Husqvarna 701 Supermoto im Fahrbericht

Husqvarna 701 Supermoto im Fahrbericht Husky für die Straße

Husqvarna, die kleine Konzern-Schwester von KTM, soll sich auch auf der Straße bewähren. Die Husqvarna 701 Supermoto macht den Anfang.

Husky für die Straße Husqvarna
11 Bilder

Feiner Nieselregen hat die Straße mit einem glänzenden feuchten Film überzogen. Wer südeuropäischen Asphalt kennt, weiß, was das bedeutet: Alarmstufe dunkelrot. Eiertanz. Hochgezogene Schultern und große Augen. Einmal einen Tick zu früh ans Gas gegangen, einmal einen Hauch zu optimistisch abgewinkelt und – wupp – drücken die Nebennieren eine Extraportion Adrenalin in die Blutbahn. Doch man kann´s auch positiv sehen. Wenn ein Motorrad dem Worst-case-Eckenwetz noch einen Restfahrspaß abringen kann, dann ein Supermoto-Bike. Also, den Mutigen gehört die Welt. Die Husqvarna 701 Supermoto am breiten Lenker nehmen, umlegen, den Offroad-Stiefel sanft über den Schmierseifen-Beton gleiten lassen, aufrichten, und ab geht die Post. Und wie!

Kompletten Artikel kaufen
Husqvarna 701 Supermoto im Fahrbericht Husky für die Straße
Sie erhalten den kompletten Artikel (4 Seiten) als PDF

Der 67 PS starke 690er-Single schnippt die drei Zentner der Husqvarna 701 Supermoto selbst auf dem schlüpfrigen Geläuf mit Leichtigkeit auf die Gerade. „Holiday on Ice“ auf zwei Rädern. Doch gemach. 67 PS, Einzylinder, vollgetankt etwas mehr als 150 Kilogramm. Kommen uns diese Eckdaten nicht bekannt vor? KTM hat damit bereits in der 690 SMC R in Jahr 2008 beeindruckt – und mit ihr in der Saison 2015 immer noch sämtliche Marktforscher düpiert. Bestverkauftes KTM-Modell, Platz elf in der deutschen Zulassungsstatistik. Ein Underdog als Zugpferd. Und jetzt? Bringt Husqvarna erstmals unter der KTM-Ägide einen zulassungsfähigen Drifter an den Start.

Seit Februar 2013 gehört Husqvarna zum KTM-Konzern

Seit Februar 2013 gehört die in Schweden gegründete, zunächst von der italienischen Cagiva-Gruppe und später von BMW übernommene Marke zum KTM-Konzern. Bislang firmieren nur Motocrosser und Enduros unter dem ehemaligen skandinavischen Label, unterscheiden sich technisch jedoch nur in Nuancen von ihren orangefarbenen Schwestern. Ihre genetische Herkunft kann auch die Husqvarna 701 Supermoto nicht verleugnen. Ein von 12 auf 13 Liter vergrößerter Tank, in Gummiblöcken statt starr gelagerte Lenkeraufnahmen und Retuschen an Federungsabstimmung und Mapping (siehe auch "Was ist neu?") – die Liste der technischen Modifikationen gegenüber der KTM bleibt überschaubar.

Optisch setzen die Österreicher einen Akzent mit der bis weit über die Kunststoff-Flanken nach vorn reichenden und in schickem Weiß-blau-gelb gehaltenen Sitzbank. Auf der sich auch zuerst ein Unterschied zur KTM spüren lässt. Etwas breiter die Sitzfläche, abgerundeter die Übergänge – es sitzt sich komfortabler als auf dem kantigen Gestühl der KTM. Natürlich, von flauschig ist auch bei der Husqvarna 701 Supermoto keine Rede. Muss auch nicht. Denn Attacke ist bei diesem eindeutig ausgerichteten Konzept Programm. Allein die herrlich leicht zu bedienenden Armaturen animieren zum frechen Auftritt. Mit einer Fingerkuppe lassen sich die Hebel für die Anti-Hopping-Kupplung und Bremse ziehen, zwischen Daumen und Zeigefinger der E-Gasgriff fast widerstandslos abrollen. Und der Single antwortet so spontan wie ein Touchpad auf jede Berührung. Hackt nur im Drehzahlkeller, also unterhalb von etwa 3000 Umdrehungen, auf die Kette ein, um darüber im Eiltempo durchs Drehzahlband zu peitschen.

