Vergleichstest: Power-Tourer
Triumph Sprint GT gegen BMW K 1300 GT

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Im Kürzel "GT" für Gran Turismo steckt viel Mythos und ein Versprechen: pfeilschnell und dabei bequem Kilometer bolzen zu können. Triumph Sprint GT und BMW K 1300 GT interpretieren den Begriff aufregend unterschiedlich.

Triumph Sprint GT gegen BMW K 1300 GT
Foto: jkuenstle.de

häufig entstehen Ideen zu Vergleichstests bei hitzigen Diskussionen: "Touring-Bikes? Mit den Dickschiffen geht abseits von Autobahnen gar nichts", behauptet ein Kollege. "Von wegen", kontert ein anderer, "die Dinger haben mittlerweile reichlich Qualm, gute Fahrwerke und du kannst mit ihnen auch auf Nebenstrecken richtig angasen." "Fahren wir‘s aus!" - die Tester sind sich einig. Also den Mörder-Tourer BMW K 1300 GT und die brandneue Triumph Sprint GT geschnappt, und los geht‘s auf einen 800 Kilometer langen Power-Trip von Stuttgart nach Tirol und zurück.

Die erste Etappe nehmen die Kolosse auf der Autobahn unter die Räder. Teufel auch, die BMW marschiert wie die Hölle. Hahn spannen, und der Reisedampfer schiebt, schiebt, schiebt. Selbst jenseits von 200 km/h feuert die GT unvermindert weiter, ruck zuck stürmt die Tachonadel über den Höchstwert von 260 Sachen hinaus. Wohlgemerkt, aufrecht sitzend und vom Fahrtwind abgeschirmt. Wahnsinn!

Unsere Highlights

Als Treibsatz der GT dient jener Vierzylinder mit 1293 Kubikzentimetern Hubraum, der auch die "R" und "S"-Variante der K 1300-Modelle antreibt. In der Touringversion schickt der Vierling mit 160 PS nominell 13 beziehungsweise 15 Ponys weniger zum Galopp als bei seinen sportlicheren Schwestern. Auch das Drehmoment liegt mit 135 Nm etwas unterhalb von "R" und "S" (140 Nm). Auf den höheren maximalen Output verzichteten die Münchner zugunsten einer fülligeren Leistungs- und Drehmomentkurve. Behaupten sie zumindest. Probehalber legte PS die Kurven übereinander. Bis auf einen Minibereich zwischen 6000/min und 6200/min liegen Leistung wie Drehmoment der GT stets deutlich unterhalb der Verwandtschaft. Für ein Bike dieser Kategorie genügt der Punch jedoch allemal.

Das gilt insbesondere dann, wenn die Konkurrenz mit "nur" 130 PS und 108 Nm aufwartet. Doch kann und will die Triumph überhaupt mit der Bayerin konkurrieren? Natürlich! Sie spielt preislich zwar in einer anderen Liga - die Sprint GT liegt mit einem Grundpreis von rund 13 200 Euro gut 4600 Euro unterhalb der BMW (17 850 Euro) -, doch der Vollgas-Reisende verlangt zu Recht auch von der Britin, komfortabel und blitzschnell Kilometer zu vernichten. Exakt für diese Attribute steht die verpflichtende Buchstabenkombination "GT", und genau zu diesem Zweck modifizierte die Mannschaft aus Hinckley die Sprint ST.

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Unterschiedlich sind sie, doch Gas geben können beide.

Dazu später mehr. Werfen wir zunächst einen weiteren Blick auf den Antrieb. Weitestgehend baugleich befeuert der beliebte Dreizylinder mit 1050 Kubik außer den Sprint-Modellen auch das Naked Bike Speed Triple sowie die Reiseenduro Tiger. Er liefert seinen Punch sehr gleichmäßig, agiert beinahe unspektakulär. Gegen den Hubraumriesen der BMW kann er freilich nur wenig ausrichten. Diesen subjektiven Eindruck bestätigen die Fahrleistungen. Trotz des Gewichtsvorteils der Triumph von über 30 Kilogramm (269 zu 302,5 kg) behält die BMW sowohl bei der Beschleunigung, beim Durchzug im letzten Gang sowie der Höchstgeschwindigkeit die Nase deutlich vorn. Bei der Durchzugsübung leidet die Britin an der viel zu langen Übersetzung. Ihre Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h erreicht sie theoretisch bereits im fünften Gang, der sechste ist bis 271 Sachen übersetzt. Die Stärken des Triples liegen in der großartigen Geschmeidigkeit, der überaus sanften Gasannahme sowie natürlich beim Sound. Es ist nach wie vor ein Ohrwurm erster Güte, wie der Dreizylinder unter Last tost und faucht.

