BMW R 1250 RS , Ducati SuperSport 950 S, Kawasaki Ninja 1000 SX , Honda VFR 750 F, Triumph Sprint ST 1050 – diese selten gewordenen Sporttourer, von uns auch liebevoll "Sowohl-als-auch-Motorräder" genannt, können rasen und reisen. Die 18 Jahre junge Triumph und eine Honda VFR 750 F von 1995 zeigen im Vergleichstest, wie sie mit 3 aktuellen Sporttourern mithalten können. Oder eben nicht. Alle 5 Maschinen wollen den Spagat zwischen zwei Extremen meistern: Agilität trifft Stabilität, Tourentauglichkeit auf sportive Rückmeldung, also "Feedback".
Da gibt es 2 Zylinder als breit bauenden BMW-Boxer in der R 1250 RS oder als 90-Grad-V2, von Ducati "L" genannt. Und auch hier in der SuperSport 950 S mit der schmalen Frontsilhouette eines Einzylinders geadelt. Auch unser Fast-Oldtimer, die Honda VFR 750 F (Modellcode RC 36/II), spreizt seine 4 Zylinder bei quer eingebauter Kurbelwelle um 90 Grad – fertig ist der von vorn "Twin-schmale" V4. Kawasaki und Triumph packen ihre 4 respektive 3 Zylinder der Ninja 1000 SX und der Triumph Sprint ST 1050 aus dem Jahr 2005 schon traditionell in Reihe.
BMW R 1250 RS
Hoch motiviert, mit einem kernigen Bellen, erwacht der BMW-Boxer, fällt dann unmittelbar in ein konstantes, warmes Brummen und Blubbern. Zu Beginn muss man sich erst mit dem Ausstattungsfeuerwerk der 255-Kilo-RS vertraut machen. Wie bei allen BMW-Testmaschinen sind sämtliche Extras verbaut. Da gibt es fast nichts, was es nicht gibt: Bei kaltem Motor setzt das TFT-Display selbstständig den roten Bereich bereits bei 5.500 Umdrehungen, um ihn mit zunehmender Motortemperatur kontinuierlich anzuheben. Tolles Feature! Rasch das gut integrierte Navi programmiert und die Griffheizung angestellt. Dann kann’s ja losgehen.
Triumph Sprint ST 1050
Das signalisiert auch der Fahrer auf der Triumph Sprint ST 1050, Baujahr 2005. Sie stand zum Zeitpunkt des Tests auf Mobile.de zum Verkauf, doch die Verkäuferin lieh uns freundlicherweise die Sprint ST 1050 ihres verstorbenen Mannes Egbert: "Ihm hätte es Freude gemacht, seine Maschine in MOTORRAD zu sehen."
Auch die Sprint hat zweistufige Heizgriffe – 2005 ein Extra. Erst mal aus der Parklücke rangieren – angesichts des hohen Schwerpunkts und leicht fettleibiger 257 Kilogramm Gewicht (mit Koffern sind es sogar 267 Kilo) keine ganz leichte Aufgabe. Na und? Dafür föhnt das heisere Fauchen und Röhren des Dreizylinders augenblicklich die Flimmerhärchen.
Ducati SuperSport 950 S
Sündig tönt die 215 Kilogramm leichte Ducati SuperSport 950 S aus der kurzen Doppeltröte. Fortissimo! Der Fahrer hat sein Gepäck in den breitenverstellbaren, clever konstruierten Softcases der SuperSport S verstaut. Der Pilot selbst schlupft in dieses Motorrad wie in einen guten italienischen Maßanzug, sitzt sehr "drin". Bei herbstlichen Temperaturen ist die Abwärme des hinteren Krümmers im Stop-and-go der Großstadt hochwillkommen. Aber auch im Sommer?
Sehr präsent prustet und pröttelt der Auspuff beim Gaswegnehmen. Ducatis V2 selbst ist in seinen Eckdaten (937 Kubik, 110 PS) sehr nah an der Ikone 916. Nur eben heute, "SuperSport" zum Trotz, das, was einst die ST-Modelle aus Bologna waren: ein echter Sporttourer.
Kawasaki Ninja 1000 SX
Der Reihenvierer der Kawasaki Ninja 1000 SX klingt sonor, satt und dumpf aus dem Mono-Auspuff. Wie das ganze Motorrad ist der voller Ecken, Kanten und Sicken designt. Bereits im Leerlauf läuft der 1.043-Kubik-Motor herrlich gleichmäßig, dreht allerdings nach Kaltstart einige Sekunden lang etwas höher. Egal, es hat ganz einfach etwas, 4 Takte mit 4 Zylindern in Reihe zu koppeln.
