Vielfalt ist Trumpf. Mit vier neuen Modellen - vom Hyperbike bis zum Reiseroller - setzt Suzuki alles daran, 1999 ganz groß herauszukommen.
Vielfalt ist Trumpf. Mit vier neuen Modellen - vom Hyperbike bis zum Reiseroller - setzt Suzuki alles daran, 1999 ganz groß herauszukommen.
Vorhang auf für die GSX 1300 R. Ein Motorrad, das alle Kategorien sprengen, alle bekannten Maßstäbe über den Haufen werfen soll - mit atemberaubender Beschleunigung, feinem Handling, vorbildlicher Federung, hohem Komfort und erstklassiger Verarbeitung
Hayabusa heißt der Überflieger, und das ist wörtlich zu nehmen: Namensgeber ist ein japanischer Falke, der die einzigartige Fähigkeit hat, mit 300 Sachen durch die Luft zu pfeilen, wenn ihm danach ist.
Geschwindigkeiten um die 300 km/h zu erleben - wenn es denn gewünscht ist - soll auch mit der GSX 1300 R möglich sein. Dazu bedurfte es einer ausgeklügelten aerodynamischen Gestaltung, die vorrangig auf möglichst geringen Luftwiderstand getrimmt ist. Die Bemühungen in dieser Hinsicht haben der Maschine ein unverwechselbares Gesicht gegeben, das durch die tief heruntergezogene Verkleidungsnase mit unorthodox angeordneten Scheinwerfern - ein Duo aus Projektions- und Freiflächenscheinwerfer - geprägt wird. Suzuki reklamiert für die Hayabusa einen aerodynamischen Bestwert im Serienmotorradbau - nicht ohne darauf hinzuweisen, daß bei der Entwicklung der Verkleidung auch in Sachen Wetterschutz und Fahrstabilität die Hausaufgaben gemacht worden seien.
Ganze Arbeit war auch bei der Motorisierung gefragt. Dabei ist ein neues, sehr kompaktes und sehr starkes Vierzylinder-Triebwerk herausgekommen. Mit fünffach gelagerter Kurbelwelle, zahnradgetriebener Ausgleichswelle, rechts außen angeordnetem Nockenwellenantrieb, beschichteten Zylinderbohrungen, Spritzöl-gekühlten Kolben, vier über Tassenstößel betätigten Ventilen pro Brennraum, engen Ventilwinkeln (zweimal 18 Grad) und einer Leistungsausbeute von 175 PS ist der 1300er ein eindrucksvolles Beispiel modernen Motorenbaus.
Ein Eindruck, der sich angesichts der Peripherie des Vierzylinders erhärtet: Die Gemischbildung erledigt eine Einspritzanlage, die ihre Frischluft über ein Ram Air-System bezieht, für die Zündfunken sorgen Spulen, die in die Kerzenstecker integriert sind. Das Ganze steht unter Aufsicht eines aufwendigen Motormanagements. Doch das Beste kommt buchstäblich zum Schluß: Mit Sekundärluftsystem und geregeltem Katalysator verdient sich die Hayabusa das umweltgrüne Band der Sympathie.
Das Fahrwerk der GSX 1300 R bietet vertraute Technik: Brückenrahmen und Hinterradschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Ausgleichsbehälter für 140 Millimeter Federweg, Upside-down-Gabel mit 43er Gleitrohren und 120 Millimeter Arbeitsweg. Selbstverständlich sind Federvorspannung sowie Zug- und Druckstufendämfung vorn wie hinten einstellbar. Ebenso selbstverständlich kamen die Konstrukteure angesichts der gebotenen Leistung nicht umhin, die Maschine auf einen fetten 190/50er Hinterreifen zu stellen, während vorn mit einem 120/70er Pneu kluge Zurückhaltung geübt wurde.
Eine standesgemäße Bremsanlage ist bei einer 300-km/h-Maschine überlebenswichtig. Mit einer 320er Doppelscheibe und Sechskolbenzangen - hinten tut`s eine 240er mit Zweikolbensattel - scheint die Hayabusa, die mit vermutlich um die 250 Kilogramm Lebendgewicht nicht zu den Ultralights zählen wird, gut gerüstet.
Auch in Sachen Alltagstauglichkeit wurde vorgesorgt. Ein hochklappbarer Tank erleichtert die Wartung der Maschine ebenso wie ein Hauptständer - letzterer ist allerdings ein aufpreispflichtiges Extra. Unter der Sitzbank finden ängstliche Naturen einen Aufbewahrungsplatz für ein Bügelschloß, während Freunde des Gepäcktransports sich über diverse Befestigungshaken im Heckbereich freuen können.
