Sapperlot, die Sache kann verwirren. Das große F hinter der Hubraumbezeichnung: Insider brachten damit das englische Wort "Fairing" (Verkleidung) in Verbindung. Und hielten sich für gut informiert. Bisher galt das auch. Bei der neuen CBF 1000 F jedoch wird die Sache kompliziert. Aber nicht etwa, weil sie keine Verkleidung hätte. Die ist zweifellos da, und sie fällt sogar ziemlich flott aus. Verwirrend ist vielmehr, dass die bisherige CBF 1000 auch eine hat. Ebenfalls eine Halbschale, ebenfalls ein Allrounder von bestem Schrot und Korn, mit nicht wesentlich anderen Eckdaten. Aber eben ohne Zusatz-F.
Und - jetzt kommt es richtig dick - auch die CBF ohne F ist weiterhin im Programm. Wir fassen zusammen: Zwei CBF 1000, einmal mit und einmal ohne Zusatz-F. Beide sehr ähnlich, beide mit Verkleidung? Wo ist da der Plan?
Sie merken schon, es gibt viel zu klären auf den verwinkelten Sträßchen im Norden Mallorcas, die trotz mediterraner 15 Grad in den frühen, nassen Januar-Morgenstunden das Grip-Niveau einer Kunsteisbahn haben. Jede Wette: Auch wenn hier Preziosen wie Honda Fireblade und VFR zur Probefahrt bereitstünden - zumindest Profis würden geschlossen zur neuen CB-Doppel-F greifen.
Warum? Ganz einfach. Weil sich angesichts der kaum veränderten Faktenlage (lediglich Alu- statt Stahlrahmen, etwas weniger Gewicht, mit 107 statt der bisherigen 98 PS geringfügig mehr Leistung) vermuten lässt, dass die Qualitäten der alten auch im neuen Modell zu finden sind. Ihre bedingungslose Neutralität zum Beispiel, die zupackende, lineare Leistungsentfaltung, die geschmeidige Gasannahme, ihre entspannte Sitzposition, das zuverlässige ABS. Alles Dinge, die unter idealen Bedingungen unspektakulär daherkommen, unter diesen Umständen aber hochwillkommen sind. Eine CBF braucht keine Eingewöhnung, beansprucht keine Aufmerksamkeit, macht fast alles ganz von selbst.
Daran hat auch ein F mehr zum Glück nichts geändert. Wie gewohnt liegen die angenehm gekröpften Lenkerenden gut zur Hand, ruhen die Füße auf Fußrasten an der richtigen Stelle, entspannen sich auch lange Beine dank dreifach verstellbarer Sitzhöhe (795 Millimeter plus/minus 15 Millimeter). Nicht anders als früher schnurrt der Reihenvierer im Untergeschoss vor sich hin, nimmt auch bei kaltem Motor sauber Gas an. Und selbst die Lebensäußerungen fallen trotz der im Vergleich zur Modell-Schwester sportiveren Vier-in-eins-Anlage mit Auspuffklappe und filigran geschwungener Krümmeranlage nicht entscheidend anders aus. Ganz unaufgeregt und ohne Krawall nimmt die CBF dem schwierigen, unbekannten Terrain seine Tücken, lässt Freiraum für den Blick dies- und jenseits des Weges, wo trotz aufgewühltem Mittelmeer und verschneiter Wipfel schon ein Hauch von Frühling weht.

So, und wo ist jetzt die Neuigkeit? Ganz klar, die Gefilde, in denen Honda Optimierungspotenzial sah, werden bei entspanntem Landstraßentempo nie erreicht. Egal, ob Handlingvorteil dank fünf Kilogramm weniger Gewicht oder Leistungsvorteil jenseits von 7500/min - Mallorca im Januar taugt nicht, um neue Talente der Doppel-F-Variante an den Tag zu fördern. Wer in dieser Hinsicht zweifelt, muss auf den direkten Vergleich (MOTORRAD 6/2010) warten. Allerdings spricht zunächst überhaupt nichts gegen ein Plus an Fahrdynamik. Beispiel Gewicht: Minus fünf Kilogramm weniger sollten angesichts der strammen 250 Kilogramm der Standard-CBF kein Hexenwerk sein, zumal ja nicht nur der Zentralrohr-Aluminiumrahmen leichter als sein Stahlpendant ausfällt, sondern auch die Auspuffanlage mit nur einem Schalldämpfer. Dazu kommt der Verzicht auf die Federbein-Umlenkung, denn das hintere Federbein wird nun direkt angelenkt und erreicht die notwendige Progression über entsprechend gewickelte Federn.
Beispiel Motor: Einem 1000-Kubikzentimeter-Reihenvierzylinder mit diesem Stammbaum (Fireblade 2006/2007) mehr als die bisherigen 98 PS (Achtung, Plan F: Auch die gibt es auf Wunsch ohne Aufpreis) zu entlocken, dürfte selbst für Maschinenbauingenieure im ersten Semester kein Problem sein. Erst recht nicht, wenn die Teile längst im Regal liegen. Einfach in den Zylinderkopf des Naked Bikes CB 1000 R etwas zahmere Nockenwellen, und fertig ist der etwas schärfere CBF-Antrieb.
Allerdings lässt der in guter alter Tradition jenseits der 5000/min auch deutlich spüren, dass er jetzt Kohlen nachlegt. Es kribbelt es in Händen, Füßen und dem Allerwertesten, und zwar so, dass es beträchtlich stört. Und wenn man schon aufzählt, was nicht besser geworden ist: Wer im Bemühen um optimalen Windschutz die Verkleidungsscheibe ganz nach oben stellt, nimmt zwar Druck vom Oberkörper, erntet dafür aber auch saftige Turbulenzen im Helmbereich, die vor allem den Ohren mächtig auf die Trommelfelle gehen.
Im Zweifel und spätestens auf der Landstraße also runter mit der Scheibe, zumal sich in dieser Hinsicht der erste praktisch nachprüfbare Vorteil der neuen CBF manifestiert. Im Gegensatz zur Schwester lässt sich das Plexiglas nämlich einfach per Hand und vor allem ohne Werkzeug in vier verschiedenen Positionen arretieren. Kräftig mit beiden Händen drücken oder ziehen - was die Verstellung während der Fahrt zur akrobatischen, nicht zu empfehlenden Übung macht - und fertig.

