Ende der 2000er-Dekade begann der Niedergang einer Motoren-Ära. Der Reihenvierzylinder verlor seine Vormachtstellung, die er seit Anfang der 1970er-Jahre innehatte. Zunehmend wurden neue Motorräder der Mittelklasse mit günstigeren und zugänglicheren Reihen-Twins entwickelt. Und spätestens ab 2015 in der Yamaha MT-07 mit großem Erfolg verkauft. Gerade für Yamaha damals ein gewaltiger Schritt, bedeutete das zu lange Festhalten an Reihenvierzylindern zwischen 600 und 800 Kubik in den FZ-Modellen doch fast den Niedergang.
Folgend krempelten alle Hersteller das Angebot der Mittelklasse und selbst der gehobenen Klassen bis und über 1.000 Kubik auf Twins um. Doch trotz dieser Vorzeichen: Der Reihenvierzylinder ist präsent wie nie. Wer die Neuzulassungen 2025 betrachtet, findet unter den Top 10 gleich 4 dieser Motoren. Und 11 Modelle mit R4 in den Top 50. Die lange Erfolgsgeschichte der Reihenvierer geht weiter:
Honda zeigt neuen Reihenvierzylinder mit 500 Kubik
Im September 2025 zeigte Honda in China einen komplett neu entwickelten Reihenmotor mit 4 Zylindern, 502 Kubik und wohl 80 PS Leistung in den Modellen CB 500 Super Four und CBR 500 R Four. Beide sind bislang nur für den chinesischen Markt geplant. Doch in Japan fuhren bis 2025 sogar noch die alten Reihenvierer der CB 400 und CB 1300.
USA hat die großen Motoren
Der Blick in die USA zeigt, dass dort selbst der 1300er-Motor von Honda nicht der größte noch angebotene Reihenvierzylinder ist. In der Kawasaki Ninja ZX-14 erzeugen 1.441 Kubik bis zu 160 Nm und 197 PS. Bei uns lief die ZX-14 als ZZR 1400 noch bis 2020.
China will diesen Motor
Im stetigen Neuheiten-Tsunami aus China fallen immer öfter Reihenvierzylinder auf, die augenscheinlich nicht alle auf japanischen Konstruktionen beruhen. Beispielsweise bei QJMotor, deren länger zurückliegende Beziehungen mit MV Agusta die älteren Motor-Konstruktionen aus Varese hinterließen – für eigene neue Top-Modelle. Unterm Strich: In China feiert der Reihenvierzylinder ein großes Comeback, und in Europa war diese Motoren-Bauart nie weg.
Aktuelle Modelle mit Reihenvierzylinder
Nein, es sind nicht nur die Supersportler, die den Reihenvierzylinder hochhalten. Aktuell gibt es diese Motoren-Bauweise in Deutschland zwischen 399 und 1.340 Kubik, von 77 PS bis 190 PS. Und selbst in kreuzbraven Naked Bikes oder komfortablen Tourern säuseln je nach Auslegung 4 Zylinder.
Kawasaki hat die meisten
Wer durch das Kawasaki-Portfolio zählt, kommt auf die Summe von 6 Motoren in 9 unterschiedlichen Modellen. Kein anderer Hersteller hat derzeit mehr Vierzylinder zu bieten. Darunter Topseller wie Deutschlands seit Jahren beliebtestes Naked Bike, die Z 900, mit 948 Kubik, 124 PS und 98 Nm. Baugleich, nur auf 111 PS bei 98 Nm abgestimmt, fährt der Motor im Retro-Modell Z 900 RS.
Oder gerade als Modell mit Comeback: Die neue Z 1100 mit 1.099 Kubik, 136 PS und 113 Nm. Mit etwas mehr Hub wurde der bekannte 1000er-Motor mit bisher 1.043 Kubik vergrößert. Seinen Dienst leistet der Neue aktuell in der Z 1100, der Versys 1100 und der Ninja 1100 SX.
Nicht weniger spannend ist der Kawasaki-Motor der H2-Baureihen. 998 Kubik, 4 Zylinder und Kompressor mit bis zu 326 PS in der H2 R oder straßenzugelassenen 200 PS und 137 Nm in der H2 SX und Z H2. Den 3 echten Supersportlern des Hauses sind exklusiv die Motoren vorbehalten mit 399 Kubik und 80 PS, 636 Kubik und 124 PS sowie 998 Kubik und 200 PS. So eingebaut in der Ninja ZX-4RR, der Ninja ZX-6RR und der Ninja ZX-10 RR.
Suzuki hat den Größten
Nicht nur hat Suzuki gleich 3 Reihenvierzylinder im aktuellen Line-up, verteilt auf 6 Modelle, sondern es ist der derzeit größte noch zugelassene Motor dieser Bauart darunter. In der Hayabusa summieren sich die vier Einzelhubräume auf 1.340 Kubik und erzeugen 150 Nm sowie 190 PS.
