Eigentlich kaum zu glauben, dass der Trend namens Supermoto mittlerweile auch schon über 30 Jahre währt. Bereits Ende der 80er schwappte die Begeisterung für mit Straßenreifen zu Supermotards umgebaute Enduro- und Crossmaschinen von Frankreich aus ins übrige Europa. Und in die Herzen zahlloser Biker, egal ob alt oder jung. Insbesondere diese junge Generation ist es nun, die den SuMo-Hype in den vergangenen Jahren nicht nur aufrechterhält, sondern regelrecht befeuert. Das Motorrad nicht als (Transport-)Mittel zum Zweck, sondern um Spaß zu haben. Wheelies, Drifts, Stoppies – und ab und an auch mal Limits überschreiten. Nicht umsonst hat sich der Grenzgänger-Hoodie als Szene-Accessoire etabliert! Supermotos verschieben Grenzen und verzeihen gelegentliches Überschreiten ebenjener recht unbeeindruckt. Drum spricht auch nichts dagegen, sich nach günstigen Supermotos auf dem Gebrauchtmarkt umzusehen. Vergangene Quälereien sind nicht selten äußerlich deutlich sichtbar, technisch jedoch stecken diese Geräte so einiges weg – zumindest, wenn die Vorbesitzer auf regelmäßige Ölwechsel und verantwortungsbewusstes Warmfahren geachtet haben.

In Sachen Vielfalt weiß der Gebrauchtmarkt ebenfalls zu gefallen. Da reicht das Leistungsspektrum von nicht zu verachtenden 31 bis hin zu nicht zu unterschätzenden 67 Pferdestärken, der Hubraum von 250 bis knapp 700 Kubik und der Preis von günstigen 2.000 Euro bis hin zu Forderungen über Neupreisniveau. Auch Supermotos unterliegen dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Und die ist nach gut 30 Jahren so hoch wie selten zuvor.
BMW G 650 Xmoto

2007 stellte BMW gleich drei neue Einzylinder vor – und auf unterschiedlich große Räder. Rund um den bewährten Rotax-Motor der gutmütigen, aber etwas schweren F 650 GS entstanden somit der Allrounder G 650 XCountry, die Enduro Xchallenge und eben auch die Supermoto Xmoto. Doch der Verkaufserfolg blieb aus. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, an den Qualitäten der Bikes lag es aber sicherlich nicht. Mit rund 160 Kilo und 53 PS bieten die Modelle hohes Fahrspaßpotenzial, für Einsteiger wie Profis. Etwa 13.000 Stück wurden bei Aprilia in Scorzè gebaut, nur 2.692 davon liefen jedoch als Xmoto vom Band. Eine gewisse X-klusivität ist damit gesichert, aber die hat ihren Preis. Dieser lag neu bei über 8.000 Euro, heute muss auf dem Gebrauchtmarkt noch mit Preisen zwischen 3.500 und 5.000 Euro gerechnet werden, für gepflegte Exemplare auch gerne bis zu 6.000 Euro. Als Gegenwert erhalten X-Piloten jedoch leichtfüßiges Handling, ein einstellbares Fahrwerk und oftmals ABS. Und eben einen ausgereiften, sparsamen und durchzugsstarken Einzylinder. Ölverbrauch kennt die 650er nicht. Bekannte Schwachstellen sind hingegen defekte Wasserpumpen, lose Prallbleche im Auspuff oder eine nicht mehr trennende Kupplung. Nervig: Zwar findet sich für die üblichen Verschleißteile stets Ersatz, nicht so aber für so manches Ersatzteil. Daher stellen wir einfach mal so die Frage in den Raum: Wäre es nicht eigentlich mal Zeit für eine Neuauflage?
Daten
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, 652 cm³, 39,0 kW (53 PS) bei 7.000/min, Leergewicht 166 kg, Tankinhalt 9,5 Liter, Sitzhöhe 900 mm, Höchstgeschwindigkeit 170 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 4,6 sek, Verbrauch (Landstraße) 3,8 l/100 km
KTM LC4 Supermoto – 620, 625, 640, 660

