So gut ist die neue Honda Hornet 1000 SP im Test wirklich

Honda CB 1000 Hornet SP im ersten Test
Viel Dampf für wenig Schotter

Veröffentlicht am 30.01.2025

Vorwiegend mattschwarz, schnörkellos, ohne gefräste, gebürstete oder eloxierte Extravaganz, mit der Honda bisher bei den großen Naked Bikes punkten wollte – zumindest optisch drängt sich die neue CB 1000 Hornet SP nicht in den Vordergrund. Selbst die aufgewertete "Sport Production"-Variante verzichtet auf Flügel, Carbonteile oder Edelstahl am Endtopf. Lediglich goldene Federelemente und Räder setzen Akzente und verraten ihre erweiterten sportlichen Ambitionen.

Do you like it?

Trotz des zurückhaltenden Auftritts bleibt die Hornet auf der Straße nicht unbeachtet. Während des Tests in Südfrankreich avanciert sie immer wieder spontan zum Gesprächsthema – ob an der Tankstelle, mitten im Feierabendverkehr auf einer Kreuzung oder oben am Pass. Besonders eindrücklich bleibt ein Moment, als ein eher direkt veranlagter Franzose mich mit zwei Fragen überrumpelt, die so schlicht und schnörkellos sind wie die Hornet selbst: "Do you like it? Is it good?" Zu einem einfachen Ja oder Nein lasse ich mich aber nicht direkt hinreißen …

Was manch einem designtechnisch uninspiriert oder gar langweilig erscheinen mag, spiegelt in Wahrheit exakt das Credo der Hornet-Familie wider: die Reduktion auf das Wesentliche. Und was könnte bei einem Naked Bike wesentlicher sein als der Motor? Genau der dürfte – zusammen mit dem höchst attraktiven Grundpreis von unter 10 000 Euro für die Basis-Hornet – der wichtigste Grund für das rege Interesse unserer französischen Zweiradfreunde sein. Mit kernigem Röcheln erwacht der aus der Fireblade SC77 übernommene, für den Landstraßeneinsatz gezähmte Superbike-Vierzylinder zum Leben.

Gezähmte Wildheit oder wilde Zähmung

Gezähmt ist relativ, denn nicht nur akustisch macht dieser Antrieb aus seiner Herkunft keinen Hehl. Im Gegensatz zu seinem Supersport-Derivat verzichtet der Vierzylinder aber auf Schmiedekolben und Titanventile, opfert etwas Maximaldrehzahl und reduziert die Spitzenleistung mit geänderten Steuerzeiten zugunsten von mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Die Leistungsausbeute bleibt beachtlich: 157 PS bei 11.000 Touren gibt Honda für die CB 1000 Hornet SP an, auf dem Prüfstand messen wir lediglich eine Pferdestärke weniger. Die Basis-Hornet soll ohne Auspuffklappe und SP-Mapping auf 152 PS kommen. Zum Vergleich: Die alte CB 1000 R, die beim Top-Test als Referenz dient, hat mit dem domestizierten SC59-Motor auf dem Papier sechs und auf der Rolle neun PS weniger.

Neuer Motor vs. alter Motor

In der Praxis sind die Unterschiede zwischen alt und neu zwar mess- und spürbar, die größten Kritikpunkte des bisher stärksten Naked-Bike-Motors von Honda konnten die Ingenieure aber nicht ganz ausmerzen. An den Leistungs- und Drehmomentkurven gut ablesbar: Im untertourigen Bereich liegen Alt und Neu gleichauf. Noch immer zeigt sich im Drehmomentverlauf im landstraßenrelevanten Bereich zwischen 4.000 und 5.500 Umdrehungen ein leichter Knick. Darüber wacht der Hornet-Motor so richtig auf, überflügelt sein CB 1000 R-Pendant deutlich und zeigt im weiteren Verlauf ein gleichmäßigeres Drehmoment-Plateau.

Wer Schub sucht, muss schalten

Damit gilt allerdings nach wie vor: Wer von mächtigem Tausender-Schub profitieren will, muss den Motor bei Laune halten. Auf der Landstraße bedeutet das viel Schaltarbeit, die dank exzellent arbeitendem Quickshifter und knackigem Getriebe mit kurzen Wegen und schönem, mechanischem Feedback immerhin viel Freude bereitet.

Die gemessenen Beschleunigungs- und Durchzugswerte spiegeln den gefühlten Fahreindruck treffend wider: Die neue Honda Hornet 1000 SP beschleunigt eine Spur flotter und spritziger als die CB 1000 R, besonders spürbar in den jetzt kürzer übersetzten Gängen drei, vier und fünf. Dabei wirkt die Leistungsabgabe bei normaler bis flotter Gangart harmonischer und linear. Seine explosive Seite zeigt der Hornet-Antrieb nur, wenn man es darauf anlegt – sprich, wenn man im ersten und zweiten Gang mit Gewalt aus Kehren und Kurven feuert und weit über 7.000 Touren dreht. Untermalt von zornig-fauchendem Schreien steigt dann auch mal ungewollt das Vorderrad. Den sinnvollen Wohlfühlbereich für Land- und Passstraßen hat man in diesem Fall allerdings längst verlassen.

