Das Problem ist bekannt. Das Durchschnittsalter der Motorradfahrer steigt immer weiter, da nur wenige junge Fahrer nachrücken. Woran das liegt? Mit Sicherheit nicht an mangelndem Interesse, wie die von MOTORRAD initiierte Aktion Ride Now! eindrucksvoll bewiesen hat. Kosten-
los unter Anleitung von Instruktoren erste Proberunden mit dem Motorrad zu drehen, darauf brannten bei der zweiten
Auflage der Aktion mehr als 3500 Interessenten. Die glück-
lichen Teilnehmer, die wegen des starken Andrangs
ausgelost werden mussten, stiegen fast ausnahmslos mit einem euphorischen Grinsen nach den ersten selbst gefahrenen Metern vom Motorrad und waren sich
sicher, dass sie unbedingt eine Lizenz zum Motorradfahren haben wollten.
Es liegt also an der Industrie und ihren Produkten sowie den Fahrschulverbänden, das vorhandene Interesse zu fördern und den Youngstern den Einstig in die 125er-Klasse mit einer attraktiven Modellpalette und unkomplizierten Führerscheinregelungen so schmackhaft wie möglich zu machen.
Für eine deutliche Marktbelebung sorgte dieses Jahr Honda mit der CBR 125 R. Mit 4230 Neuzulassungen bis einschließlich August liegt die kleine CBR auf Rang drei der Zulassungsstatistik für Motorräder und Leichtkrafträder; allein ihr ist zu verdanken, dass der Abwärtstrend der letzten Jahre bei den 125er-Verkäufen gestoppt wurde. Die in Taiwan gebaute Honda bietet einen spritzigen Viertaktmotor, dessen Abgase von einem U-Kat gereinigt werden, eine sportliche Optik, die an die große Schwester CBR 600 RR erinnert, und das alles zu einem annehmbaren Preis von 2740 Euro. Für 2005 bleibt das Erfolgsmodell technisch unverändert, präsentiert sich aber in den Farben der MotoGP-Renner noch eine Spur aggressiver. Als nächsten Coup plant Honda, die legendäre Dax mit 125 cm3 wiederzubeleben.
Dass mit attraktiven 125ern nicht nur neue Motorradfahrer angelockt werden, sondern mit Stückzahlen, wie sie die CBR 125 vorzuweisen hat, ebenso Geld zu verdienen ist, haben mittlerweile auch einige andere Hersteller entdeckt. Sie wollen sich 2005 mit einer Vielzahl von neuen Modellen ebenfalls ein großes Stück von diesem Kuchen abschneiden.
Allen voran Yamaha. Vier neue Modelle präsentierte der zweitgrößte Motorradhersteller der Welt auf der Intermot. Das meiste Aufsehen erregte die DT 125 X. Spezielle Verkleidungsteile verleihen der X-Version das typische Supermoto-Outfit. Aber auch technisch hat sich die von der Enduro
abstammende X an Supermoto-Erfordernisse angepasst. So arbeitet vorne eine
dicke 41er-Gabel, und die schwarzen Aluminiumfelgen tragen Straßenbereifung, die von einer für diese Klasse mächtigen Einscheibenbremse verzögert wird. Der spritzige Zweitakter soll für entsprechendes Fahrvergnügen sorgen. Leider haben diese Bemühungen ihren Preis. Stolze 4295 Euro sind nicht nur für einen 16-jährigen Führerscheinneuling ein gehöriger Posten.
Dass Yamaha auch anders kann, zeigt die YBR 125. Mit 2150 Euro zählt sie zu den preisgünstigsten Möglichkeiten, eine neue 125er zu fahren. Das Styling wirkt zwar im Vergleich zu teureren Konkurrenten sehr bieder, doch die Technik mit dem zwölf PS starken Viertakter, zwei Feder-
beinen und einer am Einschleifen-Rohr-
rahmen abgestützten Schwinge darf als bewährt und robust bezeichnet werden.
