Schraubverbindungen sind meist kraftschlüssige Verbindungen, die fest sitzen sollten. Nach "fest" kommt aber bekanntlich "ab". Wir erklären warum die Beachtung des Anziehdrehmoments besonders wichtig ist.
Schraubverbindungen sind meist kraftschlüssige Verbindungen, die fest sitzen sollten. Nach "fest" kommt aber bekanntlich "ab". Wir erklären warum die Beachtung des Anziehdrehmoments besonders wichtig ist.
Damit Schrauben und Muttern die notwendige Verbindungs-Haltekraft ausüben können, müssen sie in dem ihnen zugeordneten Gewinde (entweder Innen- oder Außengewinde) mit einem bestimmten Anziehdrehmoment festgezogen werden. Nur damit ist garantiert, dass die durch Schraube oder Mutter zueinander verspannten Bauteile ausreichend fest sind und sich die Schraubverbindung nicht von alleine löst, zum Beispiel durch Vibrationen.
Beispiel: Eine M6-Klemmschraube im Schalthebel wird mit 10 Nm festgezogen, für eine 16-mm-Vorderachsmutter schreibt der Fahrzeughersteller 85 Nm vor. Einfach gesagt: Eine "dünne" Schraube hat weniger zu halten und wird nicht so fest angezogen wie eine "dicke" Schraube, die mehr zu halten hat und deswegen fester angezogen werden muss.
Das Anziehdrehmoment wird in Nm (Newtonmeter) angegeben. Frühere Angaben waren mkp (Meterkilopond) oder mkg (Meterkilogramm).
Ganz einfach gesagt: Der Schlüssel auf dem Schraubenkopf hat einen ein Meter langen Hebel. Auf das Ende des Hebels (also gegenüber dem Schraubenkopf) stellt man ein Gewicht von einem Kilogramm (oder hängt es daran): Der Hebel bewegt sich jetzt so lange nach unten und bewegt den Schlüssel mit der Schraube in Richtung "Schraube zu", bis die Schraube endgültig festgezogen ist mit "1 Kilogramm pro Meter" (= 10 Nm). Aber weil "Schraube festziehen" ja kein statischer Vorgang ist, bei dem sich die auf das Hebelende wirkende Kraft in Kilopond oder Kilogramm definieren lässt, wird es eben in Newton bzw. "Newtonmeter" angeben. Soweit die knappe Erklärung.
Die richtigen Anziehdrehmomentwerte für die verschiedenen Baugruppen werden vom Fahrzeughersteller festgelegt und in den modellspezifischen Service- und Reparaturanleitungen veröffentlicht. Bei manchen Maschinen sind sie auch in der dem Fahrzeug beigelegten Betriebsanleitung abgedruckt. Im Zweifelsfall weiß der Markenhändler Bescheid.
Besonders wichtig sind die richtigen Anziehdrehmoment-Werte bei sicherheitsrelevanten Fahrwerksschraubverbindungen wie Achsschrauben und Achsmuttern, den Schrauben der Bremssattel-Befestigung, der Standrohrklemmung in den unteren und oberen Gabelbrücken, bei der Federbeinbefestigung und den Bolzen und Muttern der Federungsumlenkhebel zur Schwinge und zum Rahmen hin. Bei falscher Behandlung kann Folgendes passieren:
Beachten 1: Bevor Sie an Ihrer Maschine eine größere Schraubarbeit beginnen, besorgen Sie sich die für Ihr Motorrad vorgeschriebenen Anziehdrehmoment-Werte. Dies gilt besonders für vermeintlich so "kleine und leichte" Arbeiten wie Räder aus- und einbauen; denn die vom Hersteller vorgeschriebenen Anziehdrehmoment-Werte für die Achsen von Vorder- und Hinterrad und die Bremssättel sollen möglichst genau eingehalten werden.
Beachten 2: Viele Schraubverbindungen dürfen nicht auf einmal mit dem endgültigen Anziehdrehmoment festgezogen werden. Dazu gehören zum Beispiel Standrohr-Klemmschrauben in den Gabelbrücken, Bundmuttern auf dem Kettenblatt oder Hinterradschrauben an einer Kardan-BMW. Der Hersteller schreibt dann ein "Voranziehdrehmoment" vor, das bei 30 bis 40 Prozent des endgültigen Wertes liegt. Kettenblatt-Bundmuttern sollen ebenso Schritt für Schritt nacheinander über Kreuz festgezogen werden wie die vielen Schrauben in einem Motorgehäusedeckel.