Ehrgeizig: Supermotos ab 2.000 Euro. Weil der neue Hype die Gebrauchtpreise von 690 SMC, DR-Z und Konsorten durch die Decke hat schießen lassen, schürfen wir tief und heben Schätzchen, die von Mondpreisen teils verschont geblieben sind. LC4 steht bei KTM seit 1994 bekanntlich für Liquid Cooled 4 Stroke, im Allgemeinen anerkannt als der erste Viertakt-Einzylinder, der Leistung und Haltbarkeit unter einen Hut brachte. LC4, das steht auch für „Original-Dampfhammer“, in verschiedenen Ausbau- und Härtegraden. Die Allerhärteste: 620 Super-competition. Kickstarter, keine Ausgleichswelle, Minimalelektrik, kleiner Ölkreislauf – und schon seinerzeit nur gedrosselt zulassungsfähig. Bei einem Supermoto-Umbau ist es wichtig, dass
alles eingetragen ist und Bremse wie Fahrwerk an die kleinere SuMo-Bereifung angepasst sind. Klingt der Motor gesund und erscheint der Vorbesitzer seriös, so ist die 620 eine bezahlbare Hardcore-Supermoto für Enthusiasten.
Verträglicher, stärker, schwerer, öfter zu finden: die 640 SM. Sie steht schon werksseitig auf 17-Zöllern, kommt mit E-Start, Ausgleichswelle und Zündschloss – gebraucht ab 3.000 Euro. Nicht nur preislich, sondern auch in Sachen Performance höchst interessant und daher unsere Empfehlung: die 625 SC SM, damals Werkssportgerät mit High-Flow-Kopf. Weitere Vertreter: 625 SMC und 660 SMC. Letztere zu ihrer Zeit das Nonplusultra und nach Modellpflege sogar standfest.
Daten (KTM SC 625 SM)
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, 625 cm³, 23 kW (31 PS) bei 6.000/min, Leergewicht 123 kg, Tankinhalt 10,5 Liter, Sitzhöhe 910 mm, Höchstgeschwindigkeit k. A., Beschleunigung 0–100 km/h k. A., Verbrauch (Landstraße) 8,6 l/100 km
KTM 690 SMC R

Das mit dem Preis ist so eine Sache: Wer keine Konkurrenz hat, der darf den Preis diktieren, wenn die Nachfrage hoch genug ist. Und das ist sie! Egal ob bei den älteren SMC (mit 654 cm³ Hubraum), die KTM von 2008 bis 2011 baute, oder bei der SMC R, die ab 2012 zum Modellprogramm der Österreicher zählte. Und erst recht gilt das für die letzte Ausbaustufe der SMC R 690, die ab 2014 mit ABS angeboten wurde und mit der Einführung von Euro 4 kurz darauf wieder aus dem Programm flog. Warum KTM ausgerechnet den Bestseller nicht gleich über die neue Abgasnorm hob, werden sie wohl nur in Austria selbst beantworten können. Den Run auf die Modelle ab 2014 – um die geht es hier – hat das jedenfalls noch einmal so richtig befeuert. Stellenweise übertrafen die Gebrauchtpreise sogar den einstigen Neupreis von 9.395 Euro. Womit wir wieder beim eingangs erwähnten Alleinstellungsmerkmal wären, denn unter den ernsthaften Supermotos mit Straßenzulassung gab es zu dieser Zeit nur die KTM. Quertreiber, Wheelie-Künstler, Heftig-Abwinkler landeten zwangsläufig bei ihr – und die KTM gerne auf dem Boden. Daher Obacht beim Gebrauchtkauf: Die Lenkanschläge brechen schnell, Wheelie-Patzer ziehen den Tank in Mitleidenschaft. Positiv: Auf mehr Luft als Tuning-Maßnahme reagiert der Single gut, wenngleich dadurch die Zulassung erlischt. Ansonsten gibt sich die KTM bei sorgsamem Umgang mit regelmäßigen Ölwechseln angenehm pflegeleicht.
Daten
Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, 690 cm³, 49,0 kW (66,6 PS) bei 7.500/min, Leergewicht 157 kg, Tankinhalt 12 Liter, Sitzhöhe 920 mm, Höchstgeschwindigkeit 180 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 4,3 sek, Verbrauch (Landstraße) 4,2 l/100 km
Suzuki DR-Z 400 SM

