
Honda steht ja seit jeher in dem Ruf, besonders funktionale, zuverlässige und solide Motor-räder zu bauen. Dieser Ruf gründet -unter anderem auf Fahrzeugen wie der seligen CX 500, besser unter ihrem Spitznamen Güllepumpe bekannt, oder der nahezu unkaputtbaren Transalp. Honda-Motorräder gelten aber auch als eher emotionsarme Fahrzeuge. Dieser Ruf gründet sich unter anderem auf denselben Modellen.
Im Segment der Supersport-600er hielt seit 1986, natürlich regelmäßig modernisiert, die CBR 600 F die Honda-Fahne hoch. Anfang der Nuller-Jahre war ihr recht gemäßigtes Konzept, das sogar einen Hauptständer beinhaltete, gegenüber der Konkurrenz zumindest auf der Rennstrecke stark ins Hintertreffen geraten. Das konnte Honda nicht hinnehmen und präsentierte 2003 auf der Rennpiste von Estoril einen zumindest für die eigenen Verhältnisse radikalen Supersportler: die CBR 600 RR .
Der Tester war voll des Lobes über die Neukonstruktion, lobte das präzise Fahrverhalten, den drehfreudigen Motor und die kräftigen Bremsen. Beim ersten Vergleichstest relativierte sich die Euphorie dann ein wenig. Trotz explosiven Motors, präzisen Fahrverhaltens und top -Ergonomie schaffte es die RR nur auf den zweiten Platz hinter der Kawasaki ZX-6R. Hauptkritikpunkt war die viel zu weiche Abstimmung der konventionellen Gabel, die sogar im Landstraßenbetrieb gelegentlich hart auf Block ging. Dieses Manko wurde dann mit dem 2005er-Modell, dessen Präsentation ebenfalls in Estoril stattfand, beseitigt. Eine deutlich straffer abgestimmte Upside-down-Forke zierte fortan die Front. Zudem speckte das Rennerle sieben Kilo ab und legte auf dem Papier nochmals drei PS zu. Auf dem Prüfstand wurden die Werksangaben aber stets knapp verfehlt. Im Feld der Konkurrenz erwies sich der Antrieb dann auch als relativ spurtschwach und leistungsarm, was aber nur beim ernsthaften Einsatz auf der Renne wirklich störte. Im Alltagsbetrieb konnte die CBR nach wie vor mit ihrem umgänglichen Wesen überzeugen.
2007 gab es dann den nächsten Paukenschlag von Honda, die PC 40. Mit einer auf dem berühmten weißen Blatt Papier begonnenen, radikalen Neukonstruktion holten die Japaner zum Rundumschlag aus. Das Ergebnis war nochmals acht Kilogramm leichter und drei PS stärker als die Vorgängerin und damit nominell 120 PS stark. Wobei diese Leistung auf dem Prüfstand sogar noch überboten wurde. Der generell umgängliche Charakter blieb auch bei dieser Doppel-R erhalten. Im Alltagsbetrieb gibt auch sie sich deutlich umgänglicher als beispielsweise eine YZF-R6, wobei sie auf der Rennstrecke noch später bremsbar, um die Ecken noch schräger biegbar und am Kurvenausgang noch früher beschleunigbar war. Ein elektronischer Lenkungsdämpfer unterstützt seit 2007 den Piloten bei seinen Bemühungen um eine gute Rundenzeit. Seit 2009 gibt es auf Wunsch sogar ein rennstreckentaugliches ABS, aber dieses Modell taucht bislang erst vereinzelt auf dem Gebrauchtmarkt auf. Häufiger sind sie als Tageszulassungen mit null oder wenig Kilometern zu finden. Derart konditioniert war es dann nicht wirklich überraschend, das die PC 40 bei Vergleichstests am Ende meist ganz oben auf dem Stockerl stand. Besonders der nun richtig gut gehende Antrieb hatte es den Testern angetan. An Handling, Feedback und Einlenkverhalten gab es ja auch vorher schon wenig auszusetzen, die nochmals strafferen Dämpfungselemente mit weitem Einstellbereich steuerten auch den einen oder anderen Punkt zum Gesamtsieg bei.
Der generell gutmütige und umgängliche Charakter der 600er-Doppel-R ist wohl auch nicht ganz unbeteiligt daran, das in den letzten zehn Jahren der Supersport Titel der IDM viermal an Honda ging (2003, 2004, 2006, 2009). Und es wird wohl auch seinen Grund -haben, dass die Einheitsmotoren der -Moto2-Weltmeisterschaft auf getunten CBR-RR-Motoren basieren. Von mechanischen Defekten hört man hier wie dort kaum etwas.