145 Kilogramm trocken und 67 PS

Dass er zur Saison 2012 mit 4,5 Millimeter längerem Hub auf volle 690 cm³ Hubraum aufgestockt wurde, hat den Treibsatz keinen Deut von seiner Spritzigkeit gekostet. Wohl auch, weil der technische Aufwand beträchtlich ist. Ein elektrischer Stellmotor öffnet die Drosselklappe präzise, zwei unterschiedlich große, von je einem separaten Kennfeld angesteuerte Zündkerzen fackeln das Gemisch geordnet ab. Dass ein Teil der 25-köpfigen Husqvarna-Entwicklungscrew das Mapping noch etwas feinjustiert hat, mag man glauben. Gefühlt geht der Single der Husqvarna 701 Supermoto noch einen Tick kultivierter ans Gas als im traditionellen Umfeld, spricht selbst in der Advanced-Abstimmung, der schärfsten der drei Mapping-Varianten, gut beherrschbar an. Die nun in Gummi gelagerten Lenkerböcke glätten den Auftritt zusätzlich. Sinnvoll ist die Maßnahme bei derart voluminösen Eintöpfen ganz bestimmt. Eklatant ist die Differenz zur ohnehin gut erzogenen KTM-Basis jedoch nicht.

Auch nicht in Sachen Motor. Denn der große Pott drückt wie kein Zweiter voran. 67 PS stehen auf dem Datenblatt, 70 PS hat MOTORRAD bei KTM-Testmaschinen in der Vergangenheit gemessen. Konkurrenz kennt die Husqvarna 701 Supermoto denn auch nur innerfamiliär. Eine Yamaha XT 660 X, BMW G 650 GS (beide 48 PS) oder die neue SWM SM 650 R (54 PS) bleiben auf Respektabstand. Auch wegen der Sportsfigur der Husky. 145 Kilogramm trocken geben die Mannen aus der Alpenrepublik an. Auch das ist glaubhaft, streichelte die vollgetankte SMC R die MOTORRAD-Waage mit gerade mal 154 Kilogramm.

Husqvarna
Bloß kein Orange: Die Verkleidung in den Husqvarna-Farben und die weit nach vorn gezogene Sitzbank verleihen der 701 Supermoto eine eigenständige Optik.

Mit ein Grund, weshalb die Husqvarna 701 Supermoto sogar bei Sprühregen für Hochstimmung sorgt. Wie das sprichwörtliche Fahrrad biegt sie um die Ecken, vermittelt dem offroadig positionierten Piloten das Gefühl, immer Herr der Lage zu sein. Das Vorderrad mit dosiertem Gasstoß über Längsfugen leicht machen, vor Querrillen sich etwas aus dem Sattel stemmen – die Husky bezieht den Piloten aktiv ins Geschehen ein. Und wieder lässt sich auf dem glatten Geläuf nur erahnen, dass die Techniker die Umlenkung des Federbeins weniger progressiv und die Dämpfung der Gabel etwas komfortabler abgestimmt haben. Sei´s drum. Schon bei der KTM überraschten die Federelemente von WP Suspension mit einem für ein derart sportliches Konzept ordentlichem Komfort und tun dies in der Husky erst recht.

Apropos Sportlichkeit. Ein Ausflug auf die Kartbahn rundet die Jungfernfahrt ab. Schade, dass die feuchte Piste wieder lediglich die Feinmotorik der Husqvarna 701 Supermoto fordert. Kenner wissen, dass der Big Single auf trockener Piste selbst in vollem Zulassungs-Ornat den federleichten 450er-Production Racern einheizen kann. Und im Nassen sowieso. Ob in der Standard-Abstimmung oder der per Knopfdruck aktivierbaren Supermoto-Einstellung (ABS am Hinterrad abgeschaltet) regelt der Blockierverhinderer artgerecht erst auf den letzten Drücker. Rutscher sind dennoch vorprogrammiert. Denn die im Trockenen bekannt gutmütigen ContiAttack SM schliddern auf dem nassen Asphaltgeschlängel vor allem am Vorderrad noch furchterregender als auf der Landstraße.

Strich 180 auf der Autobahn

Erst die Autobahn auf dem Rückweg bietet trockene Verhältnisse – und einen weiteren Beweis des Sporttalents dieses Konzepts. Strich 180 rennt die Husqvarna 701 Supermoto, bleibt trotz freiem Oberkörper und breitem Lenker dabei bolzenstabil auf Kurs. So wie die KTM eben.

