Adventure-Big-Bikes beim Alpen-Masters 2015

Adventure-Big-Bikes beim Alpen-Masters 2015 S 1000 XR, Multistrada 1200, Versys 1000, 1290 Super Adventure

Große Motorräder mit großen Motoren, großen Tanks, großem Platzangebot und großer Ausstattung. Für die Modelle BMW S 1000 XR, Ducati Multistrada 1200, Kawasaki Versys 1000, KTM 1290 Super Adventure der Kategorie „Adventure Big“ ist Mangel ein Fremdwort – hier gibt es reichlich Stoff für echte Siegertypen.

S 1000 XR, Multistrada 1200, Versys 1000, 1290 Super Adventure Gargolov
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Hier treten Titelanwärter an. BMW S 1000 XR, Ducati Multistrada 1200, Kawasaki Versys 1000 und KTM 1290 Super Adventure sind alle heiße Kandidaten auf den Thron des Alpen-Masters 2015, bringen sie doch mit, was das Fahren in den Bergen reizvoll und entspannt macht: erhabenen Schub aus sattem Hubraum, stabile Fahrwerke, viel Platz für zwei plus Gepäck und die komplette Ausstattung.

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Die KTM 1290 Super Adventure will auf den Vorjahreserfolg der 1190 Adventure noch einen draufsetzen, dazu fechten Ducati Multistrada 1200 und BMW S 1000 XR den Titel „Bester 17-Zoll-Langgabel-Sportler über 150 PS“ unter sich aus. Technologieträger und Zugpferde kämpfen hier um Image und Prestige. Kann Kawasakis vergleichsweise günstige Kawasaki Versys 1000 in diesem Feld der Gipfelstürmer mithalten?

Kawasaki Versys 1000 der Unterdog im Starterfeld

4000 bis 6000 Euro trennen den als „Grand Tourer“ ziemlich komplett ausgestatteten Underdog aus Japan von der teuren europäischen Konkurrenz. Das sind verdammt viele Tankfüllungen, Hotelübernachtungen und Speckknödel auf der Passhütte. Wer die Kawasaki Versys 1000 angesichts ihrer „nur“ 123 gemessenen PS hintanstellt, tut dies verfrüht. Ein sportlich zu ­bewegender Tourer mit Wohlfühlfaktor, dieses Konzept erweist sich in den Dolomiten als sehr stimmig. Das fängt an beim Motor, der zur Anreise mit Tempo 230 über die Bahn rennt, dann ungerührt im Sechser durch die Ortskerne des Fassatals säuselt, irre geschmeidig am Gas hängt und bei Bedarf mit toller Elastizität den Pordoi-Pass stürmt. Dazu vibrationsarmer Lauf und moderate Trinksitten, das ergibt den mit Abstand kultiviertesten Tourenantrieb im Feld.

Wie der Motor macht es auch das Chassis dem Piloten denkbar einfach. Komfortabel, aber nicht wackelig, neutral und behände, aber nicht kippelig. Draufsetzen, wohlfühlen, genussvolle Gebirgskilometer abspulen. Das ganz scharfe Pässe-Braten überlässt die Kawasaki Versys 1000 den anderen, sie läuft im Urlaubsmodus, mit hervorragendem Komfort und Platzangebot auch für die Sozia. Wer hier seine Prioritäten setzt, wird verschmerzen können, dass ABS und Traktionskontrolle etwas rustikal agieren und dass das Zubehör (Ganganzeige, Bordsteckdose, Zusatzscheinwerfer, Heizgriffe sowie deren ­Bedienelemente) arg bastelig daherkommt. Das verbuchen wir unter Hüttenromantik.

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BMW S 1000 XR beim ersten Einrollen etwas hüftsteif

Am anderen Ende der Mild-Wild-Skala und weit entfernt von Hüttenromantik findet sich der zweite Vierzylinder, die BMW S 1000 XR. Wer zum motorisierten Aktivurlaub in die Berge zieht, findet in ihr das passende Sportgerät. Den anspruchsvollen Falzàrego-Pass brennt sie hinauf, als hätte sie sich am Medizinschrank von Lance Armstrong vergriffen. Schon unten powert der knackig übersetzte Reihenvierer recht kräftig, zieht lochfrei und linear aus den Spitzkehren, um ab 7000 Touren den Schalter auf Supersport umzulegen und hemmungslos in Richtung des nächsten Bremspunkts zu feuern. Die Gasannahme ist nahezu perfekt, was auch kniffligsten 180-Grad-bergab-Knicks den Schrecken nimmt.