Was bedeutet dies alles nun für den Gebraucht-Interessenten? Bei der Recherche zu dieser Geschichte glich die Suche nach Problemen oder Schwächen der -berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Auch ein Blick in die zuständigen Foren (www.honda-board.de, www.cbr-forum.de) hilft nicht wirklich weiter. Selbst nach intensivem Studium kommt der geneigte Leser zu dem Schluss, dass das Hauptproblem der RR-Eigner darin besteht, sich für einen der vielen Zubehör-Auspuffe entscheiden zu müssen. Die Gretchenfrage lautet: Arrows oder Akrapovic? Oder doch lieber Bodis? Dann gäbe es auch noch Shark und Leovince. Die endgültige Klärung dieser Frage steht noch aus und wird heiß diskutiert. Große Aufmerksamkeit findet auch das Thema „individualisierter Kennzeichenträger“. In diesem Zusammenhang fällt oft das Wort Kellermann. Auch MOTORRAD-Kollege Andreas Bildl, der seit fünf Jahren eine 2007er-RR regelmäßig und äußerst zügig um die Rennstrecken treibt, weiß von keinen Problemen zu berichten. Lediglich in der Peripherie sieht er Verbesserungsbedarf: So lässt sich die harte Gasannahme mit einem Power-Commander in den Griff bekommen. Zum harten Runterschalten empfielt Bildl eine Anti-Hopping-Kupplung, die für Ruhe am Hinterrad sorgt.
Außerdem verbessert eine höhere Verkleidungsscheibe, beispielsweise von MRA, den Windschutz deutlich. Honda-Händler und -Tuner Wellbrock aus dem hohen Norden sagt sogar, dass man die RR - Unfallfreiheit vorausgesetzt - blind kaufen könne. Markenkollege Trinkner aus dem Süden stößt grundsätzlich ins gleiche Horn, weiß aber bei hohen Kilometerleistungen von gelegentlichem Ärger mit dem Steuerkettenspanner zu berichten. Wobei es schon schwierig ist, eine CBR mit mehr als 30000 Kilometern auf der Uhr zu finden. Er sagt auch, dass im süddeutschen Raum relativ viele Gebrauchte aus Italien auftauchen, die einer genaueren Untersuchung bedürften. Die Rückläufer aus dem Land des „fare la bella figura“ (sinngemäß: vordergründig einen guten Eindruck machen) litten deutlich häufiger als deutsche -Modelle unter hinter schicken Karbonblenden versteckten Unfallschäden und ähnlichen Rosstäuscher-Tricks.

Auch bei Honda selbst weiß man naturgemäß nichts von Problemen. 2004 gab es eine Rückruf-Aktion wegen Bruchgefahr eines Kugelkopfs des Fußbremshebel-Gestänges. Das war’s auch schon mit technischen Mängeln.
Das Angebot an gebrauchten RR ist sehr groß, interessanterweise waren zum Zeitpunkt der Recherche (Mitte Februar 2012) jeweils ziemlich genau 200 Bikes der Jahrgänge 2003/2004, 2005/2006 und ab 2007 im Angebot. Der überwiegende Teil der Offerten befand sich im Originalzustand, abgesehen vom üblichen Zubehör-Auspuff. Die meisten Maschinen -hatten zwischen 15000 und 25000 Kilometer auf dem Tacho, mechanische Wehwehchen sind also kaum zu befürchten. So kann der Interessent gemütlich darauf warten, bis das Wunschbaujahr in der Lieblingsfarbe in der Gegend angeboten wird. Wenn die üblichen Verschleißteile wie Reifen, Kettensatz und Bremsbeläge in gutem Zustand sind, und die neuralgischen Punkte wie Lenkkopfanschläge, Lenkergewichte, Gabel- und Schwingenenden, Fußrasten und Gehäusedeckel keine unfallbedingten Spuren aufweisen, dann kann man getrost zuschlagen. Einem sorgenfreien Motorradleben mit viel Fahrspaß steht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nichts im Wege. Phänomenal, oder?

