Während in Deutschland debattiert wird, verhängt Tirol die ersten Motorrad-Lärmfahrverbote. Sie gelten auf bestimmten Strecken (siehe Karte) ab Mittwoch, 10. Juni bis vorerst 31. Oktober 2020. Und zwar ausschließlich für Motorräder, die in den Fahrzeugpapieren unter Punkt U.1 ein Standgeräusch von mehr als 95 Dezibel (dB(A)) eingetragen haben. Als Konsequenz eines Verstoßes gegen dieses Lärm-Fahrverbot droht Fahrern von Motorrädern wie einer BMW S 1000 RR (eingetragenes Standgeräusch 98 dB(A)), einer Ducati Multistrada 1260 ((102 dB(A)) oder einer Harley Dyna Street Bob (97 dB(A)) eine Strafe von 220 Euro. Außerdem werden sie laut Tiroler Landesregierung von der Polizei angewiesen umzukehren.
Alle Motorradfahrer betroffen
Das Verbot gilt ausnahmslos für alle Motorradfahrer, egal ob Österreicher, Deutsche oder anderswoher, es gilt für Anwohner genauso wie für Durchreisende oder Touristen. Aber es gilt nur für Motorradfahrer. Autos und Lkw dürfen auch weiterhin unbeschränkt laut durchs Lechtal dröhnen.
Land Tirol (Amt der Tiroler Landesregierung).
Kartenauschnitt der betroffenen Strecken in Österreich.
Nach MOTORRAD-Informationen ist das Tiroler Motorrad-Lärm-Fahrverbot, das das Hahntennjoch umfasst, den Fernpass als Transitstrecke aber nicht, das erste dieser Art in Europa. Als Begründung nennt Tirols Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Die Grünen) den Schutz der Bevölkerung gegen "überbordenden Motorradlärm." Die österreichische ARGE Zweirad, das Pendant zum deutschen Industrie-Verband Motorrad, wurde vor der Verkündung gehört und äußerte sich "froh, dass es zu keinen Streckensperrungen gekommen ist." Offenbar waren generelle Sperren die Alternative zum jetzigen Lärmlimit. Laut ARGE sind in Österreich nur rund sieben Prozent aller Bikes lauter als 95 dB(A). Nach MOTORRAD-Recherchen sind jede Menge Motorräder, beispielsweise diverse Aprilias, Ducatis, Hondas, Kawasaki, Harleys und zahlreiche Bikes anderer Hersteller betroffen. Eine kleine, aber bei weitem nicht vollständige Auswahl, ist in der folgenden Tabelle dargestellt.
Auswahl an Modellen, die vom Lärmfahrverbot in TIrol betroffen sind
Modell |
Im Fahrzeugschein eingetragenes Standgeräusch |
Aprilia V4 Tuono 1100 Factory |
96 dB(A) |
Aprilia RSV4 1100 Factory |
105 dB(A) |
Aprilia RSV4 1000 RR |
96 dB(A) |
BMW S 1000 RR |
98 dB(A) |
Ducati Hypermotard SP |
97 dB(A) |
Ducati Multistrada 1260 |
102 dB(A) |
Ducati Diavel |
102 dB(A) |
Ducati SuperSport |
98 dB(A) |
Harley-Davidson Dyna Street Bob |
97 dB(A) |
Harley-Davidson FXDR 14 |
97 dB(A) |
Harley-Davidson 1200 Custom |
99 dB(A) |
Harley-Davidson Sportster Forty Eight |
99 dB(A) |
Kawasaki Z 900 |
97 dB(A) |
KTM 890 Duke |
96 dB(A) |
Detaillierte Informationen zum Motorrad-Lärmfahrverbot sind in den FAQs des Amts der Tiroler Landesregierung zu finden.
FEMA kritisiert Streckensperrungen in Tirol
Die FEMA (Dachverband der europäischen Motorradfahrerorganisationen) hat sich Mitte Juni kritisch gegenüber den Streckensperrungen in Tirol geäußert. Demnach hat die FEMA die zugrunde liegende Studie ausführlich analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Fahrweise einzelner Motorradfahrer das eigentliche Problem darstelle. Laut FEMA resultiere die Lärmbelästigung durch Motorradfahrer weniger aus der Bauart der Motorräder – viel mehr sei der sehr sportliche und hochtourige Fahrstil einiger Motorradfahrer das eigentliche Problem. Entsprechend haben die Bewohner der Region mit den getroffenen Maßnahmen nicht das bekommen, was sie eigentlich wollten. Statt rücksichtlose Fahrer aus dem Verkehr zu ziehen, die den Lärm verursachen, müssen viele rücksichtsvolle Motorradfahrer nun unter der Entscheidung der Tiroler Landesregierung leiden.
Fazit
Die Entscheidung der Tiroler Landesregierung dürfte viele Motorradfahrer ziemlich hart treffen. Wie unsere ersten Recherchen zeigen, sind ziemlich viele beliebte Modelle vom Fahrverbot betroffen.