Auf der RC 30 Platz zu nehmen, ist wie heimkommen. Auch wenn man das Motorrad zuvor noch gar nicht kannte. Hände und Füße finden ihren Platz wie selbstverständlich. Die Sitzposition auf der kompakten Maschine ist recht weit nach vorn gerückt, fast schon wie auf einem modernen Supersportler. Nur der Sitz selbst, eher tief angeordnet, weist darauf hin, dass die RC 30 in den späten Achtzigerjahren entstanden ist.
Die hier gezeigte Maschine gehört Pit Spang, dem Vorsitzenden des RC 30-Clubs, und ist fast komplett original. Das Fahrwerk ist sogar völlig original; es trägt auch noch das 18-Zoll-Hinterrad, das viele RC 30-Eigner gegen einen 17-Zöller getauscht haben. In Kombination mit einem 170/60-VB-18-Reifen von Metzeler geht die Originalgröße völlig in Ordnung. Mit hohem Querschnitt und vergleichsweise schmal, fördert er Komfort und Handlichkeit, obwohl die Mitte des Laufstreifens schon ein wenig flach gefahren ist. Dergleichen spürt man auf der RC 30 übrigens, ohne hinzuschauen – es macht aber fast nichts aus. Die Maschine lässt sich trotzdem sehr präzise fahren, und der Fahrer schöpft sofort Vertrauen.
Umgeschweißter Serienkühler und Dauer-Ventilator
Es mag ja nur eine Nebensache sein, aber immer wieder aufs Neue fasziniert der Blick ins Cockpit, wo drei analoge Rundinstrumente und ein paar Kontrollleuchten eine Aura sachlich-schlichter Schönheit verbreiten. Für den Rennbetrieb – das wird dezent, doch unmissverständlich signalisiert – ließe sich das Arrangement ohne Mühe auf die einzig wichtigen Anzeigen reduzieren: Drehzahlmesser und Kühlwasser-Temperaturanzeige.
Dieses kleine Instrument rechts außen im Blick zu behalten, empfiehlt sich auf der RC 30, weil der kompakte V4 in der Umschlingung seiner Auspuffkrümmer serienmäßig mit etwas knapp bemessener Kühlleistung versehen wurde. Deshalb hat Pit Spang den Serienkühler umschweißen lassen und zudem einen Schalter installiert, mit dem er den Kühlerventilator auf Dauerbetrieb stellen kann. Das braucht der Motor aber nur im Stau oder bei Schleichfahrt.
Anders als die Maschine von Helmut Dähne (ewiger Nordschleifen-Rekordhalter, MOTORRAD 16/2012) besitzt diejenige von Pit Spang Kit-Nockenwellen. Sie lassen den Motor ein wenig rauer laufen als den der Dähneschen RC 30, und es fühlt sich so an, als würde die Leistungskurve alle 3000 Umdrehungen eine Stufe nehmen. Bei 3000/min die Anfahrstufe, bei 6000 die Landstraßenstufe und bei 9000 die Spaßstufe. Das sind natürlich nur subjektive Eindrücke, auf dem Prüfstand war die RC 30 nicht. Liegen in der Kurvenmitte etwa 6500 bis 7000/min an, ist das für zügiges Beschleunigen gerade recht, und auf die Gerade hinaus entfaltet der Motor dann sein volles Temperament. Damit muss sich die RC 30 heute noch nicht verstecken. Andererseits muss sie gegen die modernen und überstarken 1000er auch nichts mehr beweisen. Denn ohne die Honda wären diese wohl kaum auf dem heutigen Stand.
Summe kleiner Unterschiede tut große Wirkung
Beim schnellen Hochschalten mit der Nadel des Drehzahlmessers in der Nähe des roten Bereichs fällt wieder eine Kleinigkeit auf, die typisch für die RC 30 ist. Der nächsthöhere Gang sitzt auch mit dem normalen Schaltschema so schnell und sicher, als wäre ein gut eingestellter Schaltassistent mit Rennschaltung am Werk. Die Bedienkräfte am Schalthebel sind dabei deutlich geringer als zum Beispiel bei der Fireblade vom Typ SC 59, die der Autor unmittelbar vor und nach der RC 30 fuhr. Ein schönes Beispiel dafür, dass es einen Unterschied macht, ob die Maße, Zahnflanken-, Axial- und Radialspiele eines Getriebes lediglich im Toleranzbereich einer Großserie liegen oder im optimalen Bereich. Der Unterschied mag im Einzelnen nicht groß sein, aber die Summe kleiner Unterschiede tut dann eben doch große Wirkung.
Von 1988 bis 1990 wurden etwa 3000 Exemplare von einem speziell ausgebildeten, kleinen Team gebaut. Mit einem großen Anteil an Handarbeit. Glücklich, wer eines hat. Denn viel näher als mit der RC 30 kann man als Normalsterblicher einer echten Werksmaschine nicht kommen.
So gesehen ist der V4-Sportler eine Art Guckloch ins Innere der legendären Honda Racing Corporation, von der heute alle Werks- und Produktionsrennmaschinen entwickelt und gebaut werden. Er zeigt, was möglich ist, wenn fähige Ingenieure und Mechaniker auf Kosten nur geringe Rücksicht nehmen müssen. Einerseits durch hochwertige Komponenten wie Titanpleuel, den Nockenwellenantrieb über Stirnräder oder die besonders leichtgängige Rollenlagerung der Nockenwellen selbst. Andererseits durch die Sorgfalt des Aufbaus und die geballten Erfahrungen aus dem Langstreckenrennsport, die in dieses Motorrad eingeflossen sind. Die RC 30 soll es ihren Fahrern möglichst leicht machen, schnell zu sein. Daher ihre übliche Begrüßung: Willkommen zu Hause.
Technische Daten RC 30





Die RC 30 dieser Geschichte stammt aus Frankreich. Deshalb der Bol d’Or-Aufkleber vorn an der Verkleidung. Im Unterschied zu vielen anderen ihres Typs rollt sie noch immer auf dem originalen 18-Zoll- Hinterrad. Das war zwar schon 1988 nicht mehr ganz zeitgemäß, harmoniert aber gut mit der kompakt gebauten Sportmaschine.
Wassergekühlter Vierzylinder-V-Motor, Bohrung/Hub 70/48,6 mm, 748 cm³, je zwei obenliegende, über Stirnräder angetriebene Nockenwellen pro Zylinderbank, vier Ventile pro Zylinder, 82 kW (112 PS) bei 11 000/min (ungedrosselt und ungetunt), 69 Nm bei 10 500/min, vier Keihin-Gleichdruckvergaser, Ø 35,3 mm, Primärtrieb über Stirnräder, Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kettenantrieb; Brückenrahmen aus Aluminium, vorn Telegabel, Ø 43 mm, hinten Einarmschwinge mit Hebelsystem und Federbein, Reifen 120/70 V 17; 170/60 V 18, Doppelscheibenbremse vorn, Einscheibenbremse hinten, Ø 310/220 mm, Gewicht vollgetankt 208 kg, Höchstgeschwindigkeit über 250 km/h, Preis 25.270 Mark (1988)
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