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Yamaha Ténéré 700 World Raid Fahrbericht

Yamaha Ténéré 700 World Raid Fahrbericht Der Feldweg ist nicht genug

Seit Markteinführung der Ténéré 700 im Jahr 2019 ist der Adventure-Trend ungebrochen. Yamaha reagiert darauf mit der World-Raid.

FahrberichtYamaha Tenere 700 World Raid Yamaha
FahrberichtYamaha Tenere 700 World Raid
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FahrberichtYamaha Tenere 700 World Raid 11 Bilder

Mit der World-Raid-Edition legt Yamaha eine Variante des beliebten Adventure-Bikes auf (30.000 verkaufte Einheiten in Europa seit 2019), die durch ihre Zusatzausstattung auch Ausflüge in die unwirtlichsten Gegenden unseres Planeten möglich machen soll. Im Vergleich mit dem Standardmodell der T7 sind die Änderungen auf den ersten Blick überschaubar – doch sie greifen an den richtigen Stellen: Im Laufe der knapp 350 Kilometer langen Tour auf schroffem Terrain von Lorca nach Granada zeigt sich die Güte des KYB-Fahrwerks mit üppigen 230 mm Federweg an der Gabel und 220 mm am Federbein.

Top-Fahrwerk

Es ist voll einstellbar und für die Tour so straff abgestimmt, dass zwei Kollegen beim Mittagsstopp lieber ein paar Klicks Druckstufendämpfung herausnehmen. Mir gefällt das eher hart gewählte Setup allerdings gut, selbst wenn der Dämpfer gegenüber der Gabel nicht ganz so sensibel anspricht. Bei höheren Geschwindigkeiten auf Schotterpisten, mit teils heftigen Schlaglöchern, bleibt die T7 World Raid dafür stabil auf Kurs und in der Spur, woran auch der einstellbare Öhlins-Lenkungsdämpfer (18 Klicks) seinen Anteil haben dürfte. Einmal passiert es sogar, dass er die Kiste wieder geradezieht, als ein größerer Stein beschlossen hatte, sich ungünstig vor das Vorderrad zu legen. Es kommt weiterhin kein einziges Mal vor, dass die Federelemente beim Sprung in ein Schlagloch auf Block gehen – die Reserven sind ordentlich! An dieser Widerstandskraft gemessen, geht der Dämpfungskomfort auf der Landstraße voll in Ordnung, zumal die schmale, aber ausreichend bequem aufgepolsterte Sitzbank und das ganze Sitzarrangement aus geschickt bemessenem Kniewinkel und Lenkerhöhe beste Langstreckentauglichkeit ergeben. Trotz des mächtigen 23-Liter-Doppeltanks, bewahrt die Maschine sogar eine schön schlanke Taille. In jedem Fall könnte ich mir gut vorstellen, zu Hause auf die T7 World Raid zu steigen und erst jenseits des Mittelmeeres im nächsten Beduinendorf halbwegs entspannt wieder anzuhalten.

Motor (leider) bekannt

Letztendlich handelt es sich bei der World-Raid-Edition immer noch um eine einfache Ténéré, die sogar hartgesottene Rally-Fans für ihre Eigenschaften schätzen. Morgens auf den ersten paar Straßenkilometern ertappe ich mich allerdings selbst dabei, wie ich dem 74-PS-CP2-Motor das Attribut "langweilig" zuschieben möchte. Der Antrieb pöttelt im Leerlauf zwar ganz ansprechend vor sich hin und verfügt auch über hohe Laufkultur, aber er besitzt durchs ganze Drehzahlband bis 10.000 Touren nur wenig Temperament. Ganz linear und gut dosierbar gibt er seine Power ab, was allerdings kaum sportlichen Esprit erzeugt. Reinen Straßenfahrern könnte dieser Antrieb beinahe etwas zu asthmatisch sein. Auf unbefestigten Wegen und losem Untergrund, ergibt dafür plötzlich alles Sinn: Fein lässt sich die T7 World Raid im Stand oder im Sitzen mit ausgestrecktem Bein um die geschotterten Kurven carven, nachvollziehbar und niemals bösartig reagiert das driftende Fahrzeugheck auf alles, was ich mit der rechten Hand am Gas mache. Zumindest an dieser Stelle vermisse ich keine Leistung und brauche sie auch nicht. Wer schon einmal eine lange Etappe mit stellenweise deutlich über 100 km/h über groben Schotter hinter sich gebracht hat, weiß, wovon die Rede ist.