Die zweite Neuheit im Suzuki-Programm, eine erneute Wortmeldung zum Thema »Naked Bike«, ist aufmerksamen MOTORRAD-Lesern bereits bekannt: Die GSX 1200, die in Deutschland bis dato nur als Grauimport erhältlich war (Test in Heft 16/1998). Mit dem luft-/ölgekühlten Vierzylinder, der schon in der 1200er Bandit als Drehmomentriese von sich reden gemacht hat, ist die GSX bestens - und äußerst ansehnlich - motorisiert. Die souveräne Entfaltung der gebotenen 98 PS kommt in einem adäquaten Fahrwerk bestens zur Geltung: Ein klassisch gestrickter Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen mit vergleichweise kurzem Radstand verhilft der vollgetankt rund 230 Kilogramm schweren Maschine zu einem überraschend agilen Handling. Stylistisch orientiert sich die GSX 1200 am Retro-Look ihrer kleineren Schwester mit 750 Kubik: rundlicher Tank, »Stereo«-Federbeine mit Ausgleichsbehälter, chromblitzendes Cockpit mit Tacho, Drehzahlmesser und Benzinuhr.
Setzt die GSX 1200 darauf, »bare thrills« - frei übersetzt: schiere Erregung - zu erzeugen, will der dritte Neuzugang schlicht als Spaßmacher verstanden werden. Und das gleich in zweifacher Ausfertigung: Als SV 650 unverkleidet-puristisch, als SV 650 S in leichter Sportbekleidung.
Triebfeder der SV ist ein wassergekühlter V2-Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel. Mit 62,6 Millimetern Hub (Bohrung: 81 Millmeter) ist der 650er für hohe Drehzahlen gerüstet. Für zügigen Gasdurchsatz ist im Obergeschoß gesorgt. Je zwei 31er Ein- und 25,5er Auslaßventile, um 14 respektive 16 Grad zur Zylinderachse geneigt, werden durch zwei kettengetriebene Nockenwellen und Tassenstößel betätigt. Eine digitale Zündanlage mit separaten Kennfeldern für den vorderen und hinteren Zylinder besorgt das Timing des Funkenflugs in Abhängigkeit von Drehzahl und Drosselklappenstellung der Vergaser. 70 PS leistet der SV 650-Motor. Das riecht nach Sportsgeist und läßt das Aufgebot von sechs Getriebegängen durchaus sinnvoll erscheinen.
Um die Anmutung des Motors nicht mit einem Wust von Schläuchen zu verschandeln, vollzieht sich die Führung des Kühlwassers weitgehend innerhalb des Motorgehäuses. Kupplungsdeckel und Ritzelabdeckung sind aus Kunststoff gefertigt. Das hilft bei der Geräuschdämmung und spart Gewicht.
Gewichtsminimierung stand auch bei der Konstruktion des Fahrwerks im Vordergrund: Rahmen und Hinterradschwinge sind als Kombination von Gußteilen und Strangpreßprofilen aus Aluminium gefertigt. Die Lenkgeometrie ist mit 65,3 Grad Steuerkopfwinkel und 97,4 Millimeter Nachlauf ganz auf Handlichkeit getrimmt, während der Radstand beruhigende 1420 Millimeter mißt.
Ein Zentralfederbein mit progressiv wirkender Hebelanlenkung stellt 125 Millimeter Federweg bereit, während die konventionelle Telegabel mit 41er Standrohren 130 Millimeter Arbeitsweg bietet. Ein 120/70 ZR 17-bereiftes Vorderrad und ein Hinterrad mit 160/60 ZR 17-Besohlung bringen die SV 650 in Rollen. Für die Verzögerung sind rundum Doppelkolben-Bremszangen zuständig - vorn im Doppelpack an 290er Scheiben, hinten tut`s ein 240er Exemplar.
Mit Rohrlenker, Instrumenten-Ensemble an der Gabelbrücke und Rundscheinwerfer präsentiert sich die unverkleidete SV 650 vergleichweise konservativ. Dazu paßt auch die gemäßigte Sitzposition, die sich eher an den Normalo-Biker wendet. Die S-Version mit Stummellenker und Halbschalenverkleidung (mit integriertem Cockpit) verlangt vom Fahrer eine deutlich sportlichere, geducktere Haltung. Als Belohnung wird eine längere Gesamtübersetzung geboten, die eine deutlich größere Höchstgeschwindigkeit ermöglicht.
Gesteigerter Vorwärtsdrang zeichnet auch die Nummer vier im Reigen der Suzuki-Neuheiten aus. Der Burgman-Roller, bislang mit 250-cm³-Motor auf dem Markt, kommt nun in einer verschärften Version als AN 400 mächtig auf Trab. Der in Bohrung und Hub aufgestockte wassergekühlte Einzylinder-Viertakter mit 385 cm³ mit 36er Gleichdruckvergaser bringt es auf zirka 30 PS - genug, um eine Reisegeschwindigkeit von 140 km/h zu erzielen. Das auf 13zölligen Rädern rollende Stahlrohrfahrwerk wurde komplett von der Viertelliter-Version übernommen. Einzige Zugabe im Interesse gesteigerter Bedienungsfreundlichkeit ist eine hydraulische Verstellmöglichkeit für die Federvorspannung des hinteren Zentralfederbeins.
Das tourenfreundliche Paket aus Soziustauglichkeit, Zuladungsmöglichkeit, Federungskomfort und Aktionsradius drückt naturgemäß schwer auf die Waage: Rund 185 Kilogramm dürften beim AN 400 fahrfertig zusammenkommen - vielleicht ein symbolischer Beleg dafür, das Suzuki im Kampf um Marktanteile 1999 ein gewichtiges Wort mitreden will.