- Neue Stelvio erstmals ungetarnt
- Erlkönig Moto Guzzi V 100 Stelvio
- Erste Moto Guzzi mit Abstandsradar
- V 100 Mandello als Basis für die neue Stelvio
- Die Räder der neuen Stelvio auf der EICMA
- V 100 Stelvio wahrscheinlich mit 115 PS
- Moto Guzzi V120 Stelvio
- Reiseenduro mit moderner Ausstattung
- Zeit für eine neue "Guzzi-GS"
- Erst Quota, dann Stelvio
- Fazit
Beinahe wäre es in der Neuheiten-Flut von der EICMA 2022 untergegangen, dabei ist das eines der Top-Themen für 2023. Denn es betrifft die populäre Kategorie der großen Reiseenduros: Moto Guzzi hat eine neue Stelvio, also eine neue "Guzzi-GS" angekündigt, die schon bald kommen soll. Und im April 2023 wurde die neue Stelvio erstmals in Italien als Erlkönig fotografiert. Weitere Erlkönigfotos folgten im Juni – und im Juli das erste Video. Im September erschienen die ersten "Leak"-Fotos, erstmals ohne Tarnung.
Neue Stelvio erstmals ungetarnt
Das italienische Rocket Garage Magazine veröffentlichte Mitte September 2023 auf Facebook ein "Leak"-Foto von der neuen Moto Guzzi V 100 Stelvio – erstmals ohne Erlkönig-Tarnung. Es zeigt zwei offenbar serienreife Stelvios, fotografiert in einer Werkhalle, vermutlich bei Moto Guzzi in Mandello del Lario oder bei Piaggio in Noale.
An der mehrfarbigen Lackierung in Silbergrau, Goldgelb und Schwarz ist zu erkennen, dass es sich hierbei um die finale Version der V 100 Stelvio handelt. Lediglich die Sitzbank und die Rückspiegel fehlten noch. Kurz darauf folgte ein weiteres "Leak"-Foto in der Facebook-Gruppe Guzzisti, auf dem die V 100 Stelvio von der linken Seite zu sehen ist – komplett mit Sitzbank.
Erlkönig Moto Guzzi V 100 Stelvio
Anscheinend Ende April 2023 waren 2 Vorserienexemplare der Moto Guzzi V 100 Stelvio auf Testfahrt unterwegs. Bei Noale nördlich von Venedig, in der Nähe der Aprilia-Zentrale, wo inzwischen die neuen Modelle für Moto Guzzi entwickelt werden. In einem Gewerbegebiet wurden sie aus einem Pkw heraus fotografiert. Rasch verbreiteten sich diese Schnappschüsse in diversen Moto Guzzi-Foren sowie in den entsprechenden Social-Media-Kanälen. Möglich, dass es sich hierbei um sogenanntes Guerilla-Marketing, also um absichtlich lancierte "Erlkönig"-Fotos handelt.
Erste Moto Guzzi mit Abstandsradar
Zwischen dem von der V 100 Mandello bekannten LED-Scheinwerfer und dem einstellbaren, etwas höheren Windschild war am Erlkönig ein Sensor für Abstandradar zu sehen – erstmals bei einer Moto Guzzi. Zudem an einem Testfahrzeug montiert waren 2 Frontkameras seitlich neben dem Windschild – ob nur zu Testzwecken oder in Verbindung mit künftiger elektronischer Ausstattung, ist unklar. Weitere erkennbare Details: breiter Lenker mit Handprotektoren, Motorprotektor anscheinend aus Aluminium, Gepäckträger am Heck kombiniert mit Kofferhaltern. Längere Federwege mit entsprechend angehobener Sitzhöhe sind bei der Enduro-Variante erwartbar.
V 100 Mandello als Basis für die neue Stelvio
Die 2022 eingeführte Moto Guzzi V 100 Mandello, erstmals mit wassergekühltem V-Twin, sieht leicht höhergelegt ansatzweise wie eine Reiseenduro aus. Doch eine richtige Enduro, also eine "Guzzi-GS", ist sie mit ihren 17-Zoll-Straßenrädern nicht. Also war ohnehin schon zu erwarten, dass eine entsprechende Modellvariante folgen wird. Die Ankündigung einer neuen Stelvio war eigentlich keine Überraschung, sondern erscheint konsequent.
Die Räder der neuen Stelvio auf der EICMA
Am Messestand von Moto Guzzi auf der EICMA 2022 wurden die Räder der neuen Stelvio vor Bergkulisse – Serpentinenstraßen und Gelände – gezeigt. Nur die Räder. Dabei handelte es sich um schlauchlose Kreuzspeichenräder mit Drahtspeichen und Aluminiumfelgen. Das Vorderrad bereift im Format 120/70 R 19, das Hinterrad im Format 170/60 R 17. Reifentyp: Metzeler Tourance Next 2, ein asphaltorientierter Sport-Touring-Reifen mit nur leicht angedeutetem Offroad-Profil. Alles ziemlich genau gleich wie bei der noch aktuellen BMW R 1250 GS also – wobei die wahlweise mit Aluminiumguss-Rädern in den gleichen Dimensionen ausgeliefert wird.
