Der Hubkolbenmotor war immer ein Kompromiss, allerdings ein einfacher. Problem: Aus der oszillierenden Bewegung der Kolben die rotierende der Kurbelwelle zu wandeln, geht nur mit Verlusten einher und erzeugt Fliehkräfte vieler Art und Form. Der Massenausgleich ist seit dem ersten Hub in einer Bohrung maßgeblicher Teil der Entwicklung, und gerade Motoren mit wenig Zylindern sind nur sehr aufwendig zu zähmen. Jüngster Versuch, zumindest als Patent, kommt von QJMotor (Qianjiang) aus China. Sie ergänzen ihren Einzylinder mit einem zweiten Zylinder mit Pleuel und Kolben. Dieser Einzylinder ist also ein V2 – oder umgekehrt.
QJMotor Patent V2 mit einem Zylinder
Technisch gesehen ist das ein V2. Eine Kurbelwelle mit einem Hubzapfen, 2 Pleuel und 2 Kolben. Nur die Aufgabe der Zylinder ist unterschiedlich. Es gibt einen Arbeitszylinder mit Einspritzung, Zylinderkopf und Gaswechselsteuerung. Und einen Ausgleichszylinder ohne Zylinderkopf, in dem der Kolben ein großes Loch hat und keine Luft verdichtet. Dieser Zylinder mit seinen beweglichen Teilen ist im Grunde eine "Ausgleichswelle", die sich eben nicht dreht. Was QJ mit diesem Motor plant, ist nicht bekannt. Allerdings ist das mit dieser Art des Massenausgleichs keine neue Erfindung, sondern eine Variante einer Technik, die seit über 30 Jahren immer mal wieder in abgewandelter Form aufgewärmt wird.
Ducati, BMW und Suzuki mit Ausgleichspleuel
Die Ducati Supermono dürfte der bekannteste, weil exotischste Motor sein, der mit einem Ausgleichspleuel kam. Dem V2 nahm Ducati einen Zylinder, ließ das Pleuel im Gehäuse und lagerte es mit dem Pleuelauge an einem drehbaren Hebel an einem Drehpunkt im Gehäuse. So bewegte das Pleuel sich um 90 Grad versetzt zum anderen Pleuel und sorgte so für einen Ausgleich. Von 1993 bis 1998 baute Ducati das Modell in kleinen Stückzahlen.
Der am meisten verbreitete Vertreter mit Ausgleichspleuel war allerdings der erste F-Twin von BMW. Als Typ F 800 mit zwei Zylindern ist der von Rotax gefertigte Motor ein Gleichläufer, beide Kolben erreichen zeitgleich je den oberen und unteren Totpunkt, allerdings mit gleichmäßiger Zündfolge als Viertakter alle 360 Grad, wie ein Boxer. Als Massenausgleich liegt zwischen den beiden Hubzapfen ein dritter, um 180 Grad versetzt, mit einem in Richtung Getriebe liegenden Pleuel, das über einen drehbaren Hebel den Massenausgleich herstellt. Von 2006 bis 2019 baute BMW den Twin mit 798 Kubik in den Baureihen F 700 und F 800. Abgelöst wurde er von einem neuen Twin mit einem Hubzapfenversatz von 90 Grad und Ausgleichswelle.
Nur als Patent reichte Suzuki 2019 die Erfindung eines Einzylinders mit Ausgleichspleuel ein. In diesem Fall allerdings keinen kupierten V2, sondern grundlegend ein kleines Gehäuse mit einer sehr kompakten Lage des zweiten Pleuels, das nach vorn gelagert ist und an einem drehbaren Hebel im Gehäuse lagert. Im Grunde die Technik der Supermono in einem kleineren Gehäuse. Und selbst Motoren mit einem zusätzlichen Kolben und Zylinder gibt es, und zwar recht erfolgreich im Einsatz.
Yamaha T-Max Twin mit 3 Zylindern
Im Jahr 2000 gründete Yamaha mit dem T-Max eine neue Rollerklasse. 500 Kubik und über 40 PS im sportlichen Fahrwerk waren damals etwas vollkommen Neues. Mittlerweile ist der T-Max mit 560 Kubik, 47,6 PS, Alurahmen und Luxusausstattung das Maß der Roller-Dinge. Allen Generationen gemein: Der Motor ist ein 2-Zylinder mit 3 Zylindern. Als Massenausgleich nutzt Yamaha keine Welle, sondern einen dritten Zylinder mit Pleuel und Kolben, der um 180 Grad versetzt zu den gleichlaufenden Arbeitszylindern liegt und keine Verdichtung erzeugt.