Gebrauchtberatung Yamaha GTS 1000

Gebrauchtberatung Yamaha GTS 1000
Dumm gelaufen

Zuletzt aktualisiert am 27.10.1997

Bei ihrer Präsentation auf der IFMA 1992 sorgte die Yamaha GTS 1000 für viel Aufsehen. Doch als das High-Tech-Bike mit Achsschenkellenkung, elektronischer Einspritzanlage mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator und wahlweise mit Antiblockier-System als GTS 1000 A ab 1993 dann für die Kundschaft bereitstand, wollte es kaum jemand haben. Das Aussehen der mächtigen Einarmschwinge im Vorderrad mit dem gewaltigen Federbein erregte Mißfallen. Außerdem entpuppte sich der theoretische Vorteil der Achssechenkellenkung - sensibleres Ansprechen, stabilere Radführung und Wegfall der Bremsnickbewegungen gegenüber der konventionellen Telegabel - bei den ersten Testberichten scheinbar als Nachteil. Hohe Einlenkkräfte, kippliges Fahrverhalten und starke Aufstellneigung beim Bremsen schmälerten das Fahrvergnügen erheblich. Doch die Ursache lag eher am überdimensionierten Vorderreifen und dem hohen Gewicht als an der neuen Technologie.
Die optimistische Prognose von Yamaha, pro Jahr rund 1000 Stück abzusetzen, ging gründlich daneben - die GTS 1000 erwies sich in den ersten beiden Jahren als Ladenhüter. Yamaha Deutschland versuchte zu retten, was zu retten war, und offerierte die GTS im Frühjahr 1995 zu Dumping-Preisen. Statt anfänglich rund 25000 Mark mit ABS und 23000 ohne wurden nur noch 20000 beziehungsweise 18000 Mark verlangt. Ab 1996 standen jedoch wieder die alten (hohen) Preise in der Verkaufsliste. Ein großer Erfolg war die Sonderangebotsaktion offensichtlich nicht. Heute sind von der Yamaha GTS 1000 gerade mal 1300 Stück zugelassen.
Dabei hat die (mit ABS) rund 290 Kilogramm schwere Tourenmaschine einiges zu bieten. So zum Beispiel den Vierzylindermotor, der zwar mit dem Fünfventil-Triebwerk der FZR 1000 identisch, aufgrund zahmerer Steuerzeiten aber viel elastischer ist und samtweich läuft. Auch beim entspannten Touren über Landstraßen ist kaum Schaltarbeit vonnöten, der letzte Gang zieht (fast) alles. Guten Wind- und Wetterschutz bieitet die Verkleidung, die mit zwei verschieden hohen Scheiben geliefert wird. Die Sitzposition ist sowohl für den Fahrer wie Beifahrer bequem und für das große Touren ergonomisch sehr ausgewogen. Überragend auch der bis zur Höchstgeschwindigkeit optimale Geradeauslauf.
Bei der zunächst kritisierten Achsschenkellenkung vorn stellte sich heraus (siehe MOTORRAD 11/1993), daß das schwierige Fahrverhalten der GTS weniger ihr, sondern vielmehr dem 130 Milimeter breiten Vorderreifen zuschreiben ist. Bei ausführlichen Fahrversuchen mit einem 120er Reifen auf der 17-Zoll-Felge erübrigten sich Kritikpunkte wie extreme Aufstellneigung beim Bremsen in Schräglage und kraftaufwendige Lenkbetätigung. Yamaha hielt jedoch stur an der 130er Dimension fest, homologierte allerdings die 120er Dimension nach.
Bei dem generell sehr überzeugenden Motor wurde nicht nur bei der Langstrecken-Testmaschine (siehe MOTORRAD 20/1994) der Schieberuckel-Effekt im Drehzahlbereich zwischen 2500 und 3000/min moniert. Gerade, wenn die Einspritzung für den Kat vorschriftsmäßig eingestellt ist, mager das Gemisch ab. Die optimale Einstellung sollte bei laufenden Kühllüftern zirka 3,3 bis 3,5 Prozent CO betragen, um den nötigen Kompromiß zwischen Ansprechverhalten und Effektivität des Katalysators zu erreichen.
Ist die GTS ein Säufer? Bei Autobahnjagerei kann der Benzinverbrauch schon mal über zehn Liter auf 100 Kilometer schnellen, wenn die Benzin-Kontrolle aufleuchtet, sind bei maßvoller Gashand allerdings noch gut 60 Kilometer Distanz möglich. Eines ist die GTS ganz sicher nicht, eine Maschine zum Do- it- yourself-Schrauben. Allein die Demontage der sechsteiligen Verkleidung bringt nervöse Finger zur Verzweiflung. Größere Schwierigkeiten innerhalb der ersten 50 000 Kilometer tauchen bei der Yamaha in der Regel aber auch nicht auf. Defekte, hakende Zündschlösser wurden im Rahmen der Kulanz ausgetauscht, der Kurbelwellen-Lagerschaden an MOTORAD Langstrecken-Exemplar war offensichtlich eine Ausnahme.
Zu achten ist für Gebrauchtkäufer darauf, ob sich an der Verkleidung Virbationsrisse zeigen oder ein dezenter Ölfilm am vorderen Federbein ein baldiges Ende andeutet. Ein neues kostet immerhin fast 1300 Mark, da wäre dann ein saftiger Preisnachlaß schon angesagt.
Modellgepflegt wurde das High-Tech-Bike seit seinem Erscheinen nicht, obwohl viele erwartet hatten, daß Yamaha die Kette ersetzen würde. Schließlich kommt es bei den vielen Kilos auf das Gewicht eines Kardans auch nicht mehr an. Der Interessent muß nur entscheiden, ob er sich auch noch das ABS gönnen will. Ab 1996 wird nur noch die GTS 1000 A, also volles Equipment, angeboten. Maschinen des ersten Jahrgangs werden bereits einiges unter 10 000 Mark gehandelt. Allerdings seltener von privaten Verkäufern als von Händlern, die eine GTS in Zahlung genommen haben. Die obere Kante pendelt sich um die 18 500 Mark ein.

