Anfang der 80er Jahre mischte BMW mit der aufgebohrten R 80 G/S die Rallye-Szene kräftig auf. 1986 holte Honda zum Gegenschlag aus: Mit wettbewerbsfähigen Zweizylinder-Werksmaschinen dominierten die Japaner auf Anhieb die Rallye Paris-Dakar. Nach zwei weiteren erfolgreichen Jahren wurde die Africa Twin offiziell ins Honda-Programm aufgenommen. In der ersten Modellreihe von 1988 werkelte der aus der Transalp bekannte. aber auf 650 cm³ vergrößerte, wassergekühlte V2-Motor. Das Erscheinungsbild der XRV 650 war stark an der Optik der Werks-Rallye-Maschine orientiert. Einzige Kritikpunkte der Armatur-Klientel: Langbeinige störten sich am zu breiten Tank, und Kurzgewachsene hatten Probleme mit der Sitzhöhe von 880 Millimetern. Anstehende Vergleichstests mit der Konkurrenz konnte die XRV 650 unterm Strich immer für sich entscheiden, da sie trotz ihres relativ hohen Gewichts mit erstaunlichen Fahrleistungen und exzellentem Fahrverhalten aufwartete.

Diesen Siegeszug setzte die XRV 750 fort, die 1990 ihre kleinere Schwester ablöste. Die Serienausstattung wurde 1992 um den fast schon legendären Tripmaster erweitert . Für die einen ein überflüssiges Mäusekino, für die anderen ein nützliches Extra. 1993 war das Jahr der letzten großen Modellpflege. Der Tank schrumpfte gegenüber dem Vorgängermodell zwar um einen auf 23 Liter Fassungsvermögen, aber Reichweiten von über 300 Kilometern waren allemal noch drin . Die auf 865 Millimeter abgesenkte Sitzhöhe verringerte die Anzahl an Umfallern vor Ampelanlagen beträchtlich. Trotz der geringen, nur kosmetischen Veränderungen in den vergangenen drei Jahren hat die Konkurrenz weiterhin das Nachsehen und muß der XRV 750 bis heute in allen MOTORRAD-Vergleichstests den Vortritt lassen.
Zubehör und Bereifung

Ohne in einer Disziplin der absolute Reißer zu sein, kann die Honda aufgrund ihrer Ausgewogenheit, Zuverlässigkeit und des guten Preis/Leistungs-Verhältnisses nach wie vor überzeugen. Auch aus den zahlreichen Leserzuschriften geht hervor : Dieses Motorrad ist geradezu langweilig zuverläss ig. Einer der wenigen Kritikpunkte ist die schnell durchgesessene, zu schmale Sitzbank . Da hilft nur Sitzfleischtraining oder Aufpolstern. Bei Götz (Telefon 07476/9331 50) gibt's Schaumstoff und Sitzbezug zusammen für rund 100 Mark. Um die Tourentauglichkeit ihres Gefährts zu verbessern , ersetzen die meisten Besitzer die Originalscheibe durch das etwas höhere Pendant von JF Motorsport (Telefon 060021 1771), das für 169 Mark im Zubehörhandel erhältlich ist. Dank einer Allgemeinen Betriebserlaubnis entfällt der lästige und manchmal auch nicht ganz billige Gang zum TÜV. Rund zwei Drittel der Africa Twin-Fahrer haben sich darüber hinaus für die Sturzbügel von JF für 189 Mark entschieden, die dafür sorgen, daß Umfaller und leichte Stürze meist ohne Folgen bleiben.

Unverzichtbar für alle Schrauber ist der originale Honda Hauptständer (245 Mark beim Händler), der nur geringe Aufbockkräfte benötigt und sehr gut paßt. Geht es dann auf große Urlaubsfahrt, verrichten zumeist Koffersysteme von Honda oder Givi ihren Dienst. Während das Honda-System über dem Auspuff angebracht wird, was den Sitzkomfort des Sozius einschränkt, sitzt das Givi-System zwar tiefer, baut aber sehr breit. Beste, jedoch nicht ganz billige Lösung des Problems bietet die Firma RMS (Telefon 09306/8599), deren Koffer mit zusammen 70 Litern Fassungsvermögen nur 90 Zentimeter breit bauen (siehe MOTORRAD 16/1996) . Bei der Reifenwahl haben die Paarungen TW 47/48 von Bridgestone und T 66 X von Michelin die Nase vorn - unter anderem eine Frage der Lebensdauer: 15000 Kilometer sind keine Seltenheit.
Kaum Defekte

