MOTORRAD erklärt: Warum die 48-PS-Klasse meist keine 48 PS hat

Warum die 48-PS-Klasse meist keine 48 PS hat
Bei der A2 macht das Gewicht die Leistung

Veröffentlicht am 21.05.2023

Es ist eine großartige Werbung, ein Motorrad anbieten zu können, das in die beliebte A2-Klasse passt. Es darf also maximal 48 PS haben. Hat es meist aber nicht. Die wenigsten Kräder, die mit "A2-tauglich" beworben werden, schöpfen die erlaubte Spitzenleistung aus. In der Fotoshow seht ihr Bilder aus dem aktuellen 48-PS-Vergleich von MOTORRAD.

Kleiner Hubraum, wenig Leistung?

Vorwiegend fehlen 4 bis 6 PS, gerade in der Klasse der 350er bis 450er. Sind diese Motoren bereits an ihrer Grenze? Wohl kaum, denn die 500er-Klasse von Honda mit 471 Kubik leistet volle 35 Kilowatt oder 48 PS. An der Motorengröße kann es kaum liegen, denn auf anderen Märkten leisten 400er-Motoren des gleichen Herstellers teilweise über 50 PS.

Interessant: Die neue CFMoto 450 SR ist in Europa mit exakt 449,5 Kubik auf 34,5 kW oder knapp 48 PS abgestimmt. Im Heimatland China und anderen fernöstlichen Ländern ist der Renner mit knapp 51 PS deutlich stärker.

Diese 48-PS-Kräder haben weniger als 48 PS

Beispiele für A2-Kräder, die überraschend wenig leisten, gibt es einige und prominente. In der Käufergunst weit oben: die KTM Duke 390. Sie leistet aus 373 Kubik A2-konforme 44 PS und vor dem Hintergrund enorm leistungsstarker Motoren von KTM stellt sich die Frage: Die 4 PS auf 48 können doch keine Raketenwissenschaft sein.

Selbst der 399er-Twin von Kawasaki in der Z400 und Ninja 400 bleibt mit 45 PS knapp unter der Grenze.

Und die 300er-Modelle R3 und MT-03 von Yamaha, mit Twin-Motor und 321 Kubik, leisten 6 PS weniger als die maximal erlaubten, wobei der recht kleine Hubraum ein Indiz sein könnte.

Doch an der Größe des Motors oder der Zylinderzahl liegt es nicht ausschließlich, dass "A2" eben nicht immer 48 PS bedeutet.

Das Gegenbeispiel: Honda holt aus seinem 500er-Twin, der tatsächlich nur 471 Kubik hat, in jeder der 5 CB-Modellvarianten exakt 35 Kilowatt Spitzenleistung raus.

Die Sache mit dem Leistungsgewicht

Die Zulassung als A2-Motorrad fußt auf 2 Bedingungen: Besagte 35 Kilowatt Spitzenleistung und – das ist Antwort auf die Frage – einem Mindestgewicht von 0,2kW/kg. Wenn der Motor also 35 Kilowatt leisten soll, muss das fahrfertige Motorrad mindestens 175 Kilogramm wiegen, denn 35 geteilt durch 175 ergibt 0,2.

Wiegt ein A2-Krad weniger als 175 Kilogramm, muss die Leistung sinken. Und hier schließt sich der Kreis zu den 500er-Hondas. Die CB 500 F wiegt fahrfertig 189 Kilogramm, während die nächst schwächere prominente Kawasaki Z 400 mit 45 PS nur 169 Kilogramm wiegt. So dürfte die Kawasaki rein rechnerisch sogar 45,9 PS haben.

Doch eine Sache des Hubraums (?)

Die KTM 390 Duke dürfte mit 168 Kilo fahrfertig ebenfalls 45,7 PS leisten, bleibt trotzdem mit 44 PS etwas darunter, was so auf den vergleichsweisen kleinen Hubraum von 373 Kubik hinweist und/oder auf eine gewünschte Abstimmung der hochdrehenden Einzylinder.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kann kommen, wer die MT-03 von Yamaha so betrachtet: Sie dürfte mit 168 fahrfertigen Kilogramm ebenfalls knapp 46 PS leisten, wird allerdings vom Twin mit nur 321 Kubik limitiert, der ohnehin seine Spitzleistung von 42 PS erst bei 10.750 Touren erzeugt. Da dürfte kaum Luft für 6 PS oder über 10 Prozent Mehrleistung sein, um die geltenden Abgaswerte zu erfüllen.

Und so errechnet sich einfach das Mindestgewicht der CFMoto 450 SR, das natürlich über 175 Kilo liegen muss und mit 179 Kilo sogar noch etwas schwerer als gefordert ist.

Warum müssen die 48 PS so schwer verpackt sein?

Wenn eine Fahrerlaubnisklasse die Leistung anhand Mindestgewicht beschränkt wird, soll das primär das Beschleunigungsvermögen vermindern. Denn ein Motorrad mit 175 Kilo zieht erfahrungsgemäß langsamer durch als ein Modell mit 145 Kilo, wenn beide 48 haben. Das soll die Einsteigerklasse vor schwer kontrollierbaren Geschwindigkeitsanstiegen, ungewollten Wheelies und durchdrehenden Hinterrädern schützen. Und sorgt umgekehrt für günstigere Motorräder, die technisch nicht auf die Spitze getrimmt sein müssen.

Und umgerechnet hat selbst ein A2-Krad mit vollen 48 PS bei Mindestgewicht (3,64 kg/PS) ein leicht besseres, mathematisches Beschleunigungsvermögen als ein Pkw mit 1,8 Tonnen und 450 PS (3,97 kg/PS). Also, absolut ausreichend.