Zunächst waren sich alle Beteiligten nur in einem einig: Nein, die IDM darf nicht sterben. Deutschlands Motorradrennsport ohne nationale Straßen-Meisterschaft? Undenkbar. So glühten die Telefondrähte, wurde ausgiebig verhandelt und schließlich ein Übereinkommen zwischen dem DMSB als zuständigem Verband, den im IVM (Industrieverband Motorrad Deutschland e. V.) organisierten Herstellern und der Motor Presse Stuttgart erzielt. Die bot an, mit ihrem MOTORRAD action team die Rolle des IDM-Promoters zu übernehmen.
Anfang Februar die erlösende Nachricht: Man hat sich geeinigt, die Motor Presse Stuttgart, die auch die Zeitschriften MOTORRAD und PS verlegt, trägt als neuer Promotor fortan das wirtschaftliche Risiko. Die Stuttgarter konnten mit KTM sogar eine weitere Marke in den IDM-Herstellerpool (BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki, Yamaha) holen, wenngleich sich das KTM-Engagement (noch) auf die 300er-Klasse beschränkt. Mit Pirelli als Reifensponsor geht der neue Promotor denselben Weg wie die Superbike-Weltmeisterschaft, die britische Superbike-Meisterschaft BSB und die Formel 1.

Der Saison 2018 steht damit nichts mehr im Wege. Eine tolle Nachricht, insbesondere für die Teams und Fahrer der IDM, die sich auch 2018 in vier Klassen messen werden (Superbike, Supersport 600, Supersport 300, Sidecar), ebenso aber für die Piloten der Marken-Cups Suzuki GSX-R-Cup, Twin-Cup und BMW Boxer Cup 2.0. Wobei Letzterer neu hinzukommt und den Yamaha-R6-Cup ersetzt, der nach 40 Jahren leider eingestellt wurde.
Sieben Serien, jede mit freien Trainings, Qualifyings und zwei Rennen pro Wochenende: Den IDM-Fan erwartet ein pickepackevolles Programm. All dies für moderate 35 Euro, so viel kostet das Zwei-Tages-Ticket inklusive Fahrerlager, Pitwalk und Probefahraktionen der beteiligten Hersteller. Rennsport zum Anfassen eben.
Der Kalender erfuhr eine leichte Überarbeitung. Nürburgring ist raus, dafür kommt der Lausitzring hinzu. Wie bereits im Vorjahr gastiert die IDM zweimal in Benelux (Zolder, Assen) sowie in Oschersleben, Hockenheim und auf dem urigen Straßenkurs in Schleiz. Zudem treten die Superbikes außerhalb der IDM bei der Speedweek in Oschersleben Anfang Juni auf. Für die nächsten Jahre gedenkt der neue IDM-Promoter, das MOTORRAD action team, den Kalender auf sieben, eventuell gar acht Rennen aufzustocken. MOTORRAD action team-Leiter Matthias Schröter: „Most möchte die IDM, der Salzburgring wäre eine Möglichkeit, und wir würden auch gerne einmal auf dem Sachsenring fahren.“
Doch das ist Zukunftsmusik. Die Saison 2018 steht vor der Tür, los geht’s am letzten April-Wochenende in Oschersleben; hier alle sieben Rennklassen in der Einzelbetrachtung.
Superbikes: jetzt mit Einheitsreifen

