Besser kuppeln und schalten: Ducati entwickelt lernfähige Automatik-Kupplung

Ducati entwickelt Automatik
Diese Kupplung von Ducati kann lernen

Zuletzt aktualisiert am 21.05.2025

Und doch bleibt der Grund verborgen: Warum entwickelt Ducati eine automatisierte Kupplung? Wo die Quickshifter-Systeme der Marke doch mit zum Besten zählen, was je mit unterbrochener Zündung und Einspritzung oder Zwischengas einen Gang wechselte. Genau aus diesem Grund: Für das Wechseln der Gänge per Quickshifter (hoch) und Blipper (runter) muss die eigentliche Arbeit des Motors unterbrochen werden. Und: Beim Anfahren, Anhalten und Rangieren ist gute Kupplungsarbeit gefragt. Und zum Zweiten: Selbst in den WSBK-Antrieben von Ducati können noch schnellere, einfachere Gangwechsel helfen.

Immer mehr Motorräder mit Automatik

Nach dem vergleichbaren System von Honda mit der E-Clutch und weiterführend den zusätzlich automatisch schaltenden ASA von BMW, AMT von KTM und Y-AMT von Yamaha ist eine Automatik wohl fast unumgänglich. Ducati "muss" also liefern. Ganz nach Ducati-Art: Wir legen noch ein oder zwei Scheiben obendrauf. Denn das System von Ducati ist zum einen das einzige Kupplungssystem mit einer Hydraulik, zum anderen möchte Ducati die Erfindung als "retrofit" verstanden wissen. Das System soll also nicht nur an zukünftige Motorengenerationen passen, sondern auch nachgerüstet werden können.

So arbeitet die automatische Kupplung von Ducati:

Das System von Ducati ergänzt die bei allen aktuellen Motoren eingesetzte hydraulische Betätigung der Kupplung um einen elektronisch gesteuerten Modulator, der einen zusätzlichen Geberzylinder beaufschlagt. So entstehen 2 Kreisläufe:

  • Primärkreis (C₁): klassisch über den Kupplungshebel betätigt – mechanisch, direkt.
  • Sekundärkreis (C₂): elektronisch gesteuert – via Hydraulikzylinder, angesteuert durch ein Steuergerät (TCU) und einen Elektromotor.

Das Besondere: Beide Systeme können parallel oder nacheinander arbeiten. Der Fahrer kann die Kupplung klassisch bedienen, das System kann aber auch sanft übernehmen – je nach Fahrmodus oder Situation. Interessant dürfte werden, ob die Steuerung manuelles Abwürgen und Verbrennen der Kupplung verhindern kann. Alleine anfahren könnte sie auf jeden Fall.

High und Low-Level

Im Inneren arbeitet ein hierarchisches Steuerkonzept:

  • High-Level-Kontrolle: erkennt Fahrszenarien wie "Anfahren", "Stopp", "Schalten".
  • Low-Level-Kontrolle: reagiert auf Sensoren, Kolbenposition, Druckverläufe.

Bessere Launch Control möglich

Ducati selbst bezieht sich in der Patentschrift auf 3 Szenarien, in denen die automatisierte Kupplung Vorteile bringen soll:

  1. Launch Control (M₁): für kontrolliertes Anfahren bei hohem Drehmoment.
  2. Antistall-Modus (M₂): verhindert Abwürgen bei niedrigem Tempo.
  3. Gear Shift Control (M₃): optimiert Gangwechsel durch automatische Kupplungsmodulation.

Jede Strategie nutzt fein abgestimmte Referenzparameter wie Kolbenposition, Motordrehzahl, Druckverläufe.

Die Erfindung dahinter

Jedem Patent muss eine gewollte Erfindung zugrunde liegen. Ducati hat also gezielt ein automatisiertes Kupplungssystem erfinden wollen. Und das wirklich Neue daran ist laut Ducati die Kombination aus der Mechatronik mit der Steuerung. Beides zusammen ist nach dem Nested-Ring-Prinzip entwickelt, also ein mehrstufiges Kontrollsystem. Es erlaubt Ducati eine sehr feine Steuerung der Hydraulik.

