Test Triumph Trophy 1200

Test Triumph Trophy 1200 Goldauge

Im Geheimdienst Ihrer Majestät rumort es. Kein Aston Martin mehr für den Commander. Doch das Motorrad, so schworen sie, würde ein Triumph des britischen Motorradbaus sein - eine Triumph Trophy 1200.

Welche Geheimwaffen hat sie?« »Ääh, nur die ungeregelten Kats.« »Na, wenigstens kommt die Kiste aus Großbritannien«, murmelt der Commander, der gerade seinen geliebten Aston Martin gegen ein bayrisches Cabrio hat eintauschen müssen, mit ABS statt Panzerplatten, Airbag statt Schleudersitz und Benzineinspritzung statt Öldüsen am Heck. So fährt man heute in Agenten-Kreisen, hat M ihm versichert. Und da soll nun ein Motorrad ohne Benzineinspritzung oder Lambda-Sonde, ohne ABS und Kardanwelle Englands bester Supertourer sein für seinen Top-Spion? »Wo sind die Schlüssel, Q? Ich möchte probefahren.« »Der Schlüssel, Commander. Die Triumph Trophy 1200 hat ein Einschlüssel-System.« »Aha?« Die rechte Augenbraue hebt sich. Der Schlüssel paßt: in das Lenk-Zündschloß, in die Verriegelung der Sitzbank, in die Halter und Schlösser der 32-Liter-Koffer - die der Commander auch schon an einer Honda ST 1100 gesehen hat - und in die Schlösser der Fächer rechts und links in der Verkleidung, die - »Damned.« Scheppernd fällt der Hartplastik-Deckel zu Boden. »Q, an den Deckeln sind keine Scharniere.« »Ääh, nein.« »Und ohne den Zündschlüssel sind die Fächer nicht aufzukriegen.« »Ääh, nein.« »Und wie soll ich während der Fahrt an meine Beretta kommen? Oder die Kreditkarte oder meinen Dienstausweis?« »Ääh, ja.«»Die Sicherungen im rechten Fach kosten unnötig Platz.« Immerhin: die Knöpfe der Leuchtweitenregulierung vermerkt der Commander positiv. Außerdem sind die Scheinwerfer keine Geheimwaffen mehr. Endlich dürfen bei Doppelscheinwerfern dank ECE nun europaweit beide Scheinwerfer zugleich Abblendlicht oder Fernlicht zeigen. Die Lichtausbeute ist daher prächtig.

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Und der Knopf da links? »Nein, kein Turbo-Boost, Commander. Die Warnblinkanlage.« »Braucht die denn so was, Q?« »Nein, aber...«Doch der Commander steckt schon mit dem Kopf unter der Sitzbank. »Q, hatten Triumph-Motorräder früher nicht diese hydraulische Federbasis-Verstellung unter der Sitzbank? Und jetzt? Eine Ringmutter und Hakenschlüssel. Und die Einstellung der Zugstufen-Dämpfung? Ein Schraubenkopf unten am Federbein. Wo ist das Handrad geblieben?«Auch die Gepäckhaken unter der Sitzbank finden keine Gnade. »Billig, Q, und außerdem machen die ausgeklappten Dinger bald den Bezug der Sitzbank kaputt.« Q ist am Boden zerstört. Der Commander ist sichtlich not amused. »Aber die Sitzposition...« »...ist immerhin in Ordnung«, beendet der Commander Q's Satz. Indeed, die tiefe, breite Sitzbank-Kuhle, die niedrigen Rasten und den hohen, weit nach hinten gekröpften Lenker hat Q prima hinbekommen.

»Und der Platz für den Beifahrer?« »Ihre Begleiterinnen werden hochzufrieden sein«, errät Q den Sinn dieser Frage. »Sitzbank, Rasten, Haltegriffe: Wir haben getan, was möglich war. Ich garantiere Ihnen, die Damen werden begeistert sein.« »Aber an der Zuladung werden sie noch arbeiten müssen«, murmelt der Commander, in den Papieren blätternd. »155 Kilogramm sind auch für mich und meine schlanken Mädel etwas knapp bemessen, oder?« Der Motor dagegen kann sich hören lassen. Der Chokehebel sitzt am Lenker, und auf den ersten Knopfdruck schnurrt der dicke Vierzylinder vor sich hin: »Ja, das Kaltstartverhalten war uns wichtig. Verfolgungsjagden, und so.« »Aber Q. Die Kupplung.« »Ja, die geht stramm. Wir haben wegen des enormen Drehmoments die härteren Kupplungsfedern des Sportlers Daytona 1200 verwendet. Dafür haben Sie aber vierfach verstellbare Handhebel und einen Super-Druckpunkt. Denn die...« »...hydraulische Kupplung hat ummantelte Stahlflex-Leitungen, genau wie die Bremsanlage. Q, bitte: Ich sehe so was. Ich bin Profi.«

