Gebrauchtberatung: Zweizylinder-Supermotos

Gebrauchtberatung: Zweizylinder-Supermotos Vier Supermotos von KTM, BMW, Aprilia und Ducati

Supermotos - das waren einmal kleine Einzylinder-Enduros mit haftstarken Straßenreifen. Die Gummis mit Grip sind geblieben, dafür geben PS-starke Zweizylinder den Ton in der Drifter-Klasse an und wollen leistungsverwöhnte Motorradfahrer in ihren Bann ziehen. Ein Tipp für rational kalkulierende Gebrauchtkäufer?

Vier Supermotos von KTM, BMW, Aprilia und Ducati Gargolov

Meist ist es die Vernunft, die den Neukauf vereitelt: Wer einmal eine Zweizylinder-Supermoto beim Händler Probe gefahren ist, wird mit leuchtenden Augen abgestiegen sein. Starker Motor, klasse Fahrwerk, schlanke Figur, stimmiges Design. Ein echtes Spaßgerät. Doch dann folgt mit dem Blick aufs Preisschild die Ernüchterung: Weit mehr als 10 000 Euro - da ist dann schnell Schluss mit lustig angesagt. Davon künden auch die bescheidenen Zulassungszahlen. In der aktuellen Statistik des Kraftfahrtbundesamtes nehmen die Zweizylinder-Enduros eine sehr exotische Rolle ein. Die hier vorgestellten Typen kratzen im Bestand aller in Deutschland zugelassenen Motorräder gerade mal an der 4000er Marke - bei einer Gesamtmenge von über 3,6 Millionen Bikes ein eher lächerlicher Wert. Secondhand-Interessenten kann dieses Zahlengeplänkel hingegen egal sein. Vor allem auf Preispoker bedachte Käufer wittern bei Nischenmodellen die Chance auf ein veritables Schnäppchen. Dagegen muss man bei der sparsamen Auswahl oftmals Kompromisse machen. Deshalb der Tipp: nicht nur ein Modell in den Fokus nehmen. Wer sich zum Beispiel auf KTM versteift, wird die Suche desillusioniert aufgeben. Wer dagegen die Konkurrenz von Aprilia, BMW und Ducati mit abscannt, wird leuchtende Augen bekommen...

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Meinung

Gargolov
Oliver Ronzheimer, Profi-Stuntfahrer aus Köln.

Zweizylinder-Supermotos überzeugen mich nicht nur durch ihre hochwertige Machart, sondern auch durch ihr ganz spezielles Design. Auch beim Fahren ist dieser Mehrwert direkt spürbar. Für mich Highend-Fahrkultur auf zwei Rädern.

Die großen Supermotos haben für mich etwas Spezielles. Nicht nur, dass sich die Designer an diesen Bikes etwas mehr austoben durften als an „normalen“ Motorrädern. Dazu kommen hochwertige Bauteile, die dem Piloten Spielereien ermög-lichen, wo andere Fahrzeuge komponentenbedingt eher die Flügel streichen. Die kraftvollen Zweizylinder-Motoren, verbunden mit sportlich ausgelegten Fahrwerken machen natürlich auf Supermotostrecken eine sehr gute Figur: Das Eck andriften, ein kontrollierter Beschleunigungsslide aus der Kurve raus - das ist schon ein verdammt tolles Fahrgefühl. Ein weiterer Aspekt: die Agilität. Gepaart wird diese Dynamik an Bord mit einer wirklich komfortablen Laufkultur. Die kann keine Einzylinder-Supermoto bringen und heißt bei den Twins: purer Fahrspaß!

KTM 950 Supermoto

Gargolov
Im Test: KTM 950 Supermoto.

