Sie ist edel und teuer wie jede Bimota, aber bereift mit Grobstöllern. Die DBx, die erste Enduro der Italiener, besticht durch niedriges Gewicht, luftige Optik und feine Details.
Sie ist edel und teuer wie jede Bimota, aber bereift mit Grobstöllern. Die DBx, die erste Enduro der Italiener, besticht durch niedriges Gewicht, luftige Optik und feine Details.
Das ist mal eine echte Premiere: Bei der Bimota DBx mit der Rahmennummer 0003 handelt es sich um das allererste Modell der neuen Kleinserie von Bimota, fertig geworden erst kurz bevor MOTORRAD am Firmensitz in Rimini eintrifft. Noch ist nicht alles serienmäßig. „Die Bremsleitungen kriegen noch eine Edelstahlummantelung, der Seitenständer wird leicht nach hinten versetzt, und hinter das Federbein kommt noch ein kurzer Kotflügel“, erzählt Entwickler Massimo Gustato, der zurzeit nicht nur dieses Baby aus der Taufe hebt, sondern dieser Tage auch noch zum ersten Mal Vater wird. Hektik allerorten also für den gebürtigen Neapolitaner. Zum Stressabbau kommt da eine kleine Testfahrt gerade recht.
Ausgesprochen zierlich wirkt die Bimota DBx, entpuppt sich beim Aufsteigen aber als echte Enduro mit knackigen 895 Millimetern Sitzhöhe. Im dichten Verkehr der Altstadt von Rimini ist sie daher nur teilweise in ihrem Element: Zwar wieselt sie flink an den elend langen Autokolonnen vorbei, doch an den unzähligen roten Ampeln hangelt jeder Fahrer unter 1,90 Meter erst mal nach festem Stand.
Endlich ist die Stadtgrenze erreicht, schmale Asphaltbänder winden sich über die sanften Hügel zum schroffen Felskamm der nahen Republik San Marino hinauf. Flugs macht sich die Bimota DBx daran, ihre Stärken auszuspielen. Ein fettes Pfund ist der luftgekühlte Zweiventilmotor aus Ducati-Produktion. Auf 95 PS bringt es der Zweizylinder, dem Bimota mit einer selbst abgestimmten Einspritzung vom Zulieferer Athena besonders viel Drehfreude angedeihen lässt. Aus dem tiefsten Drehzahlkeller heraus liefert er ohne Unterlass oder Aussetzer jede Menge Druck, bis bei 8000/min der Begrenzer eingreift. Jederzeit hängt er gierig und spontan am Gas und verwöhnt zudem dank der Arrow-Auspuffanlage die Ohren mit tief grollendem, kernigem Sound. Lufgekühlt, gut abgestimmt und mit feinen thermischen Komponenten bestückt, rumpelt der Desmo-V2 eben besonders schön.
Zum agilen Motor passt das Fahrverhalten. Die ergonomische, aufrechte Sitzhaltung mit konifiziertem Enduro-Lenker sorgt für viel Gefühl fürs Vorderrad, die fahrfertig 175 Kilogramm leichte Bimota DBx lässt sich spielerisch durch die Berge hinter Rimini bugsieren. Von schnellen Wechselkurven bis zur Spitzkehre - die DBx zahnt die Hügel hinauf und hinunter wie in einer nicht enden wollenden Achterbahn.
Das feine Öhlins-Fahrwerk bügelt mit seinen langen Federwegen die vielen Unebenheiten und teils tiefen Schlaglöcher der italienischen Landstraße weitgehend aus, und die doppelten Wave-Bremsscheiben vorn verzögern in Kombination mit Brembo-Zangen linear, aber nicht zu brüsk. Nur die Conti TKC 80-Reifen sorgen in schnelleren Kurven für ein gelegentlich kippelig wirkendes Fahrverhalten, doch das ist Gewöhnungssache. Alternativ wird die Bimota DBx auch mit asphaltfreundlicheren Reifen wie dem Conti Trail Attack 2 ausgeliefert. Zugegebenermaßen sieht die federleicht wirkende Enduro mit den dicken Stollenreifen aber besonders spektakulär aus, und fürs Gelände sind sie ohnehin die bessere Wahl.
Doch das bleibt auf der heutigen Testfahrt verwehrt, denn Ingenieur Gustato fürchtet um das Einzelstück. Gestattet ist nur ein Abstecher auf einen überwucherten Feldweg, der allerdings vor einem Abgrund endet - Kommando zurück also. Erstaunlich einfach lässt sich die Bimota DBx auf dem schmalen Holperpfad wenden - und bestätigt damit immerhin schon mal, dass sie eine wichtige Voraussetzung fürs Vergnügen abseits befestigter Straße mitbringt.