Lesererfahrungen

Einmal richtig besohlt, erfährt das Reisemobil viel Lob. Nur die Schrauber maulen, weil sie sich ausgesperrt fühlen.

Als Fahrer einer Laverda 1000 3 CL entstand während der Reparatur des dritten Motorschadens der Wunsch nach einem zuverlässigen Zweitmotorrad. Also wurde im Juli 1995 eine gebrauchte GTS erstanden. Jetziger Kilometerstand 17000, bisher keine Reparaturen außer einer neuen Batterie. Das Thema Reifen und Handling war nach der ersten Inspektion erledigt, seitdem ist die GTS ein perfektes Reisemotorrad. Zur Kontrolle der Thermik wurde ein Ölthermometer montiert. Das Thema Kettenpflege ist nach Einbau eines Scott-Oilers passé, mein Bedarf an Schraubertips wird durch die Laverda gedeckt.Martin Goliasch, WeilheimIch gehöre zu dem kleinen Kreis der GTS-User. User, weil man mit dem Ding mit normalen Technikverstand und Selbstschrauben nicht weit kommt. Mal schnell unter die sechsteilige Verkleidung gucken - ha, ha; den Flüssigkeitsstand der hinteren Bremse kontrollieren - hi, hi. Die wirklich einmaligen Vorzüge der GTS liegen beim Fahren. Sturer Geradeauslauf, auch dann noch, wenn die Reifen abgefahren sind. Längsrillen und Fahrbahn-Markierungen - vergessen. Am Anfang machte die Einstellung des Kraftstoffgemischs mit Schieberuckeln Probleme. Die Firma Laaks in Gudensburg änderte die Einstellung, seitdem ist das Fahren auch unter voller Zuladung ein Hochgenuß. Dieses Jahr nach der Winterpause allerdings erschreckte mich das Versagen der hinteren Bremse. Ein Werkstattaufenthalt ergab: ABS-Pumpe kaputt. 4780 Mark netto. In der Pumpe waren die kleinen Steuerventile durch Feuchtigkeit in der Bremsflüssigkeit oxydiert. Yamaha übernahm die kompletten Kosten, allerdings mit der Empfehlung, die Bremsflüssigkeit zwei- bis dreimal im Jahr zu wechseln. Wenn man das über mehrere Jahre in der Werkstatt machen läßt, sind die Kosten für eine neue Pumpe bald wieder erreicht.Jörg Schmid, BaunatalIm Februar 1995 wurde mein Side-Bike MEGA COMETE mit der Zugmaschine GTS 1000 neu zugelassen. Die Entscheidung GTS oder FJ 1200 war allein optischer Natur. Uns gefiel die GTS am Beiwagen einfach besser. Durch den direkten Vergleich am Nürburgring beider Gespanne habe ich festgestellt, daß die Entscheidung zugunsten der GTS die richtige war. Inzwischen ist unser Gespann 30000 Kilometer gelaufen und hat uns noch nie im Stich gelassen. Stefan Crößmann, SchriesheimSeit März 1994 fahre ich eine GTS 1000 A und habe seither 40000 Kilometer ohne Ausfälle zurückgelegt. Flüssiges Fahren erlaubt die Dunlop D 202-Reifenpaarung. Motor, Bremsen, Sitzposition und Wetterschutz sind optimal. Fahrwerk: bester Geradeauslauf, allerdings etwas höhere Einlenkkraft auch bei 120er Vorderradreifen als bei einer Telegabel-Radführung. Ärgerlich: kein Kardan, zu kleiner, schlecht zu befüllender Tank, Rückspiegel zu kurze Ausleger, harte Sitzbank, fehlende Modellpflege. Der Mißerfolg hat viele Väter: die Achsschenkellenkung wird meist schon aus optischen Gründen abgelehnt. Falsche Originalreifenwahl und Preispolitik taten ein übriges.Ulrich André, Beckingen

