Eilig haben sie es immer, die drei KTM-Einzylinder. Ganz besonders beim LC4-Triathlon in Barcelona: munteres Kurvenwetzen mit der KTM 690 Duke R, herzhafte Offroad-Tour mit der KTm 690 Enduro R und knackiger Kartstrecken-Drift mit der KTM 690 SMC R.
Eilig haben sie es immer, die drei KTM-Einzylinder. Ganz besonders beim LC4-Triathlon in Barcelona: munteres Kurvenwetzen mit der KTM 690 Duke R, herzhafte Offroad-Tour mit der KTm 690 Enduro R und knackiger Kartstrecken-Drift mit der KTM 690 SMC R.
Ein kurzer Blick in den Programmablauf beim Frühstück lässt bereits erahnen: Es könnte ein langer Tag werden. Insofern passt die Bezeichnung Triathlon ganz gut, wenn auch keine Stoppuhr mitläuft. Die KTM-Strategen hatten ausgeheckt, auf sportliche Weise in komprimierter Form die erfolgreichen 690er-Varianten zu präsentieren.
Richtig neu ist eigentlich keine von denen. Aber immerhin feiert in diesem Jahr die KTM 690 Duke ihr 20-jähriges Jubiläum. Und die anderen beiden Versionen, KTM 690 Enduro R und KTM 690 SMC R, übernahmen im aktuellen Modelljahr den moderneren Ride-by-Wire-Antrieb mit Doppelzündung aus der Duke, bekamen außerdem ein abschaltbares ABS sowie Fahrwerksverbesserungen. Widmen wir uns also mal einen ganzen Tag lang diesen drei Hochleistungs-Singles, die in ihrem Segment völlig konkurrenzlos sind.
Pünktlich um 8.00 Uhr morgens fällt vorm Hotel in Barcelona der Startschuss. Erster Abschnitt des Triathlons: Geländetour mit der KTM 690 Enduro R, die mit geringem Gewicht, schmaler Silhouette und ellenlangen Federwegen den hauseigenen EXC-Sportenduros schon ziemlich nahekommt. Zunächst geht es rund 60 Kilometer auf der Autobahn Richtung Taragona. Pirelli MT 21 sind aufgezogen, grobe Offroad-Pneus, die aber auf der Straße überraschend guten Grip aufbauen und selbst bei höherem Tempo kein Schlingern generieren.
Über verwinkelte Landstraßen und Schleichpfade, auf denen man sich von den guten Allround-Qualitäten der Hardenduro überzeugen kann, erreicht die Gruppe schließlich dünn besiedeltes Enduro-Gebiet. Ein gigantischer Freizeitpark, von dem der deutsche Offroad-Fan nur träumen kann. Ein sich endlos durch hügeliges Terrain ziehender Pfad passt optimal zum handlichen Charakter der KTM 690 Enduro R. Spielerisch folgt sie den Lenkbefehlen, weit kann der Fahrer auf der straffen Sitzbank zum Lenker rücken, um Druck aufs Vorderrad zu bringen. Schnellere Passagen geben eine Ahnung davon, welche Power der Einzylinder auf den Boden bringen könnte, wenn ausreichend Grip vorhanden ist. Knapp 70 PS sind offroad mehr als genug.
Wichtiger ist, wie elegant sich diese Leistung bei der KTM 690 Enduro R dosieren lässt. Kaum vorstellbar, dass der Fahrer die Drosselklappen gar nicht selbst betätigt. Selbst altgediente Vergaser-Fans müssen zerknirscht zugeben, dass eine solch sanfte wie berechenbare Kontrollierbarkeit nur dank ausgeklügelter Elektronik zu bewerkstelligen ist. Hervorragend schlägt sich das neue Offroad-ABS, das auf Wunsch allein das Vorderrad kontrolliert.
Das Fahrwerk ist für eine Sportmaschine recht weich gefedert, schluckt trotzdem mal eine tiefe Rinne, die man im Staub des Vordermanns übersehen hat. Vor einem mit fiesen Steinen gespickten Bachbett hält der Tourguide. Wer will mit in den Bach? Natürlich alle. Selbst grobes Geläuf stellt die KTM 690 Enduro R nicht vor unüberwindliche Probleme. Wenn man auch konstatieren muss, dass in extremem Gelände eine echte Sportmaschine leichtfüßiger wirkt, da geht es schlicht und einfach um jedes Kilo. Aber irgendwie wurschteln sich auch die weniger routinierten Kollegen hier durch, was sicherlich für ein gelungenes Gesamtpaket und gute Beherrschbarkeit der Enduro R spricht. So macht sich der Trupp auf die anschließende Verbindungsetappe zur Kartstrecke.