Wer hats erfunden? Na klar, die Offroadschmiede aus Mattighofen hat das Konzept der Zweizylinder-Supermotos so richtig ins Rollen gebracht. 2005 erscheint die KTM 950 Supermoto - zweifelsohne die Erste ihrer Gattung. Wer glaubt, das sich die Konstrukteure einen leichten Job gemacht haben, indem sie die 950er-Adventure einfach zum Straßenmodell umgestrickt haben, liegt komplett falsch. Die Supermoto trägt zwar den Motor der Enduro, doch das Fahrwerk ist komplett neu und genau für das Konzept entwickelt. Der Vorteil ist auf der Straße sofort spürbar: Keine sich verwindenden, endlosen Federwege, dafür direktes Ansprechen auf Lenkimpulse plus präzise Kurswahl. In dieser Wertung können zwar perfekt abgestimmte Einzylinder-Sumos noch mithalten, doch wenn Feuer angesagt ist, sehen die Singles das Rücklicht des 98 PS starken V2 mit Doppelvergasern schnell im Kurvendickicht verschwinden.

Wer die 950er stramm bewegt, sollte die von KTM als sportlich eingestufte Fahrwerksabstimmung wählen, um das Pumpen an der Hinterhand beim Herausbeschleunigen zu vermeiden. Auf Weltklasseniveau rangiert die Bremsanlage der Supermoto: Die Doppelscheibenanlage mit Radialbremszylindern lässt sich sehr fein dosieren und vermittelt ein glasklares Feedback. Bei diesem fulminanten Wirkungsgrad ist das fehlende ABS durchaus verschmerzbar. 2007 schiebt KTM die 950 Supermoto R nach. Sie verzichtet auf Tankinhalt (14,5 statt 17,5 Liter), bietet dafür aber mit der daraus resultierenden schlankeren Taille die agilere Sitzposition. Die Gabel ist mit neuer Federrate straffer abgestimmt - unterm Strich fast schon ein idealer Schnitt zwischen sportlicher Härte und notwendigem Komfort. Kleine Verarbeitungsschmankerl wie schwarz lackiertes Rahmenheck und Schwinge (Basis: unlackiert) sowie orange lackierter Rahmen (Basis: Grau) lassen die R an Wertigkeit gewinnen. 2008 folgt mit der Einspritz-990er die Wachablösung.


Plus

Motor hängt direkt am Gas, ist spritzig
Bremsen reagieren klar und präzise, lassen sich perfekt dosieren
Fahrwerk der R goldrichtig abgestimmt: genügend Komfort, reichlich Sport

Minus
Lichtausbeute sehr schwach, eher Funzel als Flutlicht
Standfestigkeit bei hartem Einsatz, ölende Dichtungen sind keine Seltenheit
Reichweite der R mit sehr kleinem Tank

Daten (Baujahr 2005)
Zweizylinder-Viertakt-75-Grad-V-Motor, 942 cm³, 72 kW (98 PS) bei 8000/min, Gewicht 206 kg, Zuladung 194 kg, Tankinhalt 17,5 Liter, Sitzhöhe 880 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Verbrauch 5,3 l/100 km (Landstraße), Super


Marktsituation
Die erste Zweizylinder-Supermoto ist auch die beste im Bestand: Knapp 1500 Exemplare sind laut KBA-Statistik auf deutschen Straßen unterwegs. Die Preise beginnen in den klassischen Verkaufsbörsen im Internet bei knapp über 5000 Euro - sprich halber Neupreis bei einem Alter von rund fünf Jahren. Die jüngeren R-Modelle werden mit rund 6500 Euro gehandelt. Die Laufleistungen belegen mit rund 3000 bis 4000 Kilometern pro Jahr, dass die 950er nicht als Tourenbike taugt. Bei der Besichtigung nach harten Kampfspuren fahnden: Schleifspuren, verbogenes Rahmenheck, lose Speichen, verschlissene Dämpfer?

BMW HP2 Megamoto

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Im Test: BMW H2 Megamoto.

Die Bayern geben gerne den Ton an. In der Klasse radikal gestrickter Funbikes müssen sie dagegen mächtig zurückstecken. Vielleicht ist es nicht jedermanns Sache, dass Spaß im Fall der HP2 Megamoto mit erhobenem Zeigefinger (allerdings ohne ABS-Bremse) präsentiert wird. Kurz gesagt: die Bayern-Supermoto ist ein Flop, aber deshalb noch lange kein schlechtes Motorrad.

