KTM 690 Duke im Test - Die Kurvenmaschine von KTM

KTM 690 Duke im Top-Test Die Kurven Suchmaschine aus Mattighofen

Unter dem Suchbegriff Kurvenwetzer gibt es bei KTM viele Ergebnisse. Ganz oben aber steht gewiss die Duke, ein Schräglagen-Flitzer mit Suchtpotenzial. Die soll nun vor allem alltagstauglicher, umgänglicher, pflegeleichter sein. Wurde aus der kantig-kapriziösen Diva nun Everybodys Darling?

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Fahren Sie nicht nur mal eben um den Block, das schon mal vorab als Tipp. Nehmen Sie sich Zeit, gönnen Sie sich ruhig mal ein Stündchen. Eine kurze Probefahrt könnte einen falschen Eindruck vermitteln, vielleicht gar abschrecken. Denn eine Duke fährt anders, tut anders, benimmt sich anders als alles, was der Motorradmarkt sonst so bietet. Steigt man von einem gängigen Mehrzylinder-Allrounder um, wird einem der KTM-Single reichlich hektisch, extrem direkt und ziemlich nervös vorkommen. Eine andere Welt, daran müssen sich die Synapsen gewöhnen.

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Das galt schon für die bisherige Duke, und daran hat sich im Grunde wenig geändert. Auch wenn KTM beim aktuellen Modell einiges tat, um dem Einzylinder Manieren beizubringen. Motor und Chassis blieben im Kern zwar erhalten, drum herum wurde aber so ziemlich alles neu gebaut. Optisch erscheint die Neue auf jeden Fall geschmacksverträglicher, weniger kantig, weniger elitär.

Doch beginnen wir mit dem Antrieb, der ja den Charakter dieses handlichen Flitzers so entscheidend prägt. Mit vollen 690 cm³ stammt er prinzipiell von der alten R-Duke und hämmert nun in allen drei aktuellen 690er-Modellen.

Der kleine Unterschied zwischen Duke und den beiden anderen ist zunächst einmal ein dürres Kabel. Jenes nämlich, das nun Gasgriff und Drosselklappe verbindet. Der gute alte Bowdenzug hat hier also ausgedient. Für ältere Fahrer aus der Analog-Ära irritierend, wenn die Elektronik die Kontrolle übernimmt. Nun gibt der Bordcomputer Gas, die Blackbox regelt die Sache - hmmmh. Dass es funktioniert, beweisen alle aktuellen Autos, und selbst Harley (!) macht das klammheimlich schon seit Jahren bei den großen Tourern so.

Das wollen wir hier auf unserer anspruchsvollen Testpiste in Südfrankreich gleich als erstes überprüfen. Also Kupplung - die geht übrigens dank eingebauter Servo-Funktion wie bisher schon unglaublich easy - raus, Gasgriff - auch der dreht sich wahnsinnig leicht - auf, und vorwärts geht’s. Beeindruckend, wie schön kontrollierbar, wie sanft der Einzylinder im Teillastbereich aus dem Stand loslegt. Da rappelt nichts, da klappert nichts. Sauber, deutlich besser als zuvor hängt der LC4-Single am wörtlich zu nehmenden Kabel, ruckelt weniger, läuft gleichmäßiger als je zuvor. Ein echter Fortschritt.

Sicher, nach wie vor sollten schon 3000 Umdrehungen auf der nicht besonders toll ablesbaren Uhr stehen, daran ändert auch die elektronisch kontrollierte Drosselklappe nichts. Ganz unten fehlen diesem Sporthammer einfach die Schwungmassen.

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Die Kurven Suchmaschine - KTM 690 Duke im Top-Test.

Die optimierte Laufkultur liegt aber nicht nur am erwähnten Kabel, mindestens eben-so stark an der aus der RC8 R adaptier-ten, ausgeklügelten Doppelzündung. Eine Maßnahme, die angesichts des gewaltigen Brennraums segensreich wirkt. Außerdem arbeitet das Mapping nun gangspezifisch. Und nebenbei wurde der Massenausgleich optimiert, was sich in verringerten Vibra-tionen im oberen Drehzahlbereich äußert.

