BMW R 12 G/S und Moto Guzzi V85 TT im Test: Retro-Adventure Bikes im Fahrdynamik-Vergleich

BMW R 12 G/S und Moto Guzzi V85 TT im Test
Retro-Adventure Bikes im Fahrdynamik-Vergleich

Veröffentlicht am 27.07.2025

Entgegen aller anderen Bikes, die wir für MOTORRAD 17/2025 im Vergleich zur neuen BMW R 12 G/S getestet haben (Ducati DesertX, Honda Africa Twin 1100L, Triumph Scrambler 1200 XE) rollt die Moto Guzzi V85 TT vorn auf 19-Zoll-Rädern. Und das, obwohl das Kürzel "TT" für "Tutto Terreno", also "jedes Terrain", steht – ein Versprechen, das Mandello eher in Richtung befestigter Straßen und gemäßigter Unwegsamkeit interpretiert.

Moto Guzzi V85 TT mit V-Twin und Kardan

Prägend für die Moto Guzzi V85 TT: klassische Guzzi-Attribute. Etwa der quer eingebaute, luft-/ölgekühlte 90-Grad-V-Twin mit 853 Kubik, gekoppelt an den obligatorischen Kardanantrieb. Abgesehen von Hubraum und Zylinderlayout scheint man sich in München und Mandello relativ einig.

Trotzdem trennt die beiden Charmebolzen vor allem ihr Anspruch an die Fahrdynamik – angefangen beim Leistungsgewicht: Drei Kilo pro PS schleppt die Moto Guzzi V85 TT mit sich herum, bei der BMW R 12 G/S sind es weniger als zweieinviertel.

Für zügiges Vorankommen reicht’s locker

Dennoch: Langeweile kommt auch auf der Moto Guzzi V85 TT nicht auf. Auch, weil das seit der letzten Modellpflege mit variabler Ventilsteuerung bedachte Triebwerk untenrum nun spritziger agiert. Für zügiges Vorankommen reicht’s locker – nur im direkten Vergleich fehlt’s motorisch etwas.

Dem Unterhaltungsfaktor auf kurvigen Vogesen-Pisten tut das kaum Abbruch. Denn die leichtfüßige, handliche Moto Guzzi V85 TT glänzt im Winkelwerk mit ausgeprägter Agilität, fährt ausgewogen und gutmütig. Den Spagat zwischen Fahrwerkskomfort und praktikablem Gegenhalt beherrscht sie exzellent, fix baut sich Urvertrauen in die ab Werk aufgezogenen Michelin Anakee Adventure auf. So geraten die Extra-Kilos rasch in Vergessenheit.

BMW R 12 G/S auf Stollen kann mithalten

Kann die BMW R 12 G/S trotz Gelände-Trimm mithalten? Aber hallo. Trotz schottergieriger Stollen klappt die BMW fast wie von selbst in tiefe Schräglagen, wechselt leichtfüßig tänzelnd die Richtung. Beeindruckend, was da geht. Während die Guzzi schon lange die Rasten schleifen lässt, ist auf der BMW R 12 G/S noch lange nicht Feierabend. Nachteile durch die 21- und 18-Zoll-Räder lassen sich jedenfalls kaum feststellen – allenfalls bei der Fahrstabilität. In dieser Hinsicht vermittelt die Moto Guzzi V85 TT mehr Vertrauen.

Stichwort Vertrauen: Genau wie die BMW R 12 G/S verfügt auch die ganze 7900 Euro günstigere V85 dank IMU über schräglagenabhängiges ABS und Traktionskontrolle. Dazu kommen Gepäckbrücke, optionaler Hauptständer, echter Windschutz und mehr Sitzkomfort – Retro bedeutet in Mandello auch Alltag. Während die BMW R 12 G/S einfach nur spielen will.