Fahrbericht KTM 990 Super Duke
Facelift

Erhobenen Hauptes schnalzt die Super Duke in ihre zweite Amtsperiode. Eine neu konturierte Nase, das gestraffte Fahr-werk und schärfere Bremsen sollen den rauen Charakter festigen, ohne die kantige Ausstrahlung zu verwässern.

Facelift
Foto: Jahn

Eigentlich sollten wir uns inzwischen daran gewöhnt haben, aber es läuft doch immer wieder genau gleich ab: Du schwingst ein Bein über das kurze Stummelheck der großen Duke, erfreust dich am perfekten Sitzarrangement, startest den dezent, gleichwohl kernig blubbernden
V-Zwo, legst den ersten Gang ein. Und dann sprintest du davon, fährst zwei, maximal drei Kilometer. Um bei der nächsten Parkmöglichkeit scharf abzubremsen. Kopfschüttelnd steigst du ab. Wow. Jetzt erst mal ganz tief durchatmen. Mit einem breiten Grinsen umrundest du fiebrig den kantigen Streetfighter. Der Hammer. Dass es so ein scharfes Eisen gibt, kaum zu fassen.

Und dann steigst du zwei Stunden nicht mehr ab. Garantiert. Kein Motorrad vermittelt diese widersprüch-liche Mixtur, schafft diesen begeisternden Spagat aus sanftmütiger, butterweicher Gasannahme auf der einen und ungeheurer physischer Vehemenz auf der anderen Seite. Eine sanft schnurrende Katze, die bei einem winzigen Dreh am Gasgriff die Krallen ausfährt und zum Sprung ansetzt. Atemberaubend.

All das hat sich beim aktuellen Modell, das nun die obligatorische Euro-3-Hürde überspringen musste, nicht geändert. Im Gegenteil, die neue, saubere Abstimmung zeigt sogar in mehrfacher Hinsicht positive Auswirkungen. Zunächst einmal sank laut KTM der vielfach kritisierte Spritkonsum – was es allerdings noch zu überprüfen gilt. Die Reichweite steigt in jedem Fall, denn der Tankinhalt wuchs um vier auf nun passable 18,5 Liter.

Schließlich konnten die Drosselklappen dank aktualisierten Mappings so elegant geregelt werden, dass die neue Duke auch mit verkürzter Sekundärübersetzung – Ritzel mit 16 statt 17 Zähnen – die Geräuschgrenzen einhält. Übrigens ohne Auspuff- oder Ansaugklappen-Abwürgetricks. Der Zweizylinder läuft nun noch weicher, ohne an Spontaneität, an Explosivität eingebüßt zu haben. Und beschleunigt wegen der kürzeren Übersetzung sogar besser, schnalzt noch kraftvoller aus engen Kurven. Die Spitzenleistung blieb unverändert bei 120 PS.
Abgesehen von kurzzeitigen Klappergeräuschen nach dem Start – bis der Öldruck die Steuerketten gespannt hat – läuft der früher raubauzige KTM-Zweizylinder nach unzähligen Detailverbesserungen im Laufe seiner kurzen Lebenszeit mittlerweile mechanisch äußerst ruhig. Bedenken, dass einem die Mechanik um die Ohren fliegt, haben sich selbst bei Skeptikern längst verflüchtigt. Das Getriebe kann sich locker mit denen bester japanischer Supersportler messen. Da sitzt jeder Gang, und sei er noch so beiläufig mit der Fußspitze reingetippt.

Während der V-Twin die Tester im Grunde schon immer begeisterte, kam zwischen den Zeilen doch gelegentlich etwas Kritik am Fahrverhalten auf. Nicht, dass es da ein ernsthaftes Problem gegeben hätte. Aber in ganz bestimmten Situationen konnte die Super Duke ein wenig störrisch reagieren. Vor allem die Kombination enger Kehren mit holprigem Belag behagte ihr nicht besonders. Um dieses Manko zu beseitigen, wurde die Lenkgeometrie durch einen kleineren Steuerkopfwinkel ein wenig
umgemodelt, und die Federung bekam vorn und hinten härtere Federn sowie ein neues Set-up. Abrunden sollen dieses Paket Dunlop-Pneus des Typs D 208 RR.

Und tun dies mit Erfolg. Die Super Duke bleibt nun in Schräglage unbeeindruckt von Unebenheiten neutral auf Kurs. Außer-dem benimmt sich deutlich kooperativer, wirkt um die Lenkachse weniger nervös. Zwar verlangt das Einlenken geringfügig mehr Lenkkraft, doch das lässt sich angesichts der deutlich besseren Kurvenstabilität locker verschmerzen. Auch stabilisiert der flacher stehende Lenkkopf den Geradeauslauf bei Topspeed. Trotz härterer Federung wirkt das 2007er-Modell keineswegs unkomfortabel. Dazu kommen Bremsen vom Allerfeinsten, wie sie – seltsamerweise – bislang bereits die günstigere 950er-Supermoto besaß. Die radial verschraubten Zangen mit Einzelbelägen können alles noch einen Hauch besser als die seither verwendeten Brembos, liefern mehr Transparenz, packen ein bisschen schärfer zu.