Die Bimota DBx, so ungewöhnlich sie für eine Bimota auch ist, scheint den Technikern der kleinen Motorradschmiede also rundum gelungen zu sein. Bleibt die Frage nach dem Preis von 23.900 Euro - muss der denn tatsächlich so hoch sein, zumal bei einem Motorrad ohne ABS und moderne Elektronik? „Sie bringt ab Werk bereits all die feinen Komponenten mit, die sich die Leute sonst erst mühsam und für viel Geld zusammensuchen müssen“, meint Ingenieur Massimo Gustato. Und Verkaufsleiter Ralph Franzen ergänzt: „Wir machen alles in Handarbeit, sämtliche Aluteile sind aus dem Vollen gefräst, alle Verkleidungsteile bestehen aus Karbon. Das ist sehr exklusiv, kostet aber auch.“
Italien-Korrespondentin Eva Breutel im Gespräch mit Bimota-Ingenieur Massimo Gustato, der die Bimota DBx entwickelte:
? Wie ist Bimota überhaupt auf die Idee gekommen, eine Enduro zu bauen?
! Ein wenig liegt das an mir, ich bin leidenschaftlicher Geländefahrer. Ich habe die Idee vor einiger Zeit mal in den Raum gestellt, und wir haben auf der Mailänder Messe 2011 mit zwei kleinen Einzylinder-Enduros als Prototypen getestet, ob unsere Kunden sich ein Offroad-Motorrad von Bimota überhaupt vorstellen könnten. Da das Echo positiv war, habe ich dann kurze Zeit später grünes Licht bekommen.
? Aber Bimota hat dann doch keine 300er-Enduro mit Gas-Gas-Motor gebaut, wie sie auf der Messe zu sehen war.
! (Lacht.) Nein, sondern eine echte Enduro mit dem Zweiventilmotor von Ducati. Basis ist unsere Supermoto DB10, die letztes Jahr auf den Markt kam. Motor, Verkleidungsteile und die gesamte Auspuffanlage sind gleich. Alles andere ist neu, vom Rahmen mit geänderter Geometrie, den ein Zulieferer nach unseren Vorgaben fertigt, über den Tank bis hin zu den Reifen, den Fußrasten oder der Bremsanlage.
? Während alle anderen Hersteller immer mächtigere Enduros bauen, setzt Bimota auf ein relativ zierliches, leichtes Modell. Steckt da System dahinter?
! Ja, als kleine Firma wollen wir ganz bewusst einen Gegenentwurf zum derzeitigen Trend liefern. Ich finde, dass viele PS und viel Elektronik, wie sie die meisten aktuellen Reiseenduros mitbringen, so ein Motorrad unnötig kompliziert machen. Damit geht die eigentliche Charakteristik eines On-/Offroad-Motorrads in gewisser Weise verloren. Für mich muss eine Enduro ganz einfach strukturiert sein: Motor, zwei Räder, Bremsen und damit Schluss.
? Die Struktur mag einfach sein, aber mit ihren teuren Komponenten kostet die Bimota DBx knapp 24.000 Euro. Glauben Sie, dass sich überhaupt jemand damit ins Gelände traut?
! Aber sicher! Sie ist ja keine Wettbewerbsmaschine, die man andauernd wegschmeißt. Mit der HP2 von BMW sind die Leute schließlich auch ins Gelände gefahren, und die war ebenfalls nicht billig.
Motor
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, Kurbelwelle querliegend, je eine obenliegende, zahnriemengetriebene Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder, desmodromisch betätigt, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 45 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 520 W, Batterie 12 V/10 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Trockenkupplung, Sechsgang-ge-triebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 98,0 x 71,5 mm
Hubraum 1079 cm³
Verdichtungsverhältnis 11,3:1
Nennleistung
69,9 kW (95 PS) bei 7700/min
Max. Drehmoment
100 Nm bei 6200/min
Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl/Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Stahl/Aluminium, Zentralfederbein, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Doppelkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 255 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel.
Speichenräder mit Alu-Felgen 1.85 x 21; 4.25 x 18
Reifen 90/90 21; 150/70 18
Maße + Gewichte
Radstand 1560 mm, Lenkkopfwinkel 63,0 Grad, Nachlauf 121 mm, Federweg v/h 210/200 mm, Gewicht fahrfertig 175 kg, Sitzhöhe 895 mm, Tankinhalt 14,0 Liter.
Garantie zwei Jahre
Farben Rot/Grau
Preis 23900 Euro