Fein, wenn solche Verbesserungen der Laufkultur nicht nur keine Leistung kosten, sondern sogar mehr Power bringen. Gegenüber dem „kleinen“ 653er der bisherigen Basis-Duke hat der neue natürlich überall mehr Bumms. Doch geht der größere Hubraum keineswegs auf Kosten der Drehfreudigkeit. Auch im Vergleich zum 690 R-Triebwerk, das in den aktuellen Modellen SMC R und Enduro R werkelt, hat der Doppelzündungsmotor unten zwischen 3000 und 4000 Umdrehungen sowie ganz oben zugelegt. Der Zuwachs mag auf dem Papier nicht besonders üppig erscheinen, in der Praxis bringt er ein spürbar breiteres nutzbares Band.

So kann man nun mit 3000 Umdrehungen locker im städtischen Verkehr mitrollen, dann aus dem Handgelenk mal eben ohne zu schalten einen Lkw überholen. Und draußen in freier Wildbahn begeistert die für solch einen Ballermann enorme Spritzigkeit. Während der alte Motor hinter dem Leistungszenit nicht mehr richtig wollte, das außerdem durch derbe Vibrationen kundtat, drischt man den neuen anfangs oft unvermittelt in den Begrenzer.

72 PS aus einem Einzylinder, das ist natürlich ein Wort, zumal man die Leistung immer in Kombination mit nur 163 Kilogramm Lebendgewicht sehen muss. Daraus resultiert eine begeisternde Fahrdynamik. Das Teil schnalzt aus der Kurve, dass selbst eine gleichzeitig im Test bewegte Super Duke ihre liebe Mühe hat, dem Mono zu folgen. Die sportlich-knappe Übersetzung verstärkt den Effekt noch. Ohne großen Anlauf läuft die Duke bei gemessenen 197 km/h in den Begrenzer.

Gebremst wird die Euphorie höchstens dadurch, dass eine wesentliche Komponente des emotionalen Erlebnisses völlig fehlt: Sound. Während der Einzylinder-Freak auf allzu kernige Vibrationen gern verzichtet, vermisst er eine dem gebotenen Erlebnis adäquate akustische Untermalung schmerzlich. Das Kraftpaket säuselt. Kein donnerndes Ballern, kein hämmernder Schlag, nur heiße Luft. Gewiss, liebe Österreicher, der Einzylinder ist bereits für künftige Emissionsbestimmungen präpariert, aber etwas mehr Sound, etwas mehr akus-tischer Sex-Appeal wäre doch schön.

Dagegen ist ja jede BMW eine Krawalltüte. Einen Vorteil hat die penible Einhaltung der Vorschriften auf jeden Fall: den geringen Kraftstoffkonsum. Der Einzylinder nippt nur zaghaft am Spritvorrat, magere 3,8 Liter verbraucht das Spaßgerät auf 100 Kilometer.

Dieses Gefühl von unvergleichlicher Leichtigkeit, das der Motor ausstrahlt, lässt sich vom Fahrverhalten nicht entkoppeln. Objektiv ist die Duke im Handling-Parcours schnell, doch nicht die Schnellste. Subjektiv wird das Handling als unglaublich spielerisch, extrem leichtfüßig empfunden. Das Teil reagiert so direkt und spontan, dass die Linienwahl zunächst etwas planlos gerät. Hat man sich darauf eingestellt, schlägt die Duke unglaubliche Haken, findet auf jede noch so irrwitzige Streckenführung, auf jede Überraschung des Straßenverkehrs eine blitzschnelle Antwort. Kurvenwetzen in einer anderen Dimension.

Ergonomisch scheint KTM allmählich in eine neue Richtung zu gehen. Die Duke hat einen richtigen Sitz, nicht mehr eine dieser schmalen, knallharten Holzbänke, für die der Offroad-Spezialist mal bekannt war.

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Gestrippt fast noch schöner: klare Technik, sauber gemacht und fein verarbeitet.

Da kann man nun durchaus von Komfort sprechen. Zumal sich in Österreich nun offensichtlich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es außerhalb der Alpentäler auch Menschen gibt, die nicht über Gardemaß verfügen. Die Sitzhöhe wurde gegenüber dem Vorgänger um satte 30 Millimeter abgesenkt. Was dazu führt, dass man nun gefühlsmäßig eher im als auf dem Motorrad sitzt - wie bei den Japanern. Das Zubehörprogramm bietet sogar eine noch niedrigere Bank, womit die Duke selbst für kleinste Piloten kompatiblel wird.