Für die Tour sind die recht kurz wirkenden Koffer an die 235-Kilo-Kawa montiert. Aber sie sind innen größer, als es von außen scheint, schlucken als Maßstab locker einen Integralhelm. Klasse, Kawasaki.
Honda VFR 750 F
Die Honda VFR 750 F ist eine rollende Legende. Ihre Vorgängerin RC 24 hatte 1985 das Segment der Sporttourer/Tourensportler erst richtig neu belebt. Und zwar mit einem neu konstruierten Motor, nachdem die ersten VF-Modelle Anfang der 80er-Jahre viele Kinderkrankheiten hatten, bis hin zu Motorschäden.
Die VFR dagegen erwarb sich den Ruf legendärer Zuverlässigkeit, auf sie gewährte Honda als erster Hersteller von Anfang an 2 Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung. Dazu hat(te) das technologische Kleinod mit 750 Kubik Zahnrad-Kaskaden zum Antrieb der 4 Nockenwellen. Sie garantieren hochdrehzahlfest exakte Steuerzeiten. Aus dem gleichen Grund setzt Ducati auf Desmodromik.
Erst mal den V4 starten. Unnachahmlich knurrig klingt das V4-Stakkato aus dem nachgerüsteten Bos-Auspuff. Er drückt das Gewicht zusammen mit der fehlenden Abdeckung überm Soziussitz von einst 239 auf nun 236 Kilogramm. Der feinfühlig dosierbare Choke – ja, so war das – sitzt links am Lenker. Die VFR hat 4 Flachschiebervergaser mit Unterdrucksystem: Sprit saugt der Motor nur an, wenn er läuft, kommt ohne Benzinhahn aus. Vor Ebbe im 21-Liter-Tank, dem größten des Quintetts, warnen eine Benzinuhr plus Warnleuchte. Solch eine gibt es sogar für den ausgeklappten Seitenständer.
"An-aus-Dosierbarkeit" erfordert Feingefühl
Kein Zweifel, das Cockpit der RC 36/II war 1994 State of the Art. Mit Fuchsaugen-Scheinwerfern und Rippen à la Ferrari Testarossa in der eleganten, ebenso schlank geschnittenen wie großflächigen Verkleidung. Das Design zitiert Hondas legendären Ovalkolben-Renner NR 750.
Die VFR stellte uns Michael Schumacher aus Heilbronn zur Verfügung. Er vermietet unter www.rent-a-legend.de diverse tolle Motorräder. Seine Honda hat eine hydraulisch betätigte Kupplung, die erst auf den letzten Zentimeter greift. Gleiches gilt für die Ducati. Digitale "An-aus-Dosierbarkeit" erfordert bei V4 wie V2 Feingefühl beim Anfahren und Wenden. Dabei lässt sich die Kupplung der Honda viel leichter ziehen als der stramme Hebel der Ducati.
Niedertourig bewegt, schlägt der rappelige V2 mit der Kette – Tribut an die geringe Schwungmasse. Der nicht sehr elastische Bologna-Brüller kommt erst ab rund 4.000 Touren zur Sache. Riesige 53er-Ansaugschlünde (1 mm mehr als beim ein Drittel größeren BMW-Boxer) sind nicht gerade ideal für Füllung im Teillastbereich.
Da läuft der Honda-V4 früher rund, obwohl er im Verhältnis sogar noch einen Tick kurzhubiger als die Ducati ausgelegt ist. Untenrum wirkt die Honda zwar etwas blutarm. Aber nicht vergessen: Sie ist ja "nur" eine 750er. Sie kann und will drehen!
Kawasaki und Triumph mit extrem niedrigen Drehzahlen
Extrem niedrige Drehzahlen vertragen dagegen die Multi-Zylindermotoren von Kawasaki und Triumph. Wer auf seine Kupplung pfeift, kann die Kawa zur Not sogar im sechsten Gang anfahren. Wow. Auch der Dreizack mit 120 Grad Hubzapfenversatz steigt stark ein, läuft herrlich geschmeidig. Der Triple hat prozentual den größten Hub. Er entwickelt seine Leistung schön linear, legt jedoch ab der 4.000er-Marke nicht mehr so stark an Drehmoment zu.
