Lanzarote ist eine wüstenartige Insel mitten im Atlantischen Ozean. Üppige Flora sucht man vergeblich, denn das karge spanische Eiland ist vulkanischen Ursprungs. Aber es gibt hervorragende Straßen mit tollem Grip und Kurven zum Schwindeligfahren.
Dieser Ort, so entschied Yamaha, sei geradezu prädestiniert dazu, der Welt die neue Yamaha MT-07 vorzustellen. Es ist das vierte Modell der MT-Serie, bei der das Kürzel für maximales Drehmoment (Maximum Torque) steht. Leider ist das erste Modell, die bereits 2005 präsentierte, großvolumige MT-01, schon wieder vom Markt verschwunden, und die Verkaufszahlen der einzylindrigen MT-03 verheißen für ihr Überleben ebenfalls nichts Gutes. Das galt bis zum Herbst 2013 übrigens für die gesamte Modellpalette. Yamaha hatte ein echtes Problem.
Yamaha MT-07 technisch up to date und günstig
Die Betonung liegt auf hatte. Mit der MT-09 ging letzten Herbst ein neuer Stern am Yamaha-Himmel auf. Die Kunden schnappten nach dem neu konstruierten Dreizylinder-Bike wie Durstende nach einem Wasserglas. In Nullkommanix war die Yamaha MT-09 ausverkauft. Und ist es noch: Vor September wird es keinen Nachschub geben. Von der kleinen Schwester Yamaha MT-07 hat man deshalb vorsorglich 3000 Exemplare für Deutschland geordert. Denn ohne dass überhaupt jemand das Motorrad Probe gefahren ist, gibt es im Vorfeld schon 450 unterzeichnete Kaufverträge. Große Erwartungen. Ein Hype, ganz klar. Warum, ist schnell erklärt. Tolle Optik, technisch up to date und obendrein günstig: 5495 Euro ruft Yamaha für die Version ohne ABS auf, mit dem Antiblockiersystem möchte man gern 500 Euro mehr. Wirklich günstig. Aber ist sie auch gut?
Es gibt keinen Yamaha-Mitarbeiter auf Lanzarote, der nicht ein breites Grinsen im Gesicht hat. Selbst die Jungs, die für die Motorradreinigung zuständig sind, laufen pfeifend durch die Gegend. Bei schönstem Sonnenschein rückt der Zündschlüssel ins Schloss der Yamaha MT-07, und dieser Impuls weckt den Reihen-Twin aus seiner Starre. Mit 270 Grad Hubzapfenversatz klingt der verhaltene Sound ein wenig wie der eines V-Motors. Yamaha hat diesen Kunstgriff seinerzeit auch beim TRX-Twin angewandt.
Nichts zwickt, zwackt oder wirkt ungemütlich
Bereits nach wenigen Metern fühlt man sich auf der Yamaha MT-07 daheim. Der Sattel ist angenehm gepolstert, 805 Millimeter Sitzhöhe ermöglichen in Verbindung mit einer sehr schmalen Taille auch Kurzbeinigen sicheren Stand. Auch der Knieschluss ist perfekt. Und selbst große Menschen bekommen ihre Beine gut eingefädelt. Nichts zwickt, zwackt oder wirkt ungemütlich. Die Bedienung der Armaturen ist intuitiv. Alles ist dort, wo man es wahrscheinlich selbst auch hingeschraubt hätte. Und das gut ablesbare Display hält wirklich alle wichtigen Infos bereit.

Auch das Handling gibt sich spielerisch leicht. Kein Wunder, bei 179 Kilogramm vollgetankt. Mit ABS ausgerüstet, wird die Yamaha MT-07 drei Kilogramm schwerer sein. Leider gab es vor Ort keine Möglichkeit, eine solche Version zu testen, da die Fahrzeuge in Japan erst später produziert werden. Zum leichtfüßigen Handling trägt sicherlich auch die gelungene Zentralisierung der Massen bei. Der neue Antrieb ist äußerst kompakt geraten und sitzt tief unten im Chassis. Hinzu gesellt sich ein mit nur 1400 Millimetern äußerst kurzer Radstand. Wenn die Techniker der Maschine jetzt noch einen 160er- statt des 180er-Hinterreifens spendiert hätten, wäre die Yamaha MT-07 vielleicht sogar überhandlich geworden.
