Arc Vector Elektro-Motorrad
Das britische E-Motorrad fährt

Arc Vehicles testete die Vector auf einer Rennstrecke und zeigt sie fahrend beim Festival of Speed in Goodwood.

Arc Vector Update Juli 2022
Foto: Arc
In diesem Artikel:
  • September 2022: Erste Vectors geliefert
  • Über 400 km Reichweite
  • Motorrad interagiert mit dem Fahrer
  • Vernetztes System ausprobiert
  • Preise ab 103.000 Euro
  • Erst Crowdfunding, dann Insolvenz, jetzt Neustart

Das ARC Vector-Bike nutzt nicht nur die Möglichkeiten einer Mensch-Maschine-Schnittstelle, es glänzt zudem mit exotischen Materialien, faszinierenden Komponenten und modernster Architektur, umhüllt von einer futuristischen Verkleidung. Und: Arc hat die Vector im Sommer 2022 auf einer Rennstrecke einem Fahrwerkstest unterzogen und der Öffentlichkeit fahrend beim Festival of Speed in Goodwood präsentiert.

September 2022: Erste Vectors geliefert

Für den September 2022 kündigt Arc die ersten Serienmotorräder an, die dann an die ersten Kunden geliefert werden sollen. Zeitgleich wird für den 29. Juli 2022 das noch nicht näher betitelte AE Programm angekündigt. Es soll 10 Kunden von Arc einbeziehen und könnte die bereits angekündigten Features des Head-Up-Helmes und der vernetzten Kleidung umfassen.

Alternative Antriebe

Über 400 km Reichweite

Das Vorderrad der Vector wird von einer Schwinge mit Achsschenkellenkung geführt. Das Hinterrad steckt in einer Bananenschwinge. Beide Schwingen sind aus Karbon gefertigt und mit Öhlins-Federelementen bestückt. Die Räder von BST sind ebenfalls aus Karbon geformt und mit Reifen im Standardformat 120/70-17 vorn und 180/55-17 hinten bezogen. Die Bremskomponenten steuert Brembo bei: vorne Stylema-Zangen mit 320er-Scheiben, hinten eine 240er-Scheibe. Das komplette Monocoque streckt sich S-förmig vom Scheinwerfer bis zum Bürzel hinter dem Monositz. Als Gewicht gibt Arc 220 Kilogramm an, die Sitzhöhe liegt bei 840 mm.

Der Elektromotor der Vector bringt es auf 103 kW Leistung und 86 Nm am Motor, sowie 397 Nm am Getriebeausgang. Das verbaute Batteriesystem stammt von Samsung und soll im Stadtverkehr eine Real-Reichweite von rund 320 Kilometer ermöglichen, über Land bleiben noch rund 200 Kilometer übrig. Die Normreichweite wird mit 436 Kilometer angegeben. Für den Spurt von Null auf 100 km/h gibt Arc 3,2 Sekunden an, die Höchstgeschwindigkeit soll bei 200 km/h liegen. Steht ein Schnelllader bereit, soll die Ladezeit nur knapp 30 Minuten betragen.

Motorrad interagiert mit dem Fahrer

Foto: ARC

Noch spektakulärer als die Optik scheint ein weiteres Feature zu sein: ARC nennt es Human Machine Interface, also eine Schnittstelle zwischen Fahrer und Maschine. So soll das Motorrad den Fahrer auf diverse Gefahren mit haptischen Signalen (Vibrationen) in den speziell zum Motorrad konfektionierten Bekleidungsstücken aufmerksam machen. Die integrierte Stromversorgung reicht für eine Betriebsdauer von zwei Stunden. Die Energiespeicher der Jacke können direkt am Motorrad wieder aufgeladen werden. Detektiert werden die Gefahren durch diverse Sensoren am Motorrad.

Zusätzlich wird der Helm, der mit einem Head-up-Display, einer Rückfahrkamera und Internetanbindung bestückt ist, mit den Bordfunktionen vernetzt. Gesteuert werden alle Funktionen per Sprache. Als weiteres Feature verfügt der Helm noch über ein aktives, dreistufiges Ventilationssystem.