Gravierende Schwächen oder gar kapitale Motorschäden sind der Africa Twin fremd. So hat auch die XRV 750 von Heinz Engler aus Stuttgart nach 117000 Kilometern außer einer defekten Benzinpumpe noch keine Schäden zu verzeichnen. Allerdings bleibt sein Motorrad nach einigen Tagen Standzeit nicht von Startschwierigkeiten verschont - ein häufiges Übel. das am abgestandenen Sprit lieg!. Leser Hans-Peter Pius Willax hat jedoch ein wirkungsvolles Gegenmittel. Neben der Benzinpumpe sind die Tachowelle und das Lenkkopflager am häufigsten von Defekten betroffen. So mußten einige Besitzer nahezu alle 15000 Kilometer das etwas zu schwach ausgelegte Lenkkopflager austauschen Auch einige hintere Radlager blieben auf der Strecke, was den Geländeambitionen der XRV-Besitzer zuzuschreiben ist. Für deftige Cross-Einlagen ist die Africa Twin eben einfach zu schwer.

Auf leichten Schotterpisten fühlt sie sich hingegen wohl. Hervorragende Federelemente, gute Bremsen und entspannte Sitzposition sorgen auch im Zweipersonenbetrieb für beste Fahreigenschaften, vor allem auf der Straße. Wer sich zum Kauf einer gebrauchten Africa Twin entschließt, kann also sicher sein, daß er sich eines der zuverlässigsten Motorräder auf dem Markt ausgesucht hat. Ganz egal, ob es sich dabei um das 650er oder das 750er Modell handelt, Fehlkäufe sind nahezu ausgeschlossen. Hat man es dann geschafft, eine der wenigen feilgebotenen Maschinen zu ergattern, kann man sich zum Kreis der rund 11 000 Africa Twin-Fahrer in Deutschland zählen. Billig ist dieses Vergnügen jedoch nicht. Für die 650er Modelle sind noch immer rund 5000 Mark auf den Tisch zu blättern. Die erste XRV 750 von 1990 kostet in gutem Zustand knapp 7000, die Africa Twin von 1993 fast 10000 Mark. Schade nur, daß sich kaum ein Besitzer von seinem Liebling trennen will. Würde sich Honda allerdings dazu entschließen, einen großen Bruder mit 900 cm³ und 80 PS zu bauen, wäre das für viele XRV-Fahrer das Traumfahrzeug. Ob ein derart aufgepepptes Vehikel besser durch die Wüste käme, ist freilich ausgesprochen fraglich.
Technische Daten - Honda XRV 750 Africa Twin
Motor
 Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, je eine obenIiegende, über Zahnkette angetriebene Nockenwelle, je drei über Kipphebel betätigte Ventile pro Zylinder, Naßsumpfschmierung, gleitgelagerte Kurbelwelle, CDI-Zündanlage mit zwei Kerzen pro Zylinder, zwei Gleichdruckvergaser, 34,4 mm, Drehstromlichtmaschine 360 Watt, Batterie12V/14Ah, E-Starter.
 Bohrung x Hub 81 x 72 mm 
 Hubraum 742 cm³ 
 Verdichtungsverhältnis 9:1 
 Nennleistung 59PS (43 kW) bei 7500/min
 Max. Drehmoment 6,2kpm (61 Nm) bei 5500/min
 
 Kraftübertragung
 Primärantrieb über geradverzahnte Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, klauengeschaltetes Fünfganggetriebe, Sekundärantrieb über O-Ring-Kette. 
 
 Fahrwerk
 Einschleifenrahmen mit zwei Oberzügen aus Vierkantstahlrohr, Telegabel mit Luftunterstützung, Steuerkopf kugelgelagert, Standrohrdurchmesser 43 mm, Aluminium Kastenschwinge mit Zentralfederbein hinten, Federbasis und Druckstufendämpfung stufenlos einstellbar. Doppelscheibenbremse mit Doppelkolbensätteln vorn, 0 276 mm, Scheibenbremse hinten, 0 256 mm.
 