Ironischerweise führt das zu einem Problem am anderen Ende der Skala. Ein 1,90-Meter-Mann fühlt sich schon ziemlich verkrampft auf der Duke, zumal der komfortabel ausgeformte Sitz keinerlei Bewegungsspielraum zulässt. Man sitzt wie festgenagelt, was Supermoto-Heizern möglicherweise weniger gefällt. Doch klar ist, dass die Duke für die breite Masse und für den normalen Alltagseinsatz ergonomisch klar gewonnen hat.

Was auch auf die Fahrwerksabstimmung zutrifft. Auch hier geht KTM untypisch neue Wege. Die aktuelle Duke federt eher soft, spricht sauber an, absorbiert geschmeidig auch feine Rippen und Narben im Asphalt. Die Zeiten straffer Hoppelei sind passé. Einstellen lässt sich außer der Federvorspannung hinten an den Federelementen nichts. Die Schräubchen vermisst man im Alltag nicht, die Abstimmung passt. Nur dem, der ganz heftig an der Brause dreht, könnte die Dämpfung ein wenig lasch erscheinen. Dann bringt das pumpende Heck Unruhe ins Fahrwerk, und hier und da geht die Federung so weit durch, dass das Dämpfergehäuse spürbar auf dem Gummipuffer aufsetzt. Das Gleiche passiert im Soziusbetrieb häufig. Zwar lässt sich die Feder ganz schnell mit Bordmitteln vorspannen, aber das verhindert das Durchschlagen und die Bewegung nicht. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Das ist Jammern auf hohem Niveau, im Alltags-Solo-Betrieb arbeitet das Fahrwerk nicht nur einwandfrei, sondern hervorragend.

Ohnehin ist die Duke nach wie vor eher ein Fall für Solisten. Denn der Passagier muss sich auf dem kurzen Sitzkissen doch arg zusammenfalten. Ein weiterer Punkt, bei dem kostensenkende Maßnahmen offensichtlich werden, ist die Bremsanlage, die ja nun serienmäßig durch ein ABS kontrolliert wird. Dafür entfiel die Radialpumpe, was doch ein wenig Transparenz kostet. Notbremsungen verlangen hohe Handkräfte und eine gute Fahrzeugbeherrschung. Die Duke keilt leicht aus, liftet mitunter plötzlich das Heck, und auch die Funktion des ABS ist bei heftigen Bremsmanövern nicht immer durchschaubar. Mal greift die Überschlagserkennung relativ früh ein, mal lässt sie heftige Stoppies zu. Doch gilt auch hier das Gleiche wie fürs Fahrwerk: Im normalen Leben weit unterhalb des Grenzbereichs funktioniert die Bremse mehr als ordentlich.

Ein unvergleichlicher Kurvenflitzer also, zu dem es im Einzylinderbereich keine Alternative gibt. Und der seinen Besitzer trotz aller Sparzwänge   durch ein erstklassiges Finish und eine gediegene Verarbeitung erfreut. Die Duke bleibt das Spaßgerät, das durch seine grandiose Leichtigkeit bei verbesserten Umgangsformen noch mehr Fans begeistern könnte.

MOTORRAD-Punktewertung / Fazit

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Auf Messers Schneide: Keine Maschine beherrscht den Kurventanz so spielerisch wie die Duke.

Motor
Angesichts überschaubarer Spitzenleistung sind Beschleunigung und Durchzug wirklich rasant. Ohne großen Anlauf rennt die Duke mit 197 km/h in den Begrenzer. Kupplung und Schaltung arbeiten leichtgängig. Bei niedrigen Temperaturen startet der Einzylinder etwas zäh. Ansprech- und Lastwechselverhalten sind für einen Einzylinder hervorragend. Extrem leichtgängig lassen sich Kupplung und Gas bedienen.

Fahrwerk
Wieselflink wuselt der Einzylinder durch den Handling-Parcours. Geradeaus läuft die Duke relativ stabil, in Kurven etwas unruhiger. Letzteres nicht zuletzt wegen der soft ausgelegten Fahrwerksabstimmung, die mehr auf Komfort als Fahren auf der letzten Rille getrimmt ist. Gespart wurde an den Einstellschräubchen fürs Fahrwerk. Die Michelin-Bereifung harmoniert bestens mit dem Fahrwerk.