Die Qualitäten der nur von 2005 bis 2007 in Deutschland verkauften Suzuki DR-Z 400 SM dürften hinlänglich bekannt sein. Doch wir fassen zusammen. Erstens: 40 PS reichen bei gerade einmal 146 Kilo für eine knallige Supermoto-Sause, zumal Fahrwerk (voll einstellbare USD-Gabel, Federbein ebenso, die Druckstufe unterschieden in Low- und Highspeed) und Bremse der zu ihrer Zeit günstigen SM-Zette auch heute noch fortgeschrittenen Ansprüchen genügen. Zweitens: Die Suzuki kann auch Alltag. Geringer Verbrauch, günstiger Unterhalt, elektrisches Starten. Drittens: Der wassergekühlte 398er-Single ist ein Top-Motor mit breitem Band, feinem Lauf und gepaart mit einem guten Getriebe. Mit einem Mindestmaß an Liebe behandelt (Ölwechsel, sauberer Luftfilter, ab und an Ventilspielkontrolle), ist er ein kugelsicherer Begleiter. Wer trotz dieser drei Argumente noch zweifelt, dem sei gesagt: Ersatz- und Zubehörteile gibt es aus den richtigen Quellen wie Sand am Meer. Schließlich, weiteres Zeichen der Güte dieses Motorrads, wird die DR-Z – egal ob als SM, Alltagsenduro S oder Sportenduro E, in Übersee bis heute (!) quasi unverändert (!) verkauft. Doch wo viel Licht, da auch Schatten. 5.650 Euro rief Suzuki hierzulande für eine ladenneue DR-Z 400 SM auf. Gebraucht, in anständigem Zustand, wird sie heute auf und sogar über Neupreisniveau feilgeboten. Unter 4.500 Euro finden sich meist nur Umbauten und wilde Bastelbuden.
Daten
Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, 398 cm³, 29,4 kW (40 PS) bei 7.600/min, Leergewicht 146 kg, Tankinhalt 10 Liter, Sitzhöhe 880 mm, Höchstgeschwindigkeit 140 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 6,1 sek, Verbrauch (Landstraße) 4,3 l/100 km
Yamaha WR 250 X

Etwas teurer, aber eben auch besser ausgestattet als die 250er-Konkurrenz erschien im Hause Yamaha 2008 die WR 250 X. Ihre Technik, zum Teil von Wettbewerbsmodellen abgeleitet, konnte sich sehen lassen. Mit 31 PS ist die WR zwar nicht übermäßig motorisiert, dafür überzeugt sie mit flinkem Handling, je kurviger, desto besser. Dafür sorgt neben dem einstellbaren Fahrwerk auch die gute Vorderradbremse, die mitunter sehr späte Bremspunkte erlaubt. Der doch recht drehzahlhungrige Motor ist allerdings Geschmackssache, denn „Gasgriff am Anschlag“ und viel Schaltarbeit sind der Normalfall. Mit lediglich 137 kg, einer schlanken Taille und guter Übersicht empfiehlt sich die WR auch als Stadtflitzer. Dazu passt prima die dezente, sprich unspektakuläre Sound-Kulisse des Edelstahl-Endtopfs. Auch auf dem Gebrauchtmarkt erscheint die WR 250 unauffällig. Außer dem Rückruf für die Lichtmaschine sollten Interessenten lediglich auf regelmäßige Ölwechsel (alle 5.000 Kilometer) und die korrekte Kettenspannung achten. Dann ist jede Menge Spaß programmiert.
Daten
Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, 250 cm³, 22,6 kW (31 PS) bei 10.000/min, Leergewicht 137 kg, Tankinhalt 7,6 Liter, Sitzhöhe 920 mm, Höchstgeschwindigkeit 139 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 6,3 sek, Verbrauch (Landstraße) 4,5 l/100 km
Husqvarna 610 ie

Zum Zeitpunkt der Recherche fand sich genau ein Modell der Husqvarna 610 ie in der gängigsten Online-Börse. Womit geklärt wäre, dass die Auswahl an Gebrauchten sehr übersichtlich ausfällt. Was dürfen potenzielle Gebrauchtkäufer von der von 2007 bis 2009 gebauten 610 ie Supermoto von Husqvarna erwarten? Nun, auch wenn das Äußere etwas anderes vermuten lässt, ist die Husqvarna mehr ein Schaf im Wolfspelz als umgekehrt. Die nur kurze Zeit später ebenfalls erhältliche SMC von KTM hat mit 63 PS einen ganz anderen Pflock in den Supermoto-Boden gerammt als die recht zahme, 49 PS starke Husqvarna. Wer Supermoto aber nicht allein über Power, sondern auch über Alltagsnutzen sowie über Sitzplätze definiert, die mehr als nur für den Ritt zur nächsten Eisdiele taugen, der könnte dennoch mit der Husqvarna glücklich werden. Alltag und Sportlichkeit verknüpfen auch ihre Federelemente auf ausgereifte Art und Weise, zudem packt ihre Bremse gut dosierbar zu. Damit wird die Husqvarna 610 ie zum klasse Alltagsmotorrad im Supermoto-Look. Ihr einziges Handicap: Die Suche könnte sich ziehen, viele warten nicht da draußen.
Daten
Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, 576 cm³, 36,0 kW (49,0 PS) bei 7.750/min, Leergewicht 151 kg, Tankinhalt 12,5 Liter, Sitzhöhe 875 mm, Höchstgeschwindigkeit 145 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 5,0 sek, Verbrauch (Landstraße) 4,3 l/100 km