MOTORRAD hatte es versprochen: Von der gebraucht mit Kilometerstand 58900 gekauften Dauertest-Yamaha XJ 900 F (siehe Heft 10/1997) wird schon bald wieder zu hören sein. Also bitte schön.
Gründe für diesen Zwischenbericht gibt es genug, denn zwischenzeitlich hatte nicht nur die Sitzbank ein Beziehungsproblem, fehlte der Bremse der ansprechende Biß und spielte die Auspuffanlage Nick Knatterton.
Außerdem offenbarte sich auch die gerechte Strafe dafür, daß die Redakteure seinerzeit durch eigene Schusseligkeit auf eine Probefahrt verzichten mußten. Es stellte sich nämlich heraus, daß die Kupplung beim scharfen Beschleunigen etwas rutscht und, schlimmer, gleichzeitig irgend etwas im Antriebsstrang knackt. Vermutlich zeichnet für das lästige - aber, wie ein Yamaha-Händler versicherte, ungefährliche - Knacken die erlahmte Feder des Ruckdämpfers verantwortlich. Leider eine Reparatur, die wegen der immens hohen Federvorspannung nur die Fachwerkstatt durchführen kann - wird bald erledigt.
Bei Kilometerstand 63300 wollte der Scheinwerfer keinen Schein mehr werfen. Die Yamaha-Werkstatt konnte nach längerer Suche einen halb abvibrierten Draht im Inneren des Lichtschalters als Übeltäter entlarven - die Aktion kostete MOTORRAD zwei braune Scheine.
Zugegeben, so richtig beliebt ist die XJ 900 F im Dauertest-Fuhrpark immer noch nicht. Bessere Beurteilungen im Fahrtenbuch als »recht ordentliches Alltagsmotorrad« oder »bequemes Autobahnmotorrad mit gutem Windschutz« konnte sie bisher nicht einheimsen. Hauptkritikpunkte sind nach wie vor die nicht befriedigenden Bremsen und das recht schwammige Fahrwerk - in diesen Punkten wird der Fortschritt im Motorradbau der letzten zehn Jahre eben doch erschreckend deutlich. Um dem zu Leibe zu rücken, sind etwas größere Schraubereien an der Reihe. MOTORRAD wird darüber berichten, wenns soweit ist. Versprochen. Schließlich sind ja auch noch rund 85000 Kilometer Zeit.
Eins übergezogen: neue Haut für die Sitzbank
Jetzt war er endgültig hin. Der ohnehin schon einmal geflickte Sitzbank-Bezug riß immer weiter und an neuen Stellen ein - reparieren war angesagt. MOTORRAD versuchte sich an einem Kunstlederbezug der Firma Louis, der mit 43,90 Mark keine allzugroße Investition darstellt und in ähnlicher Ausführung zu einem ähnlichen Preis auch von anderen Grossisten angeboten wird. Die originale, mit Verrippungen und Verstärkungen aufwendigere Yamaha-Haut kostet übrigens 164 Mark.Eigentlich gings ganz leicht, zumindest, als die Gattin des Autors die Beziehungs-Regie übernahm. Bei einer Sitzbankunterseite aus Kunststoff wird der Bezug mittels getackerter Klammern (die ganz kurzen nehmen) befestigt, bei einer Metallunterseite durch verkleben, am besten mit einer Heißklebepistole. Der ganze Akt dauert, zumindest bei Ehefrauen, zirka eine halbe Stunde - und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.Wer das nötige Geschick nicht selbst aufbringt, hat andere Möglichkeiten. Zum Beispiel eine komplette gebrauchte Sitzbank kaufen - kostet rund 150 Mark. Oder bei einem Sattler beziehen lassen - macht inklusive Bezug 100 Mark. Den gleichen Service bietet auch die Firma Götz für 109 Mark.