Alltag
Alltag ist der Sitzkomfort für den Fahrer deutlich verbessert, das breiter ausgeformte Polster bietet auch auf längeren Strecken einen bequemen Platz. Die Spiegel geben nur ein zittriges Bild des rückwärtigen Verkehrs wieder. An der Verarbeitung gibt es wirklich gar nichts zu mäkeln, die Duke ist bis ins Detail toll gemacht.

Sicherheit
Die Bremswirkung ist im Alltagseinsatz sicher gut, wenn auch nicht überragend. Verbesserungspotenzial gibt es beim Feedback sowie beim ABS, das Stoppies nicht immer unterbindet. Zudem bleibt die Duke bei Vollbremsungen nicht stabil auf Kurs. 

Kosten
Ein großes Plus: auf 10000 Kilometer verlängerte Inspektionsintervalle und entsprechend niedrigere Kosten. Positiv auch der niedrige Benzinverbrauch.

Preis-Leistung
Mehr Punkte als früher, vor allem aber ein stark gesenkter Preis: Das ergibt eine prima Preis-Leistungs-Note.

Fazit:

Ein fantastischer Motor, verbesserte Umgangsformen, mehr Alltagstauglichkeit: Die Duke hat klar gewonnen - und das auch noch zum Kampfpreis. Dass hierfür im Highend-Bereich ein paar Abstriche zu machen sind, werden die meisten locker verschmerzen können. Schade nur, dass der Sound so blass rüberkommt, manch einer wird den Zubehörauspuff in die Preiskalkulation einbeziehen. 

Technische Daten / Aufgefallen

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Keine Atempause: Nach Luft schnappt der Riesen-Single durch erstaunlich kleine Ansaugschnorchel und einen Papier-Luftfilter.

Motor
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile, Rollenkipphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, Ø 46 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 224 W , Batterie 12 V/8 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-kupplung, (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 40:16.

Bohrung x Hub 102,0 x 84,5 mm

Hubraum 690 cm³

Verdichtungsverhältnis 12,6:1

Nennleistung 51,5 kW (70 PS) bei 7500/min

Max. Drehmoment 70 Nm bei 5500/min

Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Scheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.

Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.00 x 17

Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17

Bereifung im Test

Michelin Pilot Power

Maße + Gewichte
Radstand 1466 mm, Lenkkopfwinkel 63,5 Grad, Nachlauf 115 mm, Federweg v/h 135/135 mm, zulässiges Gesamtgewicht 350 kg, Tankinhalt/Reserve 14,0/3,2 Liter.

Service-Daten

Service-Intervalle 10000 km

Öl- und Filterwechsel alle 10000 km 1,7 l

Motoröl SAE 10W50/60

Telegabelöl SAE 5

Zündkerzen NGK LKAR8BI9, NGK LMAR7A-9

Leerlaufdrehzahl 1600 ± 50/min

Reifenluftdruck vorn/hinten 2,0/2,0 (2,0/2,2) bar

Garantie zwei Jahre

Mobilitätsgarantie zwei Jahre

Farben Schwarz, Weiß

Preis 7495 Euro

Nebenkosten zirka 250 Euro 

Aufgefallen:

Positiv

  • Solides Bordwerkzeug ist bei KTM selbstverständlich, besonders umfangreich ist das der Duke nicht.
  • Der Ölstand ist blitzschnell am Schauglas erkennbar, Nachfüllen macht ebenso keine Umstände.
  • Die Verarbeitung ist wirklich prima, was in dieser Preisklasse keineswegs selbstverständlich ist. Man beachte hübsche Details wie das Gelenkauge am Gestänge der Hinterradbremse.
  • Aus Edelstahl besteht die komplette Auspuffanlage inklusive lackiertem Vorschalldämpfer.

Negaitv

  • Das Licht wurde nicht besser, der Kegel ist nach wie vor blass und fleckig.
  • Solide Haltegriffe für den Sozius sind zwar vorhanden, doch bleiben dem wenig Platz und Komfort. Die Duke ist doch eher eine Solo-Maschine.
  • Beide Spiegel der Testmaschine verstellten sich selbsttätig. Das ließ sich durch Anziehen der Klemmschrauben leicht beheben. 
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