Die Entscheidung Anfang März, dass in der IDM 2018 auf Einheitsreifen von Pirelli gefahren wird, stellte die bisherigen Dunlop-Top-Teams Wilbers-BMW und MGM Yamaha vor Probleme – sie hatten ihre Dunlop-Verträge bereits verlängert. Dennoch sind beide Teams auch 2018 dabei.
Zwar verlor MGM-Teamchef Michael Galinski mit Vizemeister Florian Alt und dem Belgier Bastien Mackels zwei Spitzenpiloten, dürfte jedoch mit dem Niederländer Danny de Boer (bislang Van Zon-Remeha-BMW) adäquaten Ersatz gefunden haben.
Bei Wilbers-BMW vertraut man 2018 auf die Fahrkünste von Bastien Mackels. Laut Teamchef Benny Wilbers fuhr Mackels bei Tests in Valencia mit den Pirellis bereits eine Zehntelsekunde schneller als der ebenfalls anwesende Markus Reiterberger, der nach seinem überlegenen IDM-Titel 2017 in die Superstock-1000-EM aufgestiegen ist – mit Zielrichtung Superbike-WM 2019. Mit Schnock-Kawasaki bleibt auch das dritte bisherige Dunlop-Team der IDM treu. Weiterhin vertraut die Truppe um Techniker Roman Raschle auf die schnelle Lucy Glöckner, die im Vorjahr mehrfach aufhorchen ließ. „Wir werden noch mal zulegen“, verspricht Teamchef Rainer Schnock, der von seiner Pilotin „Top-Fünf-Platzierungen“ erwartet, zumal Kawasaki für die kommende Saison mehr Unterstützung zugesagt hat.
Während das Holzhauer-Team mit seinem tschechischen Piloten Jan Halbich die Honda-Fahnen hochhält und sich von der neuen Kit-Elektronik einen Sprung nach vorne erhofft, bringt das Suzuki-Hertrampf-Team nur noch ein Motorrad für Dominic Schmitter an den Start. Nach der enttäuschenden Saison 2017 mit Schmitters Gesamtrang zwölf hofft Teamboss Denis Hertrampf dank der neuen Yoshimura-Elektronik auf bessere Resultate, Reifen haben ja alle die gleichen.
Beim Suzuki-Team Mayer übernimmt Toni Finsterbusch, der zuletzt drei Jahre in der Superstock-EM unterwegs war, das Motorrad von Luca Grünwald, der in die Supersport-300-WM gewechselt ist.
Und das Meister-Team des Vorjahres? Alpha Racing-Van Zon-BMW fährt mit Markus Reiterberger und Jan Bühn zukünftig in der Superstock-1000-EM, Danny de Boer verlor man an MGM-Yamaha, und der junge Arnaud Friedrich wechselt in die Langstrecken-WM. So setzt Teamchef Werner Daemen nun auf zwei Umsteiger aus der Superstock-1000-EM: den Ukrainer Ilya Mikhalchik und den Schleizer Julian Puffe. Dazu kommt als dritter Fahrer Suzuki-GSX-R-Cup-Sieger Christof Höfer. Ein Durchmarsch zum Titel, wie noch 2017 mit Markus Reiterberger, wird es für alpha Racing-Van Zon kaum geben, einzelne Rennsiege dürften das Höchste der Gefühle sein. Mit Spannung erwartet wird das Superbike-Comeback des Schweizer Kawasaki-Teamchefs Emil Weber, der mit dem IDM-Dritten von 2016, Mathieu Gines aus Frankreich, einen Top-Piloten aufbietet.
Fazit: Dominator Reiterberger ist nicht mehr dabei, zudem sorgen die Pirelli-Einheitsreifen für Chancengleichheit – die Fans dürfen sich auf einen spannenden Titelkampf freuen.
Supersport 600: Favorit Kevin Wahr

Die 600er erleben in puncto Teilnehmerzahl einen Aufschwung. IDM-Serienmanager Norman Broy hatte zuletzt 29 Nennungen vorliegen, und „da werden noch Piloten dazukommen“. Das liegt an der Stocksport-Wertung, die eingeführt wurde, um die Piloten aus dem Yamaha-R6-Cup aufzufangen. Supersport 600 und Superstock 600: ein Feld, zwei getrennte Wertungen. Wobei die Supersportler zumeist vorneweg blasen werden.
Der 2017er-Meister Thomas Gradinger hat sich in die WM verabschiedet. Damit übernimmt Kevin Wahr erneut die Favoritenrolle. Der letztjährige Zweite und sein Romero-Yamaha-Team taten sich schwer, das Saisonbudget von rund 90.000 Euro aufzutreiben, weil Yamaha seinen Support zurückfährt.
Neu im Supersport-Feld ist der bisherige Superbiker Koen Zeelen. Der Niederländer gilt ebenso als Titelkandidat wie sein Landsmann Vasco van der Valk und Racing Team Freudenberg-Pilot Max Enderlein. Marc Buchner und Chris Stange sind Anwärter auf Rennsiege.
Supersport 300: mit Luft nach oben