Dort ist Wechselzone. Das heißt umziehen, denn hier stehen die beiden Straßenversionen des Einzylinders bereit. Zunächst kommt die Duke dran, für die KTM eine herzerfrischende Runde durch die Berge ausgeheckt hat. Dass auch hier nicht getrödelt wird, war ohnehin jedem Teilnehmer des LC4-Triathlons klar. Zur Verfügung standen beide Duke-Varianten, der Autor konnte sich eine KTM 690 Duke R sichern. Für den Parforceritt die bessere Wahl, hat sie doch eine Top-Bremse mit Brembo-M 50-Zange, ein hochwertiges und voll einstellbares Fahrwerk, eine bessere Ergonomie dank höherer Sitzbank – und nicht zuletzt den besseren Sound wegen des serienmäßigen Akrapovic-Titandämpfers.
Tolle Teile, die bei sportiver Gangart den Unterschied machen. Und zu forschem Tempo verleitet der drehfreudige Einzylinder permanent. Wenn die vollgetankt nur 164 Kilogramm leichte Duke mit Qualm aus engen Kurven schnalzt, hätte selbst ein engagiert bewegter Supersportler seine liebe Mühe. Ein ums andere Mal lupft es im zweiten Gang ungewollt das Vorderrad. Ein Funbike im Wortsinn. Nur für die KTM 690 Duke R bieten die Mattighofener den Zubehör-Dongle, der das ABS komplett oder nur fürs Hinterrad abschaltbar macht. Ein unterhaltsames Extra für die spaßorientierte Drifter-Fraktion. Einziger Kritikpunkt: Hin und wieder landet man beim Schalten im Leerlauf zwischen den Gängen.
Den Abschluss des Dreikampfs bildet die Supermoto KTM 690 SMC R, mit der auf der Kartstrecke Grenzbereiche der Haftung ausgelotet werden dürfen. Eigentlich auch kein reines Renngerät, ist die SMC trotzdem locker in der Lage, das Tempo der Racing-Spezialisten mitzugehen. Ein leichtes Handling, gute Bremsen und eine hervorragende Sitzposition tragen dazu bei. Auch hier schränkt das ABS den Spaß nicht ein, weil das Supermoto-ABS nur am Vorderrad und dort spät eingreift. Obwohl Spitzenleistung und Drehfreudigkeit des 690er-Motors beeindrucken, begeistert auf der Piste vor allem der sanfte Leistungseinsatz des Ride-by-Wire-Triebwerks, der das Jonglieren entlang der Rutschgrenze erleichtert. Okay, etwas mehr Sound wäre vielleicht ganz hilfreich, damit der eigene Motor innerhalb eines Pulks offener Renngeräte noch zu identifizieren ist.
16.00 Uhr, die Zielflagge wird geschwenkt, die Fahrer zeigen erste Ermüdungserscheinungen. Schnell zurück ins Hotel und ab zum Flughafen. Ein anstrengender, aber extrem unterhaltsamer Wettbewerb. Wer gewinnt? Auf jeden Fall eine LC4. So unterschiedlich die drei Sportgeräte sind, kann es aber eigentlich nur eine Antwort geben: alle drei.
Bereits 1986 stellte KTM den ersten LC4-Motor vor, einen modernen, leichten Einzylinder mit viel Leistung. Mit diesem klassisch-rauen Dampfhammer hat der aktuelle, 2007 vorgestellte Motor nichts mehr zu tun. Mit rund 70 PS bei nur 38,5 Kilogramm Gewicht ist der vibrationsarm laufende 690er-Einzylinder absolut konkurrenzlos. Zumal er seine Haltbarkeit in Dakar-Rallyes oder im MOTORRAD-Dauertest über 50.000 Kilometer bewiesen hat. KTM hat die Service-Intervalle jüngst sogar auf 10.000 Kilometer verlängert. Das kompakte Triebwerk hat einen abgeschotteten Kurbeltrieb, um die innere Reibung zu reduzieren. Eine Ölpumpe saugt das Öl permanent hinaus, eine zweite versorgt die Schmierstellen mit Drucköl. Nur 1,3 Liter Öl zirkulieren im Motor.