Der Boxer in verschärfter HP-Version überzeugt durch satten Durchzug, erstaunliche Drehfreude und ein für BMW-Verhältnisse ungewohnt knackig abgestuftes Getriebe. Das Ganze verpackt in ein handliches Fahrwerk, das auch im Zweipersonenbetrieb noch gefällt. Materialgüte und Verarbeitung sehen bei der Megamoto auch nach Jahren noch gut aus.


Plus
Wendig durch großen Lenkeinschlag
Sitzhöhe durch einstellbares Fahrwerk (Gabelrohrüberstand) variierbar
Praktische Restweitenanzeige
Wertverlust minimal, eben typisch BMW

Minus
Seitenständer ist schlecht erreichbar
Sitzbank muss mit Spezialschlüssel entfernt werden
Staufächer nicht vorhanden
Gebraucht schwer zu kriegen


Daten (Baujahr 2007)
Zweizylinder-Viertakt-Boxer-Motor, 1170 cm³, 83 kW (113 PS) bei 7500/min, Gewicht 202 kg, Zuladung 178 kg, Tankinhalt 13 Liter, Sitzhöhe 890 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Verbrauch 4,6 l/100 km (Landstraße), Super Plus


Marktsituation
Für ein rein auf Spaß am Fahren ausgelegtes Bike war der Neupreis von 17 300 Euro beim Modellstart 2007 einfach zu hoch. Die Megamoto blieb bis 2010 ohne Preissteigerung im Programm, konnte sich aber nur schleppend verkaufen. In der KBA-Statistik kratzt die Boxer-Supermoto an knapp 400 zugelassenen Exemplaren. Das hat echten Liebhabercharakter und ist schlecht fürs Preispoker bei Verkaufsgesprächen. Gebrauchtlisten wie Schwacke führen die Megamoto mit Preisen zwischen 11 000 und 14 000 Euro. Wichtig beim Kauf von BMW-Bikes: auf ein lückenloses Scheckheft achten.

Aprilia Dorsoduro

Gargolov
Im Test: Aprilia Dorsoduro.

Auf den ersten Blick könnte die Dorsoduro die ideale Supermoto sein: die Kraft aus zwei Zylindern schöpfen, mit dem Dreiviertelliter-Motor aber nicht das raumgreifende PS-Monster mit über einem Liter Hubraum sein. Erschütternd dagegen der Gang auf die Waage. Vollgetankt pendelt die bei 211 Kilogramm aus, da lacht selbst die Konkurrenz aus Bayern ganz schön hämisch.

Bietet sie vielleicht die quirlige Dynamik einer Einzylinder-Sumo? Auch hier ist Ernüchterung angesagt. Formal macht sie auf harte Supermoto, in der wahren Landstraßenpraxis zeigt sich die Italobraut aber zu gutmütig und konventionell. Ganz schön super dagegen das Finish mit feinen Details wie per Exenter verstellbarem Ganghebel.


Plus
Freie Wahl bei der Motorabstimmung
mit drei verschiedenen Mappings
Seitenständer ist mit einem Klacks
sicher ausgeklappt
Funktional durch einstellbare Hebel

Minus

Tankentlüftung schlecht positioniert
Sitzbank zu flach konturiert, bietet sehr wenig Komfort
Gummistopfen unter der Sitzbank lösen sich, Unterbau scheuert auf Rahmen


Daten (Baujahr 2008)
Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, 750 cm³,
67 kW (91 PS) bei 8750/min, Gewicht 211 kg, Zuladung 189 kg, Tankinhalt 13 Liter, Sitzhöhe 880 mm, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h, Verbrauch 4,8 l/100 km (Landstraße), Super


Marktsituation

Klarer Vorteil der kleinsten Zweizylinder-Supermoto ist ihr Preis. 2008 steht die Dorsoduro für 8599 Euro im Handel, im Herbst des gleichen Jahres folgt eine ABS-Version, die allerdings üppig beaufschlagt wird (9299 Euro, ab 2009: 9699 Euro), 2010 kommt eine edler ausgestattete Factory mit hohem Karbonanteil und einstellbarer Gabel (9999 Euro). Das in dieser Klasse unter 10 000 Euro leichter Motorräder zu verkaufen sind, zeigt der Blick in die KBA-Statistik, wo die Dorsoduro rund 830 Einheiten belegt. Als Gebrauchte lockt die Aprilia weiterhin: kaum drei Jahre alt und mit etwas Geschick beim Handeln schon unter 5000 Euro zubekommen.