Hartes Gas, Vibrationen und stressig Kupplung

Stichwort Wohlfühlen: Störende Vibrationen machen sich zwar nur bei Konstantfahrt in hohen Drehzahlen bemerkbar, doch manche Konkurrenten schaffen es, ihre großvolumigen Reihenvierer noch geschmeidiger und laufruhiger abzustimmen. Ähnliches gilt für das Ansprech- und Lastwechselverhalten: Im sportlichsten der drei wählbaren Modi geht die Hornet hart ans Gas, während die sanfteste Einstellung zu zögerlich agiert. Modus zwei bietet auf der Landstraße den besten Kompromiss, lässt jedoch in puncto Geschmeidigkeit noch Luft nach oben. Auch die Kupplungsbetätigung dürfte fürs stressfreie Anfahren im Stop-and-go gerne noch etwas leichtgängiger sein.

Wenig Verbrauch, viel Reichweite

Dagegen gestalten sich Reichweite und Verbrauch voll alltagstauglich: Durch den länger übersetzten sechsten Gang geht die Mehrleistung nicht mit höherem Verbrauch einher: 5,1 Liter auf 100 Kilometern gehen für das Gebotene voll in Ordnung. Dank 17-Liter-Spritfass sind zwischen zwei Tankstopps theoretisch über 300 Kilometer möglich. Bei konstanten 130 km/h Reisetempo genehmigt sich die Hornisse dann einen knappen halben Liter mehr, auch das ist ein guter Wert. Wer es mal besonders eilig hat, sollte sich auf unbeschränkten Autobahn-Abschnitten nicht wundern: Obwohl die Hornet rechnerisch im Sechsten erst bei über 270 Sachen in den Begrenzer rennt, beschränkt Honda die Höchstgeschwindigkeit elektronisch auf 230 km/h.

Eine Hornet passt für alle

Alles nur Nebenschauplätze. Für den wissbegierigen Franzosen am Pass wohl viel wichtiger: Wie sitzt und fährt es sich auf der bisher dicksten Hornet? Gemessen an der Form des bereits erwähnten Tanks hat die Honda die Bezeichnung "dick" tatsächlich verdient. So richtig zeitgemäß wirken die betont ausladenden Flanken nicht mehr – weder optisch noch ergonomisch. Ein echter Wermutstropfen, wirkt das Arrangement aus mittig und nicht zu hoch platzierten Rasten, moderaten 810 Millimetern Sitzhöhe und 790 Millimetern breitem Lenker doch eigentlich stimmig: Aktiv genug, ohne auf langen Fahrten zu viel Komfort einzubüßen. Allerdings: Besonders langbeinigen Fahrern über 1,80 Meter drückt der breite Tank spürbar die Beine auseinander und schränkt die Bewegungsfreiheit deutlich ein. Dabei hilft es nicht, dass man japantypisch tendenziell eher "im" als "auf" dem Motorrad sitzt.

So gut fährt die Hornet

Im Stand fühlt sich die Hornet dadurch schwerer an, als sie ist: Gewogene 211 Kilo fahrfertig attestieren zwar keinen kompromisslosen Leichtbau, sind in der Kategorie ein respektabler Wert. Unter anderem der Wegfall der Einarmschwinge spart im Vergleich zur CB 1000 R immerhin vier Kilo. Fürs Fahrverhalten ist allerdings äußerst relevant, wie sich die Masse zwischen Vorder- und Hinterrad verteilt.

Hier macht die Hornet gegenüber der CB 1000 R einen sprichwörtlichen Schritt nach vorn: Die deutlich frontlastigere Radlastverteilung von 51,2 % vorn und 48,8 % hinten (zuvor 48,6 % vorn und 51,4 % hinten) macht sich im Handling sofort bemerkbar. Vom einsackenden Heck der CB 1000 R fehlt erfreulicherweise jede Spur. Die Hornet lässt sich neutraler, direkter und mit mehr Gefühl für die Vorderhand über die traumhaft gewundenen Provence-Straßen dirigieren.

Stabilität und Präzision liegen auf hohem Niveau, schnell baut man Vertrauen in den Grip der serienmäßig aufgezogenen Bridgestone S22 in der Sonderspezifikation "BB" auf. Trotz langer Anstnippel küssen die Rasten bei maximaler Schräglage nie den Boden. Schön.