Zwar fühlt sich die BMW S 1000 XR beim ersten Einrollen noch etwas hüftsteif an, aber sie wird besser, je härter man sie den Berg hinaufprügelt. Das semiaktive Dynamic-ESA-Fahrwerk ist eher straff, bietet aber tolle Stabilität und befriedigenden Komfort. Traktionskontrolle, ABS-Pro mit Kurvenfunktion (Aufpreis) und Wheelie-Kontrolle arbeiten auf höchstem Niveau, das bringt viel Sicherheit. Der Schaltassistent (Aufpreis) funktioniert ebenfalls hervorragend.

Die Kehrseite der Medaille, mal abgesehen von den gepfefferten 20.000 Euro für die Testmaschine? Sagen wir es so: Kawasaki Versys 1000 fahren kommt so sahnig-cremig rüber wie Softeis schlecken, BMW S 1000 XR fahren ist ein wenig, als würde man an einer Neun-Volt-Batterie lecken – prickelnd und elektrisierend, doch mit der Zeit stressig. Der Vierzylinder rotzt und ploppt im Dynamic-Modus, als gelte es, die komplette Murmeltierpopulation zu verjagen. Zwischen 4000 und 8000 Touren vibriert er feinnervig in Lenkerenden und Fußrasten, was im sechsten Gang leider Landstraßen-Wohlfühltempo entspricht. Die Zuladung fällt mit 192 Kilogramm überschaubar aus. Ein spezieller Charakter also, kantig, sportlich, gnadenlos effizient. Und bloß nicht zu touristisch, schließlich gibt es ja noch die R 1200 GS.

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Ducati Mulitstrada 1200 gibt den umgänglichen Touren-Softie

Anders bei Ducati, wo die Multistrada, für 2015 völlig neu aufgelegt und ab jetzt mit variabler Ventilsteuerung DVT, echte Reisekompetenz beweisen muss. Das Resultat: verkehrte Welt. Die BMW S 1000 XR gibt den Knallgas-Krawallo, die Ducati Mulitstrada 1200 den umgänglichen Touren-Softie. Im Gegensatz zur knackigen Multistrada S (Top-Test in MOTORRAD 11/2015) ist die Standardversion weich abgestimmt, das bringt gutes Ansprechen und tollen Langstreckenkomfort im Solobetrieb. Mit Sozius und womöglich Gepäck aber streicht die 1200er aufgrund recht lascher Federn erstaunlich früh die Segel. Den Valparola-Pass hinunter, wo der Hang ständig arbeitet und der Asphalt deshalb Wellen und Absätze fiesester Sorte parat hält, kommt sie kaum zur Ruhe.

Hier, wo die Kawasaki Versys 1000 ehrlich bügelt, die BMW S 1000 XR korrekt abfrühstückt und die KTM 1290 Super Adventure einfach frisst, sieht man die Ducati Multistrada 1200 wippen und schaukeln. Schade, wo sie doch so wunderbar leicht und agil durch die Serpentinen swingt, sich am handlichsten anfühlt. Eine teurere S-Version mit ihrem semiaktiven Fahrwerk hätte sicher mehr vermocht, stand aber fürs Alpen-Masters nicht zur Verfügung. Doppelt schade, wo die Multistrada ansonsten eine gelungene Vorstellung abliefert. Dem Testastretta haben sie über die Jahre erstaunliche Manieren anerzogen, mit DVT läuft er schön geschmeidig. Aus der Kehre heraus will im Zweier nur ein kleiner Hänger überwunden werden, dann gibt es lawinenartigen Schub, herrliche Drehfreude und einen zwar kernigen, aber unprolligen Sound.

Tourer

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KTM 1290 Super Adventure eine für alles?

Wie die Ducati Multistrada 1200 soll auch die KTM 1290 Super Adventure eine für alles sein. Ihr Antrieb erfüllt diesen Anspruch ohne Einschränkung. Der 1301-Kubik-Twin entwickelt schon bei niedrigen Drehzahlen die Sorte Schub, mit dem man liegen gebliebene Wohnmobile den Pass hinaufwuppen könnte. Ausdrehen ist Luxus. So reicht aus Kehren heraus stets der Zweite, was der atemberaubende Durchzugs-Bestwert von 3,1 Sekunden bergauf mit Sozius belegt. Schaltfaules Umherschnalzen, mit herrlich sanfter Gasannahme, sozusagen gediegenes Sportlern, das ist die Paradedisziplin der Super Adventure. Und ein nachhaltig befriedigendes Fahrerlebnis.

Wie die BMW S 1000 XR verfügt die KTM 1290 Super Adventure über ein semiaktives Fahrwerk, das sich elek­tronisch unterschiedlichen Beladungszuständen anpasst und auch mit Zuladung seine Reserven behält. In puncto Ausstattung lässt sich KTM nicht lumpen und spendiert der Super Adventure so ziemlich alles, was das Herz des Alpenfreaks begehrt. Kritikpunkte? Die Gabel dürfte sensibler ansprechen, die Assistenzsysteme sind eher defensiv ausgelegt (was etwa bei der Bergab-Bremsmessung Meter kostet), und die Verkleidungsscheibe mit ihren Luft-Finnen stört den Durchblick. Ja, im Stand ist der Kampfstern Super Adventure ein ziemlicher Brocken, aber einmal in Fahrt machen sich die Ausmaße kaum negativ bemerkbar. Die KTM rollt insgesamt am vielseitigsten und darf daher verdient zu ihrer kleineren Schwester 1190 Adventure ins Finale aufschließen.

Enduro
Enduro

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Technische Daten

Messwerte

MOTORRAD
Leistungsdiagramm

Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %

Ergebnis und Fazit

Gargolov
Mit 401 Punkten siegt die KTM 1290 Super Adventure knapp vor der BMW S 1000 XR.

Platz 1: KTM 1290 Super Adventure

Gargolov
KTM 1290 Super Adventure.

Plus  

- enorm durchzugsstark

- geschmeidiger Lauf

- lässt sich sehr schaltfaul bewegen

- umfassende Ausstattung

- riesiger Tank

Minus 

- Ansprechverhalten Gabel

- üppige Ausmaße

- Windschild stört die Sicht

- recht hoher Verbrauch

Platz 2: BMW S 1000 XR

Gargolov
BMW S 1000 XR.

Plus  

- irre Beschleunigung

- hervorragender Durchzug

- sehr sportliches Fahrwerk

- fortschrittliches Elektronikpaket

- komplette Ausstattung

Minus 

- rauer Motorlauf

- nervige Vibrationen im mittleren Drehzahlbereich

- geringe Zuladung

- harte Sportsitzbank

Platz 3: Kawasaki Versys 1000

Gargolov
Kawasaki Versys 1000.

Plus  

- extrem geschmeidiger Motorlauf

- herausragende Elastizität

- geringster Verbrauch

- guter Komfort

- beste Zuladung

Minus 

- Verarbeitung stellenweise rustikal

- Elektronik nicht ganz auf Konkurrenzniveau

Platz 4: Ducati Multistrada 1200

Gargolov
Ducati Multistrada 1200.

Plus  

- leichtfüßiges Handling

- druckvolle Drehzahlmitte

- gute Ergonomie

- geringer Verbrauch

- angenehmer Motorlauf

Minus 

- sehr weiches Fahrwerk

- leichte Einbußen beim Durchzug in großer Höhe

Fazit

Die Kawasaki Versys 1000 ist klar der beste Alpentourer im Feld, die BMW S 1000 XR klar der beste Passbrenner. Die Ducati Multistrada 1200 geriet sehr komfortabel, für fixe Ausflüge und beladen aber zu soft. Bleibt die KTM 1290 Super Adventure, die mit ihrem Sahne-Motor begeistert. Sie kann schnell, weit und entspannt. Dank Hubraum, praxisgerechter Ausstattung und neutralem Fahrverhalten siegt sie knapp gegen die im Alltag schwächelnde BMW.

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