Mehr Sein als Schein, das trifft auf den preisgünstigsten BMW-Boxer sicherlich zu. Zumal die R 850 R serienmäßig mit geregeltem Kat und ABS als Option aufwarten kann.
Mehr Sein als Schein, das trifft auf den preisgünstigsten BMW-Boxer sicherlich zu. Zumal die R 850 R serienmäßig mit geregeltem Kat und ABS als Option aufwarten kann.
Das Roadster-Einstiegsmodell, die R 850 R, schlägt sich wacker: Obwohl die stärke Schwester R 1100 R keine 1000 Mark teurer ist, entscheiden sich viele Käufer für den kleineren Boxer. Mit rund 9400 Exemplaren verkaufte er sich seit Herbst 1994 nur knapp 20 Prozent weniger als die 1100er. Laut BMW-Pressesprecher Hans Sautter ist die R 850 R besonders bei Einsteigern und Frauen beliebt. Letztere verzichten auf die rund zehn PS mehr Leistung sowie das bei der männlichen Kundschaft höhere Sozialprestige und wissen den kultivierteren Motor zu schätzen. Einsteiger, die nur 34-PS-Maschinen fahren dürfen, können ohnehin nur das 850er-Modell ordern, das sich nach zwei Jahren für kleines Geld (rund 200 Mark) auf die volle Leistung von 70 PS entdrosseln lässt.
Das von MOTORRAD gefahrene Gebrauchtexemplar offeriert die BMW-Niederlassung Stuttgart für 16800 Mark. Die R 850 R, Erstzulassung Februar 2000, hat 11000 Kilometer auf der Uhr und als Extras eine Griffheizung und Kofferhalter. Die Sitzhöhe, die sich zwischen 760 und 800 Millimeter variabel justieren lässt, erweist sich beim Platznehmen als sehr angenehm. Äußerst gewöhnungsbedürftig ist dagegen für BMW-Unkundige das Blinkersetzen beziehungsweise das Abschalten. Die Logik von zwei getrennten Schaltern plus einem extra fürs Abschalten ist nur schwer nachvollziehbar.
Ansonsten fährt sich die ungemein wendige, gänzlich unverkleidete Maschine völlig problemlos und vermittelt auch Neulingen sofort ein sicheres Gefühl. Der Vierventiler läuft weich, bietet schon ab 2000/min genügend Leistung und hängt ruckfrei und zivil am Gas. Überzeugend auch die Vorderradbremse, die effektiv verzögert. Dennoch ist das ABS, das bei Neumaschinen einen Aufpreis von 2000 Mark kostet, empfehlenswert. Auffällig, wie locker die Telelever-Vorderradführung Unebenheiten stoisch wegsteckt und auch kaum Bremsnicken kennt.
Das ansonsten häufig geschmähte Fünfganggetriebe arbeitet an dem gefahrenen Modell leise und problemlos. Lediglich beim Runterschalten aus höherer Drehzahl, wenn der linke Fuß des mit BMW-Boxern nicht vertrauten Piloten zu zaghaft auf den Hebel drückt, macht das Getriebe durch harte Schaltgeräusche auf sich aufmerksam. Ebenfalls unauffällig funktioniert die Kraftübertragung ans Hinterrad. Die Kardanreaktionen sind bei der R 850 R äußerst gering, lediglich bei kräftigeren Gasstößen gibts einen gedämpften Kick ins Kreuz.
Die Standfestigkeit des Vierventilboxers, die nach dem Debüt in der R 1100 RS 1993 zunächst zu wünschen übrig ließ (siehe Langstreckentest MOTORRAD 16/1995), hat BMW in den Griff bekommen. Mit dem von Testredakteuren heftig kritisierten Getriebe hat sich ein Großteil der BMW-Klientel arrangiert, nachdem BMW mit einigen Modifikationen versucht hat, dessen Funktion zu verbessern. Tatsache ist jedoch, dass das bisher nur in der R 1150 GS und der R 1150 R angebotene neue Sechsganggetriebe in Sachen Geräuschentwicklung und Präzision eindeutig besser ist.