Die BMW verwöhnt ihren Treiber mit einem astreinen Arbeitsplatz. Der ultrabequeme, höhenverstellbare Sitz sowie der breite, ebenfalls in der Höhe einstellbare Lenker kürzen selbst riesige Distanzen auf einen Abstecher ums nächste Eck. Besonderes Glanzstück: das elektrisch verstellbare Windschild. Es arbeitet stufenlos und erlaubt für jede Fahrergröße und -vorliebe die passende Position.

Auch die Triumph platziert ihren Fahrer recht bequem. Doch an den überirdischen Komfort der BMW reicht die Britin nicht heran. Beispiel Windschutz: Auf der Sprint GT umgibt den Fahrer ein stetiger und deutlicher Luftzug. Einstellmöglichkeiten bietet die Verkleidungsscheibe nicht. Gleiches gilt für die Ergonomie: Weder Sitz- noch Lenkerhöhe erlauben Korrekturen. So muss sich der Pilot etwas strecken, um zu den weit vorn und vergleichsweise tief montierten, schmalen Lenkerhälften zu gelangen. Auch der Kniewinkel gerät auf der Britin etwas enger. Ist diese Sitzposition ein Indiz für die sportlichere Ausrichtung der Triumph? Verschafft sie sich dadurch Vorteile beim Landstraßen-Tango? Wir werden sehen. Dagegen spricht jedenfalls schon, dass der breite Tank der Sprint die Beine ihres Treibers recht weit spreizt. Beifahrern bietet die Triumph hingegen nach der Überarbeitung ein überaus bequemes Plätzchen. Gleiches gilt für die BMW.

Ebenfalls Patt herrscht in Sachen Hochgeschwindigkeits-Stabilität. Beide ziehen selbst bei maximalem Speed unbeirrbar ihre Bahn. Daran ändern auch die Koffer nichts, obwohl sie mit einem Leergewicht von knapp 12 (BMW) und 13,5 Kilogramm (Triumph) bleischwer ausfallen. Apropos Koffer: Die Gesamtbreite der Bikes beträgt mit den Behältern rund einen Meter, was listiges Durchschlängeln im Stau schwierig macht. Die Zielkundschaft wird es verschmerzen, da gilt Recht und Ordnung Nun die wichtigsten Modifikationen an der Triumph Sprint GT: ABS serienmäßig, umgestaltetes, verstärktes Heck inklusive neuem Soziussitz und -rasten, längere Schwinge, komfortabler abgestimmte Federelemente, seitlich angebrachter Schalldämpfer mit mehr Volumen, umprogrammierte Motorsteuerung. Dank den beiden letztgenannten Änderungen schickt die GT etwas mehr Leistung und Drehmoment ans Getriebe als die ST, die in Deutschland künftig nicht mehr angeboten wird.

Opfern die Briten mit den Fahrwerks-Modifikationen sportliche Eigenschaften? Klares Ja! Die österreichische Kurvenwelt offenbart die Schwächen der Sprint GT. Das etwas träge Handling, die Unruhe im Heck beim verschärften Kurvenpressen und ein geringes Feedback vom Vorderrad sprechen eine deutliche Sprache. Wie es besser geht, zeigt die BMW. Trotz der unkonventionellen Vorderradführung (Duolever) spürt der Fahrer doch viel deutlicher, was vorn geschieht. Nicht einmal die Mehrpfunde stehen der K-GT im Weg. Lediglich in Wechselkurven spürt der BMW-Treiber die über sechs Zentner Gewicht. Hier kann die Sprint leichte Vorteile für sich verbuchen. Das ABS beider Reisekähne regelt sehr feinfühlig, für knackig-kurze Bremswege benötigt die Triumph allerdings recht hohe Handkräfte.