Ducati Hypermotard

Gargolov
Im Test: Ducati Hypermotard.

Es ist die späte Rache des Pierre Terblanche. Die Volksmeinung über die von ihm designte 999 als Nachfolge der legendären 916-Reihe war niederschmetternd. Dann die Mailänder Messe 2005: Ducati präsentiert seine neue Studie, atemberaubend und schön, die Hypermotard. Das Problem von Studien, dass sie in ihrer kompromisslos-radikalen Machart niemals in Serie gehen, bleibt der Hypermotard erspart. Die Supermoto kommt fast eins zu eins in die Läden. Ihr Herzstück ist ein alter Bekannter: Der luftgekühlte 1100er Twin brummte bereits in der Multistrada 1100. Ducati-typisch gibt es die Hypermotard sowohl in Standardausführung und als teure S-Klasse. 1100 S heißt: Öhlins-Federbein, kohlenstoffbeschichtete Gabelgleitrohre, Karbonblenden, Alu-Schmiederäder. Was teuer klingt, ist es auch: 2000 Euro Aufpreis kostet der Spaß im Neuzustand.

Spannende Frage: Wie fährt sich das Designerbike? Bei der 999 fiel die Form durch, dafür gefiel sie in der Praxis. Für die Hypermotard gilt leider der Umkehrschluss. Die Sitzprobe fällt zunächst positiv aus. Schmale Taille, breiter Lenker, aufrechte Position - der Pilot wähnt sich eher auf einer quirligen 600er denn auf einer mächtigen 1100er. Doch die abschüssige Sitzbank lässt ihn immer wieder nach vorne und zu nah an den Lenker rutschen. Das ist nicht nur unkomfortabel, sondern von der Grundhaltung an Bord ganz schön passiv. Damit müsste die Hypermotard in der hyperaktiven Supermoto-Fangemeinde schnell durchgereicht sein. Zumal sie im engen Winkelwerk mit schleifenden Rasten allzu früh aufgibt. Deutlich besser lässt sich die Duc auf Landstraßen mit weitem Schwung bewegen - mit einem Fahrwerk, das auch üble Buckelpisten wunderbar glatt bügelt.


Plus
Ölkontrolle einfach per Schauglas
Einstellmöglichkeiten am Federbein einfach zu bewerkstelligen
Komfortabler Soziusplatz
Display vom Lenker aus bedienbar

Minus

Klappspiegel sehen toll aus, bieten aber in der Praxis keine Rücksicht
Lichtausbeute sehr mäßig
Federbein nicht vor aufgewirbeltem Dreck geschützt


Daten (Baujahr 2007)

Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, 1079 cm³, 62 kW (84 PS) bei 7500/min, Gewicht 196 kg, Zuladung 194 kg, Tankinhalt 12,4 Liter, Sitzhöhe 855 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Verbrauch 4,3 l/100 km (Landstraße), Super


Marktsituation

Bei Ducati-Käufern isst das Auge mit: Die Hypermotard hat nicht nur als Studie begeistert, sondern wurde auch gekauft. Der KBA-Bestand listet rund 900 Exemplare auf - damit steht die Duc im Ranking der Zweizylinder-Sumos auf Platz zwei. 2007 beginnt der Verkauf von Standard- und S-Hypermotard (11 245/13 245 Euro). Beide bleiben bis 2009 im Programm und werden 2010 von der Hypermotard Evo und Evo SP (leichter, stärker) abgelöst. Seit 2010 gibt es die Baby-Hypermotard 796. Gebraucht wird das Terblanche-Bike ab 7000 Euro gehandelt. Pflicht bei der Besichtigung: Inspektionsintervalle, Zahnriemenwechsel.

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