Bereits 2012 modernisierte KTM die Duke-Antriebseinheit mittels Ride-by-Wire und Doppelzündung, bei der zwei unterschiedliche Zündkerzen ihre eigenen Mappings besitzen. Durch diese Maßnahmen konnte dem Power-Single eine einzigartige Laufkultur anerzogen werden. Der Motor ist trotz des gewaltigen Hubraums dank eines sehr günstig geformten Brennraums bereits für die kommende Euro-4-Abgasnorm gerüstet. Ganz nebenbei ergibt die saubere Verbrennung einen niedrigen Verbrauch, im Top-Test verbrauchte die Duke 2012 nur 3,8 Liter/ 100 km. Das Ride-by-Wire ist zudem im Vergleich zur Drosselklappenbetätigung über Bodenzug eine sichere Lösung, da hier leicht elektronische Rückfallebenen installiert werden können. Über einen Map-Selector lassen sich drei unterschiedliche Kennfelder anwählen, die das Ansprechverhalten vor allem im Bereich unterhalb 4000/min beeinflussen. SMC und Enduro verfügen dazu über ein weiteres spezielles Mapping für Benzin von minderer Qualität.
KTM 690 Duke R | KTM 690 Enduro R | KTM 690 SMC R | |
Bauart | Einzylinder-Viertakt-Motor | Einzylinder-Viertakt-Motor | Einzylinder-Viertakt-Motor |
Ø Saugrohr | 46 mm | 46 mm | 46 mm |
Kupplung | Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping) | Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping) | Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping) |
Bohrung x Hub | 102,0 x 84,5 mm | 102,0 x 84,5 mm | 102,0 x 84,5 mm |
Hubraum | 690 cm³ | 690 cm³ | 690 cm³ |
Verdichtung | 12,6:1 | 12,6:1 | 12,6:1 |
Leistung | 51,5 kW (70 PS) bei 7500/min | 49,0 kW (67 PS) bei 7500/min | 49,0 kW (67 PS) bei 7500/min |
Drehmoment | 70 Nm bei 5500/min | 68 Nm bei 5500/min | 68 Nm bei 5500/min |
Höchstgeschwindigkeit | 189 km/h | 170 km/h | 180 km/h |
Rahmen | Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend | Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend | Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend |
Gabel | Upside-down-Gabel, Ø 43 mm
| Upside-down-Gabel, Ø 48 mm | Upside-down-Gabel, Ø 48 mm |
Bremsen v/h | Ø 320/240 mm | Ø 300/240 mm | Ø 320/240 mm |
Räder | 3.50 x 17; 5.00 x 17 | 1.85 x 21; 2.50 x 18 | 3.50 x 17; 5.00 x 17 |
Reifen | 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17 | 90/90 21; 140/80 18 | 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17 |
Radstand | 1466 mm | 1504 mm | 1480 mm |
Lenkkopfwinkel | 63,5 Grad | 63,0 Grad | 63,0 Grad |
Nachlauf | 115 mm | 115 mm | 112 mm |
Federweg v/h | 150/150 mm | 250/250 mm | 250/250 mm |
Sitzhöhe | 855 mm | 930 mm | 930 mm |
Gesamtgewicht vollgetankt | 164 kg | 152 kg | 154 kg |
Zuladung | 186 kg | 198 kg | 196 kg |
Tankinhalt/Res. | 14,0/3,2 Liter | 12,0/2,5 Liter | 12,0/2,5 Liter |
Serviceintervalle | 10 000 km | 10 000 km | 10 000 km |
Preis/Nebenkosten | 9995/250 Euro | 8495/250 Euro | 8695/250 Euro |
So ein langer Tag mit den LC4-Einzylindern schafft jede Menge Probleme. Der Muskelkater danach ist sicherlich das kleinere, das löst sich von selbst. Das größere ist die Frage: welche nehmen? Oder passen vielleicht sogar alle drei in die Garage? Aber wie das finanzieren? Denn die drei Modelle machen jeweils in ihrem speziellen Umfeld gewaltigen Spaß. Fantastisch, welche Manieren die Österreicher den Einzylindern anerzogen haben. Und welche Power, welche Dynamik und welch spielerische Umgangsformen sie besitzen. So viel ist klar: Es gibt nichts Vergleichbares.