Yamaha Ténéré 700 World Raid
Enduro

Überall zu reparieren

Yamaha setzt bei der T7 bewusst auf Purismus, und da bildet die World Raid keine Ausnahme. Nach wie vor gibt es keinen elektronischen Gasgriff (Ride-by-Wire), daher auch keine unterschiedlichen Fahrmodi und keine Traktionskontrolle. Zwei gute Gründe sprechen dafür: Erstens würde diese Ausstattung den Preis in die Höhe treiben (siehe Ducati Desert X oder KTM Adventure-Modelle), zweitens repariert einem mitten in der Prärie keiner eine kaputte Elektronik, falls es tatsächlich einmal zu einem Defekt kommen sollte. Der Grundsatz "was nicht dran ist, kann nicht kaputtgehen" betrifft in der Hauptsache einige Wenige, die mit ihrem Motorrad tatsächlich eisenhart auf dem Globus unterwegs sind. Das macht den Kern der Aussage deshalb aber nicht falsch und kann besonders im Adventure-Bike-Segment ein echter Vorteil sein. Schaltautomat und Blipper gibt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht, dafür ein mechanisch sauber arbeitendes Getriebe. Ganz ohne Elektronik kommt die T7 World Raid freilich nicht daher, immerhin gibt es drei unterschiedliche ABS-Modi: vorn und hinten an, nur am Hinterrad deaktiviert und vollständig deaktiviert.

Tolles Offroad-ABS

Das ABS vollständig abzuschalten, ist allerdings zumindest auf Schotter kaum notwendig. Am Vorderrad regelt das System so feinfühlig, dass man es in den meisten Fällen getrost aktiviert lassen kann. Das Hinterrad bewusst überbremsen zu können, bringt erstens Fahrspaß und hilft zweitens, die Maschine bewusst um eine Kurve driften zu lassen oder in eine Ecke zu pressen. Wählt man einen der beiden ABS-Modi aus, der ein Blockieren der Räder zulässt, stellt sich das System leider nach jedem Neustart des Motors (auch über den Killschalter) wieder zurück. Wenn man die Maschine beim Anhalten einfach abwürgt, bleibt der ausgewählte Modus mit deaktiviertem ABS aktiv – das nur als kleiner Hinweis.

Offroad meets Straße

Am Ende der Tour steht nochmal eine Etappe über asphaltierte Piste an. Auf einer wundervollen Kurvenstrecke fahren wir die letzten Kilometer bis Granada und hetzen dem vorauseilenden Guide hinterher. Im reinen Straßenbetrieb macht die T7 World Raid eine gute Figur, trotz ihres großen Serientanks wedelt sie mit hoher Agilität und ohne störende Bewegung im Fahrwerk von Kurve zu Kurve. Yamaha sagt, dass Schwerpunkt und Gewichtsverteilung der World Raid beinahe gleich wie bei der Standard-T7 wären. Die angegebenen 220 Kilogramm Fahrzeuggewicht fallen mir in der Tat nur auf, als ich die Maschine am Nachmittag in einer engen Offroadsektion in einer Spurrille gleich zweimal auf die Seite lege. Wenn die hohe Reiseenduro einmal über ihren Kipppunkt fällt, dann fällt sie eben. Glücklicherweise protegieren die weit runtergezogenen Seiten des Tanks die Maschine effektiv, sodass bis auf unschöne Kratzer und einen leicht verbogenen Auspuffhalter (Achtung: Der Halter ist ein am Rahmen angeschweißtes Teil) nichts weiter passiert.

Fahrbericht Ducati Desert X
Enduro

Einer für alles

Im drückenden Supermoto-Stil gelingt mit der fein ausbalancierten World Raid auf der Straße jedenfalls ein recht sportliches Tempo, was die Reifen gut mitmachen beziehungsweise ermöglichen. Überhaupt stellt der Pirelli Scorpion Rally STR den ganzen Tag besten Grip bereit. Ob morgens bei 12 Grad auf kühlen und verstaubten Hinterland-Sträßchen, mittags bei über 30 Grad über derbe Schotterfelder oder am Nachmittag in flottem Tempo über griffige Landstraßen, war den Gummis einerlei. Sogar drei Wasserdurchfahrten gingen anstandslos.

Großer Tank, große Reichweite?

Dass die Tankanzeige der T7 World Raid nach 330 abgespulten Kilometern auf Reserve steht, dürfte der einigermaßen sportiven Pace des Tages geschuldet sein – mein Bordcomputer zeigte immer irgendwas zwischen 5,4 und 5,9 Litern auf 100 Kilometer. Aber wenn man sich auf Fernreise befindet, hat man ja meistens ein bisschen Zeit. Und dann sollten auch die von Yamaha prognostizierten 500 Kilometer Reichweite mit einer Tankfüllung durchaus zu schaffen sein.

Fazit

Die T7 World Raid kommt durch ihr sieben Litern größeres Tankvolumen, das stabile Fahrwerk mit 20 Millimeter mehr Federweg sowie den einstellbaren Öhlins-Lenkungsdämpfer mit einer geballten Ladung Fernreise- und Offroad-Tauglichkeit. Sowohl im Gelände als auch auf der Straße bewies die Maschine während der Präsentation tolle Ausgewogenheit sowie guten Langstreckenkomfort. Es scheint wenig zu geben, was die T7 World Raid nicht bewältigen könnte. Und das mit 12.874 Euro zu einem teils deutlich günstigeren Kurs als viele Konkurrenzprodukte.

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