 Federweg vorn 220 mm hinten 210 mm 
 Feigengröße vorn 1.85 x21 hinten 2.75 x17 
 Reifengröße vorn 90/90-21 54S hinten 130/90-1768S
 
 Maße und Gewichte
 Lenkkopfwinkel 62Grad 
 Nachlauf 113 mm 
 Länge 2335 mm 
 Radstand 1565 mm 
 Sitzhöhe 880mm 
 Lenkerbreite 855 mm 
 Tankinhalt 24Liter Gewicht vollgetankt 237 kg 
 Zul. Gesamtgewicht 429 kg
 
 Service-Daten
 Service-Intervalle alle 12000km 
 Ölwechsel mit Filter alle 12000km 
 Motoröl SAE 10 W 40
 Füllmenge
 Ölmenge Motor 3,2 Liter 
 Ölwechsel mit Filter 2,6Liter 
 Zündkerzen NGK DPR 8 EA-9 
 Telegabelöl ATF 
 Füllmenge je Holm 635 cm³ 
 Ventilspiel kalt 
 Einlaß 0.15 mm 
 Auslaß 0,20 mm
 
 Testwerte Höchstgeschwindigkeit
 Solo 170 km/h 
 mit Sozius 161 km/h
 
 Beschleunigung 0-100 km/h 
 Solo 5,6 sek 
 Mit Sozius 6,8sek
 Verbrauch 6.2 Liter 
 Kraftstoff Normal
 
 Ersatzteil-Preise
 
 Sturzteile
 Kupplungs-Armatur 46,92 Mark 
 Lenker 124,20 Mark 
 Rückspiegel 51,29 Mark 
 Blinker vorn 71,53 Mark 
 Tachometer 404,80 Mark 
 Gabelstandrohr 285,20 Mark 
 Schutzblech vorn 231,15 Mark 
 Vorderrad 820,87 Mark 
 Auspuff 1046,50 Mark 
 Tank, lackiert 1398,40 Mark 
 Rahmen komplett 2387,40 Mark 
 Verkleidung kompl. 1488,10 Mark
 
 Verschleißteile
 Kettenkit 373,75 Mark 
 Bremsbeläge vorn 60,15 Mark 
 Kupplungskit 147,32 Mark 
 Luftfilter 42,67 Mark 
 Ölfilter 15,76 Mark 
 Tachowelle 38,53 Mark 
 Batterie 86,60 Mark
 
 Test in
 MOTORRAD
 Vergleichstest 13/1988 
 Vergleichstest 10/1989 
 Test 3/1990 
 Vergleichstest 14/1990 
 Vergleichstest 14/1992 
 Test 6/1993 
 Vergleichstest 13/1993 
 Konzeptvergleich 22/1993 
 Vergleichstest 8/1994
 
 Reifenfreigaben
 Vorn 
 90/90-21 54 S 
 Dunlop K560 
 Bridgestone 
 TW47 
 Hinten 
 130/90-17 68 S 
 Dunlop K560/660 
 Bridgestone 
 TW48
 
 Alternativbereifung 
 Vorn 
 90/90-21 54 H 
 Yokohama E-705 
 Hinten 
 1300/90-17 68 H 
 Yokohama E-705
 
 Stärken und Schwächen
 Zuverlässiger Motor 
 Sehr gute Bremsen 
 Hohe Reisetauglichkeit
 
 Zu schmale Sitzbank 
 Hohes Gewicht
Lesererfahrungen - Die Fahrer der Africa Twin sind sich einig
Selten waren sich die Leser in puncto Umbaumaßnahmen ihres Motorrades so einig wie im Fall der Africa Twin: Sturzbügel, Hauptständer und Tourenscheibe sind schon Fast Pflicht.