BMW: Druck von unten ist gigantisch
Besonders bärig bereits im tiefsten Drehzahlkeller schaufelt BMWs Blubber-Boxer fettestes Drehmoment: 120 Newtonmeter zwischen 2.500 und 8.000 Umdrehungen! Der Druck von unten ist gigantisch. Puh, wie das vorwärtsschiebt! ShiftCam sei Dank, mit einer speziellen Einlassnocke für Teillastbereich und Drehzahlen unter 5.000/min. Dann übernimmt die Volllast-Nocke mit einer kleinen Drehmoment-Senke, ehe es entfesselt weitergeht: Der Schub will einfach nicht abreißen! Im 6. Gang stürmt die RS in 6,2 Sekunden von Tempo 60 auf 140. Heißa! Angenehm lang übersetzt, rollt die perfekt fahrbare R 1250 RS gern angenehm leise im großen Gang durch die Ortschaften. Soll man sich da etwa über die geringste Literleistung beschweren? Eben.
Im Durchzug reihen sich Kawasaki, dann Kopf an Kopf Ducati/Triumph und weit abgeschlagen die Honda mit 13,5 Sekunden (das ist eine andere Welt) hinter der BMW ein. Macht das was? Nein, das macht nix. Wenn die VFR stets einen, besser zwei Gänge niedriger bewegt wird, hält sie gut den Anschluss.
Upps, da hatte der Fahrer auf der Auffahrt zur Autobahn einen leichten Rutscher auf der Ducati SuperSport 950 S. 6 °C sind nicht gerade die Wohlfühltemperatur der "Sommerreifen" Pirelli Rosso III. Auch feuchte Herbst-Fahrbahnen sind nicht ihre Domäne. Dagegen sind die Michelin Road 5 GT der BMW unter widrigen Bedingungen eine Wucht. Dazwischen reihen sich Metzeler (Triumph), Conti (Honda) und Bridgestone (Kawa) haftungstechnisch ein.
Hhhmm, einfach die achtstufige Traktionskontrolle der Duc niederschwelliger eingrätschen lassen? Oder eben den Fahrmodus von "Sport" auf "Touring" stellen? Fahrmodi, die Gasannahme oder sogar Leistungsabgabe und die Eingriffsschwellen von TC und (kurventauglichem!) ABS beeinflussen? Einstellbare Assistenzsysteme von Traktions- bis Wheeliekontrolle? Praktische Ganganzeigen oder fette Upside-down-Gabeln? All so etwas war 2005 und erst recht 1994/95 noch ferne Zukunftsmusik. Ein fix eingestelltes ABS und einen Bordcomputer hat die Triumph an Bord, aber das war’s auch schon. Fehlt der Honda beides. Per Ride-by-Wire lassen sich schön feinfühlig die Tempomaten an BMW und Kawasaki regeln.
Sitzpositionen auf den 5 Sporttourern
Besonders aufrecht sitzt man auf der Kawasaki hinter den breitesten, höchsten Lenkerhälften. Kaum mehr muss man sich auf der BMW strecken. Zudem schirmt die höhenverstellbare Scheibe der RS am besten vorm Fahrtwind ab, sehr angenehm. Das Motto von RS und Ninja lautet "schnell entspannt, entspannt schnell". Wenn der Winddruck mitträgt, ist die Ducati durchaus bequem, jawohl. Doch weil hinter der schmalen und niedrigen Scheibe Rumpf und Schultern rasch auskühlen, rüsteten wir einen Scheibenaufsatz von MRA nach. Die Sprint ST 1050 profitiert von SBF-Lenkererhöhungen aus dem Zubehör. 2,5 cm bringen viel!
Allerdings bläst der Wind hinter der breiten Scheibe genau in den Nacken. Es zieht! Am meisten stört den über 1,85 Meter langen Fahrer der enge Kniewinkel auf der Triumph. Für lange Kerls ist Motorradgymnastik während der Fahrt angesagt: Beine ausstrecken. Zudem lässt der steil ansteigende Soziussitz kein Nach-hinten-Rutschen zu.
Wie ein Maßschuh sitzt dem 1,71 Meter großen Autor die VFR. Zwar sind ihre Lenkerstummel am schmalsten und liegen am tiefsten, aber das hat was: Sinnlich-sportiv spürst du dein Vorderrad gut, sitzt prima integriert. Honda kann und konnte Ergonomie! Hinter der dunklen MRA-Scheibe darf man sich gut abducken, noch kleiner machen.