Fazit: Der Ausflug in die Welt des Gran Turismo hat sich gelohnt. Er zeigt, dass das Klischee vom biederen Reisedampfer nicht mehr uneingeschränkt zutrifft. Speziell die BMW überrascht mit sensationeller Dynamik. Da kann die Britin nicht mithalten. Für sie spricht der Kultstatus, den Triumph berechtigterweise genießt. Zudem ist sie wesentlich günstiger.

Technische Daten

Zeichnung: Archiv
Das Leistungsdiagramm von BMW K 1300 R und Triumph Sprint GT.

Mit 165 PS Spitzenleistung drückt die BMW K 1300 GT fünf PS mehr auf die Prüfstandswalze als der Hersteller angibt. Dank ihres Hubraumvorteils von knapp 250 Kubikzentimetern (entspricht 23 Prozent) ist sie ihrer Kontrahentin bei jeder Drehzahl überlegen. Bis zu 30 Nm und 36 PS beträgt der Unterschied zwischen den Power-Tourern. Was das Leistungsdiagramm deutlich veranschaulicht, spürt der Pilot auch beim Fahren. Trotz ihres Mehrgewichts von 33 Kilogramm fallen die Beschleunigungs- sowie die Durchzugswerte auf der BMW klar besser aus. Für sich genommen, genügen 129 PS und 107 Nm für ein Touring-Bike natürlich allemal. Auch die homogene Leistungsentfaltung und die Geschmeidigkeit des Triumph-Aggregats begeistert. Doch wer den Punch der BMW kennt, möchte ihn nie mehr missen.

BMW K 1300 GT

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Wer die BMW K 1300 GT mit einigen Extras ordert, darf sich über eine Fülle an zusätzlichen Schaltern freuen.

Antrieb:
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 118 kW (160 PS) bei 9000/min, 135 Nm bei 8000/min, 1293 cm3, Bohrung/Hub 80,0/64,3 mm, Verdichtungsverhältnis 13,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 46-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan, G-Kat

Fahrwerk:
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 60,6 Grad, Nachlauf: 112 mm, Radstand: 1572 mm. Längslenker-geführte Telegabel mit Zentralfederbein, mit ESA II elektronisch einstellbar in Federbasis und Dämpfung. Zentralfederbein mit Umlenkung, mit ESA II einstellbar in Federbasis und Dämpfung. Federweg vorn/hinten: 115/135 mm

Räder und Bremsen:

Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/5.50 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17. Erstbereifung: Bridgestone BT 020 "UU". 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 294-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-Schwimmsattel hinten, Combibremse

Maße und Gewicht:
Länge/Breite/Höhe 2350/990/ 1380 - 1440 mm, Sitz/Lenkerhöhe 810 (830)/1030 - 1060 mm, Lenkerbreite 720 mm, 302,5 kg vollgetankt, v/h 47%/53%

Hinterradleistung im letzten Gang:

112 kW (152 PS) bei 230 km/h

Fahrleistungen:
Beschleunigung 0-100/150/200 km/h 3,1 s/5,3 s/9,0 s
Durchzug 50-100/100-150 km/h 4,4 s/4,4 s

Höchstgeschwindigkeit: 260 km/h*

Verbrauch:
Kraftstoffart: Super plus bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 7,0 Liter/100 km, Tankinhalt 24 Liter, Reichweite: 342 km

Grundpreis: 17 850 Euro
, Testmaschinenpreis: 19 950 Euro**, (jeweils zzgl. Nebenkosten)

*Werksangabe
**inkl. Safety- und Premium Touring-Paket

Triumph Sprint GT

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Der seitlich angebrachte Auspuff der Sprint GT ersetzt die Underseat-Anlage der ST. Stilistisch ein Rückschritt.

