Fahrbericht Yoshimura Hayabusa X-1

Fahrbericht Yoshimura Hayabusa X-1 Fujios Rache

Als das Reglement in der japanischen Superbike-Meisterschaft zugunsten der Werksteams geändert wurde, stieg Yoshimura aus. Und startete ein völlig neues Projekt. Mit Erfolg.

Sagamihara – rund 50 Kilometer südwestlich von Tokio, Hauptsitz des weltbekannten Konstrukteurs Yoshimura, der dieser Tage durch ein ganz besonderes Bike von sich reden macht: Hayabusa X-1. Ableger eines reinrassigen X-Formula-Racing-Bikes. 193 PS stark, 198 Kilogramm leicht – mit Blinkern und allem drum und dran. Die Idee für das Rennmotorrad sei so eine Art spontane Inspiration gewesen, erzählt Firmenchef Fujio Yoshimura. »Wir hatten in der japanischen Superbike-Meisterschaft unseren festen Platz. Mal haben wir gewonnen, mal verloren. Als jedoch ein neues Reglement verabschiedet wurde, das den Werks-Teams ab 2001 eindeutige Vorteile verschaffen wird, verging mir die Lust an dieser Serie.«
Zur selben Zeit lief auf der Intermot in München die Suzuki Hayabusa vom Stapel, und Fujio entschied sofort: »Das ist die Basis für unser neues Rennmotorrad. Wir steigen in die X-Formula ein.« Eine japanische Extrem-Bike-Klasse. »Jeder dachte, ich sei verrückt geworden. Auch meine Mechaniker waren äußerst skeptisch. Man wusste ja noch nichts über die wahre Performance der 1300er.« Nichtsdestotrotz wurde die Renn-Hayabusa gebaut und fuhr bereits im ersten Jahr den Titel nach Hause.
Dass der Erfolgssportler allerdings als Straßenmodell in Serie gehen könnte, erschien selbst Fujio Yoshimura unmöglich. »Doch die Sache lief quasi wie von selbst«, gesteht er. »Wir hatten alles, um das Puzzle zusammenzusetzen: gute Ergebnisse aus den Rennen, jede Menge Know-how, die ganze Welt war in Aufregung wegen der original Hayabusa, Suzuki erklärte sich bereit unser Projekt zu unterstützen – und jetzt sind wir da mit der X-1.« Stückzahl: 100. Preis: 25600 Euro.
Wenn eine original Hayabusa aussieht wie ein Wal, sieht die X1 aus wie ein Hai. Doppelscheinwerfer, aggressiv gestylte Ram-Air-Einlässe, Rennverkleidung, Schnellverschlüsse, Solo-Sitz, Magnesium-Fußrasten, Tri-Oval-Auspuffsystem – alles vom Feinsten. Bis hin zum geprägten Yoshimura-Logo auf dem Alutank. Die Sitzposition ist extrem: Höcker und Fußrasten sind so hoch montiert, dass alles Gewicht auf den Handgelenken lastet. Eine spitzen Haltung, um Kurven zu attackieren. Aber wehe, du gerätst in den Tokioter Stadtverkehr. Also nehme ich Kurs auf Izu – eine Halbinsel mit tollen Bergstraßen.
Die rund 70 Kilometer lange Anfahrt führt über die Autobahn und zu folgenden Erkenntnissen: Erstens ist die X-1 leichter zu fahren, als ich dachte. Zweitens lebt man damit stets in der Gefahr, eingelocht zu werden. Zwar läuft der Vierzylinder unter 2500/min nicht ganz so rund wie der Standard-Motor, aber im übrigen Drehzahlbereich verhält er sich sehr kultiviert, dreht super leicht hoch, ohne jedoch beängstigend spitz zur Sache zu gehen. Kaum auf der Bahn, reiße ich den Gasgriff auf. Wow, was für eine Rakete! Tief in die Verkleidung geduckt, presche ich über die Bahn. Alles topstabil. Die Straße vor mir verwandelt sich in die Mistral-Gerade von Paul Ricard. Blitzschnell eilt die Tachonadel gen 300. Ooops. Völlig crazy geworden? Für Motorräder ist auf japanischen Autobahnen bei 80 km/h Feierabend. Willst du diesen Fahrbericht in einer kalten Zelle schreiben, Yuko? Später fragte ich Fujio, ob er die Topspeed der X-1 gemessen hat. Doch er sagte, das hätte ihn nicht interessiert. Dass sie schneller sei als die Serie, wäre eh klar.
Die ersten Kilometer Bergstraße sind in ziemlich schlechter Verfassung. Schlaglöcher, Asphaltverwerfungen – ich hänge mehr in der Luft als im Sattel. Und verstehe, warum Kayaba nicht gerade glücklich war, dass Yoshimura die Abstimmung der original Federelemente modifiziert hat. Aber es musste sein. Zugunsten der Stabilität. Sobald die Straßenverhältnisse besser und die Geschwindigkeiten höher werden, fühlt sich die Sache sehr gut an. Die straffere Gabel gibt dir im Verein mit der frontlastigen Sitzposition ein sicheres Gefühl fürs Vorderrad. Und die Hinterhand beginnt nun, da mehr Gewicht darauf lastet, zu arbeiten. Der Übergang vom harten in den weichen Bereich mag ambitionierten Schnellfahrern vielleicht etwas zu abrupt vonstatten gehen. Aber ich denke, wer sich eine X-1 leisten kann, wird sich auch eine persönliche Abstimmung leisten können. Yoshimura macht das selbstverständlich möglich.
Hat das hintere Federbein seine Arbeit erst mal aufgenommen, gehören 193 PS dir. Das Handling setzt jedenfalls keine Grenzen. Freilich lässt sich eine herkömmliche Hayabusa auch schon super easy um die Ecken werfen, doch nach einer Fahrt auf der X-1 – meine Güte – da wirkt das Original ungefähr so agil wie eine Milchkuh. Sorry. Du wirst nicht müde, kannst einfach nicht genug kriegen, nimmst noch eine Kurve und noch eine. Yoshimura hat viele Titel bei Langstreckenrennen gewonnen – jetzt weiß ich, warum.

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