Doch genau deshalb werden wahrscheinlich weder die technischen Unterschiede noch der marginale Preisunterschied über die Akzeptanz der Husqvarna 701 Supermoto entscheiden. Nach siebenjähriger Erfolgsgeschichte der SMC R könnte sich vielleicht so mancher Freizeit-Drifter nach einem Farbtupfer im orangen Einheitslook sehnen. Vielleicht nach einem weiß-blau-gelben.

Technische Daten Husqvarna 701 Supermoto

Husqvarna
Kombination: Das Kunststoff-Rahmenheck bunkert den Spritvorrat – einen Liter mehr als die SMC R.

Was ist neu?

Husqvarna
Husqvarna 701 Supermoto.

Die technische Basis der neuen Husqvarna 701 Supermoto bildet die KTM 690 SMC R. Folgende Modifikationen unterscheiden die Husky von ihrem Schwestermodell:

  • Sitzbank breiter und in der Form geändert
  • Tankinhalt von 12 auf 13 Liter vergrößert
  • Lenkeraufnahme in Gummi statt starr gelagert
  • Dämpfung der Gabel weicher abgestimmt
  • Umlenkhebelei weniger progressiv ausgelegt
  • Mapping geändert für eine harmonischere Leistungsentfaltung
  • Preis (9295 Euro) um 350 Euro höher (KTM: 8945 Euro)

Interview mit Jörg Steenbock (Husqvarna)

Husqvarna
Jörg Steenbock (li.), Marketing-Mann von Husqvarna-Deutschland, im Gespräch mit MOTORRAD-Redakteur Peter Mayer.

MOTORRAD: Wie laufen die Geschäfte für die Husqvarna-Sparte?

Jörg Steenbock: Wir sind sehr zufrieden. Das letztjährige Rekordergebnis haben wir bereits deutlich übertroffen und werden bis zum Jahresende über 21.000 Motorräder verkauft haben. Davon in Deutschland etwa 1500. Mit Husaberg (Red.: bis zum Jahr 2013 die Zweitmarke von KTM) haben wir von diesen Zahlen nicht zu träumen gewagt.

MOTORRAD: Da wird aber mit zweierlei Maß gemessen. Husaberg beschränkte sich auf Enduros mit anfänglich noch eigenständiger Technik. Die Husqvarna-Palette basiert technisch dagegen auf den KTM-Modellen und umfasst Enduros und Motocrosser. Da kann ein Kannibalisierungs-Effekt doch nicht ausbleiben.

Jörg Steenbock: Dieser Fall ist definitiv nicht eingetreten. KTM verkaufte in diesem Jahr 30 Prozent mehr Offroader als 2014. Und das parallel zur positiven Entwicklung von Husqvarna.

MOTORRAD: Mit der Husqvarna 701 Supermoto bietet Husqvarna erstmals ein straßenorientiertes Modell an. Husky sollte doch die Offroad-Marke von KTM werden, oder?

Jörg Steenbock: Davon war unsererseits nie die Rede. Die Husqvarna 701 Supermoto ist erst der Anfang der Erweiterung der Husqvarna-Modellpalette in Richtung Straße.

MOTORRAD: Welchen Weg wird Husqvarna einschlagen?

Jörg Steenbock: Husqvarna wird seine Modellpallette in den nächsten Jahren konsequent erweitern. Im Frühjahr 2017 werden die Vitpilen 401 und 125 erhältlich sein. Das sind avantgardistische Naked Bikes mit richtungsweisendem Design.

MOTORRAD: Im Werbeauftritt betont Husqvarna den schwedischen Ursprung der Marke. In der Realität besteht aber keinerlei Verbindung zu Skandinavien. Technik und Design entstehen vollständig bei KTM. Ist das Marketingkonzept vor diesem Hintergrund nicht zu gewagt?

Jörg Steenbock: Ganz im Gegenteil, die Unternehmensgeschichte von Husqvarna ist uns Anliegen und Verpflichtung. Die beiden neuen 701er-Modelle, so wie jedes andere aktuelle Husqvarna-Modell, beantworten diese Frage bereits auf den ersten Blick selbst. Die schwedischen Wurzeln der Marke sind ein elementarer Bestandteil jedes Husqvarna-Motorrades. Darunter verstehen wir eine schwedisch klare und kühle Designsprache. Die Motorräder sind auf das Wesentliche reduziert. Auf das, worauf es ankommt. Dies in Verbindung mit der in der KTM-Gruppe verfügbaren Toptechnologie ergibt ehrliche und geradlinige Motorräder, die ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter haben.

