- Die F 900 GS ist die dritte 900er in der F-Familie
- Neue, schlankere Mittelklasse-Enduro von BMW
- Erstkontakt mit der 900er-GS
- Der Motor der BMW F 900 GS
- 105-PS-Twin mit kräftigem Durchzug
- Nicht so wild wie KTM oder Ducati
- Das Fahrwerk der BMW F 900 GS
- Gut gewählte Reifen von Bridgestone
- Upside-down-Gabel und Federbein einstellbar
- Komfort und Windschutz
- Bremsen mit Kurven-ABS
- Spritverbrauch und Reichweite
- Farbvarianten und Ausstattung
- Offroad mit der BMW F 900 GS
- Enduro-Paket Pro speziell fürs Gelände
- Gutmütige Enduro für verschiedene Fahrer-Typen
- BMW F 900 GS – die Preise 2024
Spritziger, stärker und agiler auf der Straße, leichter beherrschbar im Gelände – BMW hat die F-GS für die Mittelklasse mit vielen Neuteilen und einer strengen Gewichts-Diät einer Radikal-Kur unterzogen. Von den 233 Kilogramm der F 850 GS auf 219 Kilogramm (jeweils mit Grundausstattung und zu 90 Prozent befülltem Benzin-Tank). Für bessere Fahrbarkeit, onroad wie offroad. F 900 GS heißt sie ab 2024.
Die F 900 GS ist die dritte 900er in der F-Familie
BMW will’s wissen: "Noch nie in unserer 100-jährigen Geschichte hat es bei einem bestehenden Motorrad-Modell so viele Veränderungen gegeben," stellt Produkt-Manager Sergio Fossa, ein gebürtiger Brasilianer, fest. Er ist einer der Väter der neuen BMW F 900 GS. Sie wirkt optisch wie ein neues Motorrad. Sie zählt aber werksintern bloß als "MÜ", als Modell-Überarbeitung der gutmütigen, doch wenig "kickenden" F 850 GS mit bisher 95 PS. Nach F 900 R und F 900 XR ist sie die dritte 900er und teilt sich mit denen den identischen 105-PS-Zweizylinder. Nun, 2024 ist eben ein GS-Jahr. Nach der praktisch komplett neuen 1300er schließt die runderneuerte 900er mit Wucht eine Lücke in der BMW-Mittelklasse. Hier geht es um viel. Denn die F-Modelle mit Reihenzweizylinder-Motor sind nach den Zweizylinder-Boxern die zweitbestverkaufte BMW-Baureihe. In den vergangenen 10 Jahren verkaufte BMW weltweit rund 400.000 F-Modelle, von der unechten "750" über die 850er bis zu den 900ern.
Neue, schlankere Mittelklasse-Enduro von BMW
"Wir haben an Onroad-Tugenden nichts aufgegeben, im Gegenteil, aber an Offroad-Kompetenzen klar gewonnen," freut sich BMW-Motorrad-Entwicklungs-Chef Christof Lischka über das Ergebnis von 4 Jahren Entwicklungszeit. Somit greift die BMW F 900 GS in einem sehr dynamischen Marktsegment an. Dort, wo sich ikonische Mitbewerber-Enduros vom Schlage einer KTM 890 Adventure, Ducati Desert X und Honda Africa Twin tummeln, mit etwas weniger Leistung auch die sehr beliebte Yamaha Ténéré. Das ist längst keine Nische mehr, die nicht überschweren (Reise-)Enduros haben und bieten weltweit ein enormes Potenzial. Kein Zweifel: Die BMW F 900 GS sieht viel drahtiger aus als ihre 850er-Vorgängerin. Schlanker, flotter, begehrenswerter. Das Team um Chef-Designer Alexander Buckan hat die Proportionen der Maschine bei bestehender Basis (Motorgehäuse und Hauptrahmen) radikal geändert. Auf den ersten Blick macht die kernige Midsize-GS klar, dass sie es auch als Enduro mit ihren 21-/17-Zoll-Rädern und langen Federwegen (230 mm vorn, 215 mm hinten) ernst meint.
