Wer 60 Jahre lang Harley-Händler ist, der hat was zu erzählen. Oder wie Jim Godwin aus Ohio: eine riesige Sammlung an alten Harleys. Und da darf die Zweitakt-Ära von Harley nicht unerwähnt bleiben – selbst wenn nicht alle beinharten Fans gerne daran erinnert werden. Von 1948 bis 1978 baute und bot Harley-Davidson zahlreiche Zweitakt-Modelle an. Und Jim Godwin verkaufte seine Sammlung im Januar 2023 bei der großen Motorrad-Auktion von Mecum Auctions in Las Vegas. Alles in einem Top-Zustand.
Harleys deutschstämmige Zweitakter 1948 -1966
Startschuss der 30 Jahre langen Zweitaktära von Harley waren Reparationen aus dem Zweiten Weltkrieg. Aus den DKW-Werken in Zschopau wurden Pläne der RT 125 und Maschinen unter den Alliierten verteilt. Harley-Davidson baute eine komplette Motorradreihe um den damals sensationell guten Motor und bohrte den Hubraum 1953 sogar auf 165 Kubik auf.
Harley-Davidson Model S 125
Das erste Modell war von 1948 bis 1952 das Model S 125, mit 3 PS und 3-Gang-Getriebe. Der Rahmen war starr, die Gabel eine Girder-Konstruktion mit Gummibanddämpfung. Ab 1951 setzte Harley eine hydraulische Telegabel ein. Kommerziell kann die S 125 als Erfolg gewertet werden: In den ersten 10 Monaten wurden 10.000 Stück verkauft, und die machten den meist jungen Kunden Lust auf größere Harleys. Die frühen S-Modelle brachten in Las Vegas zwischen 6.600 und 7.150 Dollar.

Harley-Davidson Model 165
1953 vergrößerte Harley den RT-Motor auf 165 Kubik und steigerte die Leistung auf 5,5 PS. Das Chassis des Model 165 war gleich der S 125. Mit dem optionalen 7"-Scheinwerfer nahm das Model 165 im Ansatz die ikonische Front der Evo-Fat-Boy 37 Jahre vorweg. Das Model 165 blieb bis 1959 im Programm. Die 165er-Modelle brachten in Las Vegas zwischen 5.500 und 7.700 Dollar.

Harley-Davidson Hummer
1955 brachte Harley wieder eine 125er und nannte sie Hummer. Nicht nach dem Krustentier, sondern nach dem sehr erfolgreichen Harley-Händler Dean Hummer, der damals die meisten Zweitakter verkaufte. Optisch wurde das Model S 125 etwas aufgefrischt und bis 1959 verkauft. Zwischen 6.060 und 7.150 Dollar brachten die Hummers in Vegas ein.

Harley-Davidson Super 10
1960 stellte Harley das Model 165 und die Hummer ein und brachte die Super 10. Technisch glich sie dem Model 165, und optisch war sie eine zweifarbig lackierte Hummer mit etwas breiteren Reifen. Nur ein Jahr blieb die Super 10 im Programm. Die Preise lagen 2023 zwischen 7.150 und 8.250 Dollar.

Harley-Davidson Pacer
1962 ersetzte die Pacer die Super 10. Weiterhin im gleichen Chassis verschraubt, wuchs der Motor auf 175 Kubik und 10 PS. Für 1963 baute Harley einen komplett neuen Rahmen mit Schwinge und gezogenem Federbein unter dem Motor. Bis 1965 blieb die Pacer im Programm und brachte 2023 bei Mecum zwischen 6.600 und 8.800 Dollar.

Harley-Davidson Ranger
Nur im Jahr 1962 baute Harley auf Basis der 165er-Modelle mit Starrrahmen das Offroad-Modell Ranger. Ohne Licht und Schutzbleche, dafür mit einem riesigen Kettenrad mit 84 Zähnen. Nur 186 Stück wurden gebaut. Einer Legende zufolge baute Harley-Davidson die Ranger aus übrig gebliebenen Bauteilen der Super 10. 2023 ging die Ranger für 6.600 Dollar unter den Hammer.

