Es wird wohl noch zwei Jahre dauern, bis BMW seine neuen Mittelklasse-Modelle auf den Markt bringt. MOTORRAD-Leser erfahren schon heute, was sie aus München erwarten dürfen.
Es wird wohl noch zwei Jahre dauern, bis BMW seine neuen Mittelklasse-Modelle auf den Markt bringt. MOTORRAD-Leser erfahren schon heute, was sie aus München erwarten dürfen.
Der Expansionsdrang der Bayern kennt keine Grenzen mehr. Drei neue Boxer-Modelle erblickten innerhalb eines Jahres das Licht der Welt. Und mit der neuen K 1200 S, Pilotmotorrad einer ganzen Baureihe, betrat BMW sogar völliges Neuland. Nicht nur, dass es bislang kein stärkeres europäisches Serienmotorrad gab. Sie ist außerdem eine der technisch aufregendsten Maschinen der letzten
Jahre. Duo-Lever-Vorderradführung, fast liegender Motor, elektronisch einstellbares Fahrwerk, da wurde geklotzt. Und gleich eine brutale Naked-Version, die K 1200 R, nachgeschoben.
Nun tauchen auch noch die ersten
Bilder einer komplett neuen Baureihe auf: Zweizylinder-Modelle mittleren Hubraums.
Warum Mittelklasse-BMWs? Zwischen den bekannten und schon etwas angejahrten BMW F 650-Singles und den neuen Boxern mit 1200 cm3 klafft im
Modellprogramm eine riesige Lücke. Nicht
allein im Hubraum, sondern ebenso in der Leistung. Die Welt zwischen 50 und 100 PS wieder mit einem 850er-Boxer auf-
zufüllen macht wenig Sinn. Der wäre genauso teuer wie der Große. Deshalb muss
eine komplett neue Baureihe her. Außerdem: In der Mittelklasse werden von den japanischen Herstellern große Stückzahlen verkauft, europäische Marken haben diesbezüglich fast nichts im Angebot, höchstens noch Ducati mit der Monster.
Warum ein Reihen-Zweizylinder? Wichtig ist in diesem Segment, preislich konkurrenzfähig zu sein, ohne technisch rückständig zu wirken. Ein V-Motor, wie ihn beispielsweise die Suzuki SV 650 besitzt, ist viel aufwendiger in der Herstellung,
besteht aus viel mehr Komponenten und
wird folglich deutlich teurer als ein Reihenmotor. Drei- oder Vierzylinder wären für die angestrebte Leistungsklasse übertrieben und ebenfalls teurer. Weiterer wichtiger Vorteil: Das Triebwerk kann sehr kompakt gestaltet und so in vielen Fahrzeugen
eingesetzt werden. Und: BMW geht
traditionell einen eigenen Weg, moderne
Zweizylinder dieser Bauart und Größe gibt es derzeit nicht am Markt.
Wie ist der neue Motor aufgebaut? Im Grunde seines Kurbelgehäuses basiert der neue Twin auf der BMW F 650. Wie
bei dieser sitzt der Zahnriemenantrieb links und die Kupplung rechts. Die nur wenig nach vorne geneigte Zylinderbank trägt
einen Vierventil-Zylinderkopf, ähnlich dem der K 1200 S. Eine Zahnkette treibt die Einlass-Nockenwelle an, ein Zahnradsatz in der Mitte die Auslass-Nockenwelle. Wie bei der K-Baureihe werden die Ventile über Schlepphebel betätigt.
Ob die Kurbelwelle einen 180-Grad-Hubzapfenversatz à la Honda CBF 500 oder einen 90-Grad-Versatz à la Yamaha TRX aufweist, ist offen. Der 90-Grad-Versatz würde einen kernigeren Sound und eine bulligere Charakteristik ergeben, weil er einen 90-Grad-V-Motor simuliert. Die
Vibrationen werden in jedem Fall durch eine Ausgleichswelle gemildert.
Hubraum, Leistung, Drehzahl? Es wird mindestens zwei Hubraumvarianten geben. Eine kleinere mit 600 cm3 und etwa 70 PS. Die größere Variante holt aus
800 cm3 zirka 85 PS. Auffallend ist, wie niedrig die Nenndrehzahlen sind. Der 600er-Twin erreicht seine Spitzenleistung bei 8500/min, der 800er schon bei 8000/min. Beide Motoren werden vermutlich dieselben Kolben und Zylinderköpfe tragen können, da der Hubraum lediglich durch Verlängerung des Hubs variiert wird. Das kleine Triebwerk dürfte etwa 60 Millimeter Hub und 80 Millimeter Bohrung besitzen, das große mit rund 80 Millimeter Hub quadratisch ausgelegt sein.
Warum Zahnriemenantrieb? Der wartungsarme Zahnriemenantrieb hat sich
bei der F 650-Baureihe bestens bewährt. Er läuft sehr leise und erleichtert es so, die Geräuschlimits einzuhalten. Zudem mildert er Lastwechselschläge im Antriebsstrang hervorragend. Den Fahrer freut der geringe Wartungsaufwand, schmieren entfällt, gespannt werden muss selten.
Wie ist das Fahrwerk aufgebaut? Ein Brückenrahmen aus Leichtmetall verbin-
det die Vorderradführung mit der Einarm-Hinterradschwinge. Vorne kommt statt des teuren Telelever-Systems eine konventionelle Telegabel zum Einsatz. Solche Bauteile werden in Massen produziert und sind günstig im Einkauf. Der Brückenrahmen ist eine sehr steife, einfach zu fertigende und gut zu dem schmalen Reihenzweizylinder passende Konstruktion. Die Einarmschwinge sieht nicht nur gut aus, sondern lässt auch Platz für eine enge Auspuffführung. Der Tank befindet sich wie bei der F 650 CS schwerpunktgünstig unter der Sitzbank.
Gewicht, Fahrleistungen? Beide Versionen werden unter 200 Kilogramm vollgetankt wiegen und damit eine sportliche Dynamik entfalten. Die 600er rennt etwa 185 km/h, die Große 200 km/h.
Welche Bauarten wird BMW bringen? Zurzeit sind zwei Varianten in der Fahrerprobung. Eine vollverkleidete Version und eine mit Halbverkleidung. Natürlich kann man sich wieder einen ganzen Baukas-
ten mit diesen Komponenten ausdenken. Ein hübsches Naked Bike beispielsweise könnte im Preis nochmals günstiger ausfallen. Aber auch eine schlanke Supermoto ist mit dem Twin denkbar.
Wo wird die neue BMW gebaut? Mit der neuen T-Reihe greift BMW wieder auf die verlässlichen Partner der ersten F 650-Generation zurück. Den Motor lassen die Münchner bei Rotax im österreichischen Gunskirchen fertigen. Montiert wird die Maschine in Noale bei Aprilia.