Innerer Regelkreis (z. B. Position des Kolbens)

  • steuert präzise die mechanische Bewegung des Kupplungsaktuators.
  • arbeitet mit Sensoren, die die Kolbenposition erfassen.
  • Ziel: genaue Umsetzung der Kupplungskraft.

Äußerer Regelkreis (z. B. Hydraulikdruck)

  • stellt sicher, dass der erzeugte Druck im System dem gewünschten Kraftverlauf entspricht.
  • reagiert auf Umwelteinflüsse wie Temperatur, Alterung des Hydrauliköls oder Bauteiltoleranzen.

Diese beiden Kreise sind verschachtelt, der äußere Ring beeinflusst den inneren, ohne dessen schnelle Reaktionszeit zu gefährden.

Übrigens Besonders interessant ist die Fähigkeit des Systems, den optimalen Stand des Kolbens zu errechnen. Je nach Fahrsituation und Fahrstil öffnet der Sekundärkreis nicht völlig, sondern hält den Kolben vorgespannt, was die Reaktionszeit verringert.

Vorteil: Stabilität und Lernfähigkeit

  • Robust gegen Schwankungen: Wenn sich beispielsweise die Öltemperatur verändert, erkennt der äußere Ring dies und passt die Druckvorgabe für den inneren Ring an.
  • Feinfühligkeit bei sportlicher Fahrweise: Der innere Ring sorgt weiterhin für blitzschnelle Kupplungsreaktionen – etwa beim Hochschalten mit Quickshifter.
  • Anpassungsfähigkeit: Durch Sensor-Feedback kann das System lernen, wie viel Kraft oder Weg tatsächlich nötig ist – es passt sich aktiv an Verschleiß oder Fahrstil an.

Vergleich: Ducati vs. Honda E-Clutch vs. Yamaha Y-AMT

Die Honda-Lösung: Eine vollständig automatisch betätigte Kupplung, die das Ein- und Auskuppeln übernimmt – ohne Eingriff des Fahrers. Besonders für Stadtverkehr und Stop-and-Go-Situationen geeignet. Aber: nicht für sportliches Fahrverhalten gedacht. Präzise Eingriffe sind limitiert.

Yamaha Y-AMT: "Yamaha Automated Manual Transmission" setzt auf eine automatisierte Kupplung und Schaltung. Der Fahrer kann noch schalten, die Kupplung übernimmt das System. Eher ein "semi-automatisches" System – gut für Touring, weniger für Trackdays.

Panigale oder Multistrada mit automatischer Kupplung

Spannend ist die Frage, in welchem Motor Ducati das System der automatischen Kupplung, wenn überhaupt, zuerst einsetzt. Zielen sie auf sportliche Fahrer, könnten die Panigale V2 und V4 passen. Das System könnte den Shift Shock, also die Unruhen im Fahrwerk, durch schnelles Gangwechseln bei Vollgas dämpfen. Weiterhin kann es Lastwechsel unterbinden, die beim Schalten in Schräglage aufkommen können. Gleiches gilt für die Streetfighter-Modelle.

In einer Multistrada V2 oder V4 könnte ein derartiges System primär den Komfort erhöhen, da es das Rangieren einfacher gestaltet. Und im Gelände könnte die DesertX ebenfalls davon profitieren.

Übrigens Vor einigen Jahren patentierte Ducati ein straßentaugliches Seamless-Getriebe. Diese Getriebe schalten in der MotoGP nach dem Prinzip des Zugkeilgetriebes. Im Grunde ein Doppelkupplungsgetriebe mit nur einer Kupplung. Es sind immer 2 Gänge zugleich eingelegt und per Freiläufe getrennt. Beim Schalten schließt ein Freilauf, während der andere öffnet.