Wir fahren beide Africa Twin, Typ RD 04 und bleiben dabei, weil sie ein tolles und zuverlässiges Motorrad ist. Zusammen haben wir bereits 130000 Kilometer darauf zurückgelegt. Außer einer verschmutzten Hauptdüse und einer kaputten Batterie gab es bislang keine Defekte. Die Motorräder werden täglich für die Fahrt zur Arbeit benutzt und verrichten auch bei Schottereinlagen im Urlaub trotz ihres hohen Gewichts ihren Dienst. Vergangenen Winter wurden umfangreiche Umbauten vorgenommen: schmales Heck, Seitendeckel aus PVC, Rahmen kunststoffbeschichtet, Auspuff von Arrows. Es wäre schön, wenn Sie unsere Telefonnummern veröffentlichen würden, damit andere "Affen-Twin-Fahrer" Kontakt zu uns aufnehmen können. 
 Ralf Brömstrup, Osnabrück, T 05 41/442624 Helmut Dierkes, Hagen,T 05401/99580
 
 Im Frühjahr 1994 kaufte ich mir die Africa Twin von einem Herrn, der mit seinen 1,60 Metern der XRV nicht ganz gewachsen war. Seitdem habe ich mit diesem Gefährt 20000 problemlose Kilometer zurückgelegt. Der Motor ist absolut vibrationsarm, springt zuverlässig an, könnte aber stärker sein und weniger Benzin verbrauchen. Weitere Kritikpunkte sind der relativ nutzlose Tripmaster und die sehr schnell durchgesessene und zu schmale Sitzbank. Das unverantwortlich breite Hepco-Becker-Kottersystem ist zwar sehr teuer, aber auch sehr solide. 
 Tobias Fuchs, Biberach
 
 Meine 1991 gekaufte XRV 650, Baujahr 1989. hat inzwischen 58000 Kilometer auf dem Buckel undlief immer problemlos. Um den Winddruck zu reduzieren, stattete ich die Maschine mit einer Spoilerscheibe von MRA aus. Anfang des Jahres wechselte ich von Bridgestone-Bereifung auf Michelin T66X (Einzelabnahme beim TÜV). Spurstabilität, Schräglagenhaftung und Handling lassen seitdem keine Wünsche mehr offen. Der Verbrauch reicht von fünf Litern bei Landstraßenfahrt bis neun Liter bei Autobahn-Vollgas. 
 Michael Wildhagen, Aachen
 
 Im Juni1991 kaufte ich mir eine neue XRV 750.Bis jetzt hat die Maschine 30000 Kilometer auf dem Tacho. Während dieser Zeit hat sie zwei Kupplungszüge und drei Tachowellen verschlissen. Als Zubehör montierte ich Hauptständer. Sturzbügel und Kofferträger. Außerdem verlängerte ich den hinteren Kotflügel nach vorn bis zur Schwinge, um das Federbein vor Verschmutzung zuschützen. Da der Motor nach längerer Standzeit schlecht anspringt, habe ich die Benzinpumpe mit einem Zeitrelais angesteuert. Dieses ist im Elektronikfachhandel für rund zehn Mark erhältlich. Sobald die Zündung eingeschaltet wird, sorgt die - normalerweise nur bei laufendem Motor arbeitende - Benzinpumpe etwa zwei Sekunden für frischen Sprit. Seit Ablauf der Garantiezeit führe ich die Wartungsarbeiten selbst durch, was mit etwas handwerklichem Geschick kein Problem darstellt, dafür eine Menge Geld spart. Ich werde meine Maschine nie verkaufen, außer für eine XRV 900 mit Kat, ABS und 80 PS.
 Hans·Peter Pius Willax, Hohenschambach
 
 Ich habe meine 1990 gekaufte XRV mit Honda-Kofferträger, JF-Sturzbügel und aufgepolsterter Sitzbank aufgerüstet. Auf über 54000Kilometern hatte ich bisher lediglich ein Radlager und das Lenkkopf-Kugellager zu beklagen. Das Lenkkopflager ersetzte ich durch das Kegelrollenlager der XRV 650 (gleiche Einbaumaße). Die Kombination von großer Tourentauglichkeit, gutem Fahrwerk, guten Bremsen und hoher Zuverlässigkeit macht die Africa Twin für mich zum idealen Motorrad. 
 Michael Fister, Schonungen
 
 Die Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Außerdem kann MOTORRAD keine Garantie für die Gefahrlosigkeit der geschilderten Umbaumaßnahmen leisten.