Einige R 850 R-Besitzer kritisieren außerdem eine rutschende Trockenkupplung. Das Kupplungsspiel wird laut Aussage der Niederlassung Stuttgart konstruktionsbedingt in der Einfahrphase geringer und muss dann neu justiert werden. »Sonst«, so Werkstattleiter Jürgen Fleige, »rückt die Kupplung nicht mehr ganz ein. Und beim ersten zügigeren Gasgeben auf der Autobahn wird die Mitnehmerscheibe hitzemäßig bis zum Kollaps belastet.« Ebenso sind durch undichte Simmerringe verölte Kupplungen, die dann ebenfalls durchrutschen, kein Einzelfall. Beim ersten freien Blasen gaben auch schon mal die Zylinderkopfdichtungen den Geist auf. Seit August 1997 verwendet BMW eine mehrschichtigere Stahldichtung.
Ärger mit der vorderen Doppelscheibenbremse gab es nur bei den allerersten Maschinen. Die Dichtringe der Bremskolben verhärteten und veränderten den Druckpunkt sowie das Ansprechverhalten. Mit geänderten Dichtungen und penibler Behandlung mit Siliziumpaste während der Wartungsintervalle schaffte BMW das Problem aus der Welt.
Das permanent bemängelte Konstantfahrruckeln des großen Boxers kennt der 850er nur ansatzweise. Wobei es offensichtlich Streuungen gibt, wie die Lesererfahrungen beweisen. Doch generell tut sich die digitale Motorelektronik von Bosch mit den kleineren Einzelhubräumen um einiges leichter. Schwankungen der Gemischaufbereitung und des Verbrennungsablaufs sind weniger problematisch.
Das ist sicher nicht das erste Mal, dass weniger mehr sein kann. Im Falle der R 850 R heißt das aber, dass der preisgünstigste Boxer trotz der Debüts der R 1150 R kein Schattendasein führen wird und sich die Gebrauchtpreise auf dem bisherigen hohen Level stabilisieren werden.
BMW R 850 RTechnische DatenMotorLuft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, je eine hochliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier über Tassenstößel, Stoßstangen und Kipphebel betätigte Ventile pro Zylinder, elektronische Saugrohreinspritzung, Motormanagement, geregelter Katalysator, Hubraum 854 cm³, Nennleistung 51,5 kW (70 PS) bei 7000/min, Fünfganggetriebe, Kardanantrieb, E-Starter.FarhrwerkTragende Motor-/Getriebe-Einheit mit geschraubtem Hilfsrahmen, längslenkergeführte Telegabel mit Federbein, Standrohrdurchmesser 35 mm, Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluguss Zentralfederbein direkt angelenkt, mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn,it Vierkolbensättel, O 305 mm, Scheibenbremse hinten, O 276 mm, Leichtmetall-Gussäder, alternativ Speichenräder, Federweg vorn/hinten 120/135 mm.Sitzhöhe 760 bis 800 mmTankinhalt/Reserve 21 LiterGewicht vollgetankt 247 kgZul. Gesamtgewicht 450 kgTestwerteHöchstgeschwindigkeit Solo/mit Sozius 193/180 km/hBeschleunigung 0-100 km/h Solo/mit Sozius 4,4/5,9 sekVerbrauch 5,5 LiterKraftstoff SuperErsatzteil-PreiseSturzteileKupplungsarmatur 134 MarkHandbremsaramtur 389 MarkLenker 266 MarkRückspiegel 68 MarkBlinker vorn 46 MarkTachometer 201 MarkDrehzahlmesser 219 MarkGabelstandrohr 256 MarkSchutzblech vorn 277 MarkVorderrad 770 MarkSchalldämpfer (mit Kat) 1474 MarkTank, lackiert 1367 MarkRahmen komplett 1140 MarkVerschleißteileBremsbeläge vorn 135 MarkKupplungs-Mitnehmerscheibe 246 MarkBremsscheibe vorn 447 MarkLuftfilter 28 MarkÖlfilter 24 MarkTachowelle 28 MarkBatterie 173 MarkLenkungsdämpfer 317 MarkStärken und SchwächenStärkenKultivierter MotorKomfortables FahrwerkGuter WiederverkaufswertSchwächenLautes, hakendes GetriebeHohe GebrauchtpreiseTest in MOTORRAD1Test 25/1994Vergleichstest 7/1995Vergleichstest 17/1995Vergleichstest 23/1995Vergleichstest 13/1996Vergleichstest 3/1998Reifenfreigaben Typ ____vorn hintenAlternativbereifungFußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.
