Welche Maßnahmen sind fürs erfolgreiche Überwintern des Motorrads sinnvoll und welche Standschäden drohen? Technik-Versteher Werner Koch gibt Antworten.
Welche Maßnahmen sind fürs erfolgreiche Überwintern des Motorrads sinnvoll und welche Standschäden drohen? Technik-Versteher Werner Koch gibt Antworten.
Batterie: Ein paar Minuten Zeit sollte man sich schon nehmen, damit das Motorrad im Frühjahr wieder ordentlich funktioniert. Vor allem die Batterie verlangt bei Standzeiten von mehr als zwei Monaten in eisiger Kälte nach einem guten, motorradspezifischen Ladegerät, das, für ein paar Tage angeschlossen, die Zellen auffrischt. Speziell Gel-/Blei-Batterien brechen unserer Erfahrung nach bei längeren Standzeiten ohne Pflege zusammen und verlieren dabei an Power und Standfestigkeit. Sollte die Batterie ohnehin schon grenzwertig schlapp daherkommen, ist bei Supersportlern der Wechsel auf ein Lithium-Ionen-Bauteil überlegenswert. Mit rund 700 Gramm spart diese Batterieart bis zu vier Kilogramm gegenüber einer konventionellen Blei-Säure-Batterie. Das Leichtgewicht sollte zwar erst im Frühjahr gekauft, aber am besten jetzt schon bestellt oder angefragt werden, um mögliche Lieferengpässe auszuschließen. Durch die deutlich kleineren Abmessungen muss der Bauraum mit Moosgummi aufgepolstert und eventuell eine neue Halterung angefertigt werden.
Bremsen: Bei den Bremsen sollte man beim Überwintern darauf achten, dass die Bremsbeläge nicht an den Scheiben anliegen. In feuchter Umgebung können die Beläge an den Scheiben festkorrodieren und lassen sich dann beim ersten Start nur mit einem lauten Knackgeräusch lösen. Um dies zu vermeiden, die schwimmend gelagerten Bremsscheiben von Hand mit kräftigem seitlichem Druck nach innen und außen pressen, um die Beläge und Bremskolben zurückzuschieben. Denn viele Bremsen bilden je nach Legierung und Reibpaarung bei längerer Standzeit sichtbare Korrosionsspuren, obwohl die verwendete Stahllegierung mit nichtrostenden Metallen vermengt ist. Diese bräunliche Einfärbung verflüchtigt sich jedoch nach den ersten Bremsvorgängen und hat keine Auswirkungen auf den Reibbeiwert der Scheiben. Dennoch ist es ratsam, die Bremsanlagen vor dem Überwintern heiß zu bremsen und mit trockenen Scheiben und Belägen abzustellen. Bei Feuchtigkeit bilden sich gerne Korrosionsnester, die man mit einem MoS²-Kriechöl bekämpfen sollte. Vor allem dann, wenn es sich um bewegliche, mechanische Bauteile handelt wie beispielsweise die klappbaren Fußrasten oder eine Dämpferverstellung mit Feder-/Kugel-Arretierung. Auch die gelenkige Lagerung von Brems- und Kupplungshebel und die Reichweiteneinsteller bleiben mit MoS² in ihrer Funktion geschmeidig und leichtgängig. Wobei speziell Bolzen und Druckpilz am vorderen Bremshebel regelmäßig ausgebaut und mit Hochdruckfett geschmiert werden sollten, um eine reibungsarme, fein dosierbare Bremswirkung zu garantieren.
Kette: Bei den gebräuchlichen O- oder X-Ring-Ketten setzt sich oftmals Flugrost auf den Rollen ab, der zwar kaum die Funktion, aber die Optik beeinträchtigt. Reichlich mit Kriechöl eingesprüht, lässt sich auch altes Kettenfett mit einem Putzlappen leichter abwischen. Dasselbe gilt für abgeschleudertes Kettenfett, das sich im Rahmenheck und auf der Schwinge festgesetzt hat.
Reifen: Mit einem Mindestluftdruck von rund 1,5 bar sind die Reifen während der Winterzeit gut versorgt. Der Tipp zum Aufbocken der Maschine ohne Reifenkontakt zum Boden stammt aus Zeiten, als Motorradreifen noch aus Baumwoll-Karkasse und Naturkautschuk zusammengebastelt wurden. Aktuelle Motorradreifen stehen sich über den Winter weder eckig noch undicht.