Sanft, gleichmäßig, energisch wie eine E-Lok – so lauteten einst die Komplimente für die Yamaha FJ 1200. Und zwar zu Recht. Alles jenseits des Ortsschilds und über 50 km/h lässt sich bequem im fünften Gang erledigen, ohne dass je das Gefühl aufkäme, leistungsmäßig zu verhungern. Sanft und ruckfrei, aber mit Macht zieht der 1200er-Vierzylinder tatsächlich ab Standgas hoch und gibt erst auf, wenn die (leicht voreilende) Tachonadel sich der 240er-Marke nähert.
Die Verkleidung der Yamaha FJ 1200 schützt gut vor Fahrtwind, das Fahrwerk lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, der Tank fasst 22 Liter und sorgt für große Reichweite. Zumindest bei gemäßigter Fahrt – Vollgasbolzen kostet Zuschlag. Ein Kostverächter ist der Motor nämlich nicht, unter fünf Litern geht kaum was, sechs bis sieben Liter pro 100 Kilometer sind die Regel. Die bauchige Verkleidung und die 259 Kilo plus Fahrer wollen durch den Wind geschoben werden. Für ihr Gewicht erweist sich die FJ allerdings als erstaunlich handlich – die gute Balance macht's möglich.
Das Modell 3CW (1988–1990) mit dem 17-Zoll-Vorderrad zeigt nicht mehr die Unarten der Vorgängerin mit 16-Zoll-Rad (Aufstellen beim Bremsen, Kippeln in langsamen Kurven) und gilt allgemein als die beste FJ-Variante.
Die Verkleidung bietet guten Windschutz, der Fahrer genießt viel Platz und eine bequeme Sitzhaltung, die mächtige Bremsanlage (von der Sportschwester FZR 1000) sorgt für knackige Verzögerung. Der luftgekühlte Motor glänzt mit Zuverlässigkeit und Langlebigkeit, läuft jedoch rau und vibriert deutlich. Egal: Zum zügigen, bequemen Touren ist die Yamaha FJ 1200 selbst heute noch eine prima Wahl.
Kurzurteil

PLUS
- Sehr durchzugsstarker, langlebiger Motor
- Guter Windschutz
- Stabil und recht handlich
- Große Reichweite
- Sehr wirksame Bremse
- Bietet viel Platz, sehr bequem
MINUS
- Recht hoher Verbrauch
- Deutliche Vibrationen
- Mäßige Schräglagenfreiheit
- Hart schaltendes Getriebe
Die Ahnen

Als Sportbike wurde die Yamaha FJ 1100 1984 der Zweiradwelt vorgestellt. Schnell wandelte sich das Image der schweren, mit 16-Zoll-Rädern etwas kippeligen FJ jedoch zum Inbegriff des schnellen, bequemen Tourers.

Noch mehr Dampf gab's 1986 mit der Hubraumaufstockung zur 1200er. Die modifizierte Verkleidung mit den integrierten Blinkern verleiht der Neuen das typische, einzigartige FJ-Gesicht.
Daten und Messwerte Yamaha FJ 1200
DATEN | |
Motor | Vierzylinder-Viertakt/Reihe | Hubraum | 1188 cm³ |
Kraftübertragung | Fünfganggetriebe/Kette | Leistung | 74 kW (100 PS) bei 8500/min |
Max. Drehmoment | 93 Nm bei 6500/min | Bremse vorn | Doppelscheibe (Ø 298 mm) |
Bremse hinten | Scheibe (Ø 282 mm) | Reifen vorn | 120/70 VR 17 |
Reifen hinten | 150/80 VR 16 | Federweg vorn/hinten | 150/120 mm |
Tankinhalt | 22 Liter, Normal | Farben | Dunkelblau, Silber |
Wartungsintervalle | 12000 km | Preis | 7680 Euro (Neupreis 1988) | MESSWERTE |
Höchstgeschwindigkeit | 223 km/h | Beschleunigung 0-100 km/h | 3,4 sek |
Durchzug 60-140 km/h | 8,2 sek | Gewicht vollgetankt | 259 kg |
Zuladung
189 kg | | Verbrauch Landstraße | 6,8 L/100 km |
Stadt - Landstraße - Autobahn

In der Stadt
Die nicht gerade zierlich geratene Yamaha FJ 1200 ist nicht die erste Wahl für flinkes Citygewusel, doch die recht niedrige Sitzhöhe und die gute Balance machen Stadtfahrten auch für kleinere, zierliche Fahrer erträglich. Die breiten Spiegelausleger ermöglichen gute Sicht nach hinten, die entspannte Sitzhaltung gefällt.

Auf der Landstraße
Mit der Einführung des 17-Zoll-Vorderrads ab 1988 (Modell 3CW) entfällt die Kippeligkeit und die Aufstellneigung beim Bremsen. Weil die Yamaha FJ 1200 für ihr Gewicht schon immer erstaunlich handlich war, macht besagtes Modell auf kurvigen Strecken ungetrübten Spaß. Zumal der bullige Motor satt aus den Ecken schiebt.

Auf der Autobahn
Stabiler Geradeauslauf, toller Sitzkomfort, guter Windschutz und genügend Dampf für hohes Reisetempo machen die Yamaha FJ 1200 zu einem Kilometerfresser erster Güte. Mit dem 22-Liter-Fass sind lange Etappen ohne Tankstopp möglich, was dem Reiseschnittt zugute kommt. Nur die Vibrationen sind etwas lästig.
Abschlusszeugnis
Motor: 4 von 5
Der luftgekühlte 1200er ist ein rauer Geselle, aber bärenstark und grundehrlich. Ein Muster an Zuverlässigkeit, jedoch kein Spritsparwunder.
Fahrwerk: 4 von 5
Mit 17-Zoll-Vorderrad ab 1988 zeigt die handliche FJ ein ausgewogenes Fahrverhalten ohne Kippeln oder Aufstellen und läuft stabil geradeaus.
Bremsen: 4 von 5
Auch hier gilt: ab Modelljahr 1988 deutlich besser. Die von der FZR 1000 stammende Anlage mit Vierkolbensätteln verzögert amtlich und verlässlich.
Ausstattung: 4 von 5
Solide Verarbeitung und ordentliche, funktionelle Ausstattung ohne überflüssigen Firlefanz – das passt zur FJ. Gepäcksysteme gibt’s ja im Zubehör.
Komfort: 5 von 5
Man sitzt einfach gut auf der FJ, selbst lange Kerls finden reichlich Platz. Sportfans mag das Fahrwerk zu soft sein, der Komfort stimmt jedenfalls.
Einsteigertauglichkeit: 1 von 5
Ohne Umschweife: Die FJ ist ein echter Brummer. Sie ist groß und schwer, zwar auch sanft und gutmütig, aber dennoch nicht ideal für Einsteiger.