Antrieb:
Dreizylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 95,6 kW (130 PS) bei 9200/min, 108 Nm bei 6300/min, 1050 cm3, Bohrung/Hub 79,0/71,4 mm, Verdichtungsverhältnis 12,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 46-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat

Fahrwerk:
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,5 Grad, Nachlauf: 84 mm, Radstand: 1565 mm. Konventionelle Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, einstellbar in Federbasis. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis und Zugstufe. Federweg vorn/hinten: 127/152 mm

Räder und Bremsen:
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/5.50 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17. Erstbereifung: Bridgestone BT 021. 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 255-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-Schwimmsattel hinten

Maße und Gewicht:
Länge/Breite/Höhe * 2260/760/ 1210 mm, Sitz/Lenkerhöhe 825/970 mm, Lenkerbreite 685 mm, 269,5 kg vollgetankt, v/h 46,6,%/53,4%

Hinterradleistung im letzten Gang:
88,2 kW (120 PS) bei 203 km/h

Fahrleistungen:
Beschleunigung 0-100/150/200 km/h 3,4 s/6,3 s/11,0 s
Durchzug 50-100/100-150 km/h 5,8 s/5,6 s

Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h*

Verbrauch:

Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 6,5 Liter/100 km, Tankinhalt 20 Liter, Reichweite: 307 km

Grundpreis: 13 190 Euro, Testmaschinenpreis: 13 374 Euro*** (jeweils zzgl. Nebenkosten)

*Werksangabe
***Heizgriffe: 184 Euro

Platz 1: BMW K 1300 GT

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Mit ihrer schieren Kraft kann die BMW K 1300 GT die Triumph in die Tasche stecken.

Kategorie Motor:
Ein Hammer von Motor! Die Dynamik ist für ein Bike dieser Kategorie einmalig. Trotz der geräuschvollen Schaltvorgänge gibt‘s die volle Sternenpracht.

5 von 5 Sternen


Kategorie Fahrwerk:

Sechs Zentner lassen sich nicht wegdiskutieren. Doch die BMW kaschiert die Pfunde gekonnt. Sie kurvt überraschend stabil um die Radien, die Bremse ist ein Traum.

4 von 5 Sternen


Kategorie Ergonomie:

Bequemeres und gleichzeitig schnelleres Kilometerfressen geht nicht. Super: einstellbare Ergonomie. Auch Beifahrer fühlen sich auf der GT pudelwohl.

5 von 5 Sternen


Kategorie Fahrspaß:

Die Dynamik der BMW begeistert. Von solch einem Monstrum hätte PS derartige Fahreigenschaften nicht erwartet. Als Viertfahrzeug eine echte Alternative...

4 von 5 Sternen


PS-Urteil:

Dass die BMW die Britin beim Thema Touring eindost, war klar. Überraschenderweise holt sie sich auch die Landstraßenwertung. Daumen hoch für die K-GT!

18 von 20 Sternen

Platz 2: Triumph Sprint GT

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Die Triumph Sprint GT besticht vor allem durch Sound und einzigartiges Feeling.

Kategorie Motor:
Der große Hubraumnachteil macht sich deutlich bemerkbar. Fürs Touren bietet die Sprint GT allerdings genügend Saft. Hakiges Getriebe.

3 von 5 Sternen


Fahrwerk:

Die Fahrwerks-Abstimmung geriet zu komfortabel, beim Zwiebeln herrscht viel Bewegung. Maues Feedback von der Front. Die Stopper benötigen viel Kraft.

3 von 5 Sternen


Kategorie Ergonomie:

Die Triumph kann beim Landstraßen-Tango keinen Vorteil aus ihrer sportlicheren Sitzposition ziehen. Der Windschutz ist okay, mehr nicht. Prima Soziusplatz!

4 von 5 Sternen


Kategorie Fahrspaß:

Sound und Feeling auf der Triumph passen. Zudem bietet die Sprint GT die reizvolle Gelegenheit, mit einer Nischenmarke auf große Tour zu gehen.

3 von 5 Sternen


PS-Urteil:

Die Sprint GT ist nur zweite Siegerin. Das ist nicht nur eine Frage des Preises. Beim Fahrwerk hätte Triumph durchaus mehr herausholen können.

13 von 20 Sternen

Die aktuelle Ausgabe
PS 10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023