Es macht einen Heidenspaß, mit der kleinen Yamaha MT-07 durchs Kurvengewusel zu stromern. Sie lenkt zielgenau und reagiert spontan auf Kurskorrekturen. Auch das Feedback ist super. Der Rahmen wird aus verschiedenen Wandstärken und Stahllegierungen gefertigt und soll dieses Feedback mit gezielter Flexibilität unterstützen. Gabel wie Federbein sind sehr komfortabel abgestimmt, filtern alles weg und vermitteln ein direktes, vertrauensvolles Gefühl für die Fahrbahn. Ein Novum hierbei: Das Federbein arbeitet zwar mit einem progressiven Hebelsystem, stützt sich jedoch direkt am Motor ab. Sportlich orientierte, erfahrene Piloten werden die insgesamt lasche Dämpfung anprangern – bei zügig gefahrenen Kurven mit Bodenwellen pumpt das Heck ein wenig. Das Gesamtpaket ist jedoch alles in allem sehr anfängerfreundlich abgestimmt. Hierzu passt auch die Bremse, die einen kristallklaren Druckpunkt vermissen lässt, deren Wirkung jedoch völlig in Ordnung ist. Yamaha selbst findet im Pressetext eine angenehm passende Bezeichnung für die Yamaha MT-07: „Instant fun“. Was so viel heißt wie „Spaß ab dem ersten Meter“.
MT-07 dreht ohne Murren bis knapp 10.000 Touren
Doch es sind nicht nur das federleichte Lenkverhalten und die entspannte, übersichtliche Sitzposition, die ein Grinsen unterm Helm garantieren. Auch der neu entwickelte Motor ist absolut klasse, denn er ist ein Muster an Elastizität und Laufruhe.
Beispiele gefällig? Gerade Anfänger vergessen oft mal, vor Kurven oder Kehren in den richtigen Gang herunterzuschalten. Die Yamaha MT-07 lacht darüber. Ab 2000/min setzt der 690 cm große Twin Gasbefehle anstandslos und ruckelfrei in Vorwärtsschub um. Wer jetzt an die dieselmotorige Leistungsentfaltung einer Honda NC 700 denkt, liegt falsch. Denn der MT-07-Motor ist gleichermaßen Schaf wie Wolf. Ab 3000/min ist ordentlich Kraft zu spüren, ab 4000/min richtig Druck. Darüber dreht der Twin auch freudig und ohne Murren bis knapp 10.000 Touren. Sportlich ausgedrückt: Mit kaum einem Fahrzeug ist Wheeliefahren so einfach.
So leicht. So kontrollierbar. Denn der Twin gibt sich äußerst elastisch, hängt super am Gas und gibt seine Power immer kontrolliert und nahezu linear ab. Auf dem Leistungsdiagramm des Herstellers liegen zwischen 4000 und 8000/min stets um die 60 Nm Drehmoment an. Bereits bei 6500/min ballt er mit 68 Nm seine dicksten Muskeln, bei 9000/min produziert er mit 75 PS seine Höchstleistung. Der Fahreindruck bestätigt die Werte: 210 km/h soll die MT-07 laufen. Das glaubt man gern. Das Drosseln auf die A2-freundliche 48-PS-Version erfolgt über ein Kit von Alpha-Technik. Kosten: 105 Euro plus Einbau beim Händler.
Bei solch unkompliziertem Fahrverhalten, dem überschwänglich lebensbejahenden Antrieb und diesem Kampfpreis muss sich nicht nur die Konkurrenz warm anziehen. Denn außer dass man auf vier Zylinder steht, gibt es selbst Yamaha-intern jetzt keinen vernünftigen Grund mehr, zur XJ6 zu greifen.
Die Yamaha MT-07 hat alle eiskalt erwischt. Denn sie überzeugt selbst in puncto Verarbeitung. Nichts wirkt billig oder nachlässig. Die Oberflächen locken mit einem guten Finish, der Auspuff ist aus Edelstahl, die ab Werk montierten Michelin Pilot Road 3 funktionieren super und sind keine Billiglösung. Reichhaltiges Zubehör vom Akrapovic-Schalldämpfer bis zur MT-Bekleidung wird ebenfalls vom Hersteller angeboten. Bleibt letztlich nur zu hoffen, dass die georderten 3000 Exemplare für Deutschland auch ausreichen…
Technische Daten

Yamaha MT-07
Motor: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 38 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 410 W, Batterie 12 V/9 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 2,688.
Bohrung x Hub: 80,0 x 68,6 mm
Hubraum: 690 cm³
Verdichtungsverhältnis: 11,5:1
Nennleistung: 55,0 kW (75 PS) bei 9000/min
Max. Drehmoment: 68 Nm bei 6500/min
Fahrwerk: Brückenrahmen aus Stahlrohr, Motor mittragend, Telegabel, Ø 41 mm, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 282 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 245 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße + Gewicht: Radstand 1400 mm, Lenkkopfwinkel 66,0 Grad, Nachlauf 90 mm, Federweg v/h 137/130 mm, Sitzhöhe 805 mm, Gewicht vollgetankt 179 kg*, Tankinhalt 14,0 Liter.
Garantie: zwei Jahre
Farben: Schwarz, Violett, Grau, Weiß
Preis/Nebenkosten: 5495/zirka 180 Euro
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