Für Neufahrzeug-Interessenten stellt sich die Frage nicht. Doch wer sich in fünf Jahren für eine gebrauchte Triumph Tiger 900 interessiert, wird vor der Frage stehen, ob er sich für ein MOPF- oder eben Nicht-MOPF-Modell entscheiden soll. Ein bitte was? MOPF steht in der Auto-, speziell der Daimler-Youngtimer-Szene für MOdellPFlege. Also, wenn der Hersteller ein Modell überarbeitet und technisch oder optisch auffrischt. Vieles bleibt aber wie gehabt.
Neues Cockpit als sichtbare Änderung
Die augenscheinlichste Neuerung der geMOPFten Triumph Tiger 900 ist neben den neuen Farben und Decals das von den Zwölfer-Triples bekannte Sieben-Zoll-TFT-Display. Das ist mit seinem aufgeräumten und klaren Design ein klarer Fortschritt gegenüber dem bis dato recht überfrachteten und schlecht ablesbaren, ebenfalls 7 Zoll (17,78 cm) messenden Dashboard.
13 PS mehr und weniger Verbrauch
Im Prinzip mehr für den Stammtisch als für das Fahrerlebnis der neuen Triumph Tiger 900 wichtig sind die Änderungen am Antrieb. Neue Kolben sorgen für eine höhere Verdichtung, modifizierte Ein- und Auslasskanäle in Kombination mit ebenfalls neuen Nockenwellen mit mehr Hub für mehr Füllung. Lohn der Mühen sind ein Plus von 13 PS und 3 Nm bei gleichzeitigem Rückgang der Emissionen um 9 Prozent und Erfüllung der Euro 5+-Norm.
Entsorgt werden diese durch eine ebenfalls neue Abgasanlage, die obendrein noch das Standgeräusch um zwei auf 92 dB(A) senkt. Laut eines bei der Präsentation gezeigten Diagramms soll der MOPF-Triple seinem Vorgänger ab 6.000/min leicht, ab rund 7.500/min aber deutlich überlegen sein. Drehzahlen, die im realen Fahrbetrieb eher selten anliegen.
Triple weiterhin von stoischem Gemüt
Man darf schon sagen, dass der neue Dreier der Tiger 900 etwas freier hochdreht als der Alte, ein aggressiver Drehzahlsüchtler ist er deswegen noch lange nicht. Im unteren und mittleren Drehzahlbereich fühlt er sich am wohlsten, da kommt auch der durch die nach wie vor eigenwillige 90/90/180-Grad-Kurbelwelle generierte, rumpelige Sound und der ebenfalls rumpelige Motorlauf am besten rüber. Orchestriert wird dieser sechsgängig via leichtgängiger, präziser Kupplung und einer formidablen Quickshifter/Blipper-Kombi.
Fahrwerk gestrafft, Sitzhöhe gesenkt
Die Grundabstimmung des rein mechanisch, bis auf die hintere Druckstufendämpfung voll einstellbaren Fahrwerks der Rally Pro ist deutlich straffer geworden, vorbei sind die Zeiten des gehobenen Komforts, jetzt gibt’s ab Werk sportlich straffe Rückmeldung. Beim Umstieg auf die GT Pro fällt neben der durch die kürzeren Federwege (v/h 180/170 statt 240/230 mm) um 40 auf 820 mm gesunkenen Sitzhöhe die durch den anders positionierten und weiter nach hinten gedrehten Lenker passivere Sitzposition auf.
Vorspannung hinten hilft gegen Funkenschlag
Die früh aufsetzenden Fußrasten konnten durch elektronisches Erhöhen von Federvorspannung und Dämpfung während
der Fahrt in eine weitgehend funkenfreie Position gebracht werden. Durch das angehobene Heck steht auch die Gabel etwas steiler, was dem Handling förderlich ist. Beide Pro-Modelle haben einen im Vergleich mit dem Umfeld relativ schmalen und wenig gekröpften Lenker, was anfangs etwas gewöhnungsbedürftig ist. Und wie schon bei Vergleichen mit anderen Modellen mit 21/19-Zoll-Vorderrad stellt sich heraus, dass die Rally zwar bei niedrigen Geschwindigkeiten bis etwa 50 km/h etwas leichter einlenkt, sich jedoch ab rund 70/80 km/h die größeren Kreiselkräfte des 21-Zöllers bemerkbar machen. Bei engagierten Landstraßentempi gibt sich die GT insgesamt spürbar kurvenwilliger.Neue Verbundbremse in der Tiger 900
Beiden gemein ist auch die neue Abstimmung der Bremsanlage mit den rennstreckenerprobten Brembo-Stylema-Monobloc-Bremszangen. Auch wenn nur vorn gebremst wird, greift stets der hintere Einkolben-Schwimmsattel unterstützend ein. Das soll im Ernstfall kürzere Bremswege ermöglichen, im Normalbetrieb spürt man von dem Eingriff nichts.
Offroad kann die Tiger 900
Zumindest hierzulande werden die meisten Tiger, Rally hin, Pro her, den Asphalt wohl eher selten verlassen. Dennoch durfte sich die Journaille einen ausgiebigen Eindruck von den Offroad-Fähigkeiten der Rally Pro auf und rund um das hauseigene Offroad-Trainingsgelände unweit von Malaga machen (www.triumphadventure.es). Zu diesem Zweck wurden grobstollige Michelin Anakee Wild-Gummis auf die Kreuzspeichenräder geschnallt.
Im Offroad-Modus, der hohe Schlupfwerte für das ABS vorn (hinten ist es deaktiviert) und die Traktionskontrolle zulässt, lassen sich die diversen Singletrails und Steilauffahrten problemlos bewältigen. Wie wichtig der Schlupf am Hinterrad ist, zeigt sich, wenn man versucht, die Steilauffahrt im Road-Modus zu bewältigen. Da dieser keinen Schlupf zulässt, wird die Motorleistung unbarmherzig immer weiter zurückgeregelt, bis man, wenn der Schwung nicht reicht, schlicht stehen bleibt. Mit allen unerwünschten Konsequenzen. Im Offroad-Pro-Modus hingegen sind ABS und TC komplett aus. Auch auf den völlig legalen Schotterpisten rund um das Trainingsgelände macht die Rally Pro eine gute Figur, wenngleich die rund 230 Kilogramm Masse plus Fahrer besser nicht zu unterschätzen sind.
Sprechen wir über Geld
Und wie in jeder Beziehung kommt auch in dieser der Punkt, an dem man über Geld sprechen muss. Die geMOPFten GT, GT Pro und Rally Pro sind ab Februar 2024 für 13.595, 15.395 und 16.395 Euro zu haben. Was nicht nur in Anbetracht des Gebotenen eine kundenfreundlich moderate Preisanhebung gegenüber den alten Modellen darstellt. Und den Abverkauf der beileibe nicht schlechten Vorjahresmodelle ohne fette Rabatte zu einer kompetitiven Aufgabe für den Händler werden lassen dürfte.