Frisch zurück nach Europa brachte Suzuki im Sommer 2025 weiterhin einen der besten Reihenvierzylinder der Test-Geschichte von MOTORRAD. Und der steckt in der Suzuki GSX-R 1000 R, hat 998 Kubik, eine variable Ventilsteuerung, 195 PS und 110 Nm. Die Euro-5+-Version hat allerdings 7 PS weniger als die Version, die bei MOTORRAD 218 Punkte in der Motorwertung einfuhr, zwar schon 2019, aber bis heute ungeschlagen.
Ebenfalls noch im Angebot ist ein Motor aus einer längst vergangenen Ära der GSX-R 1000. Der berühmte K5-Motor ist heute noch in gereifter Form im Einsatz. Aus 999 Kubik und in Landstraßen-Abstimmung erzeugt er 106 Nm und 152 PS. In 4 verschiedene Modelle baut Suzuki diesen Antrieb ein: GSX-S 1000, Katana, GSX-S 1000 GT und GSX-S 1000 GX. Und in der GSX-S 950 ist er als Version mit 95 PS zu haben, mit Drossel-Option für die A2-Klasse (48 PS).
Honda bietet 4x4
Aktuell hat Honda 4 unterschiedliche Vierzylinder im Sortiment. Darunter einen der stärksten Reihenvierzylinder mit Straßenzulassung überhaupt. Eingebaut ist er in der CBR 1000 RR Fireblade, er misst 999 Kubik, erzeugt 113 Nm und 218 PS.
Nur minimal kleiner ist der Motor der CB 1000 Hornet. Er basiert auf dem Motor der SC59-Fireblade und erzeugt aus 999 Kubik 104 Nm sowie 152 PS. In der SP-Version sogar 107 Nm und 157 PS.
Wie schon Kawasaki die Ninja ZX-6R brachte Honda erst 2024 die CBR 600 RR nach einigen Jahren Pause zurück nach Deutschland. In ihrem Rahmen steckt ein R4-Motor mit 599 Kubik, der 63 Nm und 121 PS erzeugt.
In die beiden besonders beliebten 650er-Modelle CBR 650 R und CB 650 R baut Honda ebenfalls einen ehemaligen Supersport-Motor aus einer älteren CBR-Generation ein. Aufgebohrt auf 649 Kubik, erzeugt er 63 Nm und 95 PS.
Yamaha als Sonderfall
Yamaha führte den Reihenvierer bis weit ins neue Jahrtausend konsequent durch Modellbaureihen für die Straße. Nicht minder konsequent waren ab 2014 der neu entwickelte Triple CP3 und ab 2015 der neue Twin CP2 als Nachfolger erfolgreich. Der R4 bei Yamaha blieb allerdings und zwar in der derzeit exotischsten Form: in der R1 und der MT-10 als CP4. CP steht für Crossplane und weist auf die besondere Kurbelwelle des Motors hin. Anstatt mit Hubzapfenversätzen von 180 Grad stehen die Zapfen des 998-Kubik-Motors 90 Grad zueinander. Das sorgt für markanten Klang und in der Theorie für ausgeglicheneren Lauf sowie eine bessere Drehmomententfaltung. Aktuell setzt Yamaha den CP4-Motor nur noch in der MT-10 ein, in der er 166 PS leistet.
BMW hat den Stärksten
Zwar bietet BMW nur einen Reihenvierzylinder an, aber den derzeit stärksten. Und einen der mechanisch am höchst entwickeltsten, mit der verschiebbaren Nockenwelle, Shift-Cam getauft. Motoren mit dieser Technik erzeugen deutlich mehr Drehmoment bei niedrigen und mittleren Drehzahlen. BMW baut den Motor mit 999 Kubik in aktuell 3 Konfigurationen in 6 unterschiedlichen Modellen ein. In der S 1000 R und XR mit 170 PS und 114 Nm ohne Shift-Cam. In der S 1000 RR mit Shift-Cam sind es 210 PS und 113 Nm. In der M 1000 XR 201 PS und 113 Nm, und in der M 1000 R leistet der Motor 210 PS bei maximal 113 Nm. Beim Top-Modell, dem Superbike M 1000 RR, stehen aktuell 218 PS und 113 Nm im Datenblatt.
MV Agusta immer noch da
Und selbst MV Agusta hält am Vierzylinder fest, nachdem über die letzte Dekade der Dreizylinder immer breiter im Modellkatalog gestanden hatte. Aktuell setzt MV noch einen R4 in 2 Modellen ein. In der Rush, der Superveloce 1000 und der Brutale 1000 RR erzeugt der Motor aus 998 Kubik 208 PS und 116 Nm.