Vertrauenerweckend stabil, wie gelasert stürmen unsere Kandidaten über die Bahn. 5 Pfeile auf der Überholspur. Just der Youngtimer Triumph Sprint ST 1050 schafft die höchste Vmax, satte 260 km/h. Und das selbst mit den etwas kleinen, elastisch aufgehängten, untereinander verbundenen Koffern. Am "langsamsten" (Topspeed 228 km/) ist die besonders bullig beschleunigende BMW.
Reichweite der 5 Sporttourer
Zudem treibt alles über 160 Sachen nur den Spritverbrauch in die Höhe. Der Fahrer auf der Ducati signalisiert: Die 950er muss tankern. Kleinster Tank (16 Liter) und ein obenheraus trinkfester V2 bedingen die geringste Reichweite. Am weitesten käme – Tusch – ausgerechnet der Oldie VFR: Auf der Landstraße ist sie ebenso sparsam wie die technologisch so raffinierte BMW. Bunkert aber 3 Liter mehr Sprit.
Handling und Fahrspaß
Im Hunsrück geht es auf ehemaligen Bergrennstrecken die tief eingekerbten Moselhänge rauf wie runter. Unsere 5 Sporttourer sind in ihrem Element. Hier kann die Ducati artgerecht bewegt werden: mit viel Zug und Speed durch die vielen Kurven. Je schneller, je lieber! Das Leichtgewicht zirkelt so präzise durch die Kurven wie ein Skalpell durchs Gewebe. Die 950er fährt herrlich knackig, hält die engsten Radien, findet die angepeilte Linie von selbst.
Gibt man dem V2 zwischen Ducatis typischem Gitterrohrgeflecht die Sporen, ist das Fahrerlebnis eine Erfüllung! Der ultradirekt ansprechende Sport-Modus passt jetzt, während die Gasannahme unter "Touring" geschmeidiger ist. Per Blipper steppt Timo den nächsten Gang ganz ohne Kupplung auf kurzen Wegen rein, hoch wie runter. Unsere fast 20.000 Euro teure "S"-Version liegt so satt auf ihrer goldgelben Öhlins-Ware, Titannitrid-beschichtete Upside-down-Gabel inklusive. Kurzer Nachlauf, steiler Lenkkopf, viel Passion.
Verdammt flott umrundet die BMW R 1250 RS die Kehren und Kurven. BMW, wie haste dir verändert. Gemütlich gibt’s schon noch, aber behäbig war früher. Der Boxer fährt sportlicher, als man denkt. Evolution und Tradition – die erste RS erschien 1976 – sind spürbar. Störende Kardanreaktionen? Nicht doch, die hält die Momentabstützung im Zaum.
Trotz längstem Radstand (1,53 Meter!), flachstem Lenkkopfwinkel (gut 62 Grad) und längstem Nachlauf (111 mm) gibt sich die Fünf-Zentner-BMW sehr handlich. Liegt’s an der einzigen längs liegenden, quer zur Fahrtrichtung rotierenden Kurbelwelle? Der prachtvoll anschiebende Boxer feuert mit Schmackes aus jeder Ecke, egal in welchem Gang. Da verzeiht man die etwas längeren Schaltwege, Schaltassistent hin oder her. Den kraftvollen Bullenmotor steuern optional 5 Fahrmodi!
Wheelies mit BMW und Ducati
Die vierstufig einstellbare Traktionskontrolle lässt unter "Dynamic" (Pro) sogar Wheelies zu. Kennt die Ducati auch. Sämig und fein sprechen die elektronisch beaufschlagten Federelemente an, bügeln alles glatt: Hier arbeitet ja eine USD-Gabel, kein Telelever. Auf Knopfdruck
fährt das Esa-Federbein das Heck hoch – gut für noch mehr zu gewinnende Bodenfreiheit oder bei Mitfahrt eines Passagiers.Einfach genial ankern BMWs Teilintegralbremsen: Der Handhebel aktiviert alle 3 Scheiben, so wird niemals Bremsweg verschenkt. Das Pedal beaufschlagt nur die Hinterradbremse – gut etwa in Kehren oder beim Wenden. ABS? Steuerbar in 3 Stufen von maximaler Unterstützung bis ABS hinten aus (kann die Ducati auch) samt ausgeschalteter Abhebe-Erkennung. Das sind eben doch SPORTtourer!
