Die Hoffnung, KTM würde bis zum Alpen-Masters 2025 die neue 1390 Super Adventure S an den Start bringen können, war aufgrund der Unruhen um die Österreicher nicht groß, aber existent. Es reichte schlussendlich nicht. Die KTM 1290 Super Adventure S springt ein und geht beim Alpen-Masters 2025 auf Abschieds-Pass-Tour. Kann sie sich dabei gegen die frische Ducati Multistrada V4 S behaupten?
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KTM 1290 Super Adventure S beim Alpen-Masters 2025
Leichte Beute ist die "alte" KTM sicher nicht, ihre Ausstattungsliste lang, die Leistungsdaten beeindruckend: 160 PS presst der V2-Motor aus 1.301 Kubik. Dass die am Pass nie gebraucht werden, dürfte klar sein, die 138 Nm bei 6.750/min, oder zumindest einen Großteil davon, kann man aber zwischen den vielen Kehren genüsslich auskosten. Bei der Beschleunigungsmessung setzt die Super Adventure S gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen: Als einziges Bike beim Alpen-Masters 2025 zieht sie zu zweit bergauf in weniger als drei Sekunden von 25 auf 75 km/h.
Die 1290er soll bald der 1390er weichen – warum eigentlich? Sie präsentiert sich schon ab dem Anfahren von ihrer besten Seite, rappelt nur unterhalb von 3.000/min V2-typisch und lastwechselt minimal, läuft darüber seidig und geht nutzerfreundlich ans Gas. Im Fahrmodus "Street" überfällt das Drehmoment den Mitas Terra Force ADV-Hinterreifen nicht unvermittelt, sondern lässt sich easy dosieren.

Ducati (links) dominiert das Vorrundenrennen.
KTM mit gutem Bremsverhalten und guter Ergonomie
Gut dosierbar auch für die Verzögerung am Vorderrad. Die Radialzangen der KTM 1290 Super Adventure S lassen weder hinsichtlich Biss noch Dosierbarkeit Raum für Kritik, und auch das ABS bekommt gute Noten. Beim Bremsen bergab mit Sozius hält es im Setting "Road" das Bike stabil. Auch die aus früheren Tests bekannte Neigung, bei Vollbremsungen auf den letzten Metern vor dem Stillstand die Bremse stärker zu öffnen (um Stoppies um jeden Preis zu vermeiden), hat die 1290 Super Adventure S abgestellt. In gut 25 Metern verzögert sie von 75 auf 25 km/h. Wer Stoppies mag, kann, dem Motto "Ready to Race" folgend, natürlich das ABS auf "Supermoto" stellen.
Das gute Bremsverhalten der KTM wird von der Ergonomie abgerundet, denn der schmale, hohe Lenker entlastet die Handgelenke und macht Passabfahrten angenehm. Eine breitere Lenkstange wäre der Handlichkeit zuträglich und ein schmalerer Knieschluss (der Tank baut sehr breit) nett, doch das ist Jammern auf hohem Niveau.
KTM: Mehr als genug Reserven für sportliche Zwischenetappen
In Kurven und Kehren gibt sich die KTM 1290 Super Adventure S souverän und satt. In Schräglage lässt sie sich nicht beirren, stellt sich nur beim Bremsen leicht auf. Das elektronisch gesteuerte und semiaktiv agierende Fahrwerk gefällt im soften Komfort-Modus am besten. Im Modus "Auto" passt sich die Dämpfung an die Fahrweise an, doch die kann in den Alpen in so kurzen Abständen variieren, sodass das System nicht mehr hinterherkommt. Außerdem bietet schon die weiche Abstimmung mehr als genug Reserven für sportliche Zwischenetappen.
Ducati Multistrada V4 S beim Alpen-Masters 2025
Das gilt gleichermaßen für das ebenfalls semiaktive Fahrwerk der Ducati Multistrada V4 S. Es spricht zudem noch etwas sensibler an, und der weicher gepolsterte Sitz spendet ein Quäntchen Extra-Komfort. Ergonomisch und fahrdynamisch erweist sich die Multistrada als feinmotorisch geschickter. Ihr breiter Lenker formt einen großen Hebel, über den sich die Multi mit Leichtigkeit einlenken lässt, und in Schräglage vermitteln Pirellis Scorpion Trail II auf zermürbtem Asphalt ein besseres Anlehngefühl. Die große Reise-Ducati schwingt noch etwas lockerer, handlicher und stabiler den Pass hinauf und wieder hinab als die KTM.

Ducati meistert Passstraßen spielend.
Lastwechselreaktionen sind der Multi fremd
Der V4-Motor der Ducati Multistrada V4 S spielt seine konstruktiven Vorteile im Hinblick auf Laufkultur sehr geschickt aus. Lastwechselreaktionen sind ihm fremd, unabhängig von der Drehzahl. In der Spitze leistet er zehn PS mehr als der KTM-Twin, kann darunter, im Pass-relevanten Bereich, aber nicht mit dem urgewaltig antretenden V2 mithalten. Wenn’s gilt, beschleunigt die KTM vorneweg, alle anderen Vorrunden-Teilnehmer des Alpen-Masters lässt die Multi V4 S aber locker stehen.
Und beim Bremsen bergab stoppt sie ein wenig besser als ihre direkte Kontrahentin. Die Applikation des ABS ist noch ausgereifter als bei der top regelnden KTM, dazu stehen drei statt zwei Modi zur Auswahl.
Pluspunkte der Ducati Multistrada V4 S
Mit fortschreitender Testfahrt über Fedaia-Pass, Campolongo und Grödner Joch wird das zunächst verschwommene Bild immer klarer: Was die KTM 1290 Super Adventure S sehr gut kann, kann die Ducati Multistrada V4 S noch einen Tick besser. Auch weil die Bremse sich leichter dosieren lässt, man in erster und zweiter Reihe bequemer sitzt, das Getriebe weniger Kraft für Gangwechsel fordert und die Schaltwege kürzer sind. Vorzüge, welche die KTM mit größerer Reichweite und besseren Befestigungsmöglichkeiten für Gepäck nicht ganz ausgleichen kann.
Unterm Strich stehen sechs Punkte mehr auf dem Konto der Multistrada, die damit verdient ins Finale einzieht, wo ihre kleine Schwester Multistrada V2 S sie schon erwartet. Die Super Adventure S verlässt den Platz aber erhobenen Hauptes und mit einem Titel im Gepäck: Besser als das Reise-Biest aus Mattighofen zieht kein Bike am Berg durch. Trotzdem sagt die Ducati Multistrada V4 S: Arrivederci KTM Super Adventure S.
Als Sponsor des Alpen-Masters 2025 stattet Louis die beiden Fotofahrer der Kategorie Adventure XL komplett aus. Alle Teile gibt’s hier!
KTM 1290 Super Adventure S

Urgewaltiger Motor mit unerreichter Durchzugsstärke und guter Laufkultur
Umfangreiche Ausstattung
Solide Elektronik
Kräftige Bremse
Straffes Sitzpolster auf langen Etappen wenig komfortabel
Für diese Kategorie mittelmäßige Bereifung
Ebenfalls recht hoher Verbrauch
Ducati Multistrada V4 S

Geschmeidiger, kraftvoller Motor mit sehr guten Fahrleistungen
Fahrwerk mit breitem Einstellbereich und massig Komfort
Ergonomie aktiv und langstreckentauglich
Assistenzelektronik auf höchstem Niveau
Viel Komfort für den Sozius
Verbrauch des V4 noch immer hoch
Happiger Preis
Hohes Fahrzeuggewicht