Landstraße ja, Rennstrecke naja

Gemächlich-touristische Gangart liegt der Hornet dabei genauso wie richtig flottes Kurvenwetzen. Erst bei im Landstraßen-Kontext grenzwertigem Kurvenspeed kommt das Chassis spürbar an seine Grenzen, erfordert erhöhten Einsatz und volle Konzentration, um die Fuhre auf der angepeilten Linie zu halten. Sehr schnelle Jungs und Mädels, die mit ihrer Unverkleideten gerne mal auf abgesperrter Strecke das Limit ausloten, sei an dieser Stelle ein noch sportlicher konzipiertes Naked Bike ans Herz gelegt. Alle anderen werden mit dem Handling der Hornet wohl wunschlos glücklich.

Top-Fahrwerk in der SP

Nicht nur die günstigere Massenverteilung leistet ihren Beitrag zum runderen Fahrverhalten. Ein Löwenanteil entfällt mit Sicherheit auf die hervorragend abgestimmten, voll einstellbaren Federelemente. Während die Basis-Hornet komplett auf Fahrwerkskomponenten von Showa setzt, spendiert Honda der SP-Variante hinten einen edlen Öhlins-TTX36-Dämpfer. Abseits vom goldenen Anstrich werkelt an der Front eine zwischen Basis- und Premiummodell technisch identische Showa-Gabel.

Passt so, schließlich spricht diese fein auf Unebenheiten an und lässt sich selbst durch harte Bremsmanöver nicht aus der Reserve locken. Erwartungsgemäß bietet die goldene Schwedenware am Heck ebenso wenig Angriffsfläche für Kritik: Dank des breiten Einstellbereichs von Zug- und Druckstufe lassen sich Setups von rennsportlich-hart bis komfortabel realisieren.

Zusammengefasst fahrwerkt die Hornet SP auf sehr hohem Niveau, büßt zwar etwas Komfort zugunsten von Sportlichkeit ein, wirkt aber insgesamt viel stimmiger und ausgereifter als die CB 1000 R.

Gute Ausstattung der neuen Hornet

Ein weiteres SP-Goodie sind Bremspumpe und Stylema-Sättel aus dem Hause Brembo. Obwohl die Anlage solide Verzögerung bereitstellt, dürfte der initiale Biss ruhig etwas knackiger sein. Dazu verschenkt das vorsichtig abgestimmte ABS bei Gewaltbremsungen wertvolle Meter. Einen Sportmodus oder die Möglichkeit, das ABS am Hinterrad zu deaktivieren, gibt es nicht. Schade, für uns hätten solche Features gut zum Stichwort "Sport-Production" gepasst.

Drei vorkonfigurierte Fahrmodi nehmen Einfluss auf die Einstellung von Traktionskontrolle, Motorbremsmoment und Gasannahme. Überdies lassen sich die Systeme in zwei Nutzerprofilen individuell konfigurieren. Auf Kurven-ABS sowie weitere schräglagensensitive Helfer wie Slide-Control muss die Hornet mangels IMU leider verzichten. Ein im Angesicht des angepeilten Preissegments nachvollziehbarer Einschnitt, der in der Punktewertung allerdings ein paar Zähler kostet.

Der Preis stimmt und hat seine Gründe

Dass High-Performance-Anspruch und Spardiktat nicht immer perfekt zusammenpassen, offenbart sich bei der Verarbeitung und bei Details. Der angeschweißte statt angeschraubte Heckrahmen ist im Hinblick auf den Kostendruck nachvollziehbar, steigert das Risiko eines wirtschaftlichen Totalschadens bei Stürzen oder Auffahrunfällen jedoch ungemein. Die Zeche zahlt am Ende der Besitzer – für uns ein klarer Fall von am falschen Ende gespart. Überdies hat die Ansehnlichkeit der Schweißverbindungen gegenüber der CB 1000 R sichtbar nachgelassen. Und auch das mattschwarze Stahl-Ofenrohr am Heck mag nicht so recht ins SP-Gesamtbild passen.

Fehlende Gepäckhaken an den Soziusrasten sind dagegen verschmerzbare, wenn nur bedingt nachvollziehbare Sparmaßnahmen. Sieht man über die genannten Einschnitte hinweg, ist die Verarbeitungsqualität auf Honda-typisch hohem Niveau und überzeugt mit einem ansehnlichen Finish. Auf der Habenseite stehen außerdem 12 000-Kilometer-Inspektionsintervalle und ein überzeugendes LED-Lichtsystem mit klarer Ausleuchtung und scharfen Konturen.

Yes, I like it

Also, lieber Franzose am Pass, reden wir Klartext: "Yes, I like it." Und ja, Honda hat bei der ersten 1000er-Hornet vieles gut gemacht und im Vergleich zur CB 1000 R verbessert. Aber … (siehe Fazit)

Technische Daten
Honda CB 1000 Hornet SP (2025)
Motor4, Reihenmotor
Leistung115,0 kW / 157,0 PS bei 11.000 U/min
Hubraum1000 cm³
Sitzhöhe809 mm
Grundpreis11.500 €