Erstkontakt mit der 900er-GS
Also nichts wie ab in den Sattel. Mit gut 1,70 Meter bekommt man zwar nicht beide Stiefelsohlen gleichzeitig vollflächig auf die Erde. Aber das macht nichts. 870 Millimeter Sitzhöhe fordern eben einen kleinen Tribut. Natürlich offeriert BMW auch tiefere oder höhere Sitzbänke. Und für 180 Extra-Euronen sogar eine Tieferlegung ab Werk auf 815 Millimeter – dann sind allerdings auch die Federwege vorn wie hinten um je 20 Millimeter gekappt. Die schlank zugeschnittene 900er-GS flößt so oder so jede Menge Vertrauen ein, fühlt sich erfrischend erleichtert, ja wirklich leicht an. Passt gut, die geänderte Ergonomie. Man fühlt sich rasch zuhause. Dieses GS-Gefühl der Erhabenheit und Souveränität fährt ab dem ersten Meter mit.
Der Motor der BMW F 900 GS
Dumpf und voluminös klingt der Motor aus dem formschönen Akrapovic-Schalldämpfer. Aber eben nicht aggressiv-prollig. Dieses Motorrad macht es dir einfach – später am Tag bei stundenlangem Offroad-Fahren gilt das noch viel mehr. Doch bleiben wir erstmal onroad. Sie verzeiht viel, die gegenüber der 850er kürzer übersetzte F 900 GS. Der 3. Gang tut es ab Tempo 30, der 4. spätestens ab 40. Im 5. kann man ruckelfrei mit 50 durch die City zuckeln und locker schon bei 60 den 6. einlegen.
105-PS-Twin mit kräftigem Durchzug
So geht es ebenso elastisch wie anwohnerfreundlich raus in die Berge. Geht gut von unten und aus der Drehzahlmitte raus, der 105-PS-Twin. Dampf ist da. Bei Tachoanzeige ganz leicht über 100 km/h erreicht der digitale Drehzahlmesser im 6. Gang die Anzeige 4000. Neben dem kontrastreichen TFT-Cockpit befinden sich eine 12-Volt-Steckdose und ein USB-Anschluss. Im Fahrmodus "Road", neben "Rain" einer der beiden Standard-Modi hängt der Twin mit der inzwischen üblichen 270-Grad-Kurbelwelle fein, aber nicht aggressiv am Gas. "Dynamic", einer von 3 zusätzlichen Fahrmodi im Dynamik-Paket, wirkt ein wenig direkter.
Nicht so wild wie KTM oder Ducati
BMW wollte die Reihentwin-GS emotionaler machen. Nun, der nach wie vor von Partner Loncin aus China an die Berliner Montagebänder gelieferte Motor dreht frei bis befreit, doch nicht zornig hoch bis zum Roten Bereich bei rund 9000 Touren. Das ist kein wilder Hund, kein Ducati-Twin oder KTM-Twin, sondern ein gut fahrbarer Antrieb für Fahrernaturelle, die sich nicht ständig etwas beweisen müssen. Dazu passt die recht hohe Laufkultur des Reihen-Twins: Du spürst ganz leicht den Motor unter dir arbeiten. Aber du leidest niemals unter Gerappel oder derben Vibrationen. Gut so! Das gilt auch für das gutturale Ansauggeräusch, ein sinnliches Schlürfen bei höheren Drehzahlen. Etwas harsch arbeitet der optionale Schaltassistent Pro für kuppelloses Hoch- wie Runterschalten. Er mag durchaus gern etwas derber getreten werden, um zu funktionieren.
Das Fahrwerk der BMW F 900 GS
Was die andalusische Asphalt-Achterbahn da an Kurven-Karussell parat hält, ist schon eine Klasse für sich. Und siehe da: Die BMW F 900 GS fühlt sich auf der Straße sportlicher und agiler an, als es die 850er je konnte. Tatsächlich fährt die neue F-GS auf den Punkt präzise. Sie lenkt total easy ein, klappt berechenbar neutral ab, fährt schön leichtfüßig, ja fast spielerisch. So macht die 900er genau das, was sie soll, läuft mit sanfter Hand am Zügel.