V 100 Stelvio wahrscheinlich mit 115 PS
Die Leistungsdaten der großen Enduro á la R 1300 GS, Multistrada V4 oder KTM 1290 Super Adventure wird die V 100 Stelvio nicht annähernd erreichen. Höchstwahrscheinlich wird die neue Stelvio den Antrieb unverändert von der V 100 Mandello übernehmen. Mit 1.042 Kubik und maximal 115 PS sowie 105 Nm. Mit diesen Eckdaten würde sie auf andere aktuelle Reiseenduros zielen, etwa auf die Africa Twin 1100 von Honda, die V-Strom 1050 von Suzuki oder die Multistrada V2 von Ducati.
Moto Guzzi V120 Stelvio
Um in der Liga der großen Reiseenduros zu spielen, bräuchte die Stelvio deutlich mehr Hubraum. Allerdings ist das rein von den Zahlen nicht trivial. Aktuell werden auf 96 Millimeter Bohrung und 72 Millimetern Hub laut Moto Guzzi 1.042 Kubik. Um auf 1.170 Kubik zu kommen, müsste die Bohrung auf 99 Millimeter wachsen und die Kurbelwelle 4 Millimeter mehr Hub stellen. Und mit 76 Millimetern Hub bei gleichem Drehzahlniveau von um die 9.000 Touren, erreichte die mittlere Kolbengeschwindigkeit bereits 22,8 m/s, also vergleichsweise hoch. Und ob so trotz bereits 12,8:1 hoher Verdichtung die Leistung tatsächlich die 140 PS-Marke, was das Minimum wäre, erreicht ist fraglich.
Reiseenduro mit moderner Ausstattung
Noch unklar ist, wie viel Offroad-Potenzial die neue Stelvio mitbringen wird. Ihre Räder signalisieren: Medium, also zwischen Pseudo und Hard. Dazu würde ein Gewicht um 230 Kilogramm, vollgetankt, passen. Nicht wesentlich schwerer als die V 100 Mandello sollte die V 100 Stelvio also werden. Bezüglich Ausstattung wird Moto Guzzi jedenfalls nichts anbrennen lassen. Die V 100 Mandello hat, je nach Ausführung, das volle Elektronik-Programm an Bord. Bei der Stelvio wird offenbar Abstandradar hinzukommen.
Zeit für eine neue "Guzzi-GS"
Das für Moto Guzzi typische Antriebskonzept ist dem für BMW typischen am ähnlichsten. In München wurde es gleich von Anfang an so gebaut, also ab 1923, in Mandello del Lario erst ab den 1960er-Jahren. Der wesentliche Unterschied ist die Spreizung der jeweils zwei Zylinder: Beim BMW-Boxer sind es 180 Grad, beim Moto Guzzi-V-Twin sind es 90 Grad. Bei der Bayerischen liegen die Zylinder im Fahrtwind, bei der Italienischen stehen sie schräg nach oben. In Fahrtrichtung liegende Kurbelwelle mitsamt anschließendem Kardan-Endantrieb sind prinzipiell gleich. Und Kardan ist für viele Reiseenduro-Interessenten bekanntlich kaufentscheidend.
Erst Quota, dann Stelvio
Daher ist eine Reiseenduro von Moto Guzzi gewissermaßen eine "Guzzi-GS". Die Ur-GS von BMW erschien 1980, die erste "Guzzi-GS" folgte 1992. Sie hieß Quota 1000, später Quota 1100, jeweils mit 69 PS. Von 2008 bis 2016 gab es dann die Moto Guzzi Stelvio 1200 8V, immer noch luftgekühlt, mit 105 PS. Stelvio ist eine Anspielung auf das italienisch gleichnamige Stilfser Joch, eines der bekanntesten Highlights in Südtirol. Seit 2017 – Abgasnorm Euro 4 – hat Moto Guzzi keine Stelvio mehr im Sortiment. Vom Marktpotenzial her betrachtet ist das die wohl größte Lücke bei der über 100 Jahre alten italienischen Motorradmarke, die mit der beliebten, vergleichsweise schwach motorisierten V 85 TT nicht geschlossen werden konnte.
Fazit
Mehr als nur Spekulation: Moto Guzzi hat eine neue Stelvio öffentlich angekündigt, auf der EICMA 2022. In Mailand wurden bereits die Räder in typischen Reiseenduro-Formaten gezeigt. Im April und im Juni 2023 wurde die Moto Guzzi V 100 Stelvio als Erlkönig fotografiert, und Anfang Juli kam das erste Video hinzu. Im September erschienen "Leak"-Fotos, erstmals ohne Tarnung.
Erwartet wird die offizielle Präsentation der V 100 Stelvio auf der EICMA 2023 im November, und im Frühjahr 2024 dürfte sie in den Handel kommen.