Technische Daten

Yamaha GTS 1000 ATechnische Daten MotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, fünf über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, gleitgelagerte Kurbelwelle, kontaktlose Zündanlage mit Digital-Steuerung, elektronische Saugrohreinspritzung, Abgasreinigung über geregelten Katalysator, Drehstromlichtmaschine 400 Watt, Batterie 12V/12Ah, E-Starter.Bohrung x Hub 75,5 x 56 mmHubraum 1002 cm3Verdichtungsverhältnis 10,4 : 1Nennleistung 98 PS (72 kW) bei 9000/minMax. Drehmoment 10,4 kpm (102 Nm) bei 6500/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, klauengeschaltetes Fünfganggetriebe, Sekundärantrieb über O-Ring-Kette.FahrwerkBrückenrahmen aus Aluminium-Profilen mit Unterzügen, Hilfdrahmen aus Stahlrohr, Achsschenkelllenkung vorn, Doppellängslenker-Radführung, ein direkt angelenktes Federbein mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium-Profilen kegelrollengelagert hinten, Zentralfederbein über Hebelsystem angelenkt, Federbasis und Zugstufendämpfung verstellbar, Einscheibenbremse vorn mit Sechskolbensattel, schwimmend gelagert, 0 330 mm, Scheibenlbremse mit Zweikolbensattel hinten, 0 267 mm, elektronisch geregeltes ABS, Leichtmetall-Gußräder.Federweg vorn/hinten 116/130 mmFelgengrößevorn 3.50 x 17hinten 5.50 x 17 Reifengrößevorn 130/60 ZR 17hinten 170/60 ZR 17Maße und GewichteLenkkopfwinkel 66 GradNachlauf 100 mmLänge 2170 mmRadstand 1495 mmSitzhöhe 780 mmLenkerbreite 710 mmTankinhalt 20 LiterGewicht vollgetankt 290 kgZul. Gesamtgewicht 210 kgService DatenService-Intervalle alle 6000kmÖlwechsel mit Filter alle 6000kmMotoröl SAE 20 W 40Füllmengemit/ohne Filter 2,7/2,5 LiterZündkerzen NGK DPR 8 EA-9 Ventilspiel kalt Einlaß O,11 bis 0,20 mm Auslaß 0,21 bis 0,30 mm TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 216 (204) km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,8/5,0 sekVerbrauch 6,8 LiterKraftstoff Normal bleifrei Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungshebel 35 MarkHandbremshebel 22 MarkLenkerhälfte 48 MarkRückspiegel 136 MarkBlinker vorn 58 MarkTachometer 233 MarkDrehzahlmesser 320 MarkSchutzblech vorn 181 MarkScheinwerfer komplett 560 MarkVorderrad 732 MarkFederbein vorn 1291 MarkSchalldämpfer 808 MarkTank 835 MarkRahmen komplett 3234 MarkVerkleidung komplett 2107 MarkVerschleißteileKettenkit 377 MarkBremsbeläge vorn und hinten 283 MarkKupplungsreibscheiben 196 MarkBremsscheibe vorn 423 MarkLuftfilter 38 MarkÖlfilter 19 MarkABS-Pumpe 3347 MarkGaszug 58 MarkBatterie 179 Mark Stärken und SchwächenStärkenElastischer, durchzugsstarker MotorLange Ventileinstell-IntervalleGeregelter KatalysatorSchwächenProblematische OriginalbereifungKompliziertes ÖlnachfüllenSchlechter Wiederverkaufswert Test in MOTORRAD1Test 2/1993Vergleichstest 6/1993Vergleichstest 161994Langstreckentest 20/1994 Reifenfreigaben Typ 4 BHvorn hinten130/60 ZR 17 170/60 ZR 17Bridgestone Cyrox CY 17 Bridgestone CY 20Michelin A 89X Michelin M 89 XDunlop D202 F Dunlop D202Metzeler ME 33 MBS Radial Metzeler ME 55A Radial Alternativbereifung120/70 ZR 17 170/60 ZR 17Metzeler ME Z1oder Z3 Metzeler ME Z2 oder Z4Michelin A 89X Michelin M 89XMichelin Macadam 90X michelin Macadam 90XPirelli MT R 03 Dragon Pirelli MT R 04 DragonContinental Radial 2000 Continental Radial 2000120/70 ZR 17 180/55 ZR 17Bridgestone BT 50 Bridgestone BT 50Bridgestone BT 54 Bridgestone BT 54Michelin A 89X Michelin M 89XFußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.