So sehr die 300er-Klasse international boomt und die WM 2017 bereits im ersten Jahr ihres Bestehens mit imposanten Feldern aufwartete: In Deutschland herrscht Tristesse. Mit Max Schmidt (ADAC-Junior-Cup-Gesamtsieger 2017), Toni Erhard, Jan-Ole Jähnig, Maximilian Kappler sowie Micky Winkler lagen zuletzt nur fünf deutsche Einschreibungen vor. Und dies, obwohl sich nun auch KTM zur 300er-Klasse bekennt und mit der RC 390 ein passendes Motorrad anbietet. Das Yamaha-Einerlei hat damit ein Ende, zumal auch zwei Kawasaki Ninja 300 und eine Honda CBR 500R in der Nennliste stehen.
Beim IDM-Veranstalter MOTORRAD action team ist man zuversichtlich, dass trotzdem ein ordentliches 300er-Feld zustande kommen wird, zumal auch in diesem Jahr der niederländische Yamaha-R3-Cup in den 300er-Rennen mitfährt. Im Gegensatz zu 2017 soll es für beide Länder eine gemeinsame Wertung geben, die dafür nötige Angleichung der Steuergeräte wurde vorgenommen. In der IDM-Organisation hofft man, dass die Niederländer bei allen sechs IDM-Rennen zugegen sein werden, bislang plant die niederländische Fraktion noch ohne Lausitzring und Schleiz.
Erfreulich ist, dass mit Vorjahressieger Jan-Ole Jähnig und Maximilian Kappler zwei schnelle deutsche 300er-Piloten den Aufstieg in die WM geschafft haben. Beide fahren dort weiterhin für das Racing Team Freudenberg, das von Yamaha auf KTM gewechselt ist, und werden, soweit es die Terminlage zulässt, auch in der IDM starten.
Sidecar: die Mixed-Klasse

Die amtierenden Titelträger Markus Schlosser und Thomas Hofer legen ein Jahr Pause ein. Damit liegt die Favoritenrolle bei Bennie Streuer, IDM-Zweiter 2017. Auch Sattler/Neubert könnte in der Titelvergabe ein Wörtchen mitreden. Josef Sattler, der Seriensieger Schlosser beim 2017er-Finale in Hockenheim bezwang, hat seine LCR-BMW gegen ein Adolf-RS-Gespann eingetauscht. Als Dritter im Bunde der Titelaspiranten wird André Kretzer (LCR-Suzuki) gehandelt, er hat mit Björn Bosch einen neuen Mann im Boot.
Sidecar-Sport, so verwegen er sein mag, ist auch Frauen-Sport. So treten 2018 mit Denise Werth, Anna Burkard und der Niederländerin Miranda Louwes drei Damen als Beifahrerinnen an. Vielleicht stößt eine vierte Dame hinzu: Ilse de Haas, Lebensgefährtin von Bennie Streuer und bislang beim Briten Colin Nicholson im Boot, erwägt, als Pilotin in der IDM zu starten.
Robert Werth, neuer Vorsitzender der IGG (Interessengemeinschaft Gespannrennen e. V.), rechnet mit 18 Gespannen. Zwölf davon aus Deutschland und der Schweiz sowie sechs aus den Niederlanden, mit deren Föderation man auch 2018 kooperiert. Gefahren wird weiterhin mit F1-Gespannen und 1000-cm3-Motoren. Damit geht die IDM einen anderen Weg als die Sidecar-WM, in der nur 600er-Gespanne punkteberechtigt sind.