Mehr auf die junge Kundschaft, denen eine geile Optik wichtig ist, zielen Derbi und Sachs mit ihren neuen Modellen. Der spanische Hersteller Derbi hat mit der
GPR 125 Racing und deren unverkleideten Schwester 125 Nude zwei Racer im Programm, die technisch direkt von der Rennstrecke abstammen. Eine 40er-Upside-down-Gabel, Schwinge mit versteifenden Oberzügen und radial verschraubte Bremssättel bringen reinste Renntechnik in die Achtelliter-Klasse. Betörend dazu das
Design der Nude-Variante, die mit einer Mischung aus Benelli TnT und Triumph Speed Triple auf die immer größer wer-
dende Fangemeinde der Naked Bikes und Streetfighter zählt.
Vielfältigkeit ist die neue Stärke bei den 125ern. Dazu leistet Sachs mit der Mad Ass 125 einen entscheidenden Beitrag. Als Mischung aus Mofa und Naked Bike dürfte sie eine ganz neue Spezies begründen. Im Prinzip ist die 125er-Mad-Ass eine erwachsen gewordene 50er. Mit dem Hubraum wuchsen auch Rahmen, Bremsen, Felgen- sowie die Reifendimensionen.
Erfreulich niedrig blieb dagegen das Gewicht mit 85 Kilogramm. Das erleichert es dem in Honda-Lizenz gefertigten Triebwerk mit liegendem Zylinder, das Bike durch die nur vier Getriebestufen auf bis
zu 95 km/h zu beschleunigen. Optisches Highlight ist die – wie bei den modernen großen Supersportlern inzwischen üblich – unter der Sitzbank verlegte Auspuffanlage. Trotz umfangreicher Ausstattung wie Kick- und E-Starter kostet die Mad Ass mit 2199 Euro nur wenig mehr als ihre 50er-Schwester.
Ein ganz anderes Kaliber ist die Sachs X-Road, die mit einem Preis von 4199 Euro in höchste Regionen vorstößt. Gerecht-
fertigt werden die hohen Einstandskosten durch extravagante Technik wie den Gitterrohrrahmen und durch Reifendimensionen – 120/70-17 vorn und 160/60-17 hinten –, die vor ein paar Jahren noch einer 600er gut zu Gesicht standen. Der Reiz der
X-Road liegt wiederum in ihrer Auslegung,
einer interessanten Mischung aus Supermoto und Naked Bike mit einer Brise italienischen Charmes.
Auf die harte Tour versucht es Gas
Gas mit der Endupamp 125. Als Freizeit-Enduro oder besser als Zwitter zwischen Crosser und Trialmotorrad bietet die Gas Gas das Fahrwerk der 400er, kombiniert mit einem luft/ölgekühlten 125er-Vierventil-Viertakter, der immerhin 15 PS leistet.
Für Auswahl ist also gesorgt, was aber nicht heißen soll, dass sich die anderen Hersteller ausruhen dürfen. Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft und somit auch die 125er-Klasse. Ein positives Zeichen setzte bereits MZ mit der Ankündigung, das 125er-Programm im nächsten Jahr grundlegend zu überholen. Wenn nun noch die anderen großen Hersteller wie Suzuki und Kawasaki, etwa mit einer GSX-R 125 oder ZX 125 R, nachziehen, dürfte der Aufwind, in dem sich die 125er-Klasse momentan befindet, noch lange anhalten.
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Intermot-Nachlese: neue 125er
Einsteiger im Aufwind
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Was gibts noch?
Das Angebot wächst. Nicht nur an witzigen und technisch hochwertigen 125ern, sondern ebenso an preisgünstigen Alternativen. So bieten Jawa und Zongshen Modelle für weit unter 3000 Euro an. Yamaha liegt mit den beiden XT-Modellen minimal unter, respektive knapp über dieser Grenze.
Dazwischen liegt das Naked Bike vom spanischen Hersteller Rieju.