Fahrbericht: Kawasaki Z 1000 SX (mit Video)
Sportlicher Tourer oder tourender Sportler?

Sportliche Naked Bikes durch eine Verkleidung tourentauglich zu machen, dieses Los trifft viele nackte Maschinen - und macht sie oft genug langweilig. Kawasaki verhüllte nun auch die Z 1000 - und konservierte ganz bewusst den Charakter des Erfolgs-Streetfighters.

Sportlicher Tourer oder tourender Sportler?
Foto: Kawasaki

Nicht nur Fans der reinen Lehre werden bei der Ankündigung von Kawasaki zusammengezuckt sein: Die Z 1000 gäbe es demnächst in einer vollverkleideten Version. Eines der kompromisslosesten Power-Naked Bikes - verhüllt? Das wäre so, als wollte Kurvenstar Michelle Hunziker künftig nur noch im Rollkragenpullover auftreten.

Erster öffentlicher Auftritt auf der Intermot in Köln, Anfang Oktober. Entwarnung. Der Rolli fällt eng geschnitten aus, ist in der Mitte - getreu dem aktuellen Trend bei Supersport-Verkleidungen - obendrein von einem tiefen, luftigen Ausschnitt durchbrochen. Jede Linie verrät, wie behutsam die Designer versuchten, die Grimmigkeit der nackten Z 1000 optisch zu konservieren - und der SX dennoch diesen Schuss Vernunft mit auf den Weg zu geben. Denn den braucht es eben für das Leben jenseits des Mopedtreffs am Sonntagvormittag.

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So implantierten die Techniker der Z 1000 SX deutlich mehr Ratio, als der Pilot nach der Erstbesteigung vermuten vermag. Denn zunächst fällt nur das dreistufig einstellbare Windschild auf, das sich ganz simpel und werkzeuglos über einen Bereich von neun Zentimetern in der Höhe variieren lässt. Nur Z 1000-Kenner werden bemerken, dass das Zündschloss nicht mehr in einer Tankaussparung, sondern im Cockpit untergebracht ist. Und das aus gutem Grund: Der frei gewordene Platz machte es möglich, das Tankvolumen um vier auf insgesamt 19 Liter anzuheben, ohne dafür mit größerer Bauhöhe oder breiterem Knieschluss bezahlen zu müssen. Nach wie vor sitzt es sich versammelt und entspannt auf der Kawa. Auch der Druck auf den Startknopf verkündet nichts Ungewohntes. Das dumpfe Brabbeln aus den beiden auffällig gestylten - und in der SX-Version ausschließlich mattschwarz lackierten - Doppelschalldämpfern ist vom aktuellen Modell der Z 1000 bekannt. Auch dessen imposanter Antritt. Schließlich erstarkte das Aggregat beim Modellwechsel von 2009 auf 2010 nicht nur um 14 Pferde auf von MOTORRAD gemessene stattliche 137 PS, sondern gibt dieser Herde durch den um fünf Millimeter verlängerten Hub schon recht früh in der Drehzahlleiter die Sporen.

Hersteller
Um Touren zu fahren eignet sich die Z 1000 SX besser als die Z 1000. Die guten Fahreigenschaften bleiben dabei allerdings beibehalten.

Verständlich, dass jeder Ansatz von touristischer Beschaulichkeit auf der SX schnell verfliegt. Ob das kurvengierige vorderradorientierte Fahrgefühl, der ganz bewusst angeraute Lauf des Vierzylinders mit dem zusätzlichen Kick ab 7000 Umdrehungen - von einem braven vollverkleideten Allrounder ist die SX so weit weg wie Frau Hunziker von der Gesellschaft für Frauenrechte.

Oder doch nicht? Denn die süßen Seiten des domestizierten Streetfighters beginnen zügig ihre Reize einzusetzen. So ist der Kopf dem Orkan nicht ungeschützt ausgesetzt. Die Scheibe lässt in höchster Stellung den Wind nur an Schultern und Helmoberkante zupfen, erlaubt damit problemlos längere Highspeed-Einlagen. Auch die Federung lockt verführerisch. Schnell goutiert der Pilot das im Vergleich zur Z 1000 komfortabler abgestimmte Federbein (geringere Zug- und Druckstufendämpfung), genießt es, wenn der liegend montierte Monoshock und die deutlich üppiger gepolsterte Sitzbank Schlaglöcher in einträchtiger Kooperation sensibel aufschnupfen. Ja man ertappt sich sogar dabei, diese Sitzgelegenheit und Federungsabstimmung der verkleideten Schwester, der recht knochig gefederten, unverkleideten Z 1000 zu wünschen. Übrigens genauso wie der Sozia das im Vergleich ebenfalls spürbar flauschigere und größere Sitzkissen samt den stabilen Haltegriffen der SX - auch wenn der Soziusplatz ausgeprägten touristischen Ambitionen sicher nicht völlig gerecht wird.

Spätestens da muss das innere Weichei zur Räson gerufen werden. Denn mit 12595 Euro Grundpreis kommt der Komfort der SX trotz serienmäßigem ABS nicht ganz billig. Die einzige direkte Konkurrentin, die Yamaha FZ1 Fazer, liegt einen guten Tausender unter dem Tarif der Kawa. Dafür bietet die Kawasaki in diesem Segment - ganz in der Tradition der legendären GPZ-Baureihe - wohl die eindeutig sportlichste Ausrichtung aller verkleideten Naked Bikes. Im Vergleich zu den auf den ersten Blick ähnlich gelagerten Konzepten wie die verkleideten Suzuki Bandit-Modelle oder gar die Honda CBF spricht die zivilisierte Z 1000 SX eine sportlich ausgerichtete Klientel an. Menschen, die Michelle Hunziker zwar auch gern im Rolli sehen - viel lieber aber in Spaghetti-Trägern.

Video zum Fahrbericht der Kawasaki Z 1000 SX:

Aufgefallen

Hersteller
Praktisch: statt Nutmuttern (Z 1000) Einstellung der Federbasis per Stufenkranz.

Negativ:

  • Gewicht um etwa neun Kilogramm höher als das der Z 1000
  • Preis im Vergleich zur Konkurrenz stattlich


Positiv:

  • Motor charakterstark und kräftig
  • Federbein komfortabel abgestimmt
  • Fahrersitz besser gepolstert
  • Windschutz ausreichend
  • Tankvolumen tourentauglich (19 Liter)

Technische Daten

Hersteller
Erstaunlich: Letztlich verleihen nur der Mittelteil der Verkleidung sowie der Windschild der SX-Version eine gegenüber der Z 1000 deutlich veränderte Optik.

Motor:
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 38 mm, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 336 W, Batterie 12 V/8 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 41:15.
Bohrung x Hub 77,0 x 56,0 mm
Hubraum 1043 cm³
Nennleistung 101,5 kW (138 PS) bei 9600/min
Max. Drehmoment 110 Nm bei 7800/min

Fahrwerk:
Rückgratrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 41 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17

Maße und Gewichte:
Radstand 1440 mm, Lenkkopfwinkel 65,5 Grad, Nachlauf 102 mm, Federweg v/h 120/138 mm, Sitzhöhe 822 mm, Gewicht fahrfertig 231 kg, Tankinhalt 19,0 Liter.
Garantie zwei Jahre
Farben Schwarz, Grün
Preis 12595 Euro
Nebenkosten 180 Euro

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023