MOTORRAD: Die Husqvarna 701 Supermoto existiert als 690 SMC R bereits seit dem Jahr 2008 im KTM-Modellprogramm. Ist es für Husqvarna nicht zu spät, um noch nennenswerte Stückzahlen abzusetzen?

Jörg Steenbock: In diesem Segment ist die KTM 690 SMC R nach wie vor ein Topseller, und wir sind der Meinung, dass es aktuell eine starke Tendenz zur Rückbesinnung gibt auf die Faszination, die ein hubraumstarker Supermoto-Single ausstrahlt. Weight is the enemy of performance – Gewicht ist der Feind von Leistung. Daher wird die neue Husqvarna 701 Supermoto auch die Wahrnehmung dieses Segments wieder verstärken.

MOTORRAD: Und weshalb sollte sich ein Kunde dieses Motorrad als Husqvarna statt als KTM kaufen?

Jörg Steenbock: Husqvarna war einer der Pioniere des Supermoto-Sports und hat dieses Segment von Anbeginn stark geprägt. Schon deshalb gibt es genügend Husqvarna-Fans weltweit, die auf ein Bike wie die Husqvarna 701 Supermoto warten. Die 701 ist ein nagelneues Supermoto-Bike des Jahres 2015, dessen Linie zu 100 Prozent der DNA von Husqvarna entspricht. Die technischen Unterschiede zur KTM sind eine eigene Ergonomie – basierend auf der neuen und innovativen Sitzbank-, differenziertes Motorenmapping und geänderte Fahrwerksabstimmung. Hinzu kommt ein um einen Liter größeres Tankvolumen für mehr Reichweite sowie diverse andere Komponenten.

MOTORRAD: Der Motor der Husqvarna 701 Supermoto erfüllt derzeit lediglich die Euro-3-Norm. Ab 1.1. 2017 wird das Modell nicht mehr zugelassen werden können. Was passiert dann?

Jörg Steenbock: Wir präsentieren gerade das Modelljahr 2016, welches den aktuellen Anforderungen entspricht. Das Modelljahr 2017 wird natürlich den künftigen Vorgaben entsprechen.

MOTORRAD: Husqvarna hätte für die 701 aber auch gleich den Motor der neuen Duke verwenden können. Der ist noch stärker, erfüllt die Euro-4-Norm und geht in wenigen Tagen in Serie.

Jörg Steenbock: Es wäre doch sehr unsportlich, den KTM-Mitbewerber-Modellen der 701 Supermoto und Enduro in puncto Leistung nicht auf Augenhöhe entgegenzutreten.

MOTORRAD: Wann wird Husqvarna erstmals ein technisch eigenständiges Motorrad bauen? Also eines, dessen Fahrwerk und Motor nicht in einem KTM-Modell verwendet werden.

Jörg Steenbock: Wir sind seit der Übernahme von Husqvarna Motorcycles erst im zweiten vollen Geschäftsjahr. Dementsprechend sind wir erst am Anfang einer weiteren Differenzierung der gemeinsamen technischen Plattformen. Schon mit der nächsten Modellreihe, der Vitpilen, wird diese Differenzierung sichtbar. Ihre Frage macht aber in puncto Verwendung der in der KTM-Gruppe entwickelten und gebauten Motorentechnik sowie Fahrwerkskomponenten für uns keinerlei Sinn. Die weitere Verwendung von aktuell vorhandener und stets weiterentwickelter State-of-the-art-Technologie ist nicht nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sondern ein erheblicher Kundennutzen. Aktuell und in Zukunft.

Zur Startseite
Husqvarna 701 Supermoto
Artikel 0 Tests 0 Videos 0 Markt 0
Alles über Husqvarna 701 Supermoto
Mehr zum Thema Supermoto
KTM 450 SMR 2023
Supermoto
Yamaha XT 600 Custom 86 Gear
Supermoto
KTM 450 SMR 2021
Supermoto
Husqvarna 701 Enduro Modelljahr 2020
Enduro
Mehr anzeigen