Harley-Davidson Scat
Auf Basis der Pacer kam 1962 die Scat. Ein Dual-Purpose-Bike mit hohem Auspuff, was heute als Scrambler bezeichnet werden würde. Optional gab es eine sehr kurze Untersetzung, ob so extrem wie bei der Ranger ist nicht bestätigt. 1962 noch mit Starrrahmen, ab 1963 ebenfalls mit Schwingenrahmen. Bis 1965 war die Scat im Programm. Es wurden zwischen 4.000 und 5.000 Stück produziert. 8.800 Dollar war einem Bieter die Scat bei Mecum wert.

Harley-Davidson Bobcat/Bobtail
1966 kam mit der Bobcat oder Bobtail das letzte Modell auf Basis der alten "RT-Modelle". Das Chassis war das vollgefederte der Pacer ab 1963, der Motor der 175er-Zweitakter mit 10 PS. Die Karosse war vollständig aus Kunststoff, mit einer langen Doppelsitzbank. Die Form des Hecks nahm teilweise den Boat-Tail von 1971 vorweg. Es wurden nur 1.150 Stück hergestellt und ein 1966er-Modell brachte 2023 7.700 Dollar.

Zweitakter von Aermacchi
Der zweite Akt der Zweitakter-Geschichte von Harley-Davidson lief ab 1965 zeitgleich mit den RT-basierten Modellen. Zwischen 50 und 175 Kubik kamen Zweitakter auf Aermacchi-Basis als Harleys in die USA. Nach der Übernahme durch AMF kaufte Harley Aermacchi komplett und brachte ab 1970 größere Zweitakter in die USA. Bei Mecum sind einige dieser Modelle ab dem Baujahr 1972 zu haben.
Harley-Davidson MC 65
1972 begann der Einstieg in die Harley-Welt bei 65 Kubik in Form des Pocketbikes MC 65 Shortster. Der Motor stammte aus der M65 Legero von Aermacchi, der ganz im Stil einer Honda Monkey im Rahmen hing. Gut 8.000 Stück wurden gebaut. 2023 ging eine für 2.200 Dollar bei Mecum weg.

Harley-Davidson X 90
Ebenfalls ein Pocketbike, allerdings mit mehr Hubraum und Leistung, war die X 90. Sie wurde von 1973 bis 1975 gebaut, hatte einen 90-Kubik-Motor und 8 PS. Knapp 17.000 Stück wurden gebaut. 3.300 Dollar war im Januar 2023 das Höchstgebot.

Harley-Davidson Z 90
Ebenfalls aus dem Jahr 1972 stammt die angebotene Z90. Kein Pocketbike wie die MC 65 oder die X 90, sondern ein "echtes" Moped. Aus 90 Kubik holte die Z 90 immerhin 8 PS. Stückzahl: nicht bekannt. Dafür ein Auktionspreis 2023: 7.700 Dollar war die Z 90 einem Bieter wert.

Harley-Davidson SX(T) 125
Von 1976 stammt die angebotene Enduro SX 125. Sie nahm die Erfolge der reinen Sport-Enduro Baja 100 auf und brachte 13 PS aus 125 Kubik auf die Straße – oder ins Gelände. 8.800 Dollar brachte die SX 125 im Januar 2023.

Harley-Davidson SX 175
Zwischen 1974 und 1976 bot Harley mit der SX 175 ein nochmals stärkeres Zweitakt-Modell an. Ihr Motor leistete 17 PS, hatte 5 Gänge und brachte die SX auf 115 km/h. Geländegängig war sie mit ihren tiefen Fendern und dem tief montierten Auspuff nicht wirklich. In drei Jahren wurden 12.112 Stück produziert. Im Januar 2023 ging die SX 176 für 7.700 Dollar weg.