Nachweislich umfangreicher ist auch der Informationsgehalt, den die digitalen Anzeigenfelder rechts und links des zentralen Drehzahlmessers zur Verfügung stellen. Neben den obligatorischen Infos wie Kilometerstand, Tripzähler (zweimal), Tankuhr und Uhrzeit sind es vor allem der aktuelle Verbrauch, der Durchschnittsverbrauch und die bislang verbrannte Spritmenge, die gern abgerufen werden. Das zum Tanken nach wie vor eine schnöde Warnlampe aufleuchtet, stört insofern nicht, als Honda dem Tank einen Liter mehr Inhalt spendierte (20 statt 19 Liter) und zudem der Gesamtverbrauch dank der insgesamt längeren Übersetzung um sieben Prozent geringer ausfallen soll.
Ob dieses Update reicht für Schwester F? Wer weiß. Der Knackpunkt: Es liegen immerhin 900 Euro zwischen den beiden so ähnlichen Schwestern. Aber auch unübersehbare Unterschied, was den Auftritt angeht. Angesichts der Koketterie, mit dem die neue CBF aus ihrem Scheinwerferpaar blinzelt, wirkt die Schwester in der Tat kreuzbrav. So gesehen könnte Plan F aufgehen.
Technische Daten der Honda

Motor:
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Einspritzung, Ø 36 mm, Lichtmaschine 350 W, Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kette,
Sekundärübersetzung 41:16.
Bohrung x Hub 75,0 x 56,5 mm
Hubraum 998 cm³
Verdichtungsverhältnis 11,2:1
Nennleistung 79,0 kW (107 PS) bei 9000/min
Max. Drehmoment 96 Nm bei 6500/min
Fahrwerk:
Rückgratrahmen aus Aluminium, Telegabel, Ø 41 mm, verstellbare Federbasis, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 296 mm, Dreikolben-Schwimmsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Teilintegral-Bremssystem mit ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17
Maße und Gewichte:
Radstand 1495 mm, Lenkkopfwinkel 64,0 Grad, Nachlauf 110 mm, Federweg v/h 120/120 mm, Sitzhöhe 780-810*, Gewicht vollgetankt 245 kg, Tankinhalt 20,0 Liter.
Garantie zwei Jahre
Farben Schwarz, Silber, Weiß
Preis 10890 Euro
Nebenkosten zirka 200 Euro
Interview mit dem Honda-Produktmanager

MOTORRAD: Herr Klein, Honda bringt mit der neuen CBF 1000 F ein Motorrad, dass sich nicht wesentlich vom bisherigen Modell abhebt. Was soll das?
Klein: Unsere Vorstellungen an die neue CBF 1000 waren exakt die, welche jetzt im Modell umgesetzt wurden. Dies entspricht ziemlich genau unserem Vorgehen bei der kleinen Schwester CBF 600. Etwas sportlicher, etwas stärker, ein flotterer Auf-tritt. Aber doch weiterhin die alten CBF-Tugenden, denn die Kunden sind mit dem Motorrad sehr einverstanden.
MOTORRAD: Okay, bei der kleinen CBF lief das Ganze unter Modellpflege. Aber dort haben sie das alte Modell auch nicht im Programm gelassen?
Klein: Wir bewegen uns hier natürlich in einem preissensiblen Segment. Das ist durch die gesamtwirtschaftliche Situation nicht besser geworden. Die neue CBF 1000 F liegt preislich 900 Euro über der alten CBF. Daher haben wir uns entschieden, auch die bisherige CBF 1000 im Programm zu behalten.
MOTORRAD: Aber die neue CBF 600, die ja mit ähnlichen Features wie dem Alurahmen ausgestattet ist, wurde ja auch nicht teurer, sondern blieb exakt auf dem Niveau der Vorgängerin.
Klein: In Falle der CBF 600 haben wir bewusst auf eine Preisanpassung verzichtet. Die CBF 600 ist ein typisches Einsteigermotorrad und die Einstiegshürde wollen wir so niedrig wie möglich halten.
MOTORRAD: Mit welcher Verteilung zwischen alter und neuer CBF 1000 rechnen sie?
Klein: Wir haben zirka zwei Drittel für die neue CBF 1000 F geplant.
Was ist anders?





Antrieb:
- Motor mit CB 1000 R-Zylinderkopf, höherer Verdichtung (11,2:1 statt 11:1) und anderen Nockenwellen.
- 107 PS bei 9000/min und 96 Nm bei 6500/min statt 98 PS bei 8000/min und 93 Nm bei 6500/min
- Einzel- statt Doppelschalldämpfer
Fahrwerk:
- Rückgratrahmen aus Aluminium statt aus Stahl
- Radstand 1495 statt 1480 Millimeter
- direkt angelenktes Federbein (jetzt mit einstellbarer Zugstufe) statt Hebelsystem
- Gabel in der Federvorspannung einstellbar
- Einkolbenschwimmsattel statt Dreikolben-sattel am Hinterrad
Optik:
- Verkleidung mit weiter heruntergezogenen Seitenteilen und CBR 600 RR-Scheinwerfern
- Scheibe per Hand verstellbar, neues Cockpit, neues Rücklicht