Seit April 1995 habe ich 57 000 Kilometer problemlos abgespult. Die R 850 R begeistert mit gutem Drehmoment und narrensicherem Fahrverhalten. Die Sitzposition ermöglicht auch Pässetouren von zehn Stunden und 600 Kilometern. Die Federelemente könnten allerdings noch sensibler ansprechen. Konstantfahrruckeln wie bei einer R 1100 R ist nicht vorhanden. Ein MRA-Schild (zirka 230 Mark) mindert den Winddruck bis ungefähr 180 km/h erheblich. Da bisher außer einer schwitzenden Zylinderdichtung keinerlei Schäden aufgetreten sind, kann ich jedem Allroundfahrer die 850 R nur empfehlen.Hubert Prechtl, NeufahrnDie R 850 R habe ich mit 4500 Kilometern als Vorführmaschine erworben. Bei 11 000 Kilometern gab das Getriebe seinen Geist auf, dann die Heizgriffe und die Benzinpumpe.Der Kilometerstand beträgt derzeit 78 000 Kilometern. Auf längeren Touren ist die Sitzposition bescheiden, die Knie- und Fußgelenke beginnen zu schmerzen.Andreas Niebler, Postbauer-Heng1997 kaufte ich mir eine gebrauchte R 850 R mit 8500 Kilometern. Nach dem Anbau einer P & W-Verkleidung erhöhte sich zwar die Geräuschkulisse, aber auf der Autobahn war das Fahren eindeutig bequemer. Mit 38 000 Kilometern gab ich sie für eine neue R 850 R in Zahlung. Bei der zweiten Maschine habe ich von Anfang an das hakelige und laute Getriebe bemängelt. Bei 33000 Kilometern war der Dichtring im Achsantrieb undicht. Austausch auf Kulanz. Im September dieses Jahres nach 43 500 Kilometern habe ich sie wegen des nervenden Getriebes verkauft. Maria Kohlem, BohmteDa der Soziussitz nach hinten abfällt, ist er nicht besonders langstreckentauglich. Aufgrund ständiger Klagen meiner Sozia wurde der hintere Sitz gegen einen der Firma Wunderlich ausgetauscht. Da sich der Sitzkomfort erstaunlich gebessert hatte, orderte ich auch den Fahrersitz derselben Firma. Nun sitzen wir endlich, wie es sein sollte. Das Fahrverhalten ist topp, auch im Zweipersonenbetrieb mit Urlaubsgepäck. Das Getriebe lässt sich selten geräuschlos schalten. Dass es auch anders geht, beweist BMW bei der 1150 GS. Die Heizgriffe sind bei Regen und Temperaturen unter zehn Grad unverzichtbar. An die getrennten Schalter für die Blinker links und rechts sowie den nochmals separate Ausschalter muss man sich erst gewöhnen. Die Schalteranordnung der R 1100 S finde ich gelungener. Bei 3000/min auftretendes Konstantfahrruckeln ließ sich auch durch mehrfaches Synchronisieren nicht völlig beseitigen. Erst mit anderen Kerzen ist es verschwunden.Gerhard Christoph, Minden
Der kleinere 850er-Boxer im Roadster-Trimm ist die harmonischere Lösung als die R 1100 R, die zwar zehn PS mehr PS abdrückt, ihre Leistung aber weniger homogen und mit diffizilem Ansprechverhalten der Einspritzung abgibt. Ab Herbst 1994 wurden von der R 850 R rund 9400 Stück verkauft. Die Schwacke-Liste notiert: Baujahr 1994 (56 700 Kilometer) 8000 Mark; 1995 (48 300 Kilometer) 8950 ohne, 10300 mit Kat; 1996 (39 900 Kilometer) 11400 Mark; 1997 (31 500 Kilometer) 12650 Mark; 1998 (23 100 Kilometer) 14100 Mark; 1999 (14 700 Kilometer) 15500 Mark.Für den bayerischen Roadster kommen als Konkurrenz die Triumph Thunderbird Sport und die Yamaha TDM 850 in Frage: erstere ein zahmer Dreizylinder mit 78 PS, letztere eine halverkleidete Zweizylindermaschine ebenfalls vornehmlich zum Reisen konzipiert.
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