- L-Twin vs. R-Twin
- Chassis und Fahrwerk
- Kampf um jedes Kilo
- Premium-Pisten-Prügler
- Fazit
Moderne Reiseenduros sehen genau so aus. Modern und nach Reise. Wer sich stilistisch gerne in eine retrograde Aura hüllt, wurde bisher offroad nur mit wirklich altem Zeug glücklich. Große Freude: Husqvarna stellt mit der Norden 901 klassischen Chic auf die Stollenräder und die neue Ducati DesertX interpretiert die – in Teilen – eigene Vergangenheit der Cagiva Elefant nicht minder eindrucksvoll. Zudem setzen die Protagonisten aus Schweden und Italien auf ein 21 Zoll großes Vorderrad, was sie für einen Zahlenvergleich auf dem Papier prädestiniert. Und wie gewohnt: Start your engines.
L-Twin vs. R-Twin
Husqvarna liest es zwar nicht gern: Technische Basis der Norden 901 ist die 890 Adventure von KTM. Mit seinem 75-Grad-Hubzapfenversatz holt der Reihen-Twin aus 889 Kubik 105 PS bei 8.000 Touren und 100 Nm bei 6.500/min. Das moderne Layout des Motors wird von einer kurzhubigen Auslegung mit 90,7 Millimeter Bohrung und 68,8 Millimetern Hub sowie einer Verdichtung von 13,5:1 dick unterstrichen. Exakt 48 Kubik mehr schenkt Ducati der DesertX in die beiden Zylinder ein: 937 Kubik resultieren aus 94 Millimeter Bohrung und 67,5 Millimeter Hub. Das Gemisch wird mit 13,3:1 verdichtet und wuchtet gezündet 110 PS bei 9.250/min und 92 Nm bei 6.500 Touren auf die Welle. Die höhere Spitzenleistung der Ducati und die höhere Kraft der Husqvarna stehen sich ebenbürtig gegenüber. Die unterschiedlichen Drehzahlniveaus könnten in der Praxis den Ausschlag geben. Ein klarer Unterschied zwischen den Motoren ergibt sich aus dem Verbrauchsniveau: Die Norden soll mit 4,5 Liter auf 100 Kilometer auskommen, die DesertX ist wird 5,6 Liter angegeben. Ergibt mit 19 Litern Sprit im Tank eine theoretische Reichweite von 422 Kilometer für die Husky, 375 Kilometer soll die Ducati mit ihrem 21-Liter-Bunker kommen.
Fazit Motor:
Hier mehr PS, da mehr Nm bei völlig unterschiedlichen Drehzahlen und Motorkonzepten ergeben kein klares Bild, welcher Motor besser antreibt. Deutlicher zeichnen die Verbräuche das Bild einer Reiseenduro mit großen Offroad-Ambitionen. Hier geht der Zuschlag klar an die Husqvarna Norden 901. 0:1 Norden.
Chassis und Fahrwerk
Gleichstand bei der grundlegenden Chassis-Konstruktion. DesertX und Norden 901 tragen den Motor mittragend in einem Rohrrahmen aus Stahl. Husqvarna konkretisiert das Material als Chrom-Molybdän, ein speziell legierter Stahl. Wie bereits erwähnt tragen beide ein Vorderrad mit der Dimension 90/90-21, hinten dreht sich je ein Rad mit einem Reifen in 150/70-18. Interessant: beide vertrauen auf einen Pirelli Scorpion Rally STR-Reifen, ob der jeweils in einer Herstellerspezifikation montiert wird, ist nicht bekannt. Das Vorderrad der Norden führt eine volleinstellbare WP Apex-Gabel mit 43 Millimetern Standrohrdurchmesser und 220 Millimeter Federweg. Die Aluschwinge stützt sich am Rahmen über ein WP-Apex-Federbein mit Umlenkung und 215 Millimetern Arbeitsweg ab. Einstellbar in Vorspannung und Zugstufe. Hier legt die Ducati jeweils etwas drauf: 230 Millimeter Federweg bietet die volleinstellbare USD-Gabel von Kayaba mit 46-Millimeter-Standrohren. Ebenfalls voll einstellbar ist das direkt angelenkte Kayaba-Bein in der Aluschwinge mit 220 Millimeter Federweg.