Gut gewählte Reifen von Bridgestone
Die ab Werk montierten Bridgestone A 41 – vorn im schmalen Enduro-Format 90/90-21 – haften richtig gut. Und sie bieten viel Feedback, insbesondere von der Front. BMW gab den japanischen Reifenbäckern Vorgaben für eine feine Adaption an alle Fahrmodi mit ihren unterschiedlichen Eingriffsschwellen von schräglagensensiblem ABS und feinfühlig-verlässlich regelnder Schlupfregelung. Operation gelungen, die Sonderkennung "G" der Bridgestone A 41 harmoniert prima mit der F 900 GS. Möglichen Haftungsverzicht (im an Dürre leidenden Andalusien hatte es endlich mal geregnet) kündigen sie gutmütig an.
Upside-down-Gabel und Federbein einstellbar
Schon nach kurzer Eingewöhnung ziehen die gezackten Enduro-Fußrasten dem Bilderbuch-Asphalt funkensprühend einen Scheitel. Anheben des Hecks bringt zwar mehr Schräglagenfreiheit, macht das ansonsten gut ausbalancierte Fahrwerk aber auch etwas kippeliger, nervöser. Also zurück auf "Werkseinstellung" – das geht per Drehknauf am Federbein, also sprichwörtlich im Handumdrehen. Schlaglöcher oder Schwellen bügeln die langhubigen Federelemente ziemlich glatt. Wobei die voll einstellbare Upside-down-Gabel mit 45er-Durchmesser sich besser in Szene setzt. Das recht soft abgestimmte Federbein ist kein Meister in Dämpfung. Es kommt bei sehr flotter Fahrweise – zu der die F 900 GS durchaus verleitet – früher an seine Grenzen. Es wippt dann leicht nach, bringt Bewegung ins Chassis. Da sollte man die Einstellschraube für die Zugstufe mal weiter zudrehen.
Komfort und Windschutz
Überhaupt ist die BMW F 900 GS kein Luftkissenboot auf Rädern, keine in Watte gepackte Komfort-Sänfte ohne Rückmeldung. Sie teilt dem Hintern durchaus mit, wie es um das Asphaltrelief bestellt ist, welche Interaktion Fahrbahn und Reifen gerade eingehen. Sehr ordentlich schirmt die steil stehende Verkleidungsscheibe den Rumpf ab. Wie sehr, merkst du erst beim Fahren im Stehen: Dass du nämlich für morgendliche 12 Grad Celsius eigentlich zu dünn angezogen bist. Allerdings turbulenzt es hinter dem Acrylglas von Acerbis doch ein wenig.
Bremsen mit Kurven-ABS
Komplett getrennt arbeiten die mit "Kurven-ABS" bestückten Bremsen an Vorder- und Hinterrad, bei der BMW F 900 GS also nicht integral verbunden. Die radial montierten Vierkolbenzangen beißen ordentlich bis gut dosierbar zu. Löblich: Die lange Gabel taucht beim Griff zur Bremse nicht komplett ab, geht vor der Bremskraft nicht gleich auf Block. Das nennt man "passend gewählte Federrate". Und bei akuten Notbremsungen warnt das serienmäßige "Dynamic Braking Light" den nachfolgenden Verkehr: Erst schaltet es dann die zwei Rückleuchten in Blitzlicht-Modus und schaltet bei noch stärkerer Verzögerung den Warnblinker ein.
Spritverbrauch und Reichweite
Nun ja, an die Tankstelle können wir ganz gemütlich ausrollen. Nach einer wirklich flott gefahrenen 150-Kilometer-Runde, inklusive viel Beschleunigen und Bremsen für die Fotostopps, vermeldet der Bordcomputer 5,1 Liter Durchschnittsverbrauch. BMW hat 4,4 Liter homologiert, gegenüber 4,2 Liter bei der F 850 GS. Dann käme man mit dem vollen 14,5-Liter-Tank also zwischen gut 280 und 330 Kilometer weit. Alleine beim Tank hat BMW angeblich 4,5 von insgesamt 14 Kilogramm abgespeckt – und das auch noch dort, wo es besonders wirkt: weit oben.