Vernetztes System ausprobiert

Foto: Jörg Lohse
Wir konnten auf der EICMA das ARC-System bereits testfahren.

Wie das System des ganzheitlich vernetzten Motorradfahrens auf dem E-Bike von ARC funktioniert, konnten wir auf der EICMA bereits ansatzweise erfühlen: Mittels VR-Brille direkt auf der ARC Platz nehmen und zu einer "Testfahrt" durch eine digitale Stadt aufbrechen. Per Rechner werden wilde Szenarien erstellt, die alle Sinne des Fahrers beanspruchen: Lkw im toten Winkel, Spurwechsler, abrupte Bremsvorgänge vorausfahrender Autos, Schlechtwetter, Dunkelheit. Dadurch, dass der ARC-Fahrer mit seinem Motorrad komplett verbunden ist, werden ihm möglichst viele Hilfestellungen im Sichtfeld eingeblendet. Denn in Serie gehört zum ARC-Bike ein Helm mit Headup-Display, Audiosystem und Rückfahrkamera.

Diese VR-Simulation dieses Helmsystems war auf der Messe mehr als beeindruckend. Noch beeindruckender wird es, wenn in Kürze auch der mit weiterer Sensorik ausgestattete Anzug dazu fertig ist. Auf der EICMA war bislang nur ein Prototyp zu sehen. Wenn man schließlich komplett ausgestattet unterwegs ist, bekommt der Fahrer die Warnungen auch körperlich vermittelt, beispielsweise indem ein im Rückenprotektor platzierter Sensor auf die rechte Schulter tippt, wenn man beim Spurwechsel ein Fahrzeug im toten Winkel übersieht.

Die ganze Sensorik, erklärt uns ARC-CFO Alan Simpson, ist darauf ausgelegt, dem Fahrer das Feedback zu vermitteln, das einem ohne Verbrenner plötzlich fehlt oder auf dem Elektromotorrad auch komplett anders sind: Geräusche, Schaltvorgänge, Beschleunigung, Bremsvorgänge. Das ARC-Bike ist der Anfang, in der Pipeline ist ein ATV, das ähnlich wie das Motorrad konzipiert ist.

Preise ab 103.000 Euro

Insgesamt sollen nur 399 Exemplare der Vector gebaut werden. Der Grundpreis liegt bei umgerechnet rund 103.000 Euro und beinhaltet auch die Bekleidung.

Erst Crowdfunding, dann Insolvenz, jetzt Neustart

Hinter dem vor rund 18 Monaten gegründeten Unternehmen ARC steckt der Ex-Jaguar-Landrover-Manager Mark Truman. Im Technikerstab arbeiten auch Ex-MotoGP-Ingenieure mit. Eine langfristige Finanzierung des Projekts soll durch namhafte Investoren, darunter auch Jaguar/Land Rover, gesichert sein. Dennoch hat ARC noch im Mai 2019 eine Crowdfundig-Aktion gestartet, die weiteres Geld einsammeln soll. Als Ziel hatte ARC 850.000 britsche Pfund angesetzt. Ende Juli waren rund 1,1 Millionen Euro eingesammelt. Zudem wurde mitgeteilt, dass die Arc ab 2020 in St Atha in Wales, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Aston Martin-Werk, gebaut werden soll. Seit dem 4. September 2019 standen die Zeichen auf Rot. Das Unternehmen musste Insolvenz anmelden, weil angeblich potenzielle Investoren doch nicht in das Elektromotorrad investieren wollten. Im Oktober 2020 scheint es mit dem Projekt aber weiterzugehen. Gründer Mark Truman hat nach Medienberichten alle relevanten Unternehmensteile aus der Insolvenzmasse herausgekauft. Innerhalb der nächsten zwölf Monate plant Truman die ersten zehn Fahrzeuge auszuliefern. Unklar ist derzeit, ob die Arc Vector dann wirklich über alle ursprünglich geplanten Features verfügen wird.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023