Praktisch unverändert blieb das Design. Was auch Sinn ergibt. Solch ein radikales Outfit kann man kaum modifizieren. Diskussionsstoff bot die exzessive Versammlung von Kanten und Ecken ebenfalls schon immer. Man muss die große Duke nicht unbedingt mögen. Diese Bodybuilder-Pose mit aufgeblähtem Oberkörper, die unverhohlene, geduckte Aggressivität. Sicher jedoch gefällt die neue Lampenverkleidung besser, wirkt seriöser, gediegener. Gleiches gilt für die neuen, nett gestylten Instrumente.

Egal, ob bei Motor, Fahrwerk oder Bodywork, die neue Super Duke ist in jeder Hinsicht ein Schritt nach vorn. Man sollte sie ruhig mal ausprobieren. Wie bereits erwähnt, vier, fünf Kilometer reichen. Wer dann nichts spürt, sollte Fußgänger bleiben.

Unsere Highlights

Spät-Entwickler

Etwas überraschend war das Fazit des Fahrberichts eines Vorserienmodells der KTM 690 Supermoto Prestige (MOTORRAD 6/2007). Zwar gefiel das steife Chassis mit hoher Stabilität und tollem Handling, auch drückte der neue LC4-Motor ordentlich Leistung, doch lief er im unteren Drehzahlbereich wenig kultiviert, begleitet von undefinierbaren mechanischen Geräuschen aus dem Inneren.

Quasi in letzter Minute hat KTM noch eine Menge kleiner Änderungen an der Abstimmung wie auch an der Hardware des neuen Einzylinders vorgenommen. Bei der Präsen-tation der Serienversion fiel bereits auf den ersten Metern auf, dass der Motor mechanisch ruhiger, geschmeidiger läuft. Das seltsame Gerassel der Vorserienmaschine im Teillastbereich ist nun völlig verschwunden, die Abstimmung im unteren Drehzahlbereich erheblich besser gelungen. Der Einzylinder schlägt bei niedrigen Drehzahlen unter 3000 Umdrehungen kaum noch, so dass man
auch mal niedertourig ohne peitschende Kette durch die Stadt zuckeln kann. Reißt man das Gas dann auf, geht das Serienexemplar
selbst aus dem Drehzahlkeller sanft, aber sehr konsequent zur Sache.
Frappierend ist nach wie vor die Handlichkeit und das phänomenale Lenkverhalten des rund 160 Kilogramm wiegenden Kurvenbrenners. Eigenschaften, die keineswegs durch Nervosität bei hohen Geschwindigkeiten erkauft werden. Selbst bei Tacho 180 bleibt die 690er stabil auf Kurs.

Das Fahrwerk der Basisversion unterscheidet sich in einigen Punkten vom Luxusmodell Prestige. Hinten arbeitet ein nur in der Zugstufe einstellbares Emulsionsfederbein. In der Gabel ist die Druckstufendämpfung ebenfalls nicht variierbar. Statt über hübsche Radialpumpen werden Kupplung und Bremse von einfachen Hydraulikarmaturen betätigt. In der vorderen Bremszange stecken statt vier einzelnen nur zwei Beläge. Und schließlich sind auf die Speichenräder der Basisversion Bridgestone BT 090 aufgezogen, während die Prestige auf Metzeler Sportec M3 rollt.
Was sich nach dramatischen Unterschieden anhört, wirkt sich in der Praxis weit weniger gravierend aus. Die Fahrwerksabstimmung der Basis-690er ist etwas softer, passt aber sogar beim engagierten Kurvenwetzen gut. Die Bremse arbeitet genauso kraftvoll, es fehlt allenfalls ein Hauch an Feedback. Und die Bridgestones präsentieren sich ordentlich, wenngleich die Metzeler-Pneus für mehr Vertrauen und präzisere Lenkeigenschaften sorgen. 8400 Euro kostet die Grundversion, 300 weniger als die limitierte Prestige. Auf jeden Fall auch kein schlechter Deal.

Technische Daten

Motor
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-75-Grad-V-Motor, je zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile, Tassenstößel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, Ø 48 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 450 W, Batterie 12 V/11 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.

Bohrung x Hub 101,0 x 62,4 mm

Hubraum 1000 cm3

Verdichtungsverhältnis 11,5:1

Nennleistung 88,0 kW (120 PS) bei 9000/min

Max. Drehmoment 100 Nm bei 7000/min

Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel.

Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17

Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17

Maße und Gewichte
Radstand 1450 mm, Lenkkopfwinkel 66,1 Grad, Nachlauf 100,7 mm, Federweg v/h 135/160 mm, Sitzhöhe 850 mm, Trockengewicht 186 kg, Tankinhalt 18,5 Liter.

Garantie zwei Jahre

Farben Orange, Schwarz, Titanium

Preis 12748 Euro

Nebenkosten 250 Euro

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023