Farbvarianten und Ausstattung
Es gibt die BMW F 900 GS in 3 Farbvarianten: Schwarz mit schwarzem Heckrahmen ist die Standard-Variante "Base". Die von uns bisher gefahrene Variante "Passion" kommt in leuchtendem "Sao Paulo Yellow" samt rotem Heckrahmen daher (230 Euro Aufpreis). Und die Farbvariante "GS Trophy" rollt in BMW-Motorsport-Farben mit weißem Heckrahmen und hier goldenen Schlauchlos-Felgen los. Zusätzlich bietet sie für 450 Euro extra einen getönten Windschild, einen Alu-Motorschutz und stabilere Enduro-Handschützer mit Aluminium-Bügeln.
Offroad mit der BMW F 900 GS
Die BMW F 900 GS "GS Trophy" fahren wir am Nachmittag. Im Gelände. Dank Dynamik-Paket und "Fahrmodi Pro" können wir jetzt im Enduro-Modus fahren. "Enduro Pro" ist sogar speziell an die Bedingungen mit grobstolligen Reifen angepasst. Und nur hier lässt sich das ABS am Hinterrad ausschalten. Für moderate 50 Euro Aufpreis sind Metzeler Karoo 4 aufgezogen. Man muss kein Enduro-Meister sein, um zu spüren, was für ein großer Schritt nach vorn die 900er im Gelände ist. So umgänglich, so einfach mit den Knien zu dirigieren, so viel verzeihend. Offroad zählt jedes ihrer 14 Minder-Kilos doppelt. Das schafft selbst bei Gelände-Neulingen viel Vertrauen und macht Könnern umso mehr Spaß.
Enduro-Paket Pro speziell fürs Gelände
Vor allem kommt hier der quasi unabwürgbare Motor voll zum Tragen. Das spart Nerven und Schaltarbeit. Der Twin blubbert sich bei tiefsten Drehzahlen durchs Gelände, dass es eine Pracht ist. Und das "Enduro-Paket Pro" für 1.475 Euro mit seinen höherwertigen Federelementen (ebenfalls Showa vorn und ZF Sachs hinten) plus einteilige Sitzbank macht sich jetzt bezahlt. Irre, was die Gabel ein- und wegsteckt. Sie morst zudem noch mehr Transparenz von der Bremse ins Kleinhirn. Zum ersten Mal überhaupt kommt hier bei BMW eine mit Titannitrid beschichtete (Upside-down-)Gabel zum Einsatz. Diese spezielle Oberflächenbeschichtung ist unempfindlicher gegen Riefen. Vor allem aber senkt sie die Reibung und verbessert so die Losbrechkraft sowie das Ansprechverhalten.
Gutmütige Enduro für verschiedene Fahrer-Typen
Das bessere Federbein mit wegabhängiger Dämpfung erkennt man am separaten Ausgleichbehälter. Es funktioniert souveräner, ist nie überfordert, selbst wenn‘s knüppeldick kommt. Derbes Geröll, engste Single-Trails – die BMW F 900 GS meistert das. Hier ist diese Art Gutmütigkeit hochwillkommen, spart Schweiß und Tränen. Erst recht gilt: Dieses Motorrad holt völlig verschiedene Fahrer-Persönlichkeiten ab, nimmt sie mit, bringt sie da durch. So, auf einem nicht zu schweren Motorrad, macht Endurofahren umso mehr Spaß.
BMW F 900 GS – die Preise 2024
Da bleiben noch die Preise. BMW, das steht ja bekanntlich für "Bezahl mit Würde": 13.750 Euro Grundpreis kostet die (schwarze) F 900 GS. Wer die einzelnen Bausteine gern dazu haben möchte, und das wollen wahrscheinlich die meisten, muss mindestens 15.000 Euro einplanen. Fix und fertig fürs Gelände konfiguriert, steht wohl eher eine 16 oder sogar eine 17 vorn auf dem Preisschild. Immerhin, der Respekt-Abstand zur BMW R 1300 GS bleibt damit ebenfalls gewahrt. Und eine noch teurere – und schwerere – Adventure-Variante gibt es von der F 900 GS selbstverständlich auch wieder.