Tracktest: WSBK-BMW S 1000 RR

Tracktest: WSBK-BMW S 1000 RR Der Bayern-Brenner aus der Superbike-WM

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Am Tag eins nach der World Superbike WM 2009 durfte PS im Sattel der BMW S 1000 RR von Ruben Xaus Platz nehmen und ein wenig Freude am Fahren haben.

Der Bayern-Brenner aus der Superbike-WM 2snap
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Freude am Fahren generiert sich auf dem Motorrad aus mehreren Komponenten. Beginnend mit der Leistung, deren Nutzbarkeit und der damit verbundenen Beschleunigung, dazu federleichtes Handling, Spurstabilität auf der Geraden und noch wichtiger in Kurven, präzise Rückmeldung beim Bremsen und deren eindeutige Dosierbarkeit sowie etwas Ergonomie. Schließlich will man ja beim Fahren nicht wie der Affe auf dem Schleifstein hocken. Sind alle Komponenten in einem harmonischen Gleichgewicht, fällt es sogar weniger versierten Fahrern leicht, sich flott fortzubewegen. Echte Racer dagegen wachsen dann sogar über sich hinaus, pushen sich und das Material bis an das physikalische Limit. Das BMW-Werks-Superbike von Ruben Xaus ist so ein Spaßgerät und wartet nur darauf, einige Runden über den anspruchsvollen Rundkurs von Portimão gejagt zu werden.

Also hopp, die vier Buchstaben in den Sattel geschwungen und los geht‘s. Alleine das Anfahren gestaltet sich etwas schwieriger als am Serien-Bike. Die Kupplung hat eine deutlich höhere Bedienkraft, worunter die Dosierbarkeit leidet. Einmal in Schwung gibt es dafür aber kein Halten mehr. Der Vierer brüllt mit zunehmender Drehzahl immer vehementer durchs leichte Titanrohr, die Beamer schießt mit steigendem Vorderrad voran. Holla, nicht ganz harmonisch nimmt der Druck zu. Subjektiv geht bis 7500 Touren recht wenig, dafür bricht oberhalb der 10000-Marke die sprichwörtliche Hölle los. Ob dieser brutale Anriss gut für schnelle Rundenzeiten ist?

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Die Serien-Schwinge misst 593 Millimeter zwischen Drehpunkt und Radachse. Renn-Schwinge: „No Comment“

Kaltblütig und gnadenlos, mit astreiner Transparenz und knackiger Wirkung bremsen die dicken Brembos die Fuhre vor den Kurven wieder ein, wirken unbezwingbar wie Fort Knox und lassen sich trotz des sehr kurzen Hebels tiptop dosieren. Auf der Bremse Einlenken und Abbiegen geht leichtfüßig, wenn auch nicht ganz spielerisch, dafür enorm stabil vonstatten. Das liegt mit an dem von Xaus bevorzugten 3.75-Zoll breiten Vorderrad. Während Kollege Troy Corser die schmalere und damit handlichere 3.50er-Felge verwendet, präferiert der Spanier die breitere Variante und deren höhere Stabilität.

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BMW gesteht 210 PS, noch mehr wären recht einfach zu realisieren. Allerdings stark auf Kosten der Hinterreifen, und die sind bereits jetzt schon die Achilles-Ferse der RR.

Einmal in der Umlaufbahn um den Kurvenradius lässt die BMW noch in tiefer Schräglage präzise Kurskorrekturen zu, bleibt neutral auf Linie und zieht mit sehr gutem Grip ab dem Scheitelpunkt aus den Kurven davon. Dabei wirkt sie nie wie ein unberechenbares Tier, sondern vermittelt immer sehr viel Vertrauen. Bis dann einmal mehr aufs Neue die Urgewalt des Kurzhubers, angekündigt durch sein viehisches Brüllen, zuschlägt. Wieder zieht es die Arme brachial in die Länge, presst es den Hintern gegen den Höcker, steigt das Vorderrad kaum zu bändigen in die Höhe. Und wieder überrascht dabei die Mühelosigkeit, mit der eine Gangstufe nach der anderen nachgelegt wird, die Geschwindigkeit unbeirrt ansteigt, als gäbe es keinen Luftwiderstand.

Zac
Daumenbremse für hinten, Fernversteller für Bremshebel, Knöpfe für verschiedene Kennfelder, Speed-Cutter und Launch-Control.

Sicherlich würde eine etwas harmonischere Leistungsentfaltung den am Rennende ausgelaugten Slicks nicht schaden, könnte die Elektronik die Zügel der Traktionskontrolle etwas lockerer lassen. Doch hier und jetzt ist es einfach nur genial, sich von 210 Pferden im gestreckten Galopp über den anspruchsvollen Kurs tragen zu lassen.

Obwohl der Werks-Renner natürlich etwas Außergewöhnliches ist, blitzen an ihm viele Eigenschaften des Serien-Motorrads durch. Nicht umsonst ist die Superbike-WM eine seriennahe Klasse.

Technische Daten des Superbikes

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Massiver Lufteinlass für die Airbox aus filigranem Carbon. Daran befestigt eine Unmenge Sensorkabel, über die Bordrechner und Data-Recording gefüttert werden.

Antrieb:
Vierzylinder-Reihenmotor, 4 Ventile/Zylinder, ca. 154 kW (209 PS) bei 14000/min, maximales Drehmoment k.A., 999 cm3, Bohrung/Hub: 80,0/ 49,7 mm, Verdichtung: 14,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 48-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung

Fahrwerk:
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: variabel (Serie 66,1 Grad), Nachlauf: variabel (Serie 96 mm), Radstand: variabel (Serie 1432 mm), Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, Öhlins TTX-Gabel & TTX-36-Federbein mit Federweg v./h.:125/130 mm

Räder und Bremsen:
Leichtmetall-Schmiederäder, 3.75 x 16.5"/6.25 x 16.5", Reifen vorn: 120/75 R 420, hinten: 190/65 R 420, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsattel vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten

Gewicht (vollgetankt):
179 kg, Tankinhalt: 23 Liter Super

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