Spricht, klappt das Helmvisier herunter, wirft den ersten Gang ein und stiebt davon. »Zwei, drei, vier, fünf, sechs. Und?« Ein siebter Gang? Nein. Schade. Dieser Ochsenmotor hat noch für eine weitere Gangstufe Platz auf dem Drehzahlband. So aber springt die 296-Kilogramm-Fuhre im sechsten Gang schon bei der kleinsten Gasbewegung vorwärts. Der 1180 Kubik-Vierzylinder dreht bei 100 km/h zwar nur 3800 Touren. Dabei stehen allerdings bereits 60 PS zur Verfügung: » Ein paar hundert Touren weniger, mit dem sechsten Gang als Overdrive, hätten es auch getan«, denkt sich der Commander. Aber jetzt freut er sich am gewaltigen Abzug und winkelt das königsblau schimmernde Geschoß in der ersten Biegung ab, bis der schwarze Teil des Plastikbauches sanft auf dem Pflaster schleift. »Thank God, austauschbar«, freut sich der praktische Brite und drückt die willige Trophy noch ein bißchen tiefer.

Aber da folgen nur die Schleifstifte der klappbaren Fußrasten. Die starren Anbauteile sind schön eng im Verkleidungsbauch verstaut. Auch die Stahlflex-verfeinerten Nissin-Anker setzen sich gut in Szene. Das schwere Schiff bremst mit zwei Fingern auf den Punkt. Die Abstimmung der Federung ist geglückt - trotz des billigen Federbeins. Die japanische Bridgestone-Erstbereifung BT 54/BT 54 F in den Dimensionen 170/60 ZR 17 und 120/70 ZR 17 macht auf Britains Glory eine hervorragende Figur. Stabil im Geradeauslauf, handlich in Kurven, haftfähig auch bei Feuchtigkeit und von einer nur geringen Aufstellneigung beim Bremsen in Schräglage geprägt. Die Geschwindigkeit steigt, der Vierzylinder, durch zwei Ausgleichswellen nahezu vibrationsfrei, singt in höchsten Tönen. 110 PS sprechen ein Machtwort. Beschleunigung, Höchtgeschwindigkeit, Durchzug: Power and Glory satt.

Schade, daß die armen Jerrys drüben in Germany sich mit 98 PS werden begnügen müssen. Doch schräger als ein Dudelsack fahren schrille Windgeräusche durch seinen Helm. Andere Tourenmotorräder haben Schlitze in den Scheiben, die die Strömungsgeschwindigkeiten der Luft davor und dahinter angleichen und damit Turbulenzen reduzieren. Doch die leicht verzerrende Trophy-Scheibe gibt sich luftdicht wie ein U-Boot. »Der Trend geht ja jetzt zur Zweit-Scheibe«, beruhigt er sich. Q will der Trophy 1200 zusätzlich eine höhere Tourenscheibe mitgeben. Doch hat er sie gerade mal wieder verlegt, so daß der Commander sie nicht ausprobieren kann.

Der Zeiger der analogen Borduhr nähert sich der Tea-Time. Sanft schimmert die Nachmittagssonne in den Chromringen des Cockpits und spiegelt sich im Glas der fast unsichtbaren Kontroll-Leuchten. Auch die anderen Instrumente sind durch die Spiegelungen kaum zu erkennen, und die Benzinuhr - er stutzt: Rot, Reserve. Ein Griff zum Benzinhahn, und so erreicht die Triumph mit dem letzten Tropfen den Hof. »Q, das Ding säuft ja mehr als ein Schotte im Winter«, bemerkt der Commander, mehr geschüttelt als gerührt. »Ja. Das ist der Preis für ihr Temperament. Aber ich kann Ihnen nun die ganze Wahrheit sagen.« Wie bitte? »Well, Sie haben nach Geheimwaffen gefragt. Die Triumph Trophy 1200 hat keine Geheimwaffen - sie ist eine. Wir wollten nicht, daß sie nach dem Cabrio nun auch noch ein bayrisches Motorrad fahren müssen. Also haben wir uns etwas einfallen lassen. Auch wenn wir sie äußerlich stark verändert haben, ist die Triumph Trophy 1200 technisch immer noch weitgehend eine Daytona 1200. Ein schweres Sport-Motorrad, getarnt als Supertourer. Das Triumph-Baukasten-System, Sie verstehen? Außen Ford Scorpio, aber innen - Aston Martin.« »Ja«, nickt da der Commander, er versteht.

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