Insolvenz, Hintergründe und Perspektiven: Polo-Chef im MOTORRAD-Interview

Andrew Thorndike im exklusiven MOTORRAD-Interview
Polo-Chef über Insolvenz, Hintergründe und Perspektiven

ArtikeldatumVeröffentlicht am 12.12.2025
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Andrew Thorndike, Polo-Chef
Foto: Polo
Andrew, was bedeutet die aktuelle Insolvenzsituation für die Kunden von Polo?

Ganz einfach: Dass es keine Einschränkungen gibt. Die Stores bleiben geöffnet, die Mitarbeiter sind die gleichen, und wir haben weiterhin ein fantastisches Sortiment. Es gibt keinen Ausverkauf. Wir verkaufen aktuell richtig gut, unsere "Black Week" ist super gelaufen. Der Umsatz liegt deutlich über Vorjahr.

Wenn das so ist, wie konnte es dann zur Insolvenz kommen?

Die angespannte wirtschaftliche Lage, steigende Kosten und allgemeine Kaufzurückhaltung machen uns trotzdem zu schaffen, im Einzelhandel ist der Druck unfassbar groß. Gemeinsam mit unserem Investor haben wir erkannt, dass es uns ohne die zusätzliche Unterstützung des gerichtlichen Verfahrens nicht gelingen wird, unser Unternehmen langfristig zu entschulden und unabhängiger zu machen.

Was offenbar heißt, der Investor wollte die Insolvenz. Und wie geht es jetzt weiter?

Wir sind frühzeitig mit einem Restrukturierungs- und Anpassungsprozess gestartet, dieser läuft nicht erst seit dem Eigenverwaltungsverfahren, sondern schon seit mindestens zwei Jahren. Bedingt durch die Sanierung werden wir weitere strukturelle Veränderungen anstoßen.

Was bedeutet das konkret?

Was unsere Mitarbeiter betrifft, kann ich sagen, dass momentan keine Maßnahmen geplant sind, da muss sich also keiner Sorgen machen. Sämtliche Kennzahlen im Unternehmen werden noch mal geprüft – was trägt uns wirtschaftlich, was nicht. Vor diesem Hintergrund haben wir uns bereits von vier Stores in Österreich getrennt, unsere Polo-Stores in der Schweiz werden weitergeführt. Ansonsten sehen wir uns aktuell sämtliche Verträge, Vereinbarungen und Verbindlichkeiten an. Was die Stores in Deutschland angeht, so haben wir eine Handvoll, die veraltet sind oder an der falschen Stelle liegen. Hier müssen wir konzeptionell nachschärfen.

Kunden beklagen, dass ihre Gutscheine jetzt plötzlich nicht mehr gültig sind …

Kann ich verstehen, das würde jeden ärgern, mich auch. Nun muss man wissen, dass für alle Gutscheine oder auch Punkte auf der Clubkarte, die VOR dem Stichtag 17.11.2025 (Stellung des Insolvenzantrags, Red.) erworben wurden, strenge insolvenzrechtliche Vorgaben gelten. Da sind mir die Hände gebunden. Unsere Mitarbeiter sind aber angehalten, in solchen Fällen möglichst großzügig Kulanz walten zu lassen, die klar über Trostpflaster hinausgehen. Punkte und Gutscheine von NACH dem 17.11. sind unbegrenzt gültig.

Warum möchte Polo mit seinen Eigenmarken offensichtlich nicht an MOTORRAD-Zubehörtests teilnehmen? Wenn wir anfragen, kommt fast immer eine Absage.

Wir haben hier keinerlei Ansage, uns dem Wettbewerb nicht zu stellen. Im Gegenteil. Mit unseren Eigenmarken wie FLM, Nexo, Pharao, Spirit Motors oder Hi-Q machen wir ungefähr die Hälfte unseres Umsatzes. Die sind gut und laufen entsprechend super. Warum sollten wir da den Vergleich mit anderen scheuen? Falls das ein Kommunikationsproblem sein sollte, könnt ihr künftige Anfragen zu solchen Vergleichen auch gerne direkt an mich schicken.

Darauf kommen wir zurück! Andrew, sag uns bitte zum Schluss drei Gründe, weswegen Kunden weiter bei Polo kaufen sollten.

Das ist einfach. Erstens: Wir haben ein fantastisches Vollsortiment aus tollen Eigenmarken. Zweitens: Wir bieten das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Und drittens: Wer heute einen unserer Stores betritt, der wird ein anderes Polo erleben als noch vor einem Jahr. Wir haben jetzt fast 300 Kollegen mehr, bieten optimale Beratung und eine echte Erlebniswelt für Motorradfahrer und Motorradfahrerinnen.