Honda CBR 600 RR 2003/2004 (PC 37)
Antrieb
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 84 kW (114 PS) bei 13000/min*, 64 Nm bei 11000/min*, 599 cm³, Bohrung/Hub: 67,0/42,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 40-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben- Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat
Fahrwerk
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,0 Grad, Nachlauf: 95 mm, Radstand: 1390 mm, Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 45 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druck-stufe. Federweg vorn/hinten: 120/120 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, Erstbereifung: Michelin Pilot Sport „E“, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2060/815/1110 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 815/885 mm, Lenkerbreite: 690 mm, 201 kg vollgetankt, v./h.: 50,7/49,3%
Hinterradleistung im letzten Gang
78 kW (106 PS) bei 244 km/h
Sturz- und Verschleißteile
Bremshebel: 39,78 Euro
Kupplungshebel: 23,01 Euro
Lenkerstummel inkl. Gewicht: 266,11 Euro
Auspuffendtopf: 551,51 Euro
Fußrastenanlage (rechts): 163,51 Euro
Bremsscheibe vorn (eine Seite): 309,00 Euro
Bremsbeläge (je Sattel): 48,05 Euro
Frontverkleidung komplett: k. A.
Heckverkleidung komplett: 517,23 Euro
Verkaufte Einheiten 2967 Stück**
Gebrauchtpreise Baujahre 2003/2004 Mittlere Laufleistung: 20000 Kilometer
Durchschnittspreis: 4700 Euro
*Werksangaben, **Quelle: KBA/MPS-Berechnung

Honda CBR 600 RR 2005/2006 (PC 37)
Antrieb
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 86 kW (117 PS) bei 13000/min*, 66 Nm bei 11000/min*, 599 cm³, Bohrung/Hub: 67,0/42,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 40-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat
Fahrwerk
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopf-winkel: 66,0 Grad, Nachlauf: 95 mm, Radstand: 1395 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbar in Fe-der-basis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druck-stufe. Federweg vorn/hinten: 120/130 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, Erstbereifung: Bridgestone BT 014 „E“, „G“, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2025/825/1105 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 820/850 mm, Lenkerbreite: 650 mm, 194 kg vollgetankt, v./h.: 51,5/48,5%
Hinterradleistung im letzten Gang
77 kW (105 PS) bei 229 km/h
Sturz- und Verschleißteile
Bremshebel: 39,78 Euro
Kupplungshebel: 23,01 Euro
Lenkerstummel inkl. Gewicht: 266,18 Euro
Auspuffendtopf 551,51 Euro
Fußrastenanlage (rechts): 163,51 Euro
Bremsscheibe vorn (eine Seite): 280,36 Euro
Bremsbeläge (je Sattel): 54,91 Euro
Frontverkleidung komplett: k. A.
Heckverkleidung komplett: 517,23 Euro
Verkaufte Einheiten 2314 Stück**
Gebrauchtpreise Baujahre 2005/2006 Mittlere Laufleistung: 17000 Kilometer
Durchschnittspreis: 5400 Euro
*Werksangaben, **Quelle: KBA/MPS-Berechnung

Honda CBR 600 RR ab 2007 (PC 40)
Antrieb
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 88 kW (120 PS) bei 13500/min*, 66 Nm bei 11250/min*, 599 cm³, Bohrung/Hub: 67,0/42,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,2:1, Zünd-/Einspritzanlage, 40-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat
Fahrwerk
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,5 Grad, Nachlauf: 98 mm, Radstand: 1375 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe, elektronischer Lenkungsdämpfer. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druck-stufe. Federweg vorn/hinten: 120/135 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Guss-räder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, Erstbereifung: Bridgestone BT 015 „E“, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2010/685/1105 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 810/810 mm, Lenkerbreite: 860 mm, 186 kg vollgetankt, v./h.: 51,1/48,9%
Hinterradleistung im letzten Gang
83 kW (113 PS) bei 226 km/h
Sturz- und Verschleißteile
Bremshebel: 61,27 Euro
Kupplungshebel: 23,01 Euro
Lenkerstummel inkl. Gewicht: 266,11 Euro
Auspuffendtopf: 704,71 Euro
Fußrastenanlage (rechts): 198,56 Euro
Bremsscheibe vorn (eine Seite): 280,36 Euro
Bremsbeläge (je Sattel): 43,70 Euro
Frontverkleidung komplett: k. A.
Heckverkleidung komplett: 377,49 Euro
Verkaufte Einheiten 4996 Stück**
Gebrauchtpreise
Baujahre 2007/2008 Mittlere Laufleistung: 13000 Kilometer
Durchschnittspreis: 6700 Euro
Baujahre 2009/2010 Mittlere Laufleistung: 6000 Kilometer
Durchschnittspreis: 6000 Euro
* Werksangaben, ** Quelle: KBA/MPS-Berechnung
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