Nachfolgend finden Sie normgerechte Basis-Anziehdrehmomente für Schrauben, die in Stahl oder Aluminium geschraubt und festgezogen werden.
Stahlschraube in Stahlgewinde (oder Stahlmutter auf Stahlbolzen):
Schraube/Mutter M5 (SW* 7 oder 8) 5 bis 6 Nm
Schraube/Mutter M6 (SW 8 oder 10) 9 bis 11 Nm
Schraube/Mutter M8 (SW 12 oder 13) 22 bis 25 Nm
Schraube/Mutter M10 (SW 14 oder 17) 44 bis 50 Nm
Schraube/Mutter M12 (SW 17 oder 19) 77 bis 85 Nm
Schraube/Mutter M14 (SW 19 oder 21) 95 bis 110 Nm
Schraube/Mutter M16 (SW 22 oder 24) 125 bis 155 Nm
*SW = Schlüsselweite
Stahlschraube in Aluminiumgewinde (oder Aluminiummutter auf Stahlbolzen):
Schraube/Mutter M5 (SW 7 oder 8) 3,5 bis 5,0 Nm
Schraube/Mutter M6 (SW 8 oder 10) 6,0 bis 7,8 Nm
Schraube/Mutter M8 (SW 12 oder 13) 14 bis 22 Nm
Schraube/Mutter M10 (SW 14 oder 17) 25 bis 35 Nm
Schraube/Mutter M12 (SW 17 oder 19) 45 bis 60 Nm
Kreuzschlitz- und Flansch-Schrauben/-Muttern:
Schraube 5 mm mit Kreuzschlitzkopf 4 Nm
Schraube 6 mm mit Kreuzschlitzkopf 9 Nm
Flanschschraube 6 mm mit SW 8 9 Nm
Flanschschraube/-mutter 6 mm mit SW 10 12 Nm
Flanschschraube/-mutter 8 mm 26 Nm
Flanschschraube/-mutter 10 mm 39 Nm
Grundlagen richtiger Montage
Um die vorgegebenen Anziehdrehmomentwerte exakt einhalten zu können, ist die Verwendung einen Drehmomentschlüssels zwingend erforderlich. Man unterscheidet zwischen den eher günstigen und heutzutage fast ausgestorbenen anzeigenden Drehmomentschlüsseln (mit Skala und Zeiger) und den auslösenden Modellen ("Knick- oder Knackschlüssel"). Die oft in Baumärkten angebotenen Billigheimer sind für Motorradschrauber eher ungeeignet, denn sie sind mit einem Halbzoll-Antrieb und einem Nm-Bereich, der erst weit jenseits von 20 Nm beginnt, überdimensioniert und oft von zweifelhafter Qualität. Eine Nm-Skala fehlt bei den Discount-Angeboten oft, man darf also ggf. aus "ft.lbs" umrechnen. Eine vernünftige Betriebsanleitung oder gar ein Prüfzertifikat (DIN oder ISO) gibt es ebenfalls nicht immer. Empfehlenswerter sind Markenprodukte mit ¼- oder 3/8-Zoll-Antrieb und einem eher niedrigen Nm-Bereich, zum Beispiel von Proxxon (5-30 Nm mit ¼-Zoll-Antrieb für 58,95 Euro; u. a. bei Polo) oder Fein (3-15 Nm, 42,95 Euro; bei Louis) oder gar ein edles Profiteil vom Platzhirsch Hazet (5-60 Nm, 3/8-Zoll-Antrieb, um 320 Euro).
Ein guter Drehmomentschlüssel ist eine Anschaffung fürs Leben – vorausgesetzt, man beachtet die wesentlichen Bedienungstipps:
Ob eine Schraubverbindung fest ist, hängt auch entscheidend vom Anziehdrehmoment ab. Das reine Gefühl reicht dabei nicht aus, besonders bei sicherheitsrelevanten Verbindungen.