Gar keine Rolle spielt die Drehzahl bei der Kawasaki. Der seidige Motor reißt mördermäßig an der Kette. Kraft ohne Ende serviert die Ninja in 4 Fahrmodi. Gut spürbar, wie im "Regen"-Modus die Gasannahme weicher ausfällt, die Drosselklappen degressiv-langsamer öffnen. Kawasakis knackscharfes TFT-Display zeigt in diversen Anzeige-Menüs wie das der BMW sogar erreichte Schräglagen (locker über 45 Grad) und Bremsverzögerungen an. Doch die Ninja fährt nicht ganz neutral, ja sogar kippelig. Außerdem bekommt der Fahrer durch die touristische Sitzposition am wenigsten Druck aufs Vorderrad.
Pilot auf der Kawa muss oft gegenlenken
Der Pilot auf der Kawa muss oft gegenlenken: Sie trifft anfangs keine Linie richtig, stellt sich auf Buckelpisten merklich auf. Auf Bodenwellen in Schräglage ist immer etwas Bewegung im Chassis. Fühlt sich an, als würden Vorder- und Hinterrad nicht 100-prozentig das Gleiche wollen. Liegt’s am einzigen 190er-Hinterreifen des Testfelds? Oder an den an sich tadellos grippenden Bridgestone S 22 in der von Kawasaki verlangten Sonderkennung "G"?
Dabei zeigt die Kawasaki mit ihren guten, wenngleich nicht supersensibel ansprechenden Federelementen doch klare Kante: nicht nur beim Design voller Ecken und Sicken wie bei der einzigen Zweiarmschwinge des Quintetts. Fast schon zu bissig beißen die Ninja-Bremsen zu. Anheben des Hecks per praktischem Handrad macht die Wuchtbrumme mit dem kurzen Radstand nochmals spürbar handlicher.
Superleichtes Handling ist nicht gerade die Stärke der Triumph Sprint ST 1050. Ab etwa 100 km/h versteift sie sich ziemlich. Und dies trotz ähnlicher Fahrwerks-Eckdaten wie die Ducati. Tribut an 42 Kilogramm Mehrgewicht. Fette Auspuffe weit oben im Heck kamen nicht ohne Grund aus der Mode. Schwer liegt die schnittige Britin auf ihren Federn, liegt mit ihrer überdämpften Gabel fast schon zu satt.
Bremse lösen und nachfassen!
So muss sich der Triumph-Fahrer an hohen Kurvenspeed zunächst etwas rantasten. Zumal die Sprint in ganz engen Ecken (es gibt viele Kreisverkehre in der Eifel) fast von allein weiter in Schräglage abkippt. In der Anbremszone irritiert die 1050er: Beim ersten Griff zum Hebel passiert erschreckend wenig, man muss die Bremse lösen und nachfassen! Da müssen wir mal die Bremse entlüften (so wie uns Zweirad Schmitz in Adenau die Nissins der VFR wieder gängig machte, danke dafür!).
Auf der Bremse treibt die Triumph etwas nach außen, Stichwort: "running wide". Immerhin: Einmal in Schräglage geht die Zielgenauigkeit absolut in Ordnung. Dazu gefällt das schön hohe Drehmoment des Triples bereits unter 5.000 Touren. Er hängt gut am Gas, läuft geschmeidig.
Die Honda fährt in flotten Wechselkurven schön präzise und handlich, ausgewogen und neutral. Was für ein fluffiges, leichtfüßiges Motorrad das ist, fast mit H-Kennzeichen! Der 180er-Conti-Sport-Attack rollt herrlich rund bis zur Reifenkante. Er ist eingetragen. Denn auf der 5-Zoll-Felge steckte einst ein 170er-Pneu.
Faszinosum V4 muss man zwirbeln
Ja, das Faszinosum V4 muss man zwirbeln, aber das macht ja an. "Dreh-Freude" darf man hier wörtlich nehmen. Unnachahmlich motiviert stürmen die 70er-Kölbchen bei Bedarf in fünfstellige Drehzahlen, pressen die höchste Literleistung, 139 PS, aus den am niedrigsten verdichtenden Zylindern raus. Richtig bewegt ist der Oldie auf Landstraßen nicht langsamer als seine moderneren Konkurrenten. Gut, dass die Gänge so schnell und leicht reinklicken.
Fein spricht das Fahrwerk der VFR an. Ihre konstruktiv einfachen Doppelkolben-Schwimmsättel ankern linear dosierbar, parallel zum Hebeldruck. Ohne ABS ist das sehr wichtig. Edle Details (gewinkelte Reifenventile, Helmhalter), tolle Technik und piekfeine Verarbeitung (eloxierter Alurahmen!) werten den Oldie auf. Er lässt sich viel leichter auf den Hauptständer aufbocken als die Triumph, gut nicht allein zur Kettenpflege.