Reichlich Bremskraft versprechen beide Maschinen: Mit je zwei 320-Millimeter-Scheiben vorn und radial angeschlagenen Vier-Kolbensätteln vorn verzögern DesertX und Norden 901. Husqvarna verbaut Hardware von JJuan, Ducati vertraut Brembo. Hinten unterscheiden sich die Größen der Bremsscheiben um fünf Millimeter: 260 bei der Norden, 265 bei der DesertX, jeweils von einem Doppel-Kolbensattel in die Zange genommen. Große Unterschiede in der Geometrie. Mit einem Radstand von 1.513 Millimetern, einem Nachlauf von 106,9 Millimetern und einem Lenkkopfwinkel von 64,2 Grad ist die Norden auf dem Papier agiler ausgelegt. Die Ducati DesertX legt den Fokus mit 1.608 Millimeter Radstand, 122 Millimeter Nachlauf und einem flacheren Lenkkopfwinkel von 62,4 Grad auf Fahrstabilität.
Fazit Fahrwerk:
Das Kapitel gibt Papier-Punkte für beide. Die neue DesertX bietet etwas mehr Federweg, mehr Einstellmöglichkeiten und prestigereichere Bremsen. Die Norden 901 wedelt der Ducati auf dem Papier mit ihrer agileren Geometrie um die Ohren. Punktestand: 1:2 für die Norden.
Kampf um jedes Kilo
Da Husqvarna das fahrfertige Gewicht der Norden 901 nicht listet, müssen wir uns an die Trockengewichte halten. Ohne Betriebsstoffe (trocken) wiegt die Ducati DesertX 202 Kilo. Die Norden 204 Kilogramm. Leider fehlt beiden Modellen aktuell die wichtige Angaben der möglichen Zuladung. So oder So: Punkt für die Ducati, sie verkürzt auf 2:2.
Premium-Pisten-Prügler
Mit Blick auf die Preisschilder der Husqvarna Norden 901 (14.649 Euro) und der Ducati Desert X (15.990 Euro) ist klar: Das sind Premium-Kräder. In Sachen Leistung und Fahrwerk, werden sie dem gerecht. Zeit für einen Vergleich der Serienausstattung. Gleichstand in Sachen LED-Beleuchtung mit Tagfahrlicht, 5-Zoll-TFT-Display (hochkant bei der Duc), Bluetooth für das Handy, Pfeil-Navi, schräglagen-sensible Systeme mit einstellbarer Defensive und ein Quickshifter mit Blipper. Unterschiede liegen in den Tiefen der Programmierung. Die Norden bietet drei unterschiedliche Fahrmodi, die Mapping, Traktionskontrolle und ABS unterschiedlich zueinander einstellen. Die DesertX legt noch drei weitere Fahrmodi drauf, zwei davon speziell für den Einsatz abseits der Straße.
Fazit Ausstattung:
Für 1.300 Euro mehr bietet die Ducati DesertX etwas mehr Ausstattung. Die zeigt sich allerdings nicht als Hardware-Upgrade, sondern nur in einem üppigeren Software-Paket. Unter dem Strich halten Norden 901 und DesertX was die Preisschilder vorhersagen: Für einen stattlichen Preis, bekommt man stattliche Motorräder. Beiden können punkten und lassen das Papierergebnis auf 2:3 für die Norden enden.
Fazit
Wer eine moderne Reiseenduro mit leichter Retro-Optik sucht und nicht dem Leistungswahn der großen Motoren verfallen ist, dürfte rein von den Papierwerten her mit Norden 901 und DesertX gleichermaßen glücklich werden können. Der Aufpreis der Duc rechnet sich nur, wenn man den größeren Motor sucht oder "echten" Zweizylinder-Charme, jedoch: Bis beide Modelle wirklich für die große Reise taugen, muss noch einiges an Geld investiert werden.