BMW R 12 G/S vs. Triumph Scrambler 1200 XE: Stylische Retro-Enduros im Test

Triumph Scrambler 1200 XE und BMW R 12 G/S
Stylische Retro-Enduros im Vergleichstest

ArtikeldatumVeröffentlicht am 07.08.2025
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Natürlich könnte man einwenden, dass emotionale Retro-Enduros nicht primär für den profanen Alltagsnutzen gemacht sind. Die Realität der meisten Besitzer sieht aber anders aus: Den Luxus eines Zweit- und Drittbikes für jede Gelegenheit leisten sich nur die wenigsten.

Retro-Bikes nicht nur für Schönwetter-Fahrten

Dem teils hohen Anschaffungspreis zum Trotz dienen Retro-Bikes daher nicht nur als Schönwettergefährt, sondern müssen auch für die schnelle Besorgung oder den Arbeitsweg herhalten. Guter Stil schadet ja bekanntlich nie, und mit kaum einem Retro-Bike wie der Triumph Scramble R 12 00 XE im exklusiven Icon-Edition-Lackkleid gelingt der geschmackvolle Auftritt besser.

Hommage an den Offroad-Sport der 1960er

Dabei versteht sich die Triumph Scrambler 1200 XE weniger als neoklassische Reiseenduro, sondern vielmehr als Hommage an die Anfänge des Offroad-Sports in den Sechzigern. Sie verbindet Enduro- und Roadster-Elemente, verfügt dabei aber über die üppigsten Federwegsreserven im Testfeld. Ihr 21-/17-Zoll-Radsatz ist ab Werk mit eher mildem Metzeler Tourance-80/20-Profil besohlt – gröberes Schuhwerk lässt sich optional konfigurieren.

Mit 229 zu 242 Kilogramm genießt die Triumph Scrambler 1200 XE Icon Edition gegenüber der BMW R 12 G/S beim Rangieren einen spürbaren Gewichtsvorteil, der sich in Bewegung gegen die hyperagile BMW allerdings in Wohlgefallen auflöst.

Retro-Enduros mit hoher Sitzhöhe

Kompakt sind übrigens weder die Triumph noch die BMW. Lange Fahrwerksstelzen heben die gesteppte Sitzbank der Triumph Scrambler 1200 XE auf 885 Millimeter Höhe – ein Maß, das exakt dem der Ducati DesertX entspricht und von der BMW R 12 G/S mit ihren 890 Millimetern sogar noch übertroffen wird. Für sicheren Stand sind bei diesem Trio lange Beine gefragt.

Immerhin: Die Triumph Scrambler 1200 XE Icon Edition lässt sich ab Werk mit einer um 25 Millimeter abgesenkten Sitzbank ordern, bei der BMW R 120 G/S gibt es alternative Sitzmöbel nur in die entgegengesetzte Richtung, also noch höher.

Für kurzarmige Fahrer wird die über den Tank gespannte Haltung auf der Triumph Scrambler 1200 XE beim Rangieren und Wenden zur Herausforderung. Was sich auf der BMW R 12 G/S wegen der hohen Enduro-Front und des großen Abstands zwischen Sitzbank und Lenker kaum weniger problematisch gestaltet.

Triumph Scrambler grillt den Oberschenkel

Bei sommerlichen Temperaturen geht es auf der Triumph Scrambler 1200 XE im Stop-and-go heiß her: Der hochgezogene Scrambler-Auspuff grillt den Oberschenkel. Außerdem ist er bei stehenden Offroad-Einlagen im Weg.

Scrambler-Kupplung überzeugt

Dafür sammelt die Ein-Finger-Kupplung trotz späten Schleifpunkts gegenüber der BMW Sympathiepunkte. Dass die Britin auf 100 Kilometern immerhin 0,6 Liter weniger Sprit braucht, erfreut ebenfalls.

BMW R 12 G/S mit exzellentem Schaltassistent

Während dieses Vergleichstests wurde deutlich, wie stark die klassische Optik der BMW R 12 G/S wirkt. Kaum ein anderes Bike zieht derzeit in freier Wildbahn mehr Aufmerksamkeit auf sich. Der Look sitzt, das Retro-Zitat ist stimmig, die Umsetzung hochwertig und konsequent. BMW schlägt mit der Heritage-G/S bewusst einen neuen Weg ein – weg von der funktionalen Reiseenduro, hin zum stilbewussten Solisten. Und obwohl sich über den Begriff "Reise" bei ihr durchaus streiten lässt, ist sie technisch auf der Höhe der Zeit. LED-Kurvenlicht, Keyless Ride, schräglagenabhängige Regelsysteme und ein exzellenter Schaltassistent zählen bei Preisen deutlich jenseits der 20.000-Euro-Marke mittlerweile zum guten Ton.

Restreichweiten-Anzeige nicht vertrauensvoll

Weniger verständlich ist, dass die im optionalen Navigationsgerät für 710 Euro integrierte Restreichweiten-Anzeige auch bei fast leerem Tank noch konstant 225 Kilometer verspricht. Besonders, da die BMW R 12 G/S auch sonst nirgendwo den Füllstand anzeigt.

Für ambitionierte Enduristen lohnt sich das Enduro-Pro-Paket: Grobstoller, 18-Zoll-Hinterrad, breitere Rasten und erweiterter Offroad-Fahrmodus sorgen out of the box für großartige Steh-Ergonomie und Performance auf losem Untergrund. Voraussetzung dafür, dass das Arrangement auch sitzend passt, ist allerdings die um 20 Millimeter erhöhte Rally-Sitzbank für 230 Euro.

Neues 40.000-km-Wartungsintervall für Kardan

Kritisch sehen viele Interessenten das neue 40.000-Kilometer-Wartungsintervall des eigentlich robusten Kardanantriebs. Offiziell begründet BMW die Maßnahme mit der erhöhten Belastung im Gelände – ein kostspieliger Eingriff, der für Diskussionen sorgt. Auch dass die G/S serienmäßig nur als Einsitzer ausgeliefert wird, wirkt wenig kundenfreundlich. Wer zu zweit fahren möchte, muss für 205 Euro das Soziuspaket mit Sitzbank, Halteriemen und Fußrasten separat bestellen.

Triumphs stärkster und geländegängigster Scrambler liegt von allen Retro-Enduro-Konzepten in Sachen Flair am nächsten an der BMW R 12 G/S. Ihr bäriger 1200er-Twin überzeugt mit kräftigem Durchzug und sanften Manieren. Die hochwertige Machart, topmoderne Features, ein feinfühliges Fahrwerk und kräftige Brembo-Stylema-Bremsen runden das stimmige Retro-Paket ab.

Triumph wirkt wie sehr aufrechter Roadster

Ergonomisch wirkt die Triumph eher wie ein sehr aufrechter Roadster als wie eine echte Enduro. Für Landstraßentouren stimmig, im ernsthaften Geländeeinsatz suboptimal. Wer auf klassisches Scrambler-Flair mit viel Schick steht, dürfte hier fündig werden.