Scheibchenweise: Neue Bremsen braucht das Land
»Bremsen sind schlecht«. »Bremse hat keinen vernünftigen Druckpunkt, erfordert enorme Handkräfte und bremst nur mit Verzögerung - insgesamt also sehr schlecht zu kontrollieren«. Die Eintragungen im Dauertest-Fahrtenbuch machten deutlich: Hier mußte dringend was passieren. Die Lösung bot sich in Form eines Umbausatzes der Firma Spiegler (Telefon 0761/611340) an. Hier kostet eine gelochte Guß-Bremsscheibe samt Ferodo-Belägen 199 Mark, die innenbelüftete Yamaha-Stahlscheibe dagegen 275 Mark, die entsprechenden Beläge weitere 55 Mark pro Scheibe. Eine erhebliche Ersparnis also. Wenn schon, denn schon: Um hoffentlich endlich einen vernünftigen Druckpunkt zu erzielen, wurde bei Spiegler zusätzlich ein Stahlflex-Bremsleitungskit bestellt, Preis: 239 Mark. Zu diesen Kosten müssen noch rund 50 Mark für die Montage-Begutachtung durch einen Sachverständigen von TÜV oder DEKRA sowie rund 20 Mark für die Eintragung in die Papiere addiert werden.Die Montage gestaltete sich problemlos, alles paßte einwandfrei. Doch Achtung: Wer sich nicht zu den fortgeschrittenen Schraubern zählen kann, sollte Arbeiten an der Bremsanlage vorsichtshalber der Fachwerkstatt überlassen.Und das Ergebnis des Umbaus? Nach dem Einfahren der Bremse fand sich endlich der ersehnte, klar fühlbare Druckpunkt. Die Handkräfte sind zwar immer noch unzeitgemäß hoch, dafür hat sich die Bremsleistung etwas verbessert. Diese Verbesserung ist jedoch nur für diejenigen spürbar, die das Motorrad noch mit der alten Bremse kannten.Ansonsten ist die Kritik an der XJ-Bremse auch nach dem Umbau nicht verstummt. Einem Vergleich mit modernen Motorräderern kann die XJ nicht standhalten, denn auch im Bremsenbau hat sich in den letzten elf Jahren eine Menge getan.Jetzt hilft wohl nur noch eine Totaloperation: Austausch der kompletten Gabel samt Bremsanlage gegen ein Pendant aus einem moderneren Motorrad.
Topfgucker: Nachrüsttöpfe unter der Lupe
In Heft 10/97, frisch nach dem Kauf der XJ, hatte MOTORRAD noch Grund zur Freude: »Die Auspuffanlage ist immer noch die erste - und nach elf Jahren immer noch nicht durchgerostet.« das änderte sich bald. Schon nach 1000 Kilometern wurde der Klang immer kerniger. Zum Glück war wenigstens die Anfangs-Leistungsmessung noch bei intakten Töpfen erfolgt.Als Ersatz besorgte sich MOTORRAD zwei Nachrüstanlagen zum Vergleich: Töpfe von BSM (Paarpreis 579 Mark, mit EG-ABE, Bezugsnachweis unter Telefon 06126/6036) und von Sito (413 Mark, ABE, Bezugsnachweis unter Telefon 05139/894906). Beide Anlagen paßten einwandfrei, allerdings werden zur Montage der Sito-Töpfe die Dichtungen der Original-Anlage benötigt. Da sich diese meist nicht unbeschädigt herauspulen lassen, sind Neuteile fällig: Stückpreis rund 28 Mark.Die anschließenden Leistungsmessungen zeigten ein wenig überraschendes Ergebnis: Mit der Original-Anlage geht die XJ am besten, 90 PS sind für die alte Dame nicht schlecht, neu hatte sie auch meist nicht mehr als echte 93. Da der Preisunterschied zu den Zubehörteilen gar nicht so groß ist - 620 Mark kostet das Paar -, sind diese Töpfe die erste Wahl. Den größten Leistungsverlust erlitt die XJ mit der Sito-Bestückung: gemessene 83 PS bedeutet sieben PS Minderleistung. Tröstlich immerhin: Wenigstens im Drehzahlbereich bis 5500/min liegen die drei Anlagen eng beieinander.