein gutes Angebot wird die 1200er trotzdem bleiben. Denn so sehr sie auch mit den alten Traditionen gebrochen hat, dürfte Suzuki sich bei der Preisgestaltung traditionell zurückhalten. Eine gute Voraussetzung, um möglichst vielen